Lootboxen in Vollpreistiteln

Von Larsibärchen · 19. November 2017 · Aktualisiert am 20. November 2017 ·
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  1. Kein neues Phänomen

    Lootboxen sind kein neues Phänomen. Das ist in der aktuellen Diskussion eine Sache, die man sich als erstes klar machen sollte. Lootboxen sind, so könnte man sagen, so alt wie das Free-to-Play Modell, das vor allem über Browserspiele Einzug hielt. Da allerdings der kleinste Teil der Menschen, die sich selbst als gamer bezeichnen, Browsergames regelmäßig spielt, war das thema lange schlicht nicht relevant. Es war nur eine weitere Art, wie Spiele dieser machart ihr Geld verdienen.

    Das ganze änderte sich jedoch spätestens mit dem riesen erfolg von Overwatch. und damit sind wir auch beim eigentlichen Thema. Lootboxen (und Microtransactions generell) in Vollpreistiteln sind aktuell wohl eiens der größten Themen in der Community. Den jüngsten Vogel schossen EA und Dice mit dem offensichtlich vollkommenn auf Pay-to-Win getrimmten Starcard-System im neuen Battlefront 2 ab. Aber auch davor machten schon andere Spiele mit dieser Methode negativ-Schlagzeilen. Darunter bekannte größen wie WWE 2k18, FIFA 18, Asassins Creed: Origins, Need for Speed: Payback, CoD: WW2, und und und. Die Reihe ließe sich noch um einige bekannte Namen erweitern, aber das wissen Sie als Leser sicher. Was wir dennoch als Schluss ziehen können: Lootboxen sind längst kein Einzelphänomen mehr. Und sie sind auch nichts über das man einfach hinweg schauen kann. Vielmehr sind sie das Ergebnis einer Entwicklung, auf die die Gaming-Industrie seit Jahren hinsteuert. Aber dazu später mehr.

    Der Sündenfall

    Zurück zu Overwatch: oft habe ich in den Kommentarspalten auf Youtube und teils auch hier auf der Gamestar gelesen, das Overwatch ja nur Gegenstände in seinen Lootboxen hätte, die nicht das Gameplay beeinflussen. Objektiv stimmt das auch. Skins, Emotes oder Posen haben keinen Einfluss auf das Spielgeschehen, man kann sie auch Links liegen lassen. Was viele aber nicht zu sehen scheinen: den meisten Kritikern geht es nicht so sehr um das, was in den Lootboxen ist, sondern vielmehr darum, dass es sie überhaupt gibt. Der Knackpunkt ist nämlich der: uns wird bewusst ein Teil des Spiels vorenthalten, für den wir Bezahlt haben, den wir auch nur per Zufall und durch viel Grind freischalten können - außer wir Zahlen noch mehr dafür. Und Overwatch hat es, ob man das nun wahr haben will oder nicht, Salon-Fähig gemacht.

    Die ganze Perversion dieses Systems ist den meisten erst bei EAs neuestem Shooter so richtig bewusst geworden. Das es dort Booster gibt, die bestimmte Fähigkeiten um bis zu 30% effektiv verbessern, und man diese praktisch mit genug Echtgeld freischalten kann - noch vor wenigen Jahren wäre das Unvorstellbar gewesen. Von den Grind-Kosten für das freischalten neuer Helden gar nicht angefangen. EA und andere Publisher rechtfertigen dies damit, dass es einfach Spieler gebe die keine Lust hätten so lange zu Spielen, oder nun einmal weniger zeit hätten um die Gameplayrelevanten Gegenstände freizuschalten. Man muss sich dieser Erklärung mal auf der Zunge zergehen lassen: Im Grunde wird versucht, dem Spieler etwas als Gefallen zu verkaufen, was erst künstlich durch hohe Kaufpreise und das Glücksspiel-Prinzip der Lootboxen erzeugt wurde. In einem Spiel, für das man als Vorbesteller bis zu 70 Euro ausgegeben hat.

    Gewinnmaximierung statt Fairness

    Man kann den Publishern da nicht einmal einen Vorwurf machen. Es sind Gewinnorientierte Unternehmen. Die Tendenz zu Spielen mit Multiplayer-Focus und Games-as-a-Service erzeugt laufende kosten, sprich Kosten für die Server-Infrastruktur, Entwicklung neuen Content, Betreuung des Spiels etc. Die Kundenbindung an ein Spiel kann also nicht durch einmaliges Kaufen gedeckt werden. Das kalkül: wer länger Spielt und regelmäßig mit "Gratis"-Content versorgt wird ist eher dazu bereit, Geld in Echtgeld-Shops auszugeben. Fortschritssabhängige Systeme, wie eben das freischalten von Helden, halten den Spieler ebenso bei der Stange wie neue Maps und Spielmodi. Und so wird irgendwann, nach der X-ten Niederlage gegen den begehrten Darth Vader die Hand an der Brieftasche vielleicht doch noch schwach.

    Was bei Overwacht noch so kleine Dinge wie ein Halloween-Skin sind, sind bei Shadow of War dann Spielrelevante, teils extrem Starke Orks die sogar im Multiplayer benutzt werden können. Den Publishern geht es schon lange nicht mehr darum, ein möglichst Faires Spiel zu schaffen, das den Spieler alleine durch sein Gameplay bei der Stange hält. Freischaltspieralen gehören spätestens seit CoD: Modern Warefar zum Standard-Repertoire. Den Spielern genügt nicht mehr das bloße Spielen als Anreiz. Man will das Gefühl haben einen Fortschritt zu erzielen, etwas erreicht zu haben, sich von anderen Spielern abheben. Die Logische Schlussfolgerung ist ein auf Ingame-Forschritt basierendes System aus Micro-Transaktionen. Lootboxen sind dabei noch besser als das bloße schnellere "Freikaufen". Schließlich muss man Theroretisch so viele Boxen kaufen bis man das gewünschte hat. Das können eine sein - oder Hundert. Und selbst wenn nur 1% aller Spieler dies tun kann man an den Zahlen der Aktuellen Spieler ausrechnen, das sich das System für die Publisher lohnt.

    EA mag mächtig auf die PR-Schnauze bekommen haben. Aber sie werden daraus lernen. Und das nächste Spiel mit Lootboen wird nicht nur garantiert kommen. Es wird vermutlich subtiler, aber genau so effektiv arbeiten wie das in BF 2.


    Über Anregungen und Ergänzungen in den Kommentaren würde ich mich sehr freuen.

Kommentare

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  1. Larsibärchen
    Das mag durchaus sein und der Entwckler hat da sicher auch versucht es im Zaum zu halten. Rechtfertigen sollte man das ganze allerdings nicht. Schließlich sind das ja keine Bonus-Inhalte, sondern Dinge die eigentlich(!) Regulär im Spiel sein sollten. Bleibt zu hoffen das es so subtil bleibt und nicht beim nächsten mal die besten Waffen mit den stärksten Stats nur Käuflich erwerbbar sind.
  2. Larsibärchen
    Das war eher darauf bezogen das sie beim nächsten mal ihren PtW-Ansatz besser überspielen werden. Man dachte glaube ich, das die Casualisierung ausreichen würde um das ganze zu Verdecken, hat aber den Sturm der Entrüstung unter den Core-Gamern unterschätzt. Noch einmal werden sie nicht so blöd sein und derartig in ein Fettnäpfchen treten.
  3. Takamisakari
    Das ist (für mich) der ausschlaggebende Punkt. In jeder Form von Spiel muss man in absehbarer und annehmbarer Zeit an sämtlichen Inhalt kommen können.

    Das Kriterium "absehbar" ist dann erfüllt, wenn keine Zufallskomponente enthalten ist, denn Zufall bedeutet stets die Möglichkeit, etwas nie erhalten zu können.

    Das Kriterium "annehmbar" ist dann erfüllt, wenn das Spielen nicht in eintönige "Arbeit" ausufert, denn das macht schlichtweg keinen Spaß. Aber auch der preisliche Aspekt spielt eine Rolle, denn Wucher darf nicht sein.

    Das führt uns letztendlich auf DLCs (AddOns) und Mikrotransaktionen zurück, wobei Letzteres ein NoGo in Vollpreisspielen ist, wenn es eine ständige Online-Abhängigkeit erfordert (der Besitz von durch Mikrotransaktionen erworbenen Inhalten wird nämlich auf dem Server gespeichert).


    Man kann den Publishern sehrwohl einen Vorwurf machen. Es sagt aber auch keiner, dass sie alles verschenken sollen. Der Kunde möchte einen fairen Preis für ein faires Spiel. Publisher wie EA, denen das Image völlig egal zu sein scheint, haben es natürlich schwerer am Markt, weil sie bereits unzählige Kunden vergrault haben. Aber statt am Image zu arbeiten, um die Kunden zurückzugewinnen, gräbt man sich immer tiefer in die Spirale des Verderbens, indem man auf ausbeuterische Praktiken setzt. Dass EA schon oft auf die Schnauze gefallen ist, aber nie daraus gelernt hat, das zeigen die vielen Studio-Schließungen, nachdem man sie Jahre zuvor aufgekauft hatte, weil der Entwickler für ein oder mehrere gute Spiele bekannt war, deren Nachfolge-Titel unter EA dann vercasualisiert und/oder ausbeuterisch verseucht wurden.

    Es mag sicherlich Hürden am Markt geben, die es den Publishern nicht leicht machen, die Unkosten wieder einzuspielen, aber nach und nach die potentiellen Kunden zu reduzieren kann nicht Sinn der Sache sein.

    Und dass man die Kunden unbedingt an ein Spiel zu binden versucht, ist auch eine schlechte Entscheidung, denn genau das kann bei zu aggressiven Methoden den gegenteiligen Effekt erzeugen, denn wenn ich als Spieler absehen kann, dass mich mein Spaß noch so einige Taler und/oder langweilige Spielzeit kosten wird, dann überlege ich mir zweimal, ob ich noch länger dem Spiel beiwohnen möchte, oder ob ich es besser bei einem Konkurrenzprodukt versuche. Es ist wie beim Angeln: Versucht man einen Fisch direkt an Land zu ziehen, dann besteht die Gefahr, dass die Leine reißt ...


    Haha, der war gut! xD
  4. Reddok
    Tja, ich habe schon bei den anderen 3 Lootbox-Texten einen Kommentar hinterlassen, also wieso nicht auch hier?

    Wobei diesmal mein Hauptpunkt ist, das in AC: Origins die sog. Lootboxen am subtilsten eingebaut sind. Es gibt einen Shop, aber da kann man sich wenigstens direkt die Sachen kaufen, die man will. In den Hekatruhen (Die man nur gegen Ingame-Geld kaufen kann. Man kann sich im Prinzip Drachmen für Echtgeld kaufen, und dann damit die Truhen ergattern, aber ganz ehrlich: wer sowas macht, dem kann man nicht mehr helfen... da kommt man vermutlich billiger, wenn man die Items direkt im Shop kauft) sind hingegen nur Items, aus dem RNG-Pool des Spiels.
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