Kein neues Phänomen
Lootboxen sind kein neues Phänomen. Das ist in der aktuellen Diskussion eine Sache, die man sich als erstes klar machen sollte. Lootboxen sind, so könnte man sagen, so alt wie das Free-to-Play Modell, das vor allem über Browserspiele Einzug hielt. Da allerdings der kleinste Teil der Menschen, die sich selbst als gamer bezeichnen, Browsergames regelmäßig spielt, war das thema lange schlicht nicht relevant. Es war nur eine weitere Art, wie Spiele dieser machart ihr Geld verdienen.
Das ganze änderte sich jedoch spätestens mit dem riesen erfolg von Overwatch. und damit sind wir auch beim eigentlichen Thema. Lootboxen (und Microtransactions generell) in Vollpreistiteln sind aktuell wohl eiens der größten Themen in der Community. Den jüngsten Vogel schossen EA und Dice mit dem offensichtlich vollkommenn auf Pay-to-Win getrimmten Starcard-System im neuen Battlefront 2 ab. Aber auch davor machten schon andere Spiele mit dieser Methode negativ-Schlagzeilen. Darunter bekannte größen wie WWE 2k18, FIFA 18, Asassins Creed: Origins, Need for Speed: Payback, CoD: WW2, und und und. Die Reihe ließe sich noch um einige bekannte Namen erweitern, aber das wissen Sie als Leser sicher. Was wir dennoch als Schluss ziehen können: Lootboxen sind längst kein Einzelphänomen mehr. Und sie sind auch nichts über das man einfach hinweg schauen kann. Vielmehr sind sie das Ergebnis einer Entwicklung, auf die die Gaming-Industrie seit Jahren hinsteuert. Aber dazu später mehr.
Der Sündenfall
Zurück zu Overwatch: oft habe ich in den Kommentarspalten auf Youtube und teils auch hier auf der Gamestar gelesen, das Overwatch ja nur Gegenstände in seinen Lootboxen hätte, die nicht das Gameplay beeinflussen. Objektiv stimmt das auch. Skins, Emotes oder Posen haben keinen Einfluss auf das Spielgeschehen, man kann sie auch Links liegen lassen. Was viele aber nicht zu sehen scheinen: den meisten Kritikern geht es nicht so sehr um das, was in den Lootboxen ist, sondern vielmehr darum, dass es sie überhaupt gibt. Der Knackpunkt ist nämlich der: uns wird bewusst ein Teil des Spiels vorenthalten, für den wir Bezahlt haben, den wir auch nur per Zufall und durch viel Grind freischalten können - außer wir Zahlen noch mehr dafür. Und Overwatch hat es, ob man das nun wahr haben will oder nicht, Salon-Fähig gemacht.
Die ganze Perversion dieses Systems ist den meisten erst bei EAs neuestem Shooter so richtig bewusst geworden. Das es dort Booster gibt, die bestimmte Fähigkeiten um bis zu 30% effektiv verbessern, und man diese praktisch mit genug Echtgeld freischalten kann - noch vor wenigen Jahren wäre das Unvorstellbar gewesen. Von den Grind-Kosten für das freischalten neuer Helden gar nicht angefangen. EA und andere Publisher rechtfertigen dies damit, dass es einfach Spieler gebe die keine Lust hätten so lange zu Spielen, oder nun einmal weniger zeit hätten um die Gameplayrelevanten Gegenstände freizuschalten. Man muss sich dieser Erklärung mal auf der Zunge zergehen lassen: Im Grunde wird versucht, dem Spieler etwas als Gefallen zu verkaufen, was erst künstlich durch hohe Kaufpreise und das Glücksspiel-Prinzip der Lootboxen erzeugt wurde. In einem Spiel, für das man als Vorbesteller bis zu 70 Euro ausgegeben hat.
Gewinnmaximierung statt Fairness
Man kann den Publishern da nicht einmal einen Vorwurf machen. Es sind Gewinnorientierte Unternehmen. Die Tendenz zu Spielen mit Multiplayer-Focus und Games-as-a-Service erzeugt laufende kosten, sprich Kosten für die Server-Infrastruktur, Entwicklung neuen Content, Betreuung des Spiels etc. Die Kundenbindung an ein Spiel kann also nicht durch einmaliges Kaufen gedeckt werden. Das kalkül: wer länger Spielt und regelmäßig mit "Gratis"-Content versorgt wird ist eher dazu bereit, Geld in Echtgeld-Shops auszugeben. Fortschritssabhängige Systeme, wie eben das freischalten von Helden, halten den Spieler ebenso bei der Stange wie neue Maps und Spielmodi. Und so wird irgendwann, nach der X-ten Niederlage gegen den begehrten Darth Vader die Hand an der Brieftasche vielleicht doch noch schwach.
Was bei Overwacht noch so kleine Dinge wie ein Halloween-Skin sind, sind bei Shadow of War dann Spielrelevante, teils extrem Starke Orks die sogar im Multiplayer benutzt werden können. Den Publishern geht es schon lange nicht mehr darum, ein möglichst Faires Spiel zu schaffen, das den Spieler alleine durch sein Gameplay bei der Stange hält. Freischaltspieralen gehören spätestens seit CoD: Modern Warefar zum Standard-Repertoire. Den Spielern genügt nicht mehr das bloße Spielen als Anreiz. Man will das Gefühl haben einen Fortschritt zu erzielen, etwas erreicht zu haben, sich von anderen Spielern abheben. Die Logische Schlussfolgerung ist ein auf Ingame-Forschritt basierendes System aus Micro-Transaktionen. Lootboxen sind dabei noch besser als das bloße schnellere "Freikaufen". Schließlich muss man Theroretisch so viele Boxen kaufen bis man das gewünschte hat. Das können eine sein - oder Hundert. Und selbst wenn nur 1% aller Spieler dies tun kann man an den Zahlen der Aktuellen Spieler ausrechnen, das sich das System für die Publisher lohnt.
EA mag mächtig auf die PR-Schnauze bekommen haben. Aber sie werden daraus lernen. Und das nächste Spiel mit Lootboen wird nicht nur garantiert kommen. Es wird vermutlich subtiler, aber genau so effektiv arbeiten wie das in BF 2.
Über Anregungen und Ergänzungen in den Kommentaren würde ich mich sehr freuen.
Lootboxen in Vollpreistiteln
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