Warum Ich das Life is Strange Prequel Nicht Spiele

Von Ason814 · 26. September 2017 · Aktualisiert am 27. September 2017 ·
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    Randnotiz: Dieser Blogeintrag ist auch hier als Beitrag auf einem von mir und Freunden geführtem Blog zu lesen.

    Ich bin ein großer Fan von Life is Strange. Gerade deswegen hat mir die E3 Ankündigung des Prequels ein komisches Gefühl im Magen bereitet. Nachdem die letzte Episode des Spiels erschienen war, machten die Entwickler Dontnod Entertainment klar, dass ein weiteres Spiel der Reihe andere Charaktere haben würde. Die Geschichte von Max und Chloe wurde zu Ende erzählt, sie fühlte sich abgeschlossen an. Doch in Life is Strange: Before the Storm spielen wir Chloe, 3 Jahre vor den Ereignissen des Originaltitels. Before the Storm erzählt eine Geschichte, die wir eigentlich bereits gehört haben. In LiS bekamen wir von einer in Erinnerungen schwelgenden Chloe die Freundschaft zwischen ihr und Rachel Amber beschrieben. Da bedarf es keiner weiteren Auslegung dieses Plotpunkts, gerade weil das eher grobe Bild von Rachel Amber, welches der Spieler erhält, eine Rolle in der Haupthandlung spielt. Das waren zumindest meine Gedanken zu dem Setting des neuen Spiels. Jedoch möchte ich mich gar nicht so sehr auf den eigentlichen Inhalt vom Prequel fokussieren; viel lieber möchte ich all das um das Spiel herum betrachten, da es hier einige Punkte gibt, die mich äußerst stören.

    Entwicklung

    Zunächst einmal wäre da die eigentliche Entwicklung. Diese übernimmt nämlich nicht der eigentliche Erschaffer dieser Spielwelt, Dontnod Entertainment, sondern ein anderes Studio, Deck Nine, an das das Projekt weitergeleitet wurde. Dontnod ist zurzeit nämlich mit dem eigentlichen nächsten Spiel der Reihe, Life is Strange 2 sowie ihrem im November erscheinenden Action-RPG Vampyr beschäftigt. Die eigentlichen Entwickler haben also keinen Anteil am Entwicklungsprozess eines Prequels zu ihrem Spiel? Hm. Warum macht man dann überhaupt ein Prequel?, könnte man sich fragen. Die Antwort ist klar Geld. Life is Strange hat in kurzer Zeit eine riesige Fanbase angehäuft und erreichte im Mai diesen Jahres eine Verkaufszahl von über drei Millionen. Da ist es aus der Sicht eines Publishers klar, dass diese Reihe nicht erst nächstes oder übernächstes Jahr mit einem Sequel wieder Geld abwerfen sollte, sondern dazwischen ordentlich Franchising betrieben wird mit einem Prequel und viel PR. Ganz ehrlich, dafür ist ein Publisher nunmal da, aber aus meiner Spielerperspektive heraus finde ich es traurig zu sehen, dass einem Entwicklerteam, welches mit viel Leidenschaft den ersten Teil entwickelt hatte, ihre eigene Spielwelt unter der Nase weggenommen wird. Als würde man sein Kind in fremde Hände geben.
    Dontnod Entertainment selbst hat das Prequel übrigens bisher noch nicht einmal selbst in der Öffentlichkeit erwähnt.
    Auch ist zu erwähnen, dass das Spiel auf technischer Ebene keinen Fortschritt bietet im Vergleich zu Life is Strange. Die Gesichtsanimationen sind genauso starr wie beim ersten Teil, Model einiger Charaktere und manche Level wurden fast unüberarbeitet übernommen. Es ist klar, dass es keinen anderen Schauplatz im Prequel geben wird, jedoch hätte man diese Chance nutzen können, um die teilweise äußerst starr wirkende Grafik aufzuwerten.

    Zeit zurückspulen?

    Eine Mechanik, die ich an Life is Strange immer schon sehr wertschätzte, gerade weil sie auf narrativer Ebene etwas frischen Wind in „Telltale-esque“ Adventures bringt, ist die Fähigkeit, die Zeit zurückzuspulen. Hierdurch war es dem Spieler ermöglicht, getroffene Entscheidungen wieder rückgängig zu machen, um sich eine andere Entscheidung und deren kurzfristige Konsequenzen anzusehen. Entscheidungen erhielten einen ganz anderen Stellenwert, da man nun wirklich abwägen musste, anstatt dass man beispielsweise in Telltale Adventures eine Entscheidung unter Zeitdruck trifft.

    In Before the Storm gibt es dieses Feature nicht. Rein von der Geschichte her, ist das natürlich plausibel, Chloe hat nicht Max Fähigkeiten, dennoch fehlt damit ein grundlegender Bestandteil der Erzählstruktur, die ich so genial an Life is Strange fande.

    Preise und DLC

    Das Prequel wird, genauso wie das Hauptspiel, in Episodenform veröffentlicht, wurde aber auf drei Episoden statt fünf ausgelegt. An sich keine schlechte Sache, aber wenn man sich die Preise der beiden Spiele ansieht, wird man doch etwas stutzig: Mit zwei Episoden weniger Content kostet Before the Storm nur drei Euro weniger als der Originaltitel, womit der Preis pro Episode hier höher ist. Schaut man sich die Steam-Seite weiter an, fällt natürlich das „Deluxe Edition Upgrade“ DLC auf. Downloadable Content, das gab es vorher bei Life is Strange überhaupt nicht. Man konnte lediglich ein kostenloses Director Commentary herunterladen.
    Der Inhalt dieses Deluxe Upgrades ist für mich der größte Ausschlaggeber für den reinen Kommerz, der mit diesem Spiel getrieben wird. Zunächst mal gibt es Skins mit anderen T-Shirts für die Protagonistin Chloe. Die sehen vielleicht ganz nett aus, sind aber nicht wirklich Content, bloß Skins in einem Singleplayer Spiel. Ziemlich unnötig, wenn ihr mich fragt.
    Weiterhin erhält man den „exklusiven Mixtape-Modus“, der es einem erlaubt, eine eigene Playlist aus den Songs des Soundtracks zu erstellen, die im Hintergrund zu Szenerien aus dem Spiel abläuft. Kann sein, dass das Feature ganz nett ist, es rechtfertigt aber noch lange nicht die überzogenen acht Euro Aufpreis, die man für das DLC im Paket bezahlen muss.
    Zu guter Letzt gibt es nämlich noch eine Bonus Episode. In dieser Episode, die den Titel „Farewell“ trägt, spielt man wieder als junge Max Caulfield. Das ist so offensichtlicher Fanservice für eine Fanbase, die sich natürlich danach sehnt, noch einmal mit Max zu spielen. Und es ist offensichtlich ein Übergehen von Dontnod, die, wie bereits erwähnt, gesagt haben, dass die Geschichten der Charaktere aus LiS zu Ende erzählt sind. Es macht mich wirklich traurig zu sehen, dass viele Fans, für die das Hauptspiel wirklich etwas bedeutet hat, mit so einer billigen Masche geködert werden. Denn angenommen ich würde jetzt gerne diese eine Episode spielen, die einen weiteren Teil aus Max Geschichte zu erzählen scheint, na, dann müsste ich ca. 25 Euro ausgeben, für ein Spiel, das mich nicht interessiert und Goodies innerhalb dieses Spiels, die dem Erlebnis quasi nichts hinzufügen. Ach ja, und die „Farewell“ Episode wird natürlich erst nach dem Release der dritten Episode des Prequels veröffentlicht; falls man also sich jetzt dazu entscheidet das Geld für die Special Edition auszugeben, erhält man also zunächst bloß zwei nutzlose Features.
    Die Bonus Episode als DLC für das eigentliche Spiel, zu dem sie gehört, veröffentlichen? Nein, das geht nicht, dann würde sich das Perquel ja sicherlich schlechter verkaufen.

    All diese Dinge machen mich etwas sauer, aber vorallem auch traurig, da man beobachten kann, wie Square Enix aus einer IP von einem kleinen Entwicklerstudio die Leidenschaft verscheucht und dem Kommerz die Tür öffnet.
    Deswegen werde ich Life is Strange: Before the Storm nicht spielen.

    Über den Autor

    Ason814
    Spielt leidenschaftlich und redet gerne davon.
    <br/>Twittert hier: https://twitter.com/AsonDT

Kommentare

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  1. Raet
    Vorerst, ein Entwicklerwechsel muss nicht bedeuten das der Titel für den Spieler automatisch schlechter wird. Insbesondere aus eher destillierten Szenarien lassen sich auch ohne Original-Beteiligung oftmals Wunderbare Welten schaffen. Siehe Fallout1 zu Fallout2, sicher gibt es auch neuere Beispiele, wenn auch die neuesten eher durchwachsen sind und zu heißen Kontroverseren führten so dass ich jenes ShiFi Abenteuer absichtlich unterschlagen will.

    Auch die Amazon die Wertungen vieler Triologie-Abschlüsse gefeierter Buchserien sind abseits der Fanbewertungen oftmals durchwachsen. So entsteht das Gefühl das hier ein Autorenwechsel, oder externe Beteiligung, für das Finale womöglich sogar ein besseres Ergebnis geliefert hätten. Gehetzt und abgeschnitten wirkende Enden mit Logiklücken, unbegründete Wesens Änderungen der Charaktere und zu viele ungeklärte Story-Fäden liesen sich durch neuen kreativen Input womöglich vermeiden.
    Erst vom tatsächlichen Umfang und Qualität des Titels wird abhängig werden ob der Preis gerechtfertigt ist. Vorerst jedoch ist der Preis immer noch am unteren Segment angesiedelt, eine weiter Senkung könnte als verramschen der Lizenz und mangelnde Qualität im Vorfeld für Unstimmigkeiten sorgen und wäre somit nicht empfehlenswert.

    Das Statement finde ich dennoch lesenswert, denn nun bin ich gespannt darauf was die Entwickler des Originals später zu dem Prequel sagen werden. Sollte es ein Reinfall werden, würde dies wohl auch auf jene einen Schatten werfen auch ohne Beteiligung am Projekt. Danke für die ausführlich erläuterte Sichtweise.
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