Was lest ihr momentan?

Dieses Thema im Forum "Medienforum" wurde erstellt von Spartan117, 23. Februar 2016.

  1. tolotos*

    tolotos*
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    Robert Bevan - Kritische Fehlschläge [Original: Critical Failures]

    Es geht um die vermutlich altbekannte, aber für mich zumindest in Buchform neue Prämisse, dass die Spieler eines Pen&Paper-Rollenspiels (offensichtlich und stark an D&D angelehnt), in der Realität in die Welt des Rollenspiels reingezogen werden. Das heißt insgesamt ist eine Mischung aus (vorrangig) Humor und (ein wenig) Abenteuer.
    Dabei ist das Buch durchaus kurzweilig geraten und hat einiges an wirklich lustigem Humor bei dem Anteil des Humors, der Rollenspiel an sich und D&D im speziellen persifliert bzw. Anspielungen darauf macht. Zugute kam dem Buch bei Letzterem für mich sicher auch, dass ich eben noch kein Buch mit dieser oder einer ähnlichen Prämisse gelesen habe, und auch von Terry Pratchett noch nichts gelesen habe, dadurch also an Witzen über Fantasy noch nichts für mich ausgelutscht, sondern alles neu war.
    Nachteile gab es aber auch klare - zunächst mal die Charaktere: diese sind zum Einen Klischees, aber das wäre in diesem Setting locker zu verschmerzen. Das Problem ist vielmehr, dass die Charaktere durchweg mindestens ein wenig und bis hin zu extrem unsympathisch sind. Das ist nicht gerade angenehm, wenn man irgendwie mit den Protagonisten mitfiebern will, aber zumindest einige wirklich gar nicht mag...
    Außerdem gibt es leider auch einen nicht allzu kleinen Anteil des Humors, der ziemlich platter und in dieser Fülle auf mich unangenehmer Fäkal- und Furzhumor ist. Dass die Charaktere mal deftigere, dümmere (bis hin zu "Deine Mutter") oder natürlich in moderner Sprache geäußerte Sprüche machen, gehört zum Setting und zum Witz und schwankt zwischen "ganz witzig" und "eher nervig". Aber dass ein Running Gag ist, dass einer der Charaktere sehr niedriges Charisma hat und daher laufend rülpst, popelt, furzt oder scheißt [sic!], ist dann doch deutlich eher nervend als lustig. Entgleisungen dieser Art kann man leider nicht ganz überlesen, da sie öfter auftauchen.
    Schließlich ist natürlich auch der Plot nicht umwerfend, aber für diese Art von Buch durchaus zweckmäßig. Das Ende hat mich sogar positiv überrascht/überzeugt.

    Insgesamt komme ich auf ein eher durchschnittliches Buch (objektiv vielleicht etwas schlechter als ich es fand, aber das Thema/die Prämisse war wie geschrieben neu für mich und reizt mich sehr), dass mich aber durchaus gut unterhalten hat - 3/5
    Vermutlich werde ich irgendwann sogar in der Reihe weiterlesen, es sei denn, ich finde bis dorthin deutlich besseres zum gleichen Thema.

    @DKill3r: Wenn man noch nichts von Terry Pratchett gelesen hat, gibt es dann irgendeine empfehlenswerte Reihenfolge, wenn man mal damit anfangen will?
     
  2. Rhaegar

    Rhaegar
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    Ich versuche mich hier mal einer Antwort. Grundsätzlich ist das schwierig, weil sich Pratchetts Bücher in verschiedene Reihen einordnen lassen, die in sich dann durchaus aufeinander aufbauen. Man sollte eher nicht mitten in einer Reihe starten. Dann gibt es aber auch einige eigenständige Bücher, die außerhalb der Reihen stehen.
    Hier gibt es eine fast aktuelle (die letzten drei, vier Romane fehlen) Übersicht, welche die Abhängigkeit der einzelnen Bücher aufzeigt: http://www.lspace.de/dafp/reihenfolge.html

    Ich würde also entweder chronologisch vorgehen. Das hat den Nachteil, dass man mit einer Reihe eher schwächeren Bücher beginnt, in denen Pratchetts schriftstellerische Fähigkeiten noch nicht ganz so ausgeprägt waren. Oder aber man startet mit einem seiner Klassiker, die am Anfang einer der erwähnten Reihen stehen. Das wären für mich in erster Linie Wyrd Sisters, Mort oder Guards! Guards!. Wenn ich nochmal von vorne anfangen dürfte, würde ich mit einem der drei Bücher anfangen.
     
  3. Rhaegar

    Rhaegar
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    Ok, dann versuche ich mal auch mal daran. Also, grundsätzlich, ja, es ist eine noch nicht abgeschlossene Serie, aber es gibt drei Gründe, die in meinen Augen dafür sprechen, es trotzdem zu versuchen. Erstens muss man sagen, dass die Autoren bisher glücklicherweise sehr regelmäßig geliefert haben. Babylon's Ashes (also Band 6) ist bisher der einzige Teil der Reihe, der mehrere Monate Verspätung hatte, ansonsten war die Wartezeit bisher immer genau ein Jahr, was für Bücher von diesem Umfang sogar eher schnell ist. Zweitens ist (leider) auch ein Ende in Sicht, da sechs von neun geplanten Büchern mittlerweile erschienen sind. Die Autoren haben sich auch sehr sicher geäußert, dass es bei neun Büchern bleiben wird. Drittens sind die Bücher in sich recht abgeschlossen. Es gibt natürlich übergreifende Rahmenhandlungen und Charaktere, dennoch hat jedes Buch für sich eine Story mit Anfang und Ende.

    Was gibt es nun über die Bücher selbst zu sagen? Grundsätzlich bin ich kein großer Fan von Science-Fiction-Romanen, diese Reihe ist tatsächlich eine große Ausnahme für mich. Leider ist mir gerade bei SF-Literatur oft aufgefallen, dass den Autoren die Beschreibung von Technologie und Universum wichtiger ist, als die eigentliche Story. Das ist hier definitiv nicht der Fall. Ich hatte nie den Eindruck, dass ein Element nur eingeführt wurde, weil die Autoren hier eine tolle Idee platzieren wollten. Dennoch ist die Welt an sich logisch und gut durchdacht (auch wenn Experten, die genau hingucken möchten, sicherlich unlogische Dinge finden werden).

    Außerdem merkt man den einzelnen Büchern auch an, dass die Autoren mit jedem Buch etwas neues ausprobieren wollten. Wo Band 1 bspw. viel von einem Detektivroman aber auch Horrorbuch hat, ähnelt Band 2 oftmals eher einem Politikthriller und Band 4 einem Western. Deswegen ist es auch schwer die Bücher mal eben unter ein, zwei Schlagworten zusammenzufassen. Aber wenn ich es versuchen sollte, würde ich sagen: handwerklich gut geschriebene Unterhaltungsliteratur, die sehr spannend, kurzweilig aber teilweise auch sehr amüsant ist. Angesiedelt in einem sehr spannenden, nicht verbrauchtem Szenario mit vielen politischen, aber auch gesellschaftlichen Gedanken, die sich einem aber nie aufdrängen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 30. November 2016
  4. tolotos*

    tolotos*
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    Vielen Dank für die ausführlichen Informationen.

    Davon ausgehend habe ich mir "Guards! Guards" sowie die Leseprobe von "Leviathan Wakes" bestellt. Erstmal bin ich noch in anderen Büchern drin, aber stehen jetzt jedenfalls beide auf meinem (langen) Backlog, die genaue Position entscheidet sich immer nach meiner Laune, wenn ich ein Buch fertig habe ;)

    Ich werde dann natürlich auch hier reinschreiben, wenn/sobald ich etwas zu den Büchern sagen kann.
     
  5. philsen

    philsen
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    Lese gerade das erste World of Warcraft Buch "Teufelskreis", welches wirklich für ein junges Publikum geschrieben scheint. Sehr soft und sprachlich sehr einfach gehalten, ist es mit der Witcher Serie (welche ich direkt vorher gelesen habe) wirklich nicht zu vergleichen.
     
  6. tolotos*

    tolotos*
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    Sybille Tamin - Nachmittage mit Mördern

    Die Autorin hat sich mit verschiedenen verurteilten Mördern getroffen und diese ihre Geschichte (meist die ganze Lebensgeschichte mit Schwerpunkt auf ihrer Tat) erzählen lassen. Dabei merkt man bei der Lektüre extrem, dass die Autorin versucht so objektiv wie möglich zu berichten, was ihr erzählt wurde. Sie kommentiert nicht oder kaum [durch die Reihenfolge und Art, wie man aufschreibt, kommentiert man natürlich automatisch und manchmal, aber selten ist sie auch nicht ganz sorgfältig mit ihren Formulierungen] was erzählt wird, lässt auch Selbstwidersprüche und dadurch inkonsistente Darstellungen unkommentiert (die Autorin bestätigt auch im Nachwort, dass das bewußt geschieht). Insbesondere stellt sie nie die "andere Seite", d.h. z.B. die Gründe, aus denen das entsprechende Urteil gefällt wurde dar. Obwohl es ein Sachbuch ist, packe ich mal den Rest zu diesem Thema in einen Spoiler, damit jemand, der das Buch lesen will, unbeeinflußt(er) seinen Eindruck gewinnen kann.
    Das ist sehr interessant, denn dadurch habe ich bei der Lektüre an mir selbst bemerkt, dass ich in fast allen Geschichten erstmal auf der Seite der Täter wahr. Viele fühlten sich zumindest ungerecht behandelt, wenn nicht sogar komplett unschuldig an der Tat. Erst relativ spät im Buch habe ich reflektiert, dass hier bewusst nur eine Seite präsentiert wird und dass ich darauf nicht mein Urteil basieren sollte.
    So sehr der Erkenntnisgewinn durch diese Entscheidung gefördert wird, so sehr leidet andererseits der Unterhaltungswert.
    Spätestens wenn man merkt, dass man nicht alles unbedingt in dieser Form glauben kann, wirkt der Inhalt der einzelnen Kapitel natürlich auf eine gewisse Art belanglos.
    Auch sonst ist es kein Buch, dass ich wegen der Spannung, der Dramaturgie oder, um überrascht zu werden, lesen würde. Dazu sind die Fälle zu gewöhnlich und zu real (d.h. zu wenig mit einer Dramaturgie versehen).
    Aus diesem Grund gebe ich auch nur eine bedingte Leseempfehlung, die deutlich stärker wird, wenn man das Buch aus den Gründen lesen will, die ich oben als Stärken beschrieben habe. 3/5
     
  7. Helli LI-LA-LAUNELÖWE Moderator

    Helli
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  8. Hoffentlich mit seiner Stimme im Kopf. :runter::ugly::hoch:
     
  9. Lurtz lost

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    The Great Sea: A Human History of the Mediterranean
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    Schöner Überblick über die Menschheitsgeschichte im Mittelmeerraum (mit starkem Fokus auf das Mittelmeer und seine Küsten selbst).
    Höhere Weihen verhindern allerdings der etwas arg trockene (dafür mit jeder Menge Literaturreferenzen gespickte) Text und die grafische Aufbereitung, da wäre mehr fürs bessere Verständnis möglich gewesen. Insgesamt aber ein schöner, langer Überblic, den man als Ausgangspunkt für vertiefte Informationen nutzen kann.
     
  10. DKill3r

    DKill3r
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    Pyramiden von Terry Pratchett. :yes: :D
     
  11. tolotos*

    tolotos*
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    Ich glaube der Hauptpunkt dabei ist, dass ich sehr gut "in kleinen Etappen lesen" (d.h. je nach Buch auch mal 1-2 Seiten lesen und direkt aufhören) kann. Dadurch nutze ich sehr viele unnötige Wartemomente im Alltag (Warten auf Leute, Zähneputzen, Anstehen bei zu langen Schlangen in der Mensa, Essen (falls ich alleine esse), Nahverkehr) zum Lesen. Ich glaube, dass alleine durch solche Kleinigkeiten im Schnitt schon etwa 1-1,5 Stunden am Tag zusammen kommen.
    Dazu kommt, dass ich mir natürlich zusätzlich gelegentlich auch mal abends Zeit nehme und 30-120 Minuten am Stück lese (mehr eigentlich selten, bzw. nur wenn ich ein sehr spannendes Buch lese). Aber ich glaube aus meiner Beobachtug letzteres mache ich gar nicht wirklich öfter, als viele andere, die gerne und viel lesen.
     
  12. Helli LI-LA-LAUNELÖWE Moderator

    Helli
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    War auch nicht böse gemeint, eher neidisch. Ist wirklich auffallend, wie viel du schaffst.
     
  13. Priamus sine stato sum

    Priamus
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    Slavoj Zizek - Der neue Klassenkampf Die wahren Gründe für Flucht und Terror.
    Weiter gehts:)
     
  14. tolotos*

    tolotos*
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    T.C. Boyle - The Tortilla Curtain

    In diesem Buch geht es um illegale mexikanische Immigranten in Kalifornien. Abwechselnd wird aus der Persepektive eines mexikanischen Paares und eines amerikanischen Paares aus dem gehobenen Mittelstand geschrieben. Gelegentlich überlappen sich deren Leben, aber größtenteils wird aus ihrem jeweiligen dramatischen bzw. eher belanglosen Alltag erzählt.

    Gelungen ist dabei vor allem, dass die Situation differenziert betrachtet wird - alle vier Hauptcharaktere sind zwar prinzipiell als Stereotypen bekannt (wobei ich über den Typus Delaney nicht wirklich oft lese, das kann aber auch an meiner Auswahl liegen), erhalten aber deutliche menschliche Züge durch Kleinigkeiten. Nach Lektüre eines Buches lese ich meist auch viele Kritiken/Rückmeldungen von anderen und ich war überrascht, dass in dem Buch nicht jeder eine differenzierte Beschäftigung mit dem Thema sieht. Allein die Tatsache, dass dabei Vorwürfe in beide Richtungen etwa gleich oft vorkamen, ist aber ein Indiz dafür, dass hier vielleicht nur ein emotional besetztes und wichtiges Thema extreme Meinungen anzieht und meine Wahrnehmung gar nicht so verkehrt ist. Auch der Schreibstil des Romans hat mir sehr gut gefallen. T.C. Boyle beschreibt sowohl die Umgebung als auch das Innenleben seiner Protagonisten detailliert, nachvollziehbar und spannend. "Spannend" ist an dieser Stelle vielleicht etwas seltsam, aber sonst kann ich mir kaum erklären, warum ich das Buch selten gerne aus der Hand legen wollte, obwohl es plottechnisch nicht immer ganz so mitreißend war (s.o., fast zur Hälfte wird inhaltlich eher belangloser Alltag beschrieben). Nachteil ist sicherlich der Plot, der, wenn es aufs Ende zugeht doch etwas sehr konstruiert bzw. over-the-top wirkt, zumindest im Vergleich zu den sonstigen geerdeten Ambitionen des Buches. Empfehlung mit nur leichten Abstrichen - 4/5

    Zusätzlich an eine Frage an euch: Da mir (auch) der Schreibstil sehr gut gefallen hat - kennt sich jemand mit dem restlichen Werk T.C. Boyles aus und kann davon irgendetwas besonders empfehlen?
     
  15. Priamus sine stato sum

    Priamus
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    Albert Camus - Der Mythos des Sisyphos
     
  16. Allquantor

    Allquantor
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    Richard Dawkins - Das egoistische Gen. In einer Originalausgabe aus der Bücherei (Magazinbestand), mit einigen lustigen Stellen. Zum Beispiel wenn Dawkins schreibt, dass das menschliche Gehirn 100 Milliarden Neuronen enthält, während auf dem gleichen Raum nur ein paar hundert Transistoren Platz haben könnten :ugly:
     
  17. tolotos*

    tolotos*
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    Terry Pratchett - Guards! Guards!
    Ich habe einmal ein Buch von Terry Pratchett versucht, als ich etwa 16 war. Damals bin ich an meinen mangelnden Englischkentnissen und einer viel zu geringen Anzahl an gelesenen Fantasy-Büchern gescheitert, ich fand es aus diseen Gründen nicht lustig genug (bzw. habe es nicht gut genug verstanden), und habe es abgebrochen.
    Wie erging es mir heute? Prinzipiell ähnlich (in Bezug auf meine fehlenden Kenntnisse, nicht die Qualität des Buches), aber auf einem besseren Niveau. Ich würde behaupten, dass mein Englisch leider immer noch zu schlecht ist, um wirklich alle Anspielungen und Wortspiele, die Pratchett macht zu verstehen. Manchmal fällt es auf und man fragt sich, wie etwas gemeint ist, und zusätzlich fällt es vermutlich oft nicht mal auf. Daher erstmal meine Frage an euch: Sind die Übersetzungen der Terry-Pratchett-Bücher gut genug, dass man sie auch vernünftig auf Deutsch lesen kann? Kann man diesen Humor überhaupt gut übersetzen?
    Nun aber dazu, wie ich das Buch fand: Hinsichtlich des Plots und der Charaktere wurde ich klar positiv überrascht: Carrot und vor allem Vetinari sind sehr interessante Charaktere, Vimes ist zwar etwas klischeehaft (aber soll er ja auch sein), und seine
    Abkehr vom Alkohol geht etwas plötzlich und umkommentiert
    , aber auch er ist ein sympathischer und interessanter Protagonist. Außerdem passiert viel mehr als ich erwartet hätte, ich wusste nicht, dass mich bei allem Humor und aller Satire auch eine sinnvolle Handlung und ernsthafte und treffende (wenn auch natürlich nicht sehr innovative oder tiefgehende) Aussagen/Beobachtungen zu bestimmten Themen (z.B. Mitläufertum der Masse; möglicherweise nötigen Pragmatismus von Machthabern) erwarten würden.
    Gleichzeitig war ich über einen Großteil des Buches allerdings vom Humor negativ überrascht: Das Buch war weniger oft witzig, als ich das erwartet hätte. Die Betonung liegt dabei auf weniger oft (d.h. nicht einfach "weniger"), denn wenn ich etwas lustig fand, dann meistens sehr (z.B. vieles bei der Vorstellung Carrots, die Zeugung von Colons Kindern, einige (aber nicht alle) der vielen Wortspiele a la "You had to hand it to the Patrician, he admitted grudgingly. If you didn't, he sent men to come and take it away." und einige Fußnoten). Gegen Ende des Buches hat aber auch die Anzahl an sehr gelungenen Witzen deutlich zugelegt. Von Million-to-one-Chances über die "Genre-savyness" der Palastwachen, den Patrician
    in seinem Dungeon
    bis zu Vimes'
    Konfrontation im Stile entsprechender Filme/Bücher mit Wonse, die völlig sinn- und planlos ist, was auch thematisiert wird.
    Später habe ich auch gemerkt, dass ich einige der sehr gelungenen Witze vorher einfach nicht verstanden habe (etwa Anspielungen auf Dirty Harry und andere Filme oder den "love-in-a-canoe coffee"), was wieder den Bogen zu meinem 16-jährigen Ich vom Beginn dieser Kritik schlägt.
    Alles in allem tue ich mich mit der Bewertung sehr schwer. Der letzte Teil (etwa das letzte Fünftel oder Viertel oder so) ist für mich sogar eine knappe 5/5 (die ich nur sehr selektiv vergebe). Dafür ist der erste Teil eher eine solide 3/5 (weil die Haupstärke trotz guten Charakteren und solidem Plot eben doch der Humor ist und der dort [zumindest von mir bemerkt und das ist bei meinen subjektiven Bewertungen das relevante Kriterium] zu selten vorkommt).... Aber wie mittele ich das jetzt vernünftig... Ich denke, ich gebe eine sehr starke 3/5, sehr nahe an der 4/5 und mit weiter hohen Erwartungen für zukünftige Pratchetts.
     
  18. Rubilein H/\TS(H!

    Rubilein
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    The Stormlight Archive I
    Sanderson ist mittlerweile mein Lieblingsautor. Habe sooo viel gelesen von ihm.
    Das erste Buch seiner epochalen Reihe braucht doch realtiv lange, bis es zündet. Dann schlägt es aber ein und man kann es kaum noch bei Seite legen.
    Das zweite Buch habe ich mir gerade eben auf mein Kindle geladen.
    Jeder, der nur irgendetwas für "Fantasy" überig hat, kommt mMn an diesem Werk nich vorbei. Das Gute ist auch, dass Sanderson, anders als gewisse andere Fantasyautoren - in Richtung GoT schiel -, zügig mit dem Schreiben ist und man alle 2-3 Jahr neuen Lesestoff bekommt :yes: :hoch:
     
  19. Ready Player One

    Nicht wirklich besonders herausragend, aber doch schon ziemlich unterhaltsam. Die ganze Thematik ist interessant, vor allem wenn man Pop-Culture/Videospiele/Filme (speziell der 80er; auch wenn dies mich wiederum nicht persönlich anspricht) mag.

    Etwas störend sind die seitenlangen Erklärungen, ob der Räume oder Geschichte. Ist aber eben auch wichtig, um ein Gefühl der Welt zu bekommen.

    Da es ein Jugendbuch/JA ist - würde ich einfach mal aus dem Stegreif behaupten - ist es unkompliziert und sehr einfach (auf Englisch) zu lesen, also auch empfehlenswert an Personen, die eventuell mal nicht Deutsch lesen möchten.

    Bin jetzt ungefähr bei der Hälfte. Fazit: nett, guter Zeitvertreib, wird aber bestimmt nicht lange in Erinnerung bleiben, da es dafür einfach nur typisches JA ist.

    €: Jetzt durch. Fazit kann so stehen bleiben. Kann man lesen, wenn man auf die Thematik steht. Abgesehen davon würde ich es aber nicht weiterempfehlen.
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 19. Dezember 2016
  20. tolotos*

    tolotos*
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    Julian Baggini - The Duck that Won the Lottery - 100 New Experiments for the Armchair Philosopher
    Gleich vorneweg - der Titel, unter dem ich das Buch gekauft habe, ist grob irreführend. Ich hatte vorher vom gleichen Autor 'The Pig that Wants to be Eaten - 100 Experiments for the Armchair Philosopher" gelesen (in diesem Fall passte der Titel perfekt, denn es ging um verschiedene (Gedanken-)Experimente für philosophisch interessierte Laien. Anscheinend fand der Verlag, dass es publikumswirksam ist, an diesen Titel anzuknüpfen, denn anders kann man sich das Ganze absolut nicht erklären. Mehr als die "100" stimmt im Untertitel definitiv nicht.
    Dabei wurde das Buch früher durchaus unter einem passenden Titel vermarktet: 'The Duck that Won the Lottery and 99 other Bad Arguments'. Genau darum geht es in dem Buch: Schlechte Argumente zu benennen, zu kategorisieren und über das damit verbundene Thema zu reflektieren. Dazu pickt sich der Autor jeweils ein Zitat aus dem Zeitgeschehen heraus (mal aus einem Interview, einem Buch, einer Rede o.ä.) und illustriert beispielhaft, warum ein bestimmtes Argument keines ist oder aber (weg vom philosphischen, hin zum rhetorischen), wie ein gewisser sprachlicher Trick funktioniert. Diese Auseinandersetzung ist sehr interessant, lehrreich, teilweise auch amüsant geschrieben (aber nur wenn es angemessen ist) und es wird stets (mir sind nur zwei kleine Lapsi aufgefallen) sehr schlüssig und stringent argumentiert. Was das Buch dann aber (für mich) wirklich herausragend macht ist, dass am Ende des jeweiligen Kapitels noch eine Einordnung des bisher geschriebenen folgt - wann oder warum ist es vielleicht doch ok, mit Autoritäten zu argumentieren oder mit Tradition? Diese Schlusskapitel sind absichtlich offen geschrieben und regen tatsächlich zum Reflektieren des entsprechenden Themas und der eigenen Haltung dazu an.
    Insgesamt fand ich das Buch dementsprechend herausragend, sehr gute 5/5 Punkten von mir. Man sollte aber dazu sagen, dass man es nicht "am Stück" lesen, sondern eher in Abschnitten konsumieren sollte (sonst fehlt die Zeit zum Reflektieren, und sogar wenn einem das ohnehin zu mühselig ist, verschwimmen die gelesenen Inhalte und man wird dem Thema vielleicht auch irgendwann überdrüssig). Außerdem noch einen kleinen Verbesserungsvorschlag: Die oben erwähnten Zitate sind leider nicht immer Zitate, die dann auch "an sich" kritisiert werden. Manchmal braucht man mehr Kontext und manchmal sind sie nur Ausgangspunkt für Argumente anderer Leute (teilweise gegen diese Zitate), die dann kritisiert werden. Das ist etwas schade, denn würde immer (meistens ist es so, aber eben bei weitem nicht immer) das entsprechende Zitat kritisiert werden, so hätte es mir sehr viel Spaß gemacht (das habe ich am Anfang versucht) nur anhand der Überschrift den genauen Denkfehler im entsprechenden Zitat zu finden. Das funktioniert auf die Art wie es geschrieben ist, leider zu selten (und dann ist es oft trivial), als dass es Spaß macht...

    Wie meistens lese ich parallel auch noch einen Roman. Da werde ich noch ein bißchen mit beschäftigt sein, aber ich kann jetzt schon einmal eine ganz klare Empfehlung für Diamond Age von Neal Stephenson aussprechen. Genaueres, wenn ich durch bin.
     
  21. Priamus sine stato sum

    Priamus
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    Dostojewski - Verbrechen und Strafe:fs:
     
  22. DKill3r

    DKill3r
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    Ich lese momentan ja auch viel von Terry Pratchett, habe allerdings kein Buch von ihm auf Englisch gelesen. Hatte aber bei Farben der Magie, Licht der Fantasie, Das Erbe des Zauberers, Gevatter Tod, Der Zauberhut, MacBest und Pyramiden nicht das Gefühl, dass die Übersetzungen schlecht sind. Es kommt sehr häufig vor, dass ich lachend da sitze, einfach weil die Fußnoten mal wieder sehr schräge Erklärungen für irgendetwas enthalten. Kann man denke ich getrost auf Deutsch lesen.:yes:

    Hab dazu noch folgendes gefunden: http://www.thediscworld.de/index.php/Übersetzungen
     
  23. Norwegian Wood (Haruki Murakami)

    Hat mir gut gefallen. Bei Murakami bekommt man immer so viel Buch und Musik Tipps. :D

    Mal sehen, was ich jetzt lese. :hmm:
     
  24. MXslt2

    MXslt2
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    Naokos Lächeln ist ein tolles Buch....ich sitze gerade an Siddhartha und finde es recht gut
     
  25. tolotos*

    tolotos*
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    Was ich zuletzt gelesen haben:



    Neal Stephenson - Diamond Age
    Im Science-Fiction-Roman Diamond Age geht es hauptsächlich darum, wie eine Welt mit funktionierender Nanotechnologie aussehen würde, sekundär, wie man Kinder mit einer KI erziehen könnte und tertiär um ganz viele andere Sachen.
    Die riesige Stärke liegt dabei im Weltenbau, der sehr glaubwürdig und durchdacht wirkt und einem nicht aufgezwungen, sondern im Vorbeigehen mitgeteilt wird. Was für eine Auswirkung die von ihm erdachten Technologien auf unsere Gesellschaft hätten wird komplex in den verschiedensten Ausprägungen bedacht und ausgeführt. Auch sehr schön ist der Plot mit Nell um die titelgebende (im englischen) Fibel, eine Art K.I., die sie erzieht. Was diese K.I. kann, wie sie es macht, und die Verbindung zum restlichen Plot - das alles ist sehr interessant. Die Hauptcharaktere selbst sind nicht die Interessantesten, aber jedenfalls sympathisch. Sehr gut war auch sowohl der Stil (wobei ich nur zur Übersetzung was sagen kann, da ich einem alten Post von Hank gelesen habe, dass Stephenson auf Englisch wirklich schwer ist) als auch die Tatsache, dass man nie unterschätzt wird, sondern immer mitdenken muss.
    Leider geriet der Plot in der zweiten Hälfte für mich etwas aus den Fugen -
    Die Einführung der Trommler, die als Idee interessant sind, aber für mich nicht unbedingt 'reinpassten'; dass dadurch der vorher angedeutete Doppelagentenplot um Hackworth kaum zur Gelteung kommt; das plötzliche realtiv lange Verschwinden von Miranda und komplette Verschwinden von Richter Fang (den ich interessant fand); der Ausbruch des Krieges, auf den zwar vorher nebenbei durchaus hingearbeitet wurde, der aber dann doch eine überraschend große Rolle spielt; auch das Ende war für mich nicht wirklich befriedingend, da sehr offen.
    Im ersten Teil des Buchs war ich überzeugt, dass ich 'Diamond Age' als herausragend einschätzen würde. Durch meine Probleme mit dem Plot in der zweiten Hälfte bleibt es bei einer sehr guten 4/5 für einen Weltenbau, Ideen, einen Schreibstil und eine erste Hälfte, die ich absolut überragend fand.

    Chesley B. Sullenberger - The Highest Duty
    Dabei handelt es sich um die Autobiographie von Sullenberger, kurz Sully, der der Pilot des Flugzeugs ist, das vor ein paar Jahren sicher im Hudson River landete. Ich habe sie gelesen, weil ich nach dem Anschauen des entsprechenden Films ("Sully"), der angeblich darauf beruht, wissen wollte, wie es aus Sicht von Sully selbst lief. Wissen sollte man dabei (was ich zum Glück wusste), dass nur ein kleiner Teil (vielleicht ein Viertel) vom bekannten Flug handelt, der Rest sonstiges Leben und auch seine Einstellung zum Leben, zur Pflich etc. darstellt. Dabei erhält man ganz nette Einblicke ins Leben eines Piloten, sowohl bei der Air Force, als auch bei einer Airline, einen Einblick in eine vernünftige Perspektive aufs Leben, die aber sicher nicht sonderlich innovativ sind. Sehr geärgert (aber nicht am Buch, sondern nach der Lektüre am Film) hat mich, dass die im Film dargestellte Untersuchungskomission über die Schuld von Sully, die im Film den Hauptantrieb der Handlung darstellt, dort anscheinend völlig übertrieben dargestellt wird. In seiner Autobiographie sieht es eher so aus, als wäre diese nur eine Routineuntersuchung gewesen, ohne ernsthafte Vorwürfe, wie es im Film rübergebracht wird (daher schreibe ich oben auch, dass der Film nur angeblich auf der Autobiographie basiert).
    Das Buch selbst war ganz nett, aber mehr eben auch nicht. 3/5

    Agatha Christie - Death in the Clouds

    Wie schon mal dargelegt, bewerte ich Romane von Agatha Christie immer hauptsächlich nach dem Ende, da ich den Rest eh top finde. Hier ist das Ende zwar prinzipiell schön, da passend zu allen Indizien und vor allem auch selbst erschließbar (alles wird transparent erwähnt). Allerdings ist es einerseits sehr nahe am Ende von
    Three-Act Tragedy
    und andererseits meine ich einen kleinen Logikfehler gefunden zu haben:
    Ich habe das Ende so verstanden, dass Norman Gale ohne Absprache (!) mit seiner Frau Anne Morisot geplant hat, deren Mutter zu töten. Dazu hielt er sich in einem Flugzeug auf, in dem kurzfristig entschieden und ohne, dass er es wusste, auch seine Frau war (kurzfristig ist wichtig, weil er wollte, dass seine Frau, die durch das große ERbe ein offensichtliches Motiv hatte, ein ALibi hatte). An seinem Plan ändert das nichts, aber warum soll seine Frau, die sich auch in seiner Nähe aufhält ihn nicht erkennen und ansprechen? Wäre sie Komplizin, was aber m.E. im Buch nicht rauskommt, könnte ich das verstehen, aber so war ich wirklich irritiert...
    Wenn jemand von euch eine bessere Erklärung hat oder ich etwas falsch verstanden habe, sagt es mir gerne - würde mich interessieren!
    Wegen diesen Problemen gebe ich dann nur ein 3/5, habe mich aber trotzdem gut unterhalten gefühlt.
     
  26. Priamus sine stato sum

    Priamus
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    Franz Kafka - Das Schloß
     
  27. tolotos*

    tolotos*
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    Andreas Edmüller/Thomas Wilhelm - Manipulationstechniken
    Typisches Bahnhofs-Buchladen-Mitbringsel. Beim Titel kann man noch hoffen, dass es darum geht, dass man lernt zu manipulieren, aber man lernt dann doch nur, Manipulationen abzuwehren (das wusste ich natürlich, bevor ich es gekauft habe).
    Das passiert auf eine solide Art, ist durchzogen von Wiederholungen (was zum Einprägen der Ratschläge vermutlich sinnvoll ist, für einen aufmerksamen Leser aber trotzdem ermüdend ist) und geht kaum in die Tiefe: Ich habe eigentlich nichts darin gelesen was ich nicht schon wusste. Zusätzlich sind im Übungsteil am Ende (in dem man Manipulationen erkennen und bennennen soll) m.E. einige (wenige) Lösungen unvollständig (es kommen manchmal Dinge vor, die nicht besprochen wurden oder umgekehrt). Auch der Versuch Manipulation zu definieren als "bewusster oder unbewusster Einsatz unfairer Verhaltensweisen" ist für mich nicht schlüssig. Wenn ich jemand offen vor Leuten erschieße, weil ich sein Erbe will (und weiß oder hoffe dass ich damit durchkomme oder doof bin und es trotzdem mache), dann ist das Erschießen "bewußter Einsatz einer unfairen Verhaltensweise", aber die wenigsten würden das Erschießen selbst als Manipulation begreifen (das Beeinflußen von Zeugen oder der Justiz später vielleicht schon). Irgendwie muss in so eine Definition noch rein, dass man zumindest die Intention hat, dass das entsprechende Verhalten zumindest von einigen nicht bemerkt oder zumindest nicht richtig eingeordnet wird. Vielleicht muss auch noch mehr rein, über eine vollständige Definition will ich mir gerade keine Gedanken machen.
    Alles in Allem war das Buch für mich etwas enttäuschend, aber im großen und ganzen (trotz meiner inhaltlichen Kritik oben) durchaus ordentlich und richtig, nur eben oberflächlich. Von mir 2/5, anderen könnte es durchaus ein wenig mehr bringen.

    Dave Eggers - The Circle
    In diesem Roman geht es um eine nahe Zukunft, in der der fiktive Konzern "The Circle" die Rolle eines Monstrums spielt, das Google/Facebook & Co vermischt und weiterentwickelt. Das Thema finde ich sehr interessant, leider konnte der Inhalt da absolut nicht mithalten. Hauptgrund dafür ist die Protagonistin Mae, die für mich in keiner Weise, wie eine reale Person wirkte.
    Entweder Mae ist mehr oder minder mit unseren Werten aufgewachsen, dann schaltet sie sehr schnell auf manche absurderen Ideen aus Reihen von The Circle um oder sie ist schon vorher in einer Gesellschaft/Umgebung aufgewachsen, in der sie mehr oder minder damit indoktriniert wurde - dann ist sie zu Anfang überraschend unwissend, was genau diese Ideen überhaupt sind.
    Außerdem ist ihr Verhalten, fast jedem anderen Mensch gegenüber absurd (Francis: eine sexuelle Beziehung aus ... was empfindet sie ihm gegenüber spätestens nach dem ersten Vorfall? Macht? Begehrtwerden? Annie: Umschlagen von beste Freundinnen in komprimisslose Neider, dann gelegentliche Ausrutscher zurück zu den Freundinnen - hä? Mercer: Wird gegen Ende völlig absurd - er hätte sich freuen sollen, was sie für Mittel zur Verfügung hat?).
    Leider ist die Kritik an der Transparenz- No - Privacy - Kultur und anderen Dingen (zu viel Macht in einer Hand etwa) auch recht plump geraten. Es gibt eigentlich kaum eine Idee dazu im Buch, die nicht in einer beliebigen Forendiskussion zu dem Thema von jemand vorgeschlagen wird. Und die Kritik am Circle durch Mercer ist so schwach (er verwendet nur manchmal sinnvolle Argumente), dass ich mich da sogar gefragt habe, ob der Autor die Entwicklung jetzt wirklich anprangern will. Durch den Rest des Buches wird es aber klar.
    Auch das Ende ist allenfalls mäßig -
    Zwar tut es dem Buch gut, dass es kein "Happy End" ist. Aber Ty's Plan erschließt sich mir nicht ganz - dachte er wirklich, dass zu diesem Zeitpunkt noch eine simple Erklärung von Mae (so beliebt sie auch vorher war) viel geändert hätte? Warum hat er was ähnliches nicht vorher selbst umgesetzt? Den Rückhalt in der Bevölkerung und im Circle (sagenumwobener Gründer) scheint er zu haben, die technischen Möglichkeiten auch (immerhin kann er andauernd Maes Abhörgeräte stören und weiß auch sehr viel). Alles sehr dubios.
    Schließlich gibt es auch immer mal wieder schlampige Unglaubwürdigkeiten. Wer glaubt z.B. ernsthaft, dass man einer Firma wie The Circle die brandneue Idee "He - gebt doch Leuten Rabatte und Vorteile, wenn sie euch dafür eure Daten geben" nicht nur als neu verkaufen kann, sondern sogar als so brillant und schützenswert, dass man dafür eingestellt wird, dass man diese Idee hatte (um die Idee quasi aufzukaufen)?

    Was bleibt also? Ein interessantes Thema, eine ordentliche Schreibe (die aber in den Sex- und Romantikszenen auch eher furchtbar wird) und ein einzelner Dialog (allerdings recht lang), der mich durchaus zum Denken über das Thema angeregt hat (was optimalerweise das ganze Buch gemacht hätte).
    Dabei geht es mir um Bailey's Dialog dazu, ob nicht eine Welt besser wäre, in der jeder immer die Möglichkeit hätte alles zu wissen. Nach anfänglichem instinktivem starkem Unbehagen bin ich mir da gar nicht mehr so sicher. Klar ist, dass es keinen moralisch vertretbaren Übergang von unserer Welt in eine solche gäbe. Aber wenn wirklich von Anfang (des Lebens eines jeden an) an jeder alles wüsste bzw. wissen könnte - würde man sich dann überhaupt noch wegen Verhaltensweisen genieren und wirklich in seiner Entfaltung/Privatsphäre eingeschränkt fühlen? Vielleicht ja, vielleicht nein. Hat stark damit zu tun, ob man glaubt, dass entsprechende Bedürfnisse hauptsächlich oder sogar nur kulturell geprägt sind, oder auch einen anderen (biolog./genet.) Anteil haben... Wird man also wohl nie abschließend beantworten können.
    Fazit: Schwer enttäuschendes Buch mit hochinteressantem und -aktuellem Thema aber völlig absurder Protagonistin. 2/5

    P.S: Irgendwo habe ich gelesen, dass eine Möglichkeit, die schwache Persönlichkeit von Mae zu retten ist, sie gar nicht als Person sondern nur als Metapher auf eine insgesamt eher naive Menschheit zu lesen. Das ist mit Sicherheit wesentlich besser, als sie wirklich als Person zu verstehen. Ob das Buch mit dieser Lesart wirklich gut wird, ist aber im Nachhinein schwer zu sagen.
     
  28. Milchverkaeufer

    Milchverkaeufer
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  29. Nobody606 Ist ein Niemand

    Nobody606
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    Zuletzt Band 14 "Britannia" der Rom-Serie und Band 9 "Die dunklen Krieger" der Uhtred-Reihe beendet. Erst einmal muss ich die Nachbearbeitung (Korrekturlesen etc.) bei Britannia loben. Nachdem Band 13 teilweise haarsträubend viele Fehler enthielt und dafür gescholten wurde kam mir hier nur ein einziger Fehler unter. Hoffentlich bleibt das jetzt wieder so.

    Britannia ist schon fast wie ein Omen für die kommenden Ereignisse, welche sich im römischen Reich ereignen werden. Alles geht den Bach runter, die Römer kriegen eine richtige Abreibung verpasst, was im Grunde ein Bruch in der Reihe ist, denn bisher waren die meisten Einsätze immer erfolgreich und auch im Privatleben der beiden Protagonisten steht es nicht zum besten. Dieser Abschnitt kommt allerdings sehr kurz, schon fast zu kurz, sollte aber in naher Zukunft ein Vielfaches mehr an Tragweite gewinnen, wenn sich in Rom um die Kaiserwürde gebalgt wird. Das Buch liest sich wie ein Gefecht mit Verschnaufpausen. Wie immer schafft es Scarrow einen regelrecht in die Gefechte hineinzuversetzen. Zarte Gemüter könnten manchmal aber auch wieder das Würgen kriegen. :ugly:

    Bin gespannt, wie es weiter geht.


    Band 9 der Uhtred-Saga ist dieses mal etwas gemächlicher und der alte Uhtred zeigt plötzlich Verhaltensweisen, die man ihm nicht zugetraut hätte, da er des Wartens müde ist und im Konfrontation mit seinem Alter und dem Gedanken an einen nicht allzu fernen Tod endlich seine Heimat, "Bebbanburg", wieder in Besitz nehmen will, welche ihm zuvor geraubt worden ist. Das Buch ebnet den Weg zu diesem Ziel und ist schon fast wie eine Folge vor einem Staffelfinale. Sein Söhne kriegen in diesem Kontext auch mehr Zeit im Buch. Wenn ich daran denke, dass Uhtred in nicht allzu ferner Zukunft einen Abgang machen wird, werde ich irgendwie schon sentimental. Wird spannend, ob Cornwell die Reihe dann zu den Akten legt, was für die Fans sicher positiver wäre, oder mit den Söhnen weitermacht.


    Aktuell wird gerade die Artus-Saga, ebenfalls von Bernard Cornwell, gelesen. Die fehlte mir nämlich noch. Schön geerdet und keinesfalls "abgespaced" wie so viele Dinge zu Arthur. Ich mag diesen bodenständigen und realistisch gehaltenen Stil, den Cornwell in allen seinen historischen Romanen beibehält. Dadurch wirkt das Ganze einfach näher.

    Was danach kommt, steht auch schon fest. Dann wird sozusagen Teil 2 von Askir angegangen und "Die Götterkriege" ausgepackt. Nach all den historischen Romanen darf es dann auch erst einmal wieder Fantasy sein. :D
     
  30. Toadfoot

    Toadfoot
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    So ein Müll

    Ich lese gerade ein Theater Stück. Harry Potter and the cursed child (Harry Potter und das verwunschene Kind), natürlich in der englischen Ausgabe. Und ich finde es schrecklich. Versteht mich nicht falsch, ich bin ein großer HP Fan, ich möchte schon fast Potterhead sagen. Aber HP and the cursed child ist eines der schlechtesten Bücher die ich je gelesen habe. Vielleicht liegt es daran das J.K Rowling das Buch nicht geschrieben hat. Vielleicht an der völlig schrägen und uninspirierten Geschichte, oder es liegt an den unglaubwürdigen Charakteren. Ich weiß es nicht. Das Buch oder vielmehr das Theaterstück ist eine einzige Katastrophe.

    Mfg Elias
     
  31. tolotos*

    tolotos*
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    Brandon Sanderson - Elantris
    In Elantris geht es um die gleichnamige vormals von sehr mächtigen gott-nahen Menschen bewohnte Stadt, wobei normale Menschen nach dem Zufallsprinzip ausgewählt entsprechend mächtig werden und dort leben konnten. Nach einem Zwischenfall werden die zufällig ausgewählten Menschen aber nicht mehr mächtig sondern mit einer Krankheit bzw. einem Fluch gestraft. Gleichzeitig geht es um einen religiös/machtpolitisch motivierten Eroberungsfeldzug.
    Die Plotstränge der drei Protagonisten hören sich eigentlich vielversprechend an: Der ehemalige Kronprinz Raoden, der jetzt aber mit dem Fluch von Elantris belegt ist; seine Verlobte Sarene, die ihn aber nicht kennt und politisch intrigieren und kontrollieren will und Hrathen ein hoher Priester der religiösen Macht, der das Königreich gewaltlos erobern soll.
    Leider sind Raoden und Sarene sehr klischeehaft und "perfekt" beschrieben und daher nicht sehr interessant. Bei Sarene kommt dazu noch Problem, dass sie als clever, gewitzt usw. usf. beschrieben wird, dass ihr Verhalten aber eher als dreist und manchmal etwas gedankenlos einzuordnen wäre, und trotzdem jeder so reagiert, als hätte sie eine enorme Autorität/Intelligenz/...
    Für mich hat es einfach nicht realistisch gewirkt, dass nach sehr kurzer Zeit jeder in Raodens Verschwörung zumindest oberflächlich nach ihrer Pfeife tanzt oder dass sie das Hofleben komplett umkrempeln kann, jeweils wenn der Staat wirklich so patriacharlisch wie sonst beschrieben, ist.
    Hrathern hingegen ist ein sehr interessanter Protagonist, aus dessen Sicht ich gerne gelesen habe,
    der aber am Ende mit einer unnötigen Schärmerei/Verliebtheit unnötigerweise auch nochmal Sarene huldigen muss.
    Das Worldbuilding ist oberflächlich interessant, aber vieles wirkt bei genauerem Überlegen einfach nicht glaubwürdig.
    Teoras hat wirklich so wenig Informationen von Arelon, dass Sarene nicht sicher weiß, wie die Gesellschaftsform ist? Nichtmal Spione dort?
    Händler waren zu Zeiten von Elantris unnütz, das die Elantrianer ja alles herstellen und verteilen konnten - aber dennoch mächtig genug um später die Macht zu übernehmen?
    Ein König meldet sich nicht bei seiner Tochter, die auf diplomatischer Mission ist, "weil sie ihre Freiheiten braucht"?
    Außerdem ging das Buch zweimal mit Charaktertoden sehr unsensibel um:
    Raoden erwähnt den Tod von Leuten, mit denen er angeblich befreundet war in einem Atemzug damit, dass er so glücklich wie noch nie ist.
    Das hört sich alles sehr negativ and, und leider war ich von Elantris auch enttäuscht. Es ist nicht ganz so schlimm, wie meine Kritikpunkte klingen, weil ich mich trotz allem noch ordentlich unterhalten (aber eben ohne jeglichen Anspruch) fühlte und weil das Magiesystem sowie die Prämisse ganz nett waren (aber auch nicht so innovativ, wie ich sonst manchmal lese).

    Schließlich noch zum Ende - irgendjemand hat es als Achterbahnfahrt beschrieben, und das trifft es ganz gut. Aber auch wenn ich mich dort durchaus unterhalten gefühlt habe, bedeutet das, dass es am Ende ein, zwei Wendungen zu viel gab. Man muss nicht jedem noch so kleinen Plötchen, dass im Buch vorkommt, einen eigenen Twist verpassen.

    Mein Fazit - 3/5 Punkten, weil ich mich unterhalten gefühlt habe, aber am unteren Ende von 3/5.

    Ich werde sicher noch einmal was von Sanderson lesen, aber nur weil ich insgesamt so viel Gutes gehört habe. Rein durch die Kostprobe Elantris wäre mir meine Zeit dafür zu schade...
     
  32. tolotos*

    tolotos*
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    Heinrich Böll - Die verlorene Ehre der Katharina Blum
    In dem recht kurzen Roman von Heinrich Böll geht es hauptsächlich darum, die üblichen Vorgehensweisen von manchen Boulevardjournalisten aus der Ecke der Bild-Zeitung anzuprangern. Dazu wird von einer Frau erzählt, die durch die Berichterstattung über sie ziemlich leidet. Gleichzeitig wendet sich der Roman in Nebenschauplätzen auch gegen Seilschaften, übereifrige Ermittlungsarbeit sowie (glaube ich) ein RAF-bedingt deutlich linksfeindliches Klima in Deutschland [wobei ich letzteres schwer einschätzen kann, da ich historisch zu wenig bewandert bin].
    Die Sprache des Buchs beinhaltet einige sehr schöne Konstruktionen und gefällt daher, ist aber prinzipiell (sicher bewußt) eher nüchtern gehalten, um den Eindruck eines (zumindest meist) möglichst neutral gewollten Berichts zu erwecken. Das wird auch mal aufgebrochen (daher "zumindest meist"), vermutlich um zu unterstreichen, dass auch der Berichterstatter subjektive Eindrücke mit reinbringt. Dieses Stilmittel (also die Nüchternheit der Sprache an sich, nicht das Aufbrechen davon) kann ich verstehen, es dient vermutlich dazu, die Geschichte authentischer wirken zu lassen. Gleichzeitig sorgt es aber auch dafür, dass weniger Spannung aufkommt und wird dabei unterstützt von dem sehr vorsehbaren und dadurch spannungsarmen Plot.
    Alles in allem ist "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" damit ein gut durchdachtes Buch, dass eine sinnvolle Aussage (bzw. mehrere davon) trifft, mich aber bis auf gelegentlich stilistische Höhepunkte nicht allzu sehr unterhalten hat. Da die Aussagen nicht allzu überraschend/innovativ/zum Nachdenken anregend waren [die Missstände, die angeprangert werden, sind zumindest heute und zumindest für mich nichts wirklich neues], bringt mich das zu einer soliden 3/5. Ein Buch, von dem ich gut verstehe, dass es in der Schule gelesen wird; das mich persönlich aber nicht viel weitergebracht hat.
     
  33. Priamus sine stato sum

    Priamus
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    Sarah Bakewell - Das Cafe der Existenzialisten Freiheit, Sein & Aprikosencocktails
     
  34. tolotos*

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    Bernd Kaufholz - Der Todesengel mit den roten Haaren
    Ein Sachbuch voll mit Gerichtsreportagen über für den Autor besonders interessante Fälle. Hörte sich gut an, aber leider ist das ganze so nüchtern/trocken geschrieben, dass es anstrengend zu lesen und nicht sehr unterhaltsam ist. Die Fälle sind teilweise interessant und teilweise eher gewöhnlich, der Einblick darin, wie ein echtes Urteil zum jeweiligen Fall aussehen würde, ist ganz nett.
    Sehr schade ist auch, dass die für mich sehr langweilige Geschichte "Die Mitverdiener" über irgendwas mit Korruption (die einzige Geschichte, die ich nach kurzem Anlesen ausgelassen habe, weil sie mich zu sehr gelangweilt hat) sechsmal so lang ist wie viele der anderen Geschichten, die teilweise wesentlich interessanter waren.
    Insgesamt ein Werk, bei dem es noch ok ist, es nebenbei zu lesen, von dem aber nichts besonders im Gedächtnis bleibt. 2/5.
     
  35. garglkark ♥ ♥

    garglkark
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    Brotkasten
    Maus und Tastatur:
    Speedlink Competition Pro
    Betriebssystem:
    Commodore Basic V2
    Monitor:
    TV
    Der große Gatsby

    zufälligerweise lief auch gerade der film im free-tv, ich fand weder den film noch das buch extrem toll. das buch war aber irgendwie zumindest ganz ordentlich, beim film hatte ich schnell gedanklich abgeschaltet.

    ich empfand es als eine ziemlich traurige geschichte, eine verlorene liebe, ein mann opfert sich für die geliebte frau auf, er gibt immer große parties, wo sehr viele leute kommen, die ihn kaum kennen. sie nutzen gerne diesen gesellschaftlichen anlass, kennen den gastgeber aber gar nicht und als er sie wirklich "braucht", kennt ihn keiner mehr.
     
  36. tolotos*

    tolotos*
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    T. C. Boyle - Talk Talk
    In Talk Talk geht es um Identität und um Identitätsdiebstahl. In einer klassischen Thrillerhandlung wird die Geschichte der Gehörlosen Dana Halter erzählt, die die Erfahrung machen muss, dass jemand ihre Identität gestohlen hat, in dem Sinne, dass unter ihrem Namen Dinge gemacht wurden, mit denen sie nichts zu tun hatte.
    Der Anfang des Romans ist unfassbar packend und zieht einen förmlich in die Handlung hinein. Die beiden Hauptcharaktere Dana und ihr Freund Bridger wirken absolut glaubwürdig und schlüssig, und was ihnen zu Beginn geschieht ist sehr packend beschrieben.
    Von Boyles Schreibstil bin ich nach wie vor sehr überzeugt. Er schafft es, alles mögliche auf eine packende, spannende Art zu erzählen und mitzureißen.
    Der weitere Verlauf der Handlung
    ist weiter spannend, aber nicht mehr ganz so interessant wie der Anfang. Später wird auch der Antagonist Peck Wilson als POV-Charakter eingeführt. Nach seinem ersten Kapitel hatte ich nur den Gedanken "Was für ein Arschloch" (der im weiteren Verlauf bestätigt blieb, und nur ganz am Ende ein wenig aufweichte [aber in seiner Essenz immer noch meine Meinung beschreibt]). Wenn das Ziel war, einen hassenswerten Antagonisten aufzubauen, dann ist es sicher gelungen. Trotzdem wirkte er nicht wie eine reine Karikatur, sondern glaubwürdig, wenn auch nicht besonders innovativ. Ein narzisstischer, von Konsum und oberflächlichen Zielen/Idealen getriebener Mensch, der zu wenig oder keiner Empathie fähig, sich dessen aber selbst nicht wirklich bewußt ist. Zwischendrin waren mir die Kapitel aus seiner Persepektive etwas viele bzw. etwas lang. Es macht zwar im Kontext des Endes und des Themas durchaus Sinn, so viel von ihm zu erfahren, aber seine Kapitel waren die Stellen, die mich am ehesten "gelangweilt" haben (in Anführungsstrichen, weil der Ausdruck übertrieben ist, mir aber grade nicht schwächeres einfällt, was den gewollten Sinn vermittelt).
    Schließlich ist das Ende
    völlig unerwartet, regt aber zum Nachdenken an. Ich kaufe den Figuren ihre Entscheidungen am Ende zwar durchaus ab, wenn ich etwas darüber nachdenke, ganz organisch wirkte es beim Lesen aber nicht. Ob das jetzt an der Tatsache lag, dass ich von gängigen Tropes und Klischees verdorben bin, oder ob es wirklich etwas konstruiert war, kann ich nur sehr schlecht beantworten (versteht man denke ich, wenn man das Ende selbst liest). Durch das Ende wird noch einmal aufgezeigt, dass das Hauptthema des Buchs eher "Identität" als die Thrillerhandlung ist.
    Zwischendrin etwas gestört hat mich
    die sehr zufallsgetriebene Wendung, dass Dana instinktiv wusste, wo man abfahren muss, nachdem der Sprit ausgegangen war. Absolut unrealistischer Unfug, der noch dazu unnötig war (Sprit hätte ja in Sichtweite ausgehen können, so dass man ihn abfahren sieht, oder man stricht dieses "Sprit geht aus"-Element ganz)
    Gut gefallen hat mir dafür, wie eher beiläufig durch die Protagonistin die Perspektive einer Gehörlosen eingeflochten wurde.
    beiläufig zumindest mit Bezug auf die Thrillerhandlung. Das erwähnte Thema Identität hat natürlich viel mit dem Thema Gehörlosigkeit zu tun.
    Auf mich wirkte das sehr glaubwürdig und wunderbar unaufdringlich.
    Alles in allem ein Buch, dass mich durchaus überzeugt hat, wenn es auch nach dem sehr starken Beginn etwas abbaut. Als reiner Thriller gelesen, ist es außerdem vermutlich nicht ganz so überzeugend, wie ich es es einordne, man muss sich auf das Thema "Identität" einlassen. Leichte Abstriche für die mittlere Hälfte, mein erstes Gefühl beim Ende
    (ich werde ja aus meiner Perspektive, es gibt also durchaus auch dann Abstriche, wenn meine eigenen Sehgewohnheiten und nicht die in irgendeinem Sinn "objektive Qualität" mir das Ende etwas verleiden)
    sowie den oben erwähnten Zufall machen eine gute 4/5.
     
  37. Stephen King - The Stand
    Hab das Buch vor Jahren schonmal gelesen, allerdings eher überflogen. Nun les ich es nochmal richtig und muss sagen, ich finde es jetzt schon schade, wenn ich am Ende bin. Laut Kindle Anzeige bin ich bei 70% :(

    Danach kommt die komplette "Der Dunkle Turm" Reihe wieder dran :D
     
  38. Kafka on the Shore

    Seltsames Buch ist seltsam. Jetzt bei 60%, Norwegian Wood hat mir schon deutlich besser gefallen.

    Wird voraussichtlich mein nächstes großes Buch werden. :yes:
     
  39. Helli LI-LA-LAUNELÖWE Moderator

    Helli
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    an Kelandras Seite
    Was hast du sonst noch von ihm gelesen? Kafka war interessant, gibt aber immer Besseres.
     
  40. Gilad Pellaeon

    Gilad Pellaeon
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    William L. Burton: Melting Pot Soldiers - The Union's Ethnic Regiments

    Das wissenschaftliche Buch von Burton beschäftigt sich mit den europäischen Ethnien in den Nordstaaten, deren politischen Aufstellung und Einstellung sowie der Frage, wie sie sich bei Ausbruch und im Verlauf des Amerikanischen Bürgerkrieges verhalten haben. Kern des Buches ist aber eine Darstellung der verschiedenen ethnischen Regimenter, hierbei wird der Fokus aber auf die Deutschen und Irischen Regimenter gelegt, da diese die größten Ethnien gestellt haben und auch die meisten ethnischen Truppen für die Unionsarmee gestellt haben. Eine interessante Darstellung, die auch viel über die Denkmuster der Iren und Deutschen sowie deren politische Einstellung und Konkurrenz untereinander zu Tage bringt. :yes:
     
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