Containerschiffe stoßen mehr CO2 als Deutschland aus - grünes Methanol ist unsere größte Hoffnung, das zu ändern

Frachtschiffe sind für den Erhalt unseres Wohlstands unverzichtbar. Gleichzeitig stoßen sie Unmengen an Ruß und Treibhausgasen aus - Methanol könnte die Lösung für dieses Problem sein.

Containerschiffe werden auch in den kommenden Jahrzehnten Treibstoff brauchen. (Quelle: stock.adobe.com - moofushi) Containerschiffe werden auch in den kommenden Jahrzehnten Treibstoff brauchen. (Quelle: stock.adobe.com - moofushi)

Der Hunger der Weltwirtschaft nach immer mehr und immer größeren Schiffen ist schier unstillbar. Denn rund 90 Prozent aller Güter nehmen den Seeweg.

Gleichzeitig ist die globale Frachtschifffahrt auch für ungefähr 3 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich. Das ist mehr, als ganz Deutschland ausstößt.

Grünes Methanol könnte ein wichtiger Teil der Lösung dieses Problems sein. Wir erklären euch, wo die Schifffahrt hinsteuert und weshalb Norddeutschland kurz davor ist, sich an die Spitze der Hersteller nachhaltigen Sprits zu bringen.

Weg von fossilen Dreckschleudern

Für die Transformation der Schifffahrt kommen grundsätzlich diverse Treibstoffe infrage, wobei wir uns im Folgenden vor allem mit Methanol beschäftigen werden. 

Doch eines gilt für alle: Die Ausgangsprodukte sowie der zur Herstellung verwendete Strom müssen aus regenerativen Quellen stammen, egal ob Wasserstoff oder Kohlenstoff. Heutzutage finden sich in den meisten synthetischen Treibstoffen graue Ausgangsprodukte fossilen Ursprungs. Unter synthetisch wird hierbei alles verstanden, was nicht einst als Rohöl begann.

Was treibt Frachtschiffe heute an?

Langfristig muss auch die Schifffahrt weg vom schwarzen Gold. (Quelle: stock.adobe.com - Sculpies) Langfristig muss auch die Schifffahrt weg vom schwarzen Gold. (Quelle: stock.adobe.com - Sculpies)

Laut der ICS fuhren 2018 66 Prozent aller Schiffe mit Schweröl. Das ist an sich ein Abfallstoff aus der Erdölverarbeitung. Mit Marinediesel waren 30 Prozent unterwegs.

Somit ist klar: Wer heutzutage auf hoher See Fracht transportiert, der nutzt mit allergrößter Wahrscheinlichkeit erdölbasierte, also fossile Brennstoffe, die klimaschädlich sind - und dabei wird es wohl bleiben. Selbst eine Prognose für das Jahr 2030 des Statistischen Bundesamtes geht davon aus, dass noch 8 von 10 Frachtschiffen Energieträger fossiler Herkunft nutzen werden.

Hoffnungsträger Grünes Methanol

Methanol bietet sich aufgrund mehrerer Gründe an, einer der Schiffstreibstoffe von morgen zu werden. Diese lauten:

  1. Es muss nicht gekühlt werden, das spart Energie. Methanol ist bei Zimmertemperatur flüssig, Methan tritt hingegen gasförmig auf und muss zur Verflüssigung gekühlt werden.
  2. Es können modifizierte Dieselantriebe verwendet werden. Die Technik ist vertraut, erprobt und heute schon in großem Maßstab einsatzbereit.
  3. Methanol ist deutlich ungefährlicher für Mensch und Natur als Erdölderivate. Im Wasser wird es zum Beispiel einfach von Bakterien abgebaut, so ist die Havarie eines Methanol-Schiffes sogar weniger kritisch als die eines gewöhnlichen.
Nicht verwechseln!

Die Verwechslungsgefahr ist aufgrund der sprachlichen Nähe erheblich, aber Methan und Methanol sind chemisch zwei völlig unterschiedliche Stoffe. Methan, eine chemische Verbindung aus Kohlenstoff und Wasserstoff mit der Summenformel CH₄, ist der Hauptbestandteil von Erdgas. Methanol ist ein Industriealkohol, der sich chemisch betrachtet, aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid (Kohlen- und Sauerstoff) hergestellt werden kann.

Einen Nachteil hat Methanol aber mit allen Alternativen zu den erdölbasierten Treibstoffen gemeinsam: Seine Energiedichte ist geringer. Methanol kommt auf etwa 45 Prozent im Vergleich zu Diesel. Die Tanks müssen also größer sein, da mehr Sprit gebunkert werden muss, um die gleiche Entfernung mit ähnlicher Geschwindigkeit zurückzulegen.

Wer sich für weitergehende Informationen zu allem hier Besprochenen interessiert, schaut beispielsweise beim Deutsches Maritimes Zentrum e. V. oder dem Deutschen Zentrum für Luft-Raumfahrt. Beide haben sich in einem umfangreichen Papier mit maritimen Treibstoffen befasst.

Vorreiterprojekt aus Bremerhaven

Ein Projekt mehrerer Forschungsinstitute und Unternehmen aus Bremen und Bremerhaven will in den kommenden Jahren zeigen, dass sie in der Lage sind, große Mengen an grünem Methanol herzustellen. 

Unter dem Kurztitel MariSynFuel bauen sie derzeit eine erste Anlage zur vorindustriellen Demonstration ihres Prozesses: Sowohl das benötigte CO₂ als auch der Wasserstoff kommen nicht aus fossilen Quellen. Das Kohlenstoffdioxid stammt aus der Klärgasnutzung in einer Kläranlage und der Wasserstoff wird durch regenerativ erzeugten Strom produziert.

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Dank des weltweit einzigartigen Verfahrens werde auch keine zusätzliche Energie für das Herausfiltern des CO₂ gebraucht, berichtet Professor Dr. Gerhard Schories im Gespräch mit unserem Autor: Wir gehen davon aus, erheblich günstiger zu sein, als der bisherige Stand der Technik.

Schories ist Institutsleiter des Technologie-Transfer-Zentrum (ttz) in Bremerhaven, einem privaten, gemeinnützigen Forschungszentrum. Das Projekt wird im Rahmen des Gesamtkonzepts erneuerbare Kraftstoffe mit rund 6,5 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert.

Im Zuge des Projektes soll in den kommenden Monaten eine erste Anlage in Betrieb gehen, um die Erfolge aus dem Labor zu replizieren. In etwa zwei Jahren ist geplant, erstmals in großem Stil zu produzieren - rund 180 Tonnen im Jahr.

Und für die gibt es auch schon einen Abnehmer: das Alfred-Wegener-Institut (AWI) mit seinem neuen Forschungsschiff, der Uthörn. Der rund 36 Meter lange und 9 Meter breite Neubau wurde extra für den Betrieb mit Methanol konzipiert und ist der erste seiner Art.

Letztendlich sei auf lange Sicht die Massenproduktion von grünem Methanol in Bremerhaven denkbar. So könnten aus den für Ende 2025 anvisierten 500 Kilo pro Tag in Zukunft bis zu 100.000 Tonnen pro Jahr werden, was in etwa täglich 275.000 Kilo entspricht. Das würde allerdings außerhalb des Projektes durch reguläre Industrieunternehmen geschehen.

»Ab hier wird es wirtschaftlich interessant«, sagt Schories. Warum? Alleine die Reederei Maersk gibt ihren Bedarf mit 400.000 Tonnen Methanol pro Jahr an. Der Schlüssel zur Industrietechnologie sei eben die Skalierbarkeit, so der Professor.

Welche Hoffnungs-Treibstoffe gibt es sonst noch?

Eine Übersicht über alle infrage kommenden Treibstoffe für die Schifffahrt. Quelle: Deutsches Maritimes Zentrum e. V. Eine Übersicht über alle infrage kommenden Treibstoffe für die Schifffahrt. Quelle: Deutsches Maritimes Zentrum e. V.

Abseits von Methanol werden wahrscheinlich vor allem drei weitere, bisher selten eingesetzte Treibstoffe eine Rolle spielen: Wasserstoff, Ammoniak und synthetisches (grünes) LNG.

Wasserstoff: Damit überhaupt genug Wasserstoff an Bord mitgenommen werden kann, muss er stark gekühlt (-253 Grad Celsius) oder komprimiert werden. Letztendlich ist aber die relativ geringe Energiedichte das schwerste Manko (rund 20 Prozent von Diesel).

Synthetisches (grünes) LNG: Verflüssigtes, fossiles Erdgas wird schon länger und derzeit zunehmend auch von uns in Deutschland nachgefragt. Etwa 3 bis 5 Prozent aller Frachtschiffe fahren heute mit LNG. Aber egal, ob fossil oder grün-synthetisch hergestellt hat es ein ähnliches Problem wie Wasserstoff: -176 Grad Celsius. Allerdings ist die Energiedichte weit höher, sie entspricht in etwa 80 Prozent von Diesel. Laut Schories gibt es jedoch bis heute keine Produktion von grünem LNG im großen Maßstab.

Tankschiffe werden auch beim Transport von grünen Treibstoffen eine wichtige Rolle spielen. (Quelle: stock.adobe.com - Andriy Sharpilo) Tankschiffe werden auch beim Transport von grünen Treibstoffen eine wichtige Rolle spielen. (Quelle: stock.adobe.com - Andriy Sharpilo)

Ammoniak: Eigentlich wäre Ammoniak der ideale Treibstoff. Denn das Gemisch aus Wasserstoff und Stickstoff enthält überhaupt keinen Kohlenstoff. Doch auch er müsste zur Verwendung gekühlt werden (-33 bis -50 Grad Celsius). Ammoniak erreicht rund ein Drittel der Diesel-Energiedichte, aber seine Gefährlichkeit wiegt schwer.

Wenn Ammoniak gasförmig austritt, gefährdet er das Leben der Besatzung sowie in Hafennähe mitunter auch das von Menschen an Land. Obendrein steckt hier die Antriebstechnik noch in den Kinderschuhen. Es braucht mehr als modifizierte Dieselaggregate.

Und was ist mit Batterien? Batterien sind zu schwer. Die Energiedichte von Treibstoffen ist einfach höher als von jeder uns derzeit bekannten Batterietechnik. Wobei sich vornehmlich fest eingebaute Akkus nach heutigem Stand der Technik verbieten.

Was durchaus bei Hochsee- aber auch Binnenschiffen denkbar wäre, ist der Einsatz von Batterie-Containern. Diese wären rasch in jedem mit Ladeinfrastruktur ausgestatteten Hafen austauschbar. Und bei Frachtschiffen wäre ihr Einsatz aufgrund der vorhandenen Ladeflächen relativ unkompliziert.

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