Balkonkraftwerke sind dieses Jahr groß im Trend, nicht zuletzt dank der aktuell geltenden Mehrwertsteuerbefreiung für Solaranlagen. Die Preise haben sich bei unter 500 Euro für Sets mit zwei PV-Panels und 600 Watt maximaler Einspeiseleistung eingependelt. Wer die Komponenten, wie beim PC-Zusammenstellen, einzeln anschafft und verbindet, kann sogar noch günstiger an seinen eigenen Kernfusionsenergie-Kollektor kommen.
Kein Wunder also, dass immer mehr Balkone, Garagendächer und Terrassen inzwischen zur Stromerzeugung des Haushaltes beitragen und so die Stromrechnung senken. Ich selbst habe in meinem Artikel zur Anschaffung meines Balkonkraftwerkes großspurig eine jährliche Ersparnis von 200 Euro vorhergesagt. Doch lest selbst:
Das Jahr ist noch nicht ganz herum, die Anlage ging Mitte August 2022 in Betrieb, hat jetzt also gut acht Monate Strom erzeugen können. Eher ungünstig für einen Zwischenstand: Die meisten Monate davon lagen im Tal der Tränen
für PV-Fans, der dunklen Jahreszeit mit wenigen Sonnenstunden am Tag und vielen Wolken.
Was ist denn bitte ein Balkonkraftwerk?
Energie erzeugen auf dem eigenen Balkon - den Begriff Balkonkraftwerk dafür prägte der in der Solarszene recht bekannte Holger Laudeley schon vor vielen Jahren, allerdings gibt der Begriff nicht alle Möglichkeiten der Technik preis.
Ein Balkonkraftwerk besteht aus einem oder zwei Solarmodulen; einem Wechselrichter, um die Sonnenenergie in Wechselstrom umzuwandeln und ins Stromnetz einzuspeisen; sowie nötigen Anschlusskabeln und Befestigungsmaterial.
Meist werden diese Dinge im Set angeboten - meine Anlage hat noch über 1.000 Euro gekostet, weil Ungeduld nun einmal manchmal teuer ist. Preise von aktuell ab 399 Euro verlocken zu einem Biss ins eigene Hinterteil, wer während der Coronazeit eine Grafikkarte gekauft hat, kennt das.
Wie die Mini-PV-Anlage korrekt angeschlossen wird, war in der Vergangenheit lange strittig, der zuständige Verband VDE sah einen speziellen Einspeisestecker, Wieland-Stecker genannt, vor. Da dieser von einem Elektriker montiert werden muss, war das mit einem schnell in Betrieb genommenen Spontankauf schwer vereinbar. Trotzdem werden fast alle Sets im Handel mit Schuko-Stecker ausgeliefert, technisch spricht auch nichts dagegen und immer mehr Stromnetzbetreiber wehren sich nicht mehr dagegen.
Nicht zuletzt durch eine sehr erfolgreiche Petition unseres Interviewpartners im oben erwähnten Vorgängerartikel, Dr. Andreas Schmitz (bei YouTube als Akkudoktor bekannt), die mit über 100.000 Unterschriften zum Vortrag beim Bundestag zugelassen wurde, neigt die Politik inzwischen zu deutlichen Vereinfachungen betreffs Balkonsolar.
Link zum YouTube-Inhalt
So soll der Anschluss mit einem handelsüblichen Schuko-Stecker, wie er auch euren PC mit Strom versorgt, vorgesehen werden - ebenso eine erleichterte Anmeldung und eine Steigerung der maximal erlaubten Leistung von 600 Watt auf 800 Watt. Die Petenten fordern zudem, dass Vermieter die Solaranlagen nicht mehr ohne weiteres ablehnen können.
Das wäre schön, da der restliche Aufbau des Balkonkraftwerkes nicht schwer ist und sofort danach der Strom fließen kann. Und spätestens dann passiert bei vielen Nutzern etwas Interessantes: Da der Strom idealerweise selbst verbraucht wird - eine Einspeisevergütung gibt es nicht -, beginnt oft ein Umdenken beim Stromverbrauch. Waschmaschine und Geschirrspüler laufen dann bevorzugt in der sonnigen Tageszeit, der eigene Verbrauch wird ganz nebenbei optimiert.
Es steckt schon auch viel Gamification dahinter - mit realen Einsparmöglichkeiten auf der nächsten Stromabrechnung. Doch wie viel spart man denn nun?
Die Einsparung durch mein Balkonkraftwerkes nach 8 Monaten
Zuerst einmal eine nicht unwichtige Information: Beim Planen eines Balkonkraftwerkes ist es wichtig, den eigenen Stromverbrauch im Haushalt zumindest grob zu kennen. Je mehr vom erzeugten Strom ihr nicht selbst verbraucht, desto schlechter schaut die Sparbilanz am Ende aus.
Da hier zwei Erwachsene mit durchgehendem Homeoffice sowie zwei Teenager mit großer Technikliebe wohnen, ist unser Verbrauch auch tagsüber recht hoch. Daher reizen wir die 600 Watt des Wechselrichters fast immer vollkommen aus.
In acht Monaten haben wir so 347 Kilowattstunden erzeugt und nur 5 Kilowattstunden dem Stromanbieter geschenkt. Mir ist durchaus bewusst, dass die meisten Nutzer deutlich mehr des Stromes nicht selbst nutzen können werden. Wer tagsüber außer Haus arbeitet, findet aber vielleicht am Ende dieses Artikels Anregungen auf Akkubasis.
Die im Haus verbrauchten 342 Kilowattstunden ergeben bei meinem Stromtarif (dank Strompreisbremse) mit 40 Cent pro kWh eine Ersparnis von 136,80 Euro. Zahlt ihr weniger oder mehr für euren Strom, könnt ihr aber natürlich selbst mit euren Zahlen nachrechnen.
Über die Hälfte des Jahres aus der 200-Euro-Ankündigung sind schon um, trotzdem bin ich zuversichtlich, dass nach 12 Monaten sogar eine Ersparnis von über 200 Euro zu verbuchen ist. Schließlich beginnt die sonnige Zeit jetzt gerade erst. Die ersten sommerlich anmutenden Frühlingstage haben die Tages-Stromproduktion bereits von 1-2 kWh auf fast 5 kWh steigern können und mit ein paar geplanten Optimierungen dürfte da noch deutlich mehr gehen.
Bislang wirft das Haus ab dem späten Nachmittag einen unangenehmen Schatten auf die beiden Panels auf dem Garagendach. Die sind bisher so ausgerichtet, dass eines etwas nach Süd-Ost angewinkelt ist, um mehr Vormittagssonne einzufangen und das andere ein wenig nach Süd-West, um so lange wie möglich Sonne einzufangen. In der Nachmittagszeit kommen so trotzdem durchgehend 600 Watt (an wolkenlosen Tagen) durch, der Ertrag am Vor- und Nachmittag steigt aber etwas gegenüber einer reinen Süd-Ausrichtung.
Einzelne Solarpanels mit Peakleistungen von 400 Watt gibt es bereits für unter 140 Euro zu kaufen. Daher plane ich, noch vor dem Sommer auf ein drittes Panels zu erweitern. So lässt sich bequem und günstig der Ertrag steigern - bei mir wäre es der in den Abendstunden, da das dritte Panel vom Hausschatten unverdeckt arbeiten kann. Angeschlossen wird es einfach an den bereits vorhandenen Wechselrichter mittels eines günstigen Doppeladapters.
Wenn keiner daheim ist: Akkuspeicher für Balkonkraftwerke
Mit dem aktuellen Boom um die Mini-Solaranlagen bringen mehr und mehr Hersteller Lösungen auf den Markt, um den Ertrag zu erhöhen. Ein großes Problem: Die meisten Menschen dürften während der sonnigen Stunden bei Arbeit, Studium oder im Freibad verweilen, statt daheim den erzeugten Strom zu verbrauchen. Der währenddessen erzeugte Strom fließt unvergütet ins öffentliche Netz.
Von Herstellern wie Zendure und Ecoflow gab es nun Ankündigungen von Erweiterungen fürs bestehende Balkonkraftwerk, die einen oder mehrere Akkus zwischenschalten und überzähligen Strom dort zwischenspeichern. Während die Lösung von Zendure auf einfache Installation und Nutzung ausgelegt ist, lässt euch Ecoflow mehr individualisieren: Die Lösung ist auf die hauseigenen Powerstations ausgelegt, die ihr in verschiedenen Größen erwerben könnt.
Praktisch: Der Hersteller will mittels schaltbarer Steckdosen ermöglichen, gezielt Akkustrom ins Hausnetz zu leiten, wenn Verbraucher mit großem Energiebedarf wie Waschmaschine oder Kaffeemaschine eingeschaltet werden.
Der Hintergedanke ist nicht ganz uneigennützig: Während ihr weniger Strom hinzukaufen müsst, steigt der Anreiz für den Kauf einer üppiger dimensionierten und teureren Powerstation. Die könnt ihr aber dann auch mobil nutzen, beispielsweise beim Camping. Oder bei der nächsten Garten-LAN-Party:
Mein Balkonsolar-Fazit bisher
Bereue ich den Kauf? Auf keinen Fall! Den eigenen Stromzähler mit zunehmender Sonne immer langsamer drehen zu sehen - bis er dann sogar stoppt - ist ein tolles Gefühl, das auch technisch weniger interessierte Menschen sofort packt.
Mehr und mehr Technik frisst immer mehr Strom, was sich negativ auf der Stromrechnung bemerkbar macht. Zwar sinken die Strompreise für Neuverträge wieder, eine Belastung sind die Energiekosten trotzdem.
Erneuerbare Energien erfordern zwar eine initiale Investition, die spielen sie dank ansonsten komplett kostenfreier Stromproduktion aber schnell wieder ein. Bei aktuellen Preisen für Balkonkraftwerke teils sogar schon nach zwei bis drei Jahren, spätestens aber nach fünf Jahren (wenn ihr den erzeugten Strom auch verbrauchen könnt).
Ich bin mit meinem bisherigen Ertrag sehr zufrieden, die Anlage hat bewiesen, dass sie sogar bei Regen und Schnee noch ein wenig Strom erzeugen kann und bei gutem Wetter sogar ganz schön viel. Wenn die Tochter Die Sims 4 spielt, der Sohn seine E-Gitarre malträtiert und die Erwachsenen fleißig arbeiten, steht der Stromzähler oft trotzdem still.
Und wie Andreas Schmitz bei seinem Auftritt vor der Politik in Berlin so treffend bemerkte: Private Balkonsolaranlagen wecken ein Bewusstsein für Sonnenstrom. Da man direkt davon profitiert, muss man nicht einmal sonderlich viel Interesse am Abschwächen des Klimawandels haben; ein ausgeprägter Sinn zum Sparen reicht schon aus.
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