Valorant's Anti-Cheat-Programm: Warum Fans es fürchten, aber Riot trotzdem daran festhält

Riot Games' Anti-Cheat-Software für Valorant »Vanguard« sorgt bei vielen Spielern für berechtigten Unmut. Doch auch die Entwickler haben gute Argumente. Wir analysieren die aktuelle Situation.

Valorant's Anti-Cheat-Software Vanguard spaltet die Meinung vieler Spieler. Valorant's Anti-Cheat-Software Vanguard spaltet die Meinung vieler Spieler.

Riots Free2Play-Ego-Shooter Valorant sorgt derzeit überall für Aufsehen. Allerdings nicht nur wegen des Spiels an sich, auch das Anti-Cheat-Programm »Vanguard« wird gerade heiß diskutiert.

Viele Fans machen sich Sorgen um die Sicherheit ihres Systems, denn Vanguard startet mit Windows und greift sehr tief in selbiges ein. Sind die Sorgen also berechtigt? Und warum wählt Riot einen so radikalen Weg, um Cheater zu bekämpfen? Wir schauen uns beide Seiten der Medaille an.

Wie genau funktioniert Vanguard in Valorant?

Die Anit-Cheat-Software Vanguard (vdk.sys) setzt an der tiefsten Schicht des Betriebssystems an, dem sogenannten Kernel - oder auch Kern. Er bildet die zentrale Schnittstelle zwischen Hardware und Software und hat somit die höchsten Privilegien (Zugriffsrechte) im System.

Damit greift Vanguard quasi auf das Herz eures PCs zu. In der Hierarchie eines Systems, wie im Bild unten zu sehen, folgen auf den Kernel (der selbst bereits grundlegende Systemtreiber beinhaltet) die wichtigsten spezialisierten Gerätetreiber (beispielsweise für Grafikkarten), erst danach kommen Software respektive Spiele.

Die Grafik zeigt, welche Zugriffsrechte verschiedene Systemebenen besitzen. Cheats setzen oft an der niedrigsten Schicht an. (Bildquelle: Riot Games) Die Grafik zeigt, welche Zugriffsrechte verschiedene Systemebenen besitzen. Cheats setzen oft an der niedrigsten Schicht an. (Bildquelle: Riot Games)

Warum setzt Vanguard am Kernel an? Der Grund ist so simpel wie gewichtig. Gerade aufwändigere und meist kostenpflichtige Cheat-Programme, wie etwa ArtificialAiming, greifen ebenso tief ins System ein und werden mit dem Start desselben geladen. Kurz gesagt: Sie verändern den Kernel, um unentdeckt zu bleiben. Bei richtiger Handhabung sind derartige Programme für normale Anti-Cheat-Systeme quasi nicht aufspürbar.

Um im Kampf gegen solche Hack-Tools Schritt halten zu können, gibt es faktisch keinen anderen Weg, als selbst auf der niedrigsten Ebene anzugreifen und den Anti-Cheat mit dem Systemstart zu laden.

Riot selbst erklärt dieses aggressive Vorgehen damit, dass man Cheats so am besten bekämpfen kann. Außerdem sei das System sicher, denn es würde nichts am PC scannen, nicht mit den Riot-Servern kommunizieren und es ließe sich jederzeit entfernen. RiotArkem, der Anti-Cheat-Lead von Valorant, schreibt dazu auf Reddit:

"Ein üblicher Weg, Anti-Cheat-Systeme zu umgehen, besteht darin, Cheats vor dem Start des Anti-Cheat-Systems zu laden und entweder Systemkomponenten so zu modifizieren, dass sie den Cheat enthalten, oder dem Cheat zu gestatten, das Anti-Cheat-Systems zu manipulieren. Den Treiber [des Anti-Cheat-Programms, Anm. d. R.] schon beim Systemstart laufen zu lassen, erschwert das erheblich."

Vanguard zu deinstallieren dürfte im Alltag aber eher unpraktisch sein. Wer will schon vor jedem Start von Valorant das Anti-Cheat-System neu installieren, das System neu starten und am Ende den umgekehrten Weg gehen.

Die Fans machen sich große Sorgen

Das führt direkt zu Sorgen bei der Spielerschaft. Denn jedes Programm eines Drittanbieters, das am Kernel ansetzt, birgt Risiken und man ist gezwungen, den Beteuerungen des Anbieters - in dem Fall Riot - zu vertrauen.

Da Riot Games jedoch eine Tochtergesellschaft des chinesischen Konzerns Tencent ist, zweifeln viele an den hehren Absichten. Einige sehen auch organisatorische Probleme. So etwa Reddit-Nutzer isaeus:

"Wenn sich alle für Systemtreiber zur Betrugsbekämpfung in Multiplayer-Spielen entscheiden würden, dann würden auch die Chancen auf schwere Schwachstellen bei einem System mit vielen verschiedenen Spielen steigen."

Dass Hacker versuchen könnten, Vanguard oder ähnliche Systeme als sogenanntes »rootkit« zu verwenden, also als Weg sich umfassende Zugriffsberechtigungen zu verschaffen, ist nicht von der Hand zu weisen.

Hier hängt vieles von der Kompetenz der Entwickler des jeweiligen Anti-Cheat-Programms ab. Reddit-Nutzer voidox hat diesbezüglich jedoch seine Zweifel. Riot seien keine Magier, die perfekte, nicht zu knackende Software entwickeln könnten.

Technische Probleme mit Vanguard

Nicht zuletzt bringen manche Spieler auch technische Probleme mit Vanguard in Verbindung. Reddit-Nutzer redredbeard etwa führt Frameraten-Einbrüche auf das Anti-Cheat-Programm zurück. Mikusama will einen Konflikt zwischen Tenguard (dem Anti-Cheat von Tencent-Spielen) und Vanguard aufgedeckt haben, durch den Tencent-Spiele bei ihm abgestürzt seien.

Da sich Valorant aktuell noch in der Beta-Phase befindet, ist mit etwaigen Fehlern durchaus zu rechnen. Viele davon dürften wohl noch während der Beta gelöst werden.

Ist Vanguard die beste oder die schlechteste Lösung?

Wie gut oder schlecht ist also das Anti-Cheat-System von Valorant? Die Sorgen vieler Spieler haben ihre Berechtigung, denn die Sicherheit von Systemen sollte immer oberste Priorität genießen. Vertrauen gegenüber Drittanbietern entspricht da nicht unbedingt dem, was man unter vernünftigem Umgang mit sicherheitsrelevanter Software versteht.

Auf der anderen Seite ist die Argumentation von Riot ebenso nachvollziehbar. Cheater stellen in quasi allen Shootern ein enormes Problem dar. Um sie effektiv zu bekämpfen, braucht es Waffengleichheit. Und die wiederum scheint es erstmal nur durch tiefgreifende Maßnahmen wie Vanguard zu geben.

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