Microsoft der Schleichwerbung verdächtigt - Heimliche Xbox-Werbung macht Ärger

Weil Microsoft verschiedenen Kanälen des Machinima-Netzwerks einen Bonus für positive Beiträge gezahlt hat ist in den USA eine Debatte über Schleichwerbung und Unabhängigkeit der Spiel-Kommentatoren entbrannt.

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Zahlreiche Partner des Youtube-Netzwerks Machinima sehen sich derzeit dem Vorwurf der Schleichwerbung ausgesetzt. Im Rahmen einer Microsoft-Werbekampagne für die neue Xbox One konnten sich die Kanalbetreiber einen Bonus verdienen, indem sie positiv über die Konsole und ihre Spiele sprachen. Viele Youtuber nahmen daran teil, jedoch ohne dabei zu erkennen zu geben, dass sie als Werbeträger auftraten.

Nach einer Stellungnahme durch Microsoft und Machinima ist die Existenz der Kampagne inzwischen eindeutig belegt. Zuvor gelangten Screenshots eines inzwischen gelöschten Twitter-Beitrags (Screenshot), sowie Angebote auf der Vermarktungsplattform Poptent ins Netz (Screenshot z.B. hier auf Gametrailers). Auch der Vermarktungsvertrag der Kampagne wurde in den vergangenen Tagen »geleaked«. Darin heißt es unter anderem, der Teilnehmer dürfe in den mindestens 60 Sekunden langen Clips »Nichts negatives oder herabwertendes über Machinima, Xbox One oder eines ihrer Spiele« sagen. Zudem enthält er eine Verschwiegenheitsklausel, die den Nutzer verpflichtet »alle Angelegenheiten in Verbindung mit dieser Übereinkunft geheim zu halten«. Insbesondere die Konditionen und die Vergütung des Vertrags unterliegen der Geheimhaltung.

Machinima und Microsoft sehen die Aufregung über die Vermarktungsaktion derweil als überzogen und verwehren sich gegen den Vorwurf der Schleichwerbung. In ihrer gemeinsamen Stellungnahme schreiben die Firmen: »Die Partnerschaft zwischen Machinima und Microsoft war eine typische Marketing-Partnerschaft um die Xbox One im Dezember zu promoten. Das Xbox-Team überprüft weder spezifische Inhalte, noch gibt es dazu irgendein Feedback ab. Bei den Verschwiegenheitsvereinbarungen handelt es sich lediglich um Standard-Vertragsbestandteile der von Machinima bereitgestellten Dokumente. Zur Verdeutlichung: Die Verschwiegenheitsvereinbarung bezieht sich auf die Vereinbarung, nicht auf die Existenz der Promotion-Kampagne an sich«.

Derartige Verschwiegenheitsklauseln sind tatsächlich ein gängiger Bestandteil vieler Verträge. Auch die oben zitierte Vertragspassage macht deutlich, dass der Unterzeichner lediglich im Hinblick auf »alle Angelegenheiten in Verbindung mit dieser Übereinkunft« Verschwiegenheit zu wahren hat. Insofern wäre es den Youtubern durchaus möglich gewesen, in ihren Videos auf eine Verbindung zu Microsoft hinzuweisen. Lediglich konkrete Vertragsbestandteile, wie zum Beispiel die Höhe der Vergütung oder die Verpflichtung nur positiv über die Xbox One und ihre Spiele zu sprechen, hätten sie nicht offenlegen dürfen.

Wie viele Kanäle an der Microsoft-Aktion teilgenommen haben, lässt sich nicht mehr genau nachvollziehen. Die Seite Ars Technica schätzt diese anhand der zur Identifikation der Kampagne verwendeten Tags auf »ein paar Hundert«.

Verschiedene Youtube-Stars, wie beispielsweise Steve Williams, besser bekannt als der Youtube-Charakter »Francis«, haben sich seit Bekanntwerden der Meldung an ihre Fans gewandt um dort um Verständnis zu werben (Video unten). Auch wenn er selbst an der betreffenden Aktion nicht teilgenommen habe, sagt Williams, könne er die Aufregung nicht verstehen. »Das passiert jeden Tag auf Youtube«, sagt er in seinem Video.

Williams spricht damit das offene Geheimnis an, dass viele Youtube-Kanäle auf Sponsorings und Werbeeinnahmen angewiesen sind, um den teilweise enormen Aufwand ihrer Betreiber zu rechtfertigen. Zudem, so Williams, müsse er allein deswegen mit den Spielefirmen zusammenarbeiten, da Videos mit ellenlangen Spielszenen sonst wegen Urheberrechtsverstößen von Youtube entfernt werden.

Kampagnen wie die von Microsoft sind eine Spielart des so genannten »Native Advertising«. Bei der Form des Marketings versuchen Hersteller ihre Werbung direkt in die passenden Communities zu tragen, indem sie beispielsweise Blogger oder Betreiber von Youtube-Kanälen als Fürsprecher gewinnen. Auf diese Weise hofft man der Werbebotschaft größere Glaubwürdigkeit zu verleihen, indem sie dem gewünschten Publikum durch »einen der ihren« verkündet wird. Zudem gilt diese Art der Werbung als weniger störend und umgeht die immer weiter verbreiteten AdBlocker, die den Werbetreibenden Kopfzerbrechen bereiten.

Nach deutschem Recht erscheint die Microsoft-Kampagne zumindest heikel. Stephan Mathé, Rechtsanwalt bei der Kanzlei Rode + Mathé, die auf Medienrecht spezialisiert ist, erklärt die Gesetzeslage wie folgt: »Wenn ein Anbieter Kunden gezielt dafür bezahlt, dass diese Videos in soziale Netzwerke einstellen, welche ein Produkt dieses Anbieters positiv darstellen, dann wäre das aus meiner Sicht in Deutschland wettbewerbsrechtlich verboten und könnte von Verbrauchervereinen und Mitbewerbern abgemahnt werden. § 4 Nr. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verbietet nämlich explizit die Verschleierung des Werbecharakters geschäftlicher Handlungen. Das bedeutet, dass die Verbraucher stets erkennen können müssen, dass es sich um Werbung handelt - und nicht den falschen Eindruck gewinnen, dies wären Videos von unbeteiligten Privatpersonen.«

Electronic Arts, die in den USA ein eigenes Youtube-Sponsoring-Programm gestartet haben, weist in einer Stellungnahme gegenüber dem Magazin The Verge ausdrücklich darauf hin, dass teilnehmende Videos »die Richtlinien der Federal Trade Commission (FTC) bezüglich Testimonials und Endorsements in der Werbung« einhalten müssten. Die FTC-Richtlinien besagen, ähnlich wie im deutschen Recht, dass Inhalte die als Werbung dienen sollen auch als solche gekennzeichnet werden müssen. Im Falle von EA wurden unter anderem Videos zu Need for Speed: Rivals, Fifa 14 und Madden NFL 25 mit finanziellem Anreiz versehen.

Im Online-Forum NeoGAF findet sich ein Screenshot der EA-Promotion zu Need for Speed: Rivals und Battlefield 4. Die darin aufgelisteten Bedingungen verpflichten Teilnehmer unter anderem dazu, in ihren Kommentaren nicht zu sehr auf technische Bugs einzugehen und im Falle von Need for Speed die Marken der Autohersteller respektvoll zu behandeln. Die konkrete Anweisung, das Spiel nicht negativ zu besprechen, findet sich dort jedoch nicht. EA ist zudem großzügiger als Microsoft: Den Teilnehmern an den Kampagnen winken bis zu 15 US-Dollar pro 1000 Zuschauer des Videos. Jeder Teilnehmer kann dabei maximal drei Videos ins Rennen schicken.

In eigener Sache: Wir weisen im Rahmen dieser Meldung darauf hin, dass auch IDG Entertainment, die Mutterfirma von Gamestar.de, mit Gamestar & Friends ein von der Redaktion unabhängiges Youtube-Netzwerk betreibt, dass seinen Mitgliedern Sponsorings vermittelt.

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