Wunderkiste PC (Teil 1) - Die wichtigste Spieleplattform der Welt

Spielkonsolen boomen, und dennoch: Die wichtigste Spieleplattform der Welt ist der PC. Der sperrige Kasten ist kein Auslaufmodell, sondern setzt im Gegenteil Trends für die Technik und die Spiele der Zukunft.

GameStar Plus Logo
Weiter mit GameStar Plus

Wenn dir gute Spiele wichtig sind.

Besondere Reportagen, Analysen und Hintergründe für Rollenspiel-Helden, Hobbygeneräle und Singleplayer-Fans – von Experten, die wissen, was gespielt wird. Deine Vorteile:

Alle Artikel, Videos & Podcasts von GameStar
Frei von Banner- und Video-Werbung
Einfach online kündbar

Auch GameStar war besorgt: »Droht das Ende des PCs?«, fragten wir Ende 2007 in einem großen Report und beschrieben den Wettlauf der altehrwürdigen Windows-Rechner mit der sexy neuen Generation der Konsolen. Die erobern seit Jahren immer größere Teile des Spielemarkts, in den meisten westlichen Ländern sind sie de facto die dominierende Spieleplattform. Der PC dagegen? »Umständlich, unberechenbar und teuer«, schimpften wir, und das stimmt nach wie vor. Einerseits.

Andererseits zeigt die Zeit: Die Prophezeiungen vom Tod des PCs sind ziemlich übertrieben. Tatsächlich floriert die wichtigste Spieleplattform der Welt lebendiger denn je, sie verändert sich und erobert neues Terrain. Kein anderes System erreicht so viele Menschen. Kein anderes System ist so flexibel. Kein anderes System ist so offen und demokratisch. Kein anderes System ist gleichzeitig so günstig und so teuer, so sperrig und doch eine so ungeheure Quelle der Kreativität. Der PC lebt nicht nur, er hat in vieler Hinsicht die Nase vorn, er definiert die Standards für die Zukunft. In unserem dreiteiligen Report beschreiben wir diese Stärken und erklären, warum so viele Menschen rund um die Welt auf dem PC spielen. Und warum das so bleiben wird.

Die Verbreitung

12 Millionen Spielkonsolen, so hat das Bundesamt für Statistik hochgerechnet, gibt es insgesamt in Deutschland. Das ist eine beeindruckende Zahl. Dagegen stehen 13 Millionen PCs, die hierzulande verkauft werden - pro Jahr. Natürlich taugen längst nicht alle der Rechenknechte zum Spielen aktueller Titel, viele wandern in Büros, Schulen oder Amtsstuben, und eine steigende Zahl von Netbooks bräche selbst unter Half-Life 2röchelnd zusammen. Aber auch die 12 Millionen Spielekonsolen eignen sich nur zu einem Teil zum Betreiben moderner Spiele, denn in dieser Zahl sind alle Generationen samt der vielen außer Dienst gestellten Uraltgeräte und die große Zahl an tragbaren Geräten wie Gameboy und DS enthalten. Dem PC dagegen hat gerade die Doppelrolle als Arbeitsgerät, das eben auch zum Spielen geeignet ist, zu einer immensen Verbreitung geholfen.

80% aller Haushalte besaßen im Jahr 2009 in den USA einen Computer, in Deutschland sind es 79%, im Rest Westeuropas um die 75%. Im Jahr 2008, so schätzt die Marktforschungsagentur Gartner, hat die Anzahl der PCs weltweit die Schwelle von einer Milliarde Stück überschritten. Jahr für Jahr kommen 200 Millionen dazu. Rund 30% davon besitzen laut den Analysten von DFC Intelligence eine separate Grafikkarte, sind also explizit zum Spielen geeignet. Was nicht heißen soll, dass nicht auch PCs mit einem Onboard-Chip daddeltauglich wären, zumal es für Facebook-Spielchen, Casual-Juwelenzerklicken oder Browsergames allemal reicht. Die Zahl »echter« Spiele-PCs rund um den Globus schätzt DFC auf 212 Millionen Stück. Zum Vergleich: Die wichtigsten Spielekonsolen Wii, Playstation 2 und Playstation 3, Xbox 360, Nintendos DS und Sonys PSP kommen bis 2009 zusammen auf 130 Millionen verkaufte Exemplare. Die 12 Millionen, die in Deutschland stehen, ballen sich noch dazu bei Mehrfachbesitzern, die gleich zwei oder drei der Spielekisten ihr Eigen nennen, dazu meist noch einen PC. Entsprechend findet sich eine Konsole nur in einem von fünf Haushalten, ein PC in vier von fünf. »Der PC ist bei Weitem die meistverbreitete Spieleplattform der Welt«, folgert die Branchenlobby PC Gaming Alliance, »und wird es auch auf absehbare Zeit bleiben.«

World of Warcraft spielt Jahr für Jahr rund eine Milliarde Dollar ein. World of Warcraft spielt Jahr für Jahr rund eine Milliarde Dollar ein.

Dabei lässt sich nicht leugnen, dass die Umsätze mit klassischen PC-Spielen seit Jahren zurückgehen. In den USA, nach wie vor der größte Spielemarkt der Welt, rutschten die Verkaufserlöse bei PC-Spielen 2009 um 23% auf 538 Millionen Dollar ab. Damit machen PC-Spiele nur noch traurige 5% des 10,5 Milliarden Dollar starken Gesamtumsatzes aus. Selbst im traditionell PC-affinen Deutschland klingelten die Kassen bei PC-Spielen im Verlauf der letzten fünf Jahre 13 Prozent leiser.

Allerdings: Sowohl das US-Marktforschungsinstitut NPD als auch die deutsche GfK rechnen ihre Werte aus Einzelhandelsverkäufen hoch, also dem Verkauf verpackter Spiele. Doch das ist mittlerweile nur noch ein Bruchteil des Markts. PC-Spieler geben im Gegenteil immer mehr Geld aus, aber in anderen Kanälen: für Spiele-Downloads (DLCs, Steam, Battlenet und Co,), Abo-Gebühren, für spielinterne Währungen in Social- und Browserspielen. Die amerikanischen Gamer kauften 2009 bereits fast die Hälfte aller Spiele, 48%, als digitalen Download statt als schnöde Plastikbox. Generell ist das Geschäft mit verpackter Ware, das auf den Konsolen den Großteil des Gelds in die Tasche spült, auf dem PC ein Modell von gestern. Laut PC Gaming Alliance trägt es weltweit nur noch ein Fünftel zum Gesamtumsatz bei. Der Rest kommt von Spielen wie World of Warcraft, das Jahr für Jahr allein rund eine Milliarde Dollar einspielt, oder von den unzähligen Online-Spielen, deren Kunden, wenn Sie denn erstmal zum Zahlen gebracht werden, nach Angaben des Internet-Dienstleisters Live Gamer im Schnitt stolze 28 Dollar pro Monat ausgeben. Und das bisher vor allem in Märkten abseits von Amerika und Europa: in Asien.

Der Erfolg der Spielkonsolen beschränkt sich überwiegend auf die westlichen Industrienationen. Im Rest der Welt wird auf dem PC gespielt, und das vor allem online. China ist der größte Online-Spielemarkt der Welt, gefolgt von Südkorea. Beide setzen über eine Milliarde Dollar im Jahr um. Gespielt werden dort hauptsächlich hierzulande unbekannte Online-Rollenspiele, aber die Auswirkungen spürt auch der Westen. Das Free2Play-Modell und erfolgreiche Titel wie Runes of Magicoder Lineage 2rollten aus Asien in die alte Welt. Aber auch im Kernmarkt verdanken PC-Spieler den aktuellen Strategie-Hit Starcraft 2 der nicht unwesentlichen Tatsache, dass in Korea mehrere Millionen begeisterter Fans das Zielpublikum erweitern. Die Spielehersteller schauen längst auf neue Regionen, vor allem Indien und Russland. Im ehemaligen Sowjetreich haben Konsolen nach Schätzungen der Agentur J&P nicht mal 20% Marktanteil, der Rest entfällt auf den PC. Das liegt auch am Preisunterschied: ein typisches PC-Spiel kostet dort umgerechnet 8 Dollar, ein Konsolenspiel 40. Dass die Entwickler in Osteuropa Titel für ihren starken PC-Heimatmarkt herstellen, freut wiederum westliche Spieler, wenn Programme wie The Witcher, King’s Bountyoder Disciples 3auch hierzulande das Angebot bereichern.

Auch wenn der PC also die Plattform der Wahl in aufstrebenden Ländern ist, heißt das noch lange nicht, dass er im Westen als Spielgerät ausgedient hätte. Im Gegenteil. »In Nordamerika und Europa machen PC-Spiele rund ein Viertel des Gesamtumsatzes aus«, fassen die Analysten von DFC Intelligence zusammen. Unter den sieben wichtigsten Plattformen für Spiele ist der PC damit die Größte. Und durch ihren Online-Vorsprung gleichzeitig die zeitgemäßeste, wie der Entwicklungsdirektor bei Valve, Jason Holtman, betont: »Es ist der PC, auf dem die Dinge passieren werden.«

1 von 3

nächste Seite


zu den Kommentaren (114)

Kommentare(110)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.