American Truck Simulator im Test - Auf dem Highway ist die Hölle los

Aller Laster Anfang ist schwer: Wer es vom Lkw-Lohnsklaven zum Spediteur schaffen will, braucht im Test viel Ausdauer und Sitzfleisch. Aber auch den American Truck Simulator?

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Spiele mit dem Wort »Simulator« im Titel rangieren auf der Hass-Liste der Core Gamer weit oben -irgendwo zwischen Justin Bieber und Atomkrieg. Der schlechte Ruf resultiert aus Verbrechen der vergangenen Jahre, in denen skrupellose Menschen mit Machwerken wie Gleisbau-Simulator, Schäfer Heinrichs Bauernhof Simulator oder Kehrmaschinen-Simulator gegen die Europäischen Menschenrechtskonventionen verstießen.

Im Fall der Lkw-Simulationen aus dem Hause SCS Software bestehen die negativen Vorurteile längst zu Unrecht. Bereits der Euro Truck Simulator 2 war ein gutes Spiel. Mit dem American Truck Simulator legen die Prager in puncto Atmosphäre sogar noch einen drauf.

Hier darf sich der Spieler als Asphalt-Cowboy fühlen und durch die US-Bundesstaaten Kalifornien und Nevada cruisen. Erweiterungen sollen als Download folgen, Arizona beispielsweise kostenlos. Der Euro Truck Simulator 2 weckte noch eher Heimatgefühle, sein Nachfolger fällt mit dem US-Szenario dagegen exotisch aus, frisch und unverbraucht.

Gerade weil die Spielwelt sehr glaubwürdig ist. Die weitläufigen, charakteristischen Postkarten- Landschaften bieten Abwechslung, so geht es unter anderem durch die Wüste, Steppe, kleinere Waldgebiete, die Küste entlang oder auch mal auf den verschlungenen engen Pfaden eines Schleichwegs weiter.

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Goodbye Ikea-Städte

Die aktuell 30 Städte fühlen sich authentisch an und fallen wesentlich größer aus als beim Vorgänger. Außerdem wirken sie nicht mehr, als habe sie Lieschen Müller lieblos aus einem Ikea-Steckbaukasten für das Regal Kallax zusammengeklöppelt, das bekanntlich aus lauter ähnlichen Versatzstücken besteht. Sehenswürdigkeiten und typische Charakteristika - etwa die Golden Gate Bridge, die Cabel Cars beziehungsweise die steilen Straßen von San Franzisco - sorgen für Wiedererkennungswert in den Metropolen.

Die Prager Entwickler setzen erneut auf ihren Karrieremodus inklusive motivierendem Erfahrungspunktesystem. Im Kern geht's zunächst darum, Ware abzuholen, um sie von Punkt A nach Punkt B zu transportieren.

Das kann manchmal dauern! Fahrten von über einer Stunde und länger sind keine Seltenheit. Zum Glück sind im Spiel etliche Internetradios implementiert.

Die Golden Gate Bridge an der Bucht von San Franzisco ist nur eines von vielen Wahrzeichen im Spiel, die für Wiedererkennungswert und Atmosphäre sorgen. Die Golden Gate Bridge an der Bucht von San Franzisco ist nur eines von vielen Wahrzeichen im Spiel, die für Wiedererkennungswert und Atmosphäre sorgen.

Die übrige eher dünne, sonore Soundkulisse des Spiels könnte sonst manchmal zum Sekundenschlaf führen (und damit meinen wir nicht den im Spiel tatsächlich simulierten, der bei Übermüdung des Fahrers eintreten kann). Wohn- oder Kinderzimmer-Trucker beginnen als kleine Angestellte, die Firmen-Lastwagen leihen. Eines Tages können sie sich den ersten eigenen Lkw leisten, zur Not mithilfe eines Kredits.

Später baut der Spieler dann seine Firma auf und aus, schafft Garagenplatz für zusätzliche Lkw. Er stellt Mitarbeiter ein, legt fest, in welchen Bereichen diese sich fortbilden und expandiert, indem er Zweigstellen in anderen Städten eröffnet.

Auch der Chef lernt dazu: Erfahrungspunkte investiert er in die Fähigkeiten Gefahrgut, Fernfahrten, Hochwertige Fracht, Zerbrechliche Fracht, Just-in-Time-Lieferung und Wirtschaftliches Fahren.

Highway to Shell

In den steilen Straßen von San Franzisco sind die bei Touristen beliebten Cable Cars in Betrieb, eine Art Straßenbahn mit Zugseilen. In den steilen Straßen von San Franzisco sind die bei Touristen beliebten Cable Cars in Betrieb, eine Art Straßenbahn mit Zugseilen.

Die im Hintergrund laufende Wirtschaftssimulation entpuppt sich allerdings als genauso rudimentär wie im Vorgänger. Es gibt keine Konkurrenz, die Sie in die Pleite treiben könnte, und die Mitarbeiter existieren quasi nur in einer Art Excel-Tabelle.

Das Navigationssystem klärt den Chef gelegentlich auf, was die Fahrer erwirtschaften - und das war's dann auch. »Entscheidend ist auf dem Platz«, sagt eine Fußballerweisheit.

Im Fall des American Truck Simulator bedeutet das: seine Stärken liegen auf der Straße. Der Spieler muss die Verkehrsegeln verinnerlichen und achtgeben, regelmäßig zu schlafen und zu tanken. Also nix wie ab auf den Highway to Shell!

Wer erst mal ein paar Angestellte hat, wird mit so viel Geld beworfen, dass die wirtschaftliche Herausforderung quasi nicht mehr existiert. Und richtiger Termindruck, in der Branche eigentlich üblich, kommt ebenfalls selten auf. Gerade für Profis wäre ein Hardcore-Schwierigkeitsgrad schön gewesen - auch, was die Physik und das Schadensmodell angeht. Die sind nicht konsequent, verzeihen zu viel.

Der Blick auf das Spielerparadies Las Vegas offenbart ebenfalls mehrere Sehenswürdigkeiten, etwa den 165 Meter hohen Nachbau des Eiffelturms. Der Blick auf das Spielerparadies Las Vegas offenbart ebenfalls mehrere Sehenswürdigkeiten, etwa den 165 Meter hohen Nachbau des Eiffelturms.

So ist es möglich, sich mit dem Brummi in die eine oder andere enge Lücke mit sanfter Gewalt zu quetschen, indem man beispielsweise an Wänden entlang schranzt. Zugmaschine und Auflieger kreischen und quietschen dabei, als seien sie sterbende Robbenbabys.

Gut, über ein sichtbares Schadensmodell verfügt der American Truck Simulator ohnehin nicht, aber Kratzer und Beulen im Blech könnten ja wenigstens statistisch einberechnet werden, damit der nächste Werkstattbesuch teurer ausfällt.

Eine der wenigen Neuerungen im Spiel betrifft die Polizei. Die wirft bei Temposündern nun wenigstens ab und zu die Sirene an. Hin und wieder muss der Fahrer vom Highway runter, um sein Gefährt auf einer Radlader-Waage zu wiegen.

Und: Bei der Anlieferung der Waren wählt unser Fernfahrer einen von drei Schwierigkeitsgraden. Er versucht sich als Profi und bekommt dafür deutlich mehr Erfahrungspunkte, gibt sich auf mittlerer Stufe mit weniger zufrieden oder lässt einparken und geht leer aus.

Das Rangieren im höchsten Schwierigkeitsgrad ist bisweilen richtig knifflig, will man es realitätsnah in der Cockpit-Perspektive schaffen. Die Herausforderung, rückwärts in eine schmale Lücke zu stoßen, macht aber auch eine Menge Spaß.

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