Hall of Fame: Elite - Der Urvater der Weltraumspiele

Der Urvater der Weltraumspiele war ein technisches Meisterwerk – und ein Meilenstein spielerischer Freiheit. Wir stellen Elite im Hall-of-Fame-Special vor.

David Braben und Ian Bell erschraken über den Arsch. Gerade hatten sie den Computer vom Typ BBC Micro ein neues Sternensystem ausrechnen lassen. Und der hatte einem der 256 Planeten den Namen »Arse« zugewürfelt, der englische Kraftausdruck für das menschliche Gesäß. Die Galaxie wanderte in den Mülleimer. Was nicht weiter schlimm war, denn kurz darauf hatte der BBC Micro aus einem Zahlensamen eine komplett neue Milchstraße entfaltet.

Alles darin war errechnet, nichts von Menschenhand erschaffen: die Planeten, ihre Verteilung, ihre Handelspreise und eben ihre Namen, erstellt aus einem Buchstabencode. Sogar die Beschreibung der Himmelskörper fügte sich aus Versatzstücken zusammen; so konnte es vorkommen, dass ein Planet von fleischfressenden Kunststudenten regiert wurde.

Braben und Bell überflogen die so erschaffenen Welten mit prüfendem Blick, und wenn sie spieltauglich waren, dann wurde sie wieder zurückgestaucht auf ihr ursprüngliches Format: ein winziger Zahlenblock. Aus dem expandierte der prozedurale Algorithmus bei Bedarf das darin angelegte Sternenreich, ohne jeden Zufall, fast wie ein genetischer Code; alles war immer an der gleichen Stelle. So quetschten Braben und Bell 2.048 Planeten in acht Galaxien auf eine 0,1 Megabyte fassende Kassette. Es war ein vielbewundertes Kabinettstückchen. Und längst nicht die einzige Pionierleistung von Elite.

Polygone in Elite 1984 - Screenshots ansehen

Kleine pelzige Tiere

Das Weltraumspiel, das 1984 zunächst auf dem in England verbreiteten BBC Micro erschien und in den folgenden acht Jahren für 13 weitere Plattformen konvertiert wurde, gilt in vielerlei Hinsicht als ein bahnbrechendes Werk. Es war nicht das erste Spiel mit 3D-Grafik, aber seine aus weißen Linien zusammengesteckten Schiffsklötze schwebten so flüssig und glaubwürdig durch den Raum, dass Elite das Potenzial der Technologie lang vor ihrer Zeit aufscheinen ließ. Die riesigen Raumstationen rotierten majestätisch um die eigene Achse, und damit auch die schmalen Andock- Korridore, an denen ungeduldige Piloten Mal um Mal zerschellten.

Elite war auch nicht das erste Weltraum-Handelsspiel (der Ruhm gebührt Star Trader von 1974). Aber es legte mit seiner Mischung aus Warentausch, Raumkämpfen, All-Erforschung und rudimentären Missionen den Grundstein für das Genre, das noch heute nach diesem Muster funktioniert. Zudem eröffnete Elite seinen Spielern unerhörte Freiheit; sie konnten tun und lassen, was sie wollten.

Das war fesselnd, weil es vieles zu entdecken gab. Neue Technologien für die Cobra Mark III zum Beispiel, das neben der Tiger’s Claw wohl bekannteste Spiele-Raumschiff, oder die legendären Trumbles der C64-Version – von Star Trek abgeschaute Pelzknäuel-Wesen, die sich rapide vermehrten und das Schiff überfluteten. Einziges echtes Ziel war, auf der Karriereleiter vom Einsteiger-Rang »Harmlos« bis zur Endstufe »Elite«zu klettern.

Große harte Spiele

Die PC-Version erschien 1987; sie füllte die Vektorlinien mit Farbflächen. 1991 folgte eine optisch aufpolierte Version namens Elite Plus. David Braben und Ian Bell hatten sich in der Zwischenzeit zerstritten; während Braben die Elite-Serie mit den knackig schweren Fortsetzungen Frontier (1993) und First Encounters (1995) in eine Hardcore-Nische und damit in die kommerzielle Bedeutungslosigkeit führte, tauchte Bell in der Rave-Szene ab.

So bleibt das Original von 1984 ein unerreichter Klassiker –allein die Ur-Version von Elite verkaufte sich 150.000 Mal, was in etwa der Gesamtzahl an BBC Micros entsprach. Bei Braben und Bell trudelte dennoch der Beschwerdebrief eines Spielers ein: Er hatte in einer abgelegenen Galaxie einen Planeten namens Arse entdeckt.

Elite
Publisher: Firebird
Entwickler: David Braben & Ian Bell
Original-Release: 1987 (DOS-Version)
Quelle: Freeware-Download
Sprache: englisch
Hardware: Pentium mit 300 MHz, 16 MB RAM, Windows
Fazit: Ein Schmuckstück perfekten technischen Designs.

So läuft's: Elite und Elite Plus gibt es gratis auf Ian Bells Homepage.
Beide Spiele benötigen den Emulator DOSBox

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