Seite 2: Minecraft im Test - Eine Hymne auf die Kreativität

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Nachts kommen die Monster

Minecraft ist ein Entdeckerspiel. Die Welt, die so simpel anmutet, erweist sich als überraschend komplex. Denn die Blöcke der Landschaft lassen sich nicht nur abtragen und zurücksetzen, sondern im Inventar auch neu kombinieren. So entstehen Gerätschaften. Aus Holzstämmen werden Planken, aus Planken Stangen, aus Planken und Stangen wiederum Schaufeln, Hacken oder Schwerter. Mit einer Holzhacke lässt sich Stein zerklopfen, aus Stein entsteht ein besserer Kopf für die Hacke, nun werden Kohleflöze und Erzadern erreichbar. Wer Kohlefackeln wickelt, kann sich ins Dunkel der Erde hinabwagen und findet tief unten neue Rohstoffe, Gold, Diamant. Doch durch die Höhlen geistern Zombies und Skelette, deshalb sollte man ein Schwert und eine Rüstung gebaut haben.

Die Sogkraft von Minecraft liegt darin, dass es einen kreativen Strom im Spieler entfesselt, den viele gar nicht in sich vermutet hätten - wie auch, wenn sie ihn aus kein einem anderen Spiel kennen. Jede Entdeckung führt in Minecraft zu neuen Möglichkeiten, und weil das Spielprinzip so simpel ist (letztendlich geht’s immer um das Umbauen von Blöcken), erscheint alles umsetzbar. So führt eine Idee zur nächsten, und auf einmal hat man einen ungeheuren Spaß am Gestalten. Wer am ersten Spieltag anfängt, bei Einbruch der Nacht panisch eine schützende Höhle aus dem Fels zu hauen oder vier Wände um sich herum zu ziehen, der macht an Tag 2 die Erfahrung, dass ihn die krude Behausung zwar völlig vor den Monstern schützt, ihm aber trotzdem nicht ausreicht. Denn wer ein Haus hat, möchte auch eine Tür, Fenster, ein Dach haben. Oder einen zweiten Raum. Mit einem Keller. Dessen Wände man mit Holz auskleidet. Ein Turm wäre nicht schlecht. Aber der Turm von Tag 4 ist, mit den Augen aus Tag 10 betrachtet, erbärmlich. Inzwischen könnte man ihn größer, effizienter bauen, mit neuen Materialien. Also wird er umgestaltet.

Kein Ziel, so viele Ziele!

Mit der Kraft der Kreativität frisst sich die Zivilisation in eine unberührte Welt, in der jeder Minecraft-Spieler seine eigenen Geschmack erprobt und, wie nebenbei, verfeinert. Minecraft hat kein Ziel. Die Herausforderungen setzt sich jeder Spieler selbst.

Spaß am Bauen: Stein für Stein wachsen Häuser, Höhlen oder Konstruktionen wie unser Treppensaal heran. Spaß am Bauen: Stein für Stein wachsen Häuser, Höhlen oder Konstruktionen wie unser Treppensaal heran.

Was langweilig klingt, erweist sich als krachende Hymne für die Kraft der Kreativität: Wer sich um zwei Uhr nachts zwingen muss, ins Bett zu gehen, statt den Minenschacht voranzutreiben, der hat etwas sehr Wertvolles über die eigene Schöpfungsgabe gelernt. Wer sich selbst erreichbare Ziele setzt, der verfolgt dieses Aufgabe mit jener Motivation, die man im Alltag, bei Hausaufgaben oder dröger Routinearbeit verloren geglaubt hat. Minecraft ist die Essenz eines exzellenten Spiels: Es stellt sein einfaches Grundprinzip in den Dienst konstruktiven (statt destruktiven) Denkens, steckt mit wenigen, klaren Regeln den Handlungsspielraum ab und setzt Anreize, die Mechanismen zu einzusetzen. Alles Weitere überlässt es dem Spieler.

So wird Minecraft zu einer eindrücklichen Demonstration dafür, welcher Ideenreichtum in jedem einzelnen von uns sprudelt, wenn man ihm nur eine Möglichkeit zur Entfaltung gibt. Und welchen Stolz man über die eigene Leistung fühlen kann. Minecraft ist ein Bastelspiel, eine Werkstatt, ein Experimentierlabor. Mit den fortgeschrittenen Elementen, die man später entdeckt (Sprengstoff, Schienensysteme, elektrische Leitungen) haben Spieler Katapulte gebaut, Abschussrampen, Binärcomputer, automatische Verladebahnhöfe. Alles aus dicken, quadratischen Blöcken.

Alpha wird Beta

Zum Erstellungszeitpunkt dieses Artikels war Minecraft noch im Alpha-Stadium. Am 20. Dezember soll es in die Beta übergehen; dann steigt auch der Preis auf 15 Euro. Mit der neuen Phase wird Minecraft konkretere Spielziele und Abenteuerelemente enthalten; geplant ist unter anderem ein Modus, in dem man in unterirdischen Dungeons Kämpfe bestreitet und Schätze findet.

Dann soll auch der Multiplayer-Part ausgereift sein, in dem Weltenbauer gemeinsam Klötzchen setzen. Inwiefern sich die Änderungen auf die Spielweise auswirken, wird sich erweisen müssen. Dass Minecraft in regelmäßigen Abständen um neue Inhalte erweitert wird, trägt in jedem Fall zur Langzeitmotivation bei. Auch für 15 Euro ist Minecraft eine uneingeschränkte Empfehlung, insbesondere im Vergleich zu Vollpreistiteln wie Call of Duty. Weit über 100 Millionen Dollar hat Activision in Black Ops investiert, um ein Spiel zu erschaffen, das seine Käufer für sechs Stunden zerstreut. Man muss froh sein, dass es Ein-Mann-Projekte wie Minecraft gibt, die zeigen, dass Computerspiele so viel mehr sein können als nur das.

Hinweis: Da sich Minecraft noch in der Entwicklung befindet und zusätzliche Spielmechanismen angekündigt sind, vergeben wir momentan keine Bewertung.

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