Seite 3: Adventure-Nation Deutschland - Boom im Adventure-Genre. Woran liegt's?

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Die Entwicklung des Genres Die Entwicklung des Genres

Ein guter Teil der deutschen Adventures versucht, witzig zu sein, von Ankh bis Simon the Sorcerer, von Ceville bis Book of Unwritten Tales. Humor ist ein Verkaufsargument, er lässt sich einigermaßen vermarkten. Er ist ein Ansatz, um zu unterhalten, ja sogar, um eine bei Licht betrachtet banale Geschichte in Entertainment zu verwandeln. Beliebte Zutaten sind neben tollpatschigen Antihelden kübelweise Anspielungen, gern auf World of Warcraft, auf Herr der Ringe und auf LucasArts.

Verrät das etwas über die Entwickler? Im Gegensatz zur Käuferschicht, in der sich nur ein Bruchteil an den Monkey Island-Kopierschutz erinnert oder die Uralt-Abenteuer überhaupt gespielt hat, wuchs die überwältigende Mehrheit der Entwickler mit den Klassikern auf.

Es ist verständlich, wenn sie den Wunsch haben, ein Produkt zu entwickeln wie jene, die sie einst prägten. Entrüstet weisen sie den Vorwurf zurück, vor lauter Parodie und »Wie in der guten alten Zeit!« ihr eigentliches Spiel zu vergessen. Und natürlich geht es Entwicklern nicht nur darum, Jugendträume nachzuholen. Aber: Wenn man ein eigenes Unternehmen gründet, sind die persönlichen Interessen Teil der Beweggründe. Ceville, Book of Unwritten Tales oder Edna bricht aus: von Adventure-Fans für Adventure-Fans.

Verlasse Sprachraum

Der Kopf hinter A Vampyre Story war Monkey-Island-3-Zeichner Bill Tiller. Das verhalf dem Produkt zu Aufmerksamkeit in der Fachpresse. Der Kopf hinter A Vampyre Story war Monkey-Island-3-Zeichner Bill Tiller. Das verhalf dem Produkt zu Aufmerksamkeit in der Fachpresse.

In Deutschland können (Comedy-)Adventures realistisch profitabel sein. In der Natur des Genres liegt jedoch, dass bei insgesamt niedrigeren Entwicklungskosten und hohem Sprachanteil Lokalisierungskosten proportional deutlich stärker zu Buche schlagen. Ein potentieller Stolperstein auf dem Weg zum Auslandserfolg sind die zumeist von deutschen Entwicklern für den deutschen Markt geschriebenen Texte, die nicht immer exakt den Lachmuskel anderer Kulturkreise treffen.

Hinzu kommt der besonders in Großbritannien und den USA notorisch schwache PC-Markt; Frankreich, Italien und Osteuropa kommen eher in Betracht. Dabei gibt es in den USA einen Entwickler, der nun schon seit fünf Jahren Adventures auf den Markt bringt: Telltale, bekannt durch die Sam & Max-Episoden. »Das Internet ist für uns der beste Vertriebskanal. Auf dem traditionellen Weg hätten wir nicht dieselbe Kontrolle über unsere Produkte«, erklärt der Vorstandsvorsitzende Dan Connors.

Das Studio hat mit seinem Fokus auf Zwei-Stunden-Spiele zum Herunterladen den Stein angestoßen, denn kürzere Entwicklungszeiten und der schnellere Kapitalrückfluss kommen kleinen Anbietern sehr gelegen. Per Download sind auch Jack Keane & Co. bereits überwiegend erhältlich, über Episoden-Inhalt wird fast überall nachgedacht. Und angesichts der Myriaden von Browserspielen verwundert es nicht, dass manche Teams auch daran eifrig arbeiten.

Gehe zu neuen Plattformen

Goin’ Downtown war Simon the Sorcerer qualitativ durchaus ebenbürtig, doch das Setting sprach nicht viele Käufer an. Goin’ Downtown war Simon the Sorcerer qualitativ durchaus ebenbürtig, doch das Setting sprach nicht viele Käufer an.

Was der Fluch für Baphomets Fluch war, macht seit einiger Zeit wieder Schule: Umsetzungen für andere Plattformen. Immer mehr PC-Adventures finden sich inzwischen auch auf Nintendos Konsolen Wii und DS wieder, Geheimakte, Ankh oder Sam & Max gibt es schon, Edna bricht aus soll folgen. Ubisoft hat kürzlich Baphomets Fluch für den DS herausgebracht, viele Entwickler liebäugeln mit Apples iPhone. Dass gerade die familienfreundlichen Plattformen zum Abenteuerland werden, passt zu den erweiterten Zielgruppen des Genres. Xbox 360 und Playstation 3 zu bedienen ist schwieriger, weil deren typischer Besitzer nicht sechzig Euro für ein Adventure ausgibt.

Hier bieten die Online-Marktplätze der Konsolen die Möglichkeit, gegen einen kleineren Betrag Spieler für kurze Abenteuer in Episodenlänge zu gewinnen. Egal auf welcher Plattform: Kein Hersteller sollte die Eigenarten des jeweiligen Systems außer Acht lassen. Das heißt etwa für Telltale, dass es gefährlich ist, bei Wallace & Gromit die Maussteuerung zugunsten des Gamepads aufzugeben. Das alles klingt nach viel Bewegung. Davon profitiert nicht nur die Industrie, sondern auch der Kunde und Adventure-Fan. Vorausgesetzt, an den Planungstischen werden die Fehler der Multi-Verplattformung nicht wiederholt. Das oft totgesagte Genre hat sich bis heute gehalten, und das wird es auch künftig tun. Vielleicht reicht es ja irgendwann sogar für ein zweites GameStar-Cover.

Der Autor

Christian Burtchen ist mit Adventures in die Spielewelt eingestiegen: Seine erste Heftvollversion war Day of the Tentacle, sein erstes Budget-Spiel Monkey Island 2 und der erste Vollpreistitel Monkey Island 3, samt mühsam erbetteltem Taschengeldvorschuss. Burtchen war Leitender Redakteur bei der Spielezeitschrift PC Games und arbeitet inzwischen als Technischer Redakteur beim Business-Netzwerk XING.

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