The Banner Saga im Test - Der Tod kommt überraschend

Selten hat es so viel Spaß gemacht, sich schlecht zu fühlen. Das mit Hilfe von Kickstarter finanzierte Taktik-Rollenspiel The Banner Saga entpuppt sich im Test als atmosphärisches Meisterwerk.

The Banner Saga - Test-Video zum Zeichentrick-Rundentaktikspiel Video starten 7:00 The Banner Saga - Test-Video zum Zeichentrick-Rundentaktikspiel

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Alette spannt ihren Bogen und schießt. Der Pfeil durchbohrt eine anstürmende Stadtwache, die schreiend in sich zusammensackt. Eigentlich müssten wir uns freuen, schließlich ist unsere Taktik perfekt aufgegangen. Wäre da nicht diese Sprechblase über Alettes Kopf. »Ich wollte das nicht tun« steht da. Und wir fühlen uns richtig mies.

Nein, das via Kickstarter finanzierte The Banner Saga macht es uns wirklich nicht leicht. Es verwirrt, belügt, enttäuscht, ist stellenweise richtig gemein und bestraft uns selbst dann, wenn wir perfekt spielen. Trotzdem oder gerade deswegen hat uns kaum ein anderes Strategiespiel in den letzten Jahren so sehr fasziniert.

Versionen und Sprache
Derzeit gibt es The Banner Saga ausschließlich auf Steam und in englischer Sprache. Da die zahlreichen Multiple-Choice-Texte nicht nur spielentscheidend, sondern auch recht lang und anspruchsvoll sind, sollten Sie mindestens über gutes Schulenglisch verfügen. Eine deutsche Übersetzung soll laut den Entwicklern im März nachgereicht werden.

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Ein Steuereintreiber als Held

Krieger Mogun möchte sein Dorf im Stich lassen und sich unserem Flüchtlingstreck anschließen. Für wen soll Rook (links) nun Partei ergreifen? Eine optimale Lösung existiert nicht. Krieger Mogun möchte sein Dorf im Stich lassen und sich unserem Flüchtlingstreck anschließen. Für wen soll Rook (links) nun Partei ergreifen? Eine optimale Lösung existiert nicht.

Dabei fängt alles ganz harmlos an. Ein schickes Zeichentrick-Intro entführt uns in eine von nordischen Sagen inspirierte Fantasy-Welt, in der es keine Götter mehr gibt und ein Zweckbündnis aus Menschen und Riesen (»Varl« genannt) einen Krieg gegen die golem-artigen »Dredge« gewonnen hat. Unsere Reise beginnt in der Haut des Varl-Weisen Ubin, der in der Siedlung »Strand« eigentlich nur Steuern eintreiben möchte, plötzlich aber das Leben des hiesigen Bürgermeisters verteidigen muss.

Noch bevor wir also das Story-Knäuel aus Göttern, Rassen, Namen und Steuereintreiben entwirren können, stehen wir schon in unserer ersten rundenbasierten Taktikschlacht. Und auch die verwirrt uns mehr, als dass sie uns hilft. Zwar führt uns ein Zwangs-Tutorial wie auf Schienen durchs Gefecht (wir können nur das anklicken, was das Spiel vorschreibt), erklärt dabei aber nur die wichtigsten Grundregeln.

Warum das Kampfsystem zum Besten und Anspruchsvollsten gehört, was das Strategie-Genre derzeit zu bieten hat, kapieren wir erst viele Schlachten später. Durch Ausprobieren in den (jederzeit verfügbaren) Trainingsgefechten. Vor allem aber durch Fehler. Wer jeden Kampf im Hurra-Stil und verlustfrei überstehen möchte, ist bei The Banner Saga definitiv an der falschen Adresse.

Schild oder Leben?

Die größte Besonderheit: Jede Einheit verfügt über einen Schild- und einen Stärkewert, wobei Letzterer gleichzeitig auch den Lebenspunkten entspricht. Pro Zug können wir nur eins von beiden attackieren. Und schon raucht das Hirn. Denn je weniger Schildpunkte ein Gegner hat, desto mehr Schaden können wir ihm anschließend (!) zufügen. Aber je weniger Stärkepunkte er besitzt, desto weniger Schaden müssen wir befürchten. Vieles hängt entsprechend davon ab, welche Einheit als nächstes ziehen darf und wo sie sich befindet.

So klasse und abwechslungsreich die Schlachtfelder auch aussehen, so wenig unterscheiden sie sich spielerisch voneinander. So klasse und abwechslungsreich die Schlachtfelder auch aussehen, so wenig unterscheiden sie sich spielerisch voneinander.

Hinzu kommt, dass wir jeden Angriff mit begrenzt verfügbaren Willenspunkten verstärken dürfen, die sich nur regenerieren, wenn wir die entsprechende Einheit eine Runde aussetzen lassen. Selbstverständlich verfügt auch jeder unserer bis zu sechs Helden auf dem Schlachtfeld über individuelle Charakterwerte und sowohl aktive als auch passive Spezialfähigkeiten. Je länger Alette etwa auf einer Position verharrt, desto mehr Schaden verursacht ihr Bogen, mit dem Schild von Varl-Held Iver stoßen wir Gegner zurück (und idealerweise direkt auf andere).

Die Multiplayer-Variante:
The Banner Saga Factions
Um das Kampfsystem zu testen (und dabei sicherlich auch ein wenig Geld zu verdienen), hat Entwickler Stoic bereits im letzten Frühjahr einen Multiplayer-Free2Play-Ableger von The Banner Saga veröffentlicht. In The Banner Saga Factions duellieren Sie sich in Einzelmatches oder Turnieren mit anderen Spielern. Erfolgreiche Helden können Sie wie im Solospiel mit Ruhmespunkten aufwerten. Die gibt's für absolvierte Partien, aber auch für Echtgeld. Da das gute Matchmaking-System aber meist ungefähr gleichstarke Heldenteams zusammenwürfelt, werden zahlende Spieler nicht übermäßig bevorteilt.
Coole Idee: Im Solomodus freigeschaltete Helden sollen Sie auch in Factions einsetzen können, ein entsprechendes Update ist in Arbeit. Und ja, die clevere Rundentaktik funktioniert auch in Multiplayer-Partien prächtig, mangels Story-Elementen und weiterer Spielmodi fehlt es Factions jedoch an Langzeitmotivation. Zum kostenlosen Reinschnuppern ins Kampfsystem taugt's aber allemal.

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