The Witcher im Test - Ein großes Rollenspiel, das aber mit Bugs kämpft.

Das für einige Zeit wohl letzte große PC-Rollenspiel hat es nach vierjähriger Entwicklungsdauer in die Läden geschafft. Ein Meisterwerk ist The Witcher nicht geworden. Größtes Manko: Wieder leidet ein Rollenspiel unter massiven Bugs.

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Achtung!The Witcher kann inszwischen mit den Enhanced Edition-Patch aufgewertet werden, lesen Sie deshalb auch den aktuellen Test zu The Witcher: Enhanced Edition.

Sieben Minuten nach Spielstart haben wir eine neue Theorie, warum The Witcher vier Jahre lang in der Entwicklung war: Ein Gutteil der Zeit wird wohl ins Intro geflossen sein. In Animationsfilm- Qualität beharkt der Hexer Geralt ein weibliches Monster, die Inszenierung ist makellos. Es ist das letzte Mal, dass uns das Programm durch Sorgfalt beeindruckt. Dem Spiel selbst sieht man keines seiner vier Reifejahre an, im Gegenteil: Mal wieder kämpfen Rollenspieler mehr gegen Fehler als gegen die Fantasy- Feinde des Hexerhelden Geralt.

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Das polnische Studio CD Project schickt seinen Erstling mit großen Ambitionen ins Rollenspiel-Rennen. Auf dem herkömmlichen Fantasy-Fundament will The Witcher ein erkennbar eigenes, schmutzig-realistisches Hexerhaus errichten, in dem rabiat gefochten, geflucht und gevögelt wird.

Dass derlei denn auch in Fülle im Spiel vorkommt, davon zeugt das USK-Siegel »Keine Jugendfreigabe « – The Witcher ist ein Titel für Erwachsene. Tatsächlich folgt das Spielgebäude der herkömmlichen Genre-Blaupause mit Mittelalter-Fachwerk, reichlich Quests und vielen Kämpfen – Veteranen aus Gothic, Oblivion oder Two Worlds erwartet wohlvertraute Architektur. Einige der Tragbalken ersetzt The Witcher aber durch verstärkte Varianten: ein taktisch angehauchtes Kampfsystem, komplexe Talentbäume, die faszinierende Konsequenz von Entscheidungen. Dieser Mut zur Eigenständigkeit ist an vielen Stellen erfrischend. Erkauft wird sie durch Pfusch am Bau. Denn viele der originellen Ideen leiden in der Praxis an Kinderkrankheiten; zugleich fehlte CD Project die Zeit oder die Fertigkeit, die kreative Konstruktion auch bequem einzurichten und die vielen Risse aus dem Putz zu polieren.

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So spektakulär das Intro ausfällt, so ratlos entlässt es die Zuschauer ins Spiel: Der Einstiegskampf taugt als atmosphärische Vorbereitung, hat mit der Handlung aber nichts zu tun.

Zumindest deckt sich die Orientierungslosigkeit im Kopf des Spielers mit der des Helden, denn Geralt von Riva hat sein Gedächtnis verloren. Zu Beginn wacht er unvermittelt in einer Burgruine auf, die angegriffen wird. Von wem, warum – das klärt sich erst nach und nach im Spielverlauf. Den Spieler mit Grundgeheimnissen anzufüttern, das ist ein Kernprinzip packender Rollenspiel-Stories. The Witcher wirft seinen Helden allerdings so unvermittelt in unklare Situationen, dass statt Spannung verwirrtes Kopfkratzen die Folge ist.

So schneidet das Spiel nach dem Prolog unvermittelt in eine angegriffene Siedlung. Wieso ist Geralt auf einmal dort? Wo kommt die Frau an seiner Seite her? Woher kennt er ihren Namen? Wo sind wir überhaupt?

Solche Bocksprünge im Erzählstrang gibt’s reichlich; als Spieler muss man die Lücken erst mal akzeptieren, denn im Nachhinein werden viele doch gefüllt. Dabei ist die Rahmengeschichte durchaus spannend. Das Reich Temerien, in dem Sie sich hauptsächlich bewegen, steht am Rande eines Bürgerkriegs zwischen Menschen und »Anderlingen«, vor allem Elfen und Zwergen. Auf der Suche nach dem Anführer des Burgüberfalls gerät Geralt zwischen die Fronten.

Das hat Konsequenzen

Eine der großen Stärken des Spiels sind grundlegende Entscheidungen wie die Wahl zwischen den Kriegsfraktionen, die freilich erst im fortgeschrittenen Spielverlauf akut wird. Die Konsequenzen solcher Beschlüsse zeigen sich oft erst später. So treffen Sie zum Beispiel eher zufällig auf die elfische Rebellengruppe Scoia’tael und müssen abwägen, ob die Nachtschleicher eine Ladung Waffen mitnehmen dürfen oder nicht. Einige Spielstunden später stellt sich heraus, dass die Scoia’tael die Waffen für einen Anschlag verwenden, bei dem eine Ihrer Kontaktpersonen ums Leben kommt.

Im Dorf vor der Bezirkshauptstadt Wyzima gipfelt ein Erzählstrang in einer dramatischen Konfrontation zwischen der Hexe Abigail und einem Bauernmob. Ihre Handlungsweise entscheidet über das Schicksal der ganzen Siedlung. Die Beziehungsgeflechte werden interessant, weil praktisch jeder wichtige Charakter im Spiel Leichen im Keller hat und seine wahre Loyalität verbirgt. Ihr Umgang mit den Personen kann zudem drastische Konsequenzen haben. Wenn Sie zum Beispiel Verdächtige anklagen, ohne griffige Beweise zu besitzen, dann wollen die in der Folge nichts mehr von Ihnen wissen. Sie haben noch Quests bei dem Charakter offen? Pech gehabt, er verweigert jedes Gespräch. Dieses schlüssige Verhalten hat zwar unmittelbare Nachteile, aber zerstört den Spielfluss nicht – alle Hauptaufgaben lassen sich immer lösen, teils sogar auf unterschiedlichen Wegen.

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