Schönes Total War ohne Belagerungen und Logik

Da ist er also, der lang ersehnte Nachfolger des so großartigen Rome - Total War. Die Erwartungen waren gewaltig, was aber möglicherweise auch an den...

von Aldaris85 am: 07.09.2013

Da ist er also, der lang ersehnte Nachfolger des so großartigen Rome - Total War. Die Erwartungen waren gewaltig, was aber möglicherweise auch an den nicht weniger gewaltigen Ankündigungen Creative Assemblys liegen könnte. Die Schlachten sollen "düsterer sein als beim Vorgänger", die Krieger sollen in der Schlacht menschlicher agieren, innenpolitische Intrigen sollen den Spieler auf Trab halten, ja sogar eine "Revolution der Total War-Reihe" wurde angekündigt. Eine hohe Messlatte, die sich CA dort selber gesetzt hat. Und ob diese auch erreicht wurde, davon durfte man sich endlich selbst überzeugen.

 

Gewohnter Einstieg

Meine erste Wahl waren, um dem Namen gerecht zu werden, die Römer. Diese unterteilen sich schon wie im Vorgänger in drei Familienclans. Allerdings wird nicht jeder Clan wie in Rome 1 auch eine eigene Fraktion auf der Karte sein, mit jeweils eigenen Provinzen, Armeen und Zielen, sondern  man entscheidet sich für eine Familie und steuert dann in ihrem Namen die gesamten Armeen des römischen Reiches. Entschieden habe ich mich für die Julier, da diese einen Moral-Bonus gegen Barbarenstämme haben und ich geplant hatte, auf den Spuren Gaius Julius Caesars zu wandeln und meine erste große Offensive gleich in den Norden zu verlagern.

In Rome 2 bietet jede Familie nämlich bestimmte Vor- sowie Nachteile, bezogen auf Steuersatz, öffentliche Ordnung oder Militär. Somit musste ich für meinen Moral-Bonus gleichzeitig einen Malus auf meine öffentliche Ordnung in Kauf nehmen. Aber gut, für die Romanisierung der unterentwickelten Barbarenstämme nehme ich das in Kauf. Wie ich finde eine spannende und interessante Neuerung, die schon gleich zu Spielbeginn die ersten, taktischen Überlegungen vom Spieler abverlangt. Die beiden anderen Familien sind übrigens nicht "weg", sondern haben im Spiel ihre Sitze im Senat... da kann man also mit den von CA angekündigten "innerpolitischen Intrigen" rechnen.

 

Städtewachstum verdrängt Städte...

Erfahrene Total War-Spieler finden sich im Spiel sehr schnell zurecht, die Steuerung des Spiels hat sich im Vergleich zu den Vorgängern kaum verändert, das Interface jedoch deutlich. Aber ich denke das ist eine Frage der Gewohnheit.

Allerdings fällt schnell eine Neuerung im Spiel auf: Es gibt nun nicht mehr nur eine Hauptstadt pro Provinz, sondern eine Provinz besteht nun aus mehreren Orten, von denen nur der Hauptort eine Mauer besitzt. Und hier muss ich auch leider meine erste Ernüchterung feststellen. Die Städte werden nun auf der durchaus schön anzusehenden Strategiekarte als gewaltige, hunderte Kilometer-lange Metropolen dargestellt, die sich auch je nach Bauvorhaben in der Stadt nochmal erweitern lassen. Dadurch sind einige, damals durchaus wichtige, bekannte und große Städte wie Capua oder Tarentum völlig weggefallen, auch Colonia Agrippina (Köln) oder Mogontiacum (Mainz) und sogar Korinth im heutigen Griechenland existieren in Rome 2 gar nicht. Außerdem wird die Stadt Syrakus auf Sizilien, eine zur römischen Zeit große, reiche und mächtige Stadt zu einer "Nebensiedlung" der Provinz Magna Graecia degradiert... besitzt also während eines kompletten Spiels keine Mauer. Historisch wurde hier einiges der Spielmechanik hinten angestellt... eine Neuerung, die mir als Historik-Fan sauer aufstößt.

 

Wirtschaft und Verwaltung, einfach zu handhaben, unlogisch in der Ausführung

Da ich als Total-War-Fan aus eigener Erfahrung weiß, dass ich in jedem neuen Total-War zu Beginn irgendwie immer relativ schnell Geldprobleme hatte, habe ich mich also erstmal ausgiebig mit den Städten und ihren Wirtschaftsmöglichkeiten beschäftigt, bevor ich mich gleich in die Schlacht mit den Nachbarn stürze.

Wie schon in Shogun 2 hat jede Stadt nur begrenzte Bauplätze, man kann (oder sollte) also nicht in jedem Ort das Gleiche bauen, sondern muss abwägen, in welchen Städten man eher Gebäude zur Nahrungsmittelproduktion oder aber stattdessen Militärgebäude baut... und nicht zu vergessen öffentliche Gebäude wie Tempel, Amphitheater oder Aquädukte, um die Bevölkerung bei Laune zu halten. Zusätzlich liefern manche Gebäude, gerade auf höheren Ausbaustufen, einen Malus mit (hoher Nahrungsmittelverbrauch oder Malus auf öffentliche Ordnung), so dass gut überlegt werden muss, ob sich eine hohe Ausbaustufe wirklich lohnt. Außerdem kann man manche Gebäudetypen (öffentliche oder auch Militärgebäude) nur in den Hauptorten bauen, während ein Großteil der nahrungsproduzierenden Gebäude auf die Nebenorte beschränkt ist.

Spielerisch finde ich dieses System gut und spannend, man muss aufgrund der beschränkten Bauplätze gut überlegen, wo welches Gebäude passt, um eine ausreichende Nahrungsproduktion zu gewährleisten, aber auch gleichzeitig die Bevölkerung nicht zu vernachlässigen UND auch noch eine vernünftige Armee auf die Beine stellen zu können. Leider wirkt es aus historischer Sicht aber etwas merkwürdig, wenn die riesige Metropole Rom gerade mal ein Amphitheater, einen Markt und eine Kaserne besitzt, aber für ein Aquädukt schon kein Platz mehr ist. Aber gut, dies reiht sich einfach zu dem mauerlosen Syrakus dazu, eine historische Kuriosität, die eben wiederum der Spielmechanik hinten angestellt wurde.

 

Nahrung ab in die Kanalisation?

So mancher Malus einer höheren Gebäude-Ausbaustufe wirkt recht "gekünstelt und reingezwängt" (warum zur Hölle bekomme ich einen permanenten Abzug auf meine Nahrungsvorräte, wenn ich einen größeren Tempel oder eine Kanalisation baue?! Schmeißt meine Bevölkerung da jetzt ihr Essen rein oder wie??). Auch störend finde ich, dass sich jeder Bonus bzw. Malus jetzt auf die gesamte Provinz bezieht, nicht nur auf die betreffende Stadt. Warum jetzt in Rom die Bevölkerung unzufriedener wird, weil ich in irgendeinem Dorf am Rande der Provinz einen Viehstall baue (und warum stört das die Bevölkerung überhaupt?!), will sich mir nicht erschließen. Dies mag zwar spielerisch einiges fordern, wirkt aber einfach von der Logik her recht unbeholfen und ist meiner Meinung nach völlig fehl am Platz. Ich habe nichts gegen eine anfordernde Wirtschaft, aber ein gewisses Maß an Realität erwarte ich schon.

 

Das Steuersystem wurde ebenfalls fast komplett aus Shogun 2 übernommen. Der festgelegte Steuersatz gilt für das gesamte Reich, jeweils eigene Steuern pro Provinz festzulegen ist nicht möglich. Allerdings kann man wie in den Vorgängern einzelne Provinzen von der Steuer befreien, um die öffentliche Ordnung zu erhöhen.

 

Die Forschung, nett und nervig

Nun kann im Gegensatz zum Vorgänger in Rome 2 fleißig geforscht werden. Auch hier wurde sich stark an Shogun 2 orientiert, es gibt einen Militär- und einen Wirtschaftszweig, die sich wiederum in drei weitere kleinere Forschungsbäume aufteilen. Im Militärzweig kann man sich auf geringere Rekrutierungskosten der Armeen, deren Kampfkrafterhöhung oder Belagerungsgeräte spezialisieren, in der Wirtschaft auf den Ausbau der Landwirtschaft, der Kultur oder aber der schnelleren Forschung. Und nur durch eine gute und sinnvolle Forschung können größere und bessere Gebäudeausbaustufen freigeschaltet werden.

 

Leider finde ich die Forschung in Rome 2 um einiges verwirrender als in Shogun 2, da im Militärbaum z.B. die Schiffsforschung nicht einen Extra-Baum darstellt, sondern in zwei der kleineren Forschungsbäume aufgeteilt ist. Außerdem ist das Symbol des mittleren Forschungszweigs im Militärbaum (sein Name ist "Taktik") ein Pferdekopf, hat aber eigentlich mit dem speziellen Ausbau der Kavallerie überhaupt nichts zu tun. Warum jetzt hier ein Pferdekopf gewählt wurde, ist mir bis heute nicht ersichtlich. Zusätzlich muss man umständlich jeden einzelnen Zweig extra anklicken. Warum nicht die komfortable Gesamtansicht aus Shogun 2 übernommen wurde, ist mir auch hier ein Rätsel.

 

Rekrutierungskosten, forsche einmal, forsche zweimal, forsche...

Gerade der Militärbaum wirkt ziemlich öde. Der erste Forschungszweig liefert nichts anderes als permanente Senkung der Rekrutierungs- bzw. Unterhaltskosten und untermalt dies mit nervigen Begriffen wie "Kohortenorganisation", "Manipel-Organisation" oder "Vergütungsreformen". So "nebenbei" werden dann mal noch zusätzliche Gebäudetypen freigeschaltet, deren Zusammenhang sich mir mit diesen Begriffen ebenfalls nicht immer richtig erschließen will und ich auch nicht auf Anhieb erkennen kann, welchen Vorteil mir diese neuen Gebäude bieten werden. Bevor ich also eine neue Forschung auswähle, muss ich erstmal umständlich in der Enzyklopädie suchen gehen, was welche neue Gebäudestufe eigentlich kann.

Eine interessante Forschung, die sich mir auch leichter erschließt, hätte gerade beim Militär aussehen können wie "Schwert- und Schildschmiede" oder "Eisenverarbeitung" (bessere Legionäre) oder "Piktenausbildung" (bessere Lanzenkämpfer). "Vergütungsreformen" finde ich ja für eine Kostensenkung der Armee noch ganz gut, aber dann hätte das als alleiniger Punkt auch schon gereicht. Aber sieben (!) hintereinander folgende Forschungsmöglichkeiten zum Senken der Armeekosten sind ziemlich einfallslos.

 

Im Gegensatz zu den Latinern haben die Germanen den Bogen raus!

Besonders interessant finde ich, dass ich durch die Erforschung und den Bau der Bogenschießanlage (zumindest als Römer) überhaupt keine Bogenschützen rekrutieren kann. Später habe ich dann herausgefunden, dass dies nur in ganz speziellen Provinzen möglich ist. Einerseits finde ich diese Neuerung ganz interessant, denn das macht römische Bogenschützen sehr viel wertvoller und schützenswerter... aber anderseits finde ich es ziemlich unlogisch, dass in einer Bogenschießanlage (so heißt das Gebäude!) in Rom keine Bogenschützen ausgebildet werden können. Ich denke nicht, dass ein Mann nur in speziellen Regionen Germaniens das Bogenschießen erlernen kann, das dürfte auch in Italien möglich sein.

Man hätte hier stattdessen spezielle Einheiten wie "germanische Bogenschützen" einbauen können, die den normalen römischen Bogenschützen überlegen sind und spezielle Fähigkeiten besitzen (z.B. Tarnung oder höhere Kampfkraft in schwierigem Terrain) und logischerweise auch nur in Germanien rekrutiert werden können. Dieses Potential wurde leider verschenkt.

 

Militär

Nachdem ich also meine ersten Schritte in der Wirtschaft und Forschung unternommen habe und denke, einen guten Grundstein für ein aufstrebendes Imperium gelegt zu haben, mache ich mich endlich an den wichtigsten Teil von Total War: Die Schlachten.

Neue Einheiten können nur von einem General rekrutiert und jede Armee muss von einem General geführt werden. Einzelne Einheiten losschicken wie in Rome 1 ist nicht mehr möglich. Je nach Provinz können auch nur bestimmte Einheiten rekrutiert werden, abhängig davon, welche Militärgebäude man in der Provinz gebaut hat. Auch kann eine Legion in einer Runde nicht ziehen, solange man Einheiten rekrutieren möchte. Wie ich finde eine recht sinnvolle Lösung, da eine Armee im Aufbau sicherlich nicht gleichzeitig entspannt durch die Gegend ziehen sollte.

 

Große Stadtgarnisonen

Die Etrusker im Norden Roms sind mir von Anfang an feindlich gesinnt und befinden sich in einem Nebenort, also ohne Mauer. Ein gutes Ziel.

Wie auch schon in Shogun 2 besitzt jede Stadt  je nach vorhandenen Gebäudetypen eine mehr oder weniger große Stadtgarnison, also eine Armee, die nichts kostet und sich automatisch bei einer Belagerung selbst bildet und nach der Schlacht wieder verschwindet. Allerdings wurde dies in Rome 2 nochmal deutlich ausgebaut. Während in Shogun 2 bei kleinen oder mittelgroßen Städten vielleicht zwei oder drei unterdurchschnittlich starke Einheiten die Stadtgarnison bildeten, sind dies in Rome 2 nicht weniger als acht und können bis über zehn gehen (je nach in der Stadt vorhandenen Gebäuden), also letztendlich eine halbe Armee. Damit hatte ich natürlich nicht gerechnet, und so war die eigentlich recht kleine etruskische Armee meiner eigenen plötzlich haushoch überlegen. Also zog ich mich erst nochmal nach Rom zurück, um meine Armee zu vergrößern.

 

Leider sorgen diese großen Stadtgarnisonen im Spielverlauf dafür, dass man so gut wie gar nicht mehr auf die öffentliche Ordnung in seinen Provinzen achten muss. Sollte diese auf -100 fallen, dann erscheint eine Rebellenarmee, die meine Städte angreift. Allerdings sind diese Rebellenarmeen so schwach (oder meine Stadtgarnison so stark), dass jeder Ort sich nur mit dieser Garnison vollkommen ausreichend verteidigen kann. Ob CA das wirklich so geplant hat, kann ich mir nicht vorstellen.

 

Atemberaubende Stadtansichten, detailliertere Soldaten

Natürlich fackelten die Etrusker nicht lange und griffen stattdessen mich in Rom an, obwohl ihre Armee natürlich jetzt wieder viel kleiner war, da sie ja die Stadtgarnison nicht mitnehmen konnten. Aber egal, so bekam ich Gelegenheit, meine erste Stadtverteidigung direkt zu spielen.

 

Der erste Eindruck war gigantisch. Rom ist eine riesige Stadt, voll mit kleinen Details wie großen Amphoren oder kleinen Pferdekarren vor Hauseingängen und in Seitenstraßen, Handelswaren auf den Marktplätzen, kleinen gepflegten Gärten, großen Tempeln sowie verschiedensten Wohngebäudearten. Es entstand bei mir nie der Eindruck, dass einfach immer nur das gleiche Gebäudemodell verwendet wurde. Meiner Meinung nach bisher das Beste, was ein Total War abgeliefert hat. Meine Armee wirkte tatsächlich vollkommen winzig und unbedeutend in dieser riesigen Stadt.

 

Sehr schön finde ich auch die Darstellung der Einheiten. Die Gladiatoren z.B. bestehen nun nicht mehr aus Klon-Armeen, sondern aus vielen Kämpfern verschiedenster Hautfarben. Soweit ich das sehen konnte unterscheiden sie sich sogar teilweise in Schmutzbelag und Brustbehaarung. Auch die anderen Kämpfer sehen nun unterschiedlicher aus, die Helme, Frisuren, Bärte oder Gürtel unterscheiden sich nun deutlicher voneinander. Natürlich gibt es immer noch in einer Einheit die einen oder andern Drillinge oder Vierlinge zu sehen, aber das gefällt mir deutlich besser als diese Klon-Armeen in den Vorgängern.

Auch die Sprüche beim Auswählen einer Einheit gefallen mir wieder besser als Empire oder Shogun 2. Besonders gefallen haben mir auch hier die Gladiatoren mit dem Spruch: "Wir, die wir bald sterben". Da fühlt man sich doch irgendwie im antiken Rom angekommen.

 

Die Belagerungsschlachten... nur ohne Belagerung

Neu in Rome 2 sind nun die in der Stadt verteilten Siegpunkte. Das sind spezielle Orte, an denen eine Flagge platziert ist und die vom Feind übernommen werden können. Hat der angreifende Feind alle Siegpunkte eingenommen, verliert der Verteidiger automatisch, egal wie groß seine Armee noch ist. Die Idee finde ich super, so ist die wunderschöne Stadtansicht mit ihren vielen kleinen Straßen und Gassen nicht nur Fassade, sondern spielt eine ernstzunehmende Rolle, um den Sieg zu erreichen.

 

Neu ist auch, dass man als Spieler nicht mehr automatisch die komplette feindliche Armee sehen kann. Man sieht die Soldaten nur, wenn die eigenen Soldaten sie sehen können. Für Total War-Veteranen ungewohnt, aber wie ich finde eine echt gute Idee. So kann die eigene Armee in den Gassen der Stadt Gegner überraschen bzw. selber überrascht werden.

 

Doch leider folgte eine weitere Ernüchterung nach diesem grandiosem ersten Eindruck:

Schon zu Beginn fand ich ziemlich merkwürdig, dass die Etrusker mich sofort angreifen und die Schlacht starten konnten, obwohl sie keinerlei Belagerungsgerät dabei hatten. Man musste ja ansonsten immer zumindest eine Runde belagern, um entsprechende Gerätschaften wie Leitern oder Rammbock bauen zu können.

Und hier zeigt sich eine Neuerung im Vergleich zum Vorgänger, die ich absolut nicht verstehen kann. Die Etrusker marschieren einfach auf mein Tor zu und schmeißen ein paar Fackeln (o.ä), das Tor brennt und geht ziemlich schnell kaputt... ahja... so wird also im neuen Rome belagert... später habe ich herausgefunden, dass man den Rammbock erst erforschen muss, und er ist noch nicht mal eine der ersten Forschungsmöglichkeiten. Aber ich frage mich, wozu ich das tun soll, wenn man ja anscheinend nur allein mit einer kleinen Armee die Tore zum brennen bringen kann? Klar, diese Armeen sind ungeschützter und zerstören langsamer als ein Rammbock, aber wenn man eine ausreichend große Armee mitbringt und die Verteidiger nicht gerade eine Masse an Fernkämpfern im Petto haben, dann kann in Rome 2 eine große Steinmauer ohne jegliches Belagerungsgerät überwunden werden. Ich weiß ja nicht, wie das früher so lief, aber das finde ich schon recht merkwürdig. Außerdem macht es alle Belagerungsgeräte nicht mehr obligatorisch, sondern nur noch nützlich. Das taktische Planen aus Rome 1, wo man lieber nochmal ne Runde länger belagert hat, um noch mehr Leitern oder einen Rammbock mehr zu haben, aber gleichzeitig das Risiko in Kauf nehmen musste, dass der Feind Verstärkung ruft, fällt völlig flach.

 

Die KI, gewohnt und hartnäckig schwach

Wie auch immer, dank der wie in allen Total War-Teilen vollkommen verblödeten KI war es für mich dennoch ein leichtes, die Schlacht zu gewinnen. Die Etrusker stellten sich mit ihrer gesamten Armee direkt vor das Tor und somit in Schusslinie meiner Velites, egal ob sie das Tor bombardierten oder nicht... und verharrten dort. Ich konnte sie also in aller Seelenruhe dezimieren, so dass meine Nahkämpfer ihnen jetzt haushoch überlegen waren. Schön fand ich aber wiederum, dass die Soldaten automatisch schützend ihre Schilde hochnehmen und dies nur kurz unterbrechen, um die Fackeln zu schmeißen. Von der gesamten Animation wirkte dies durchaus sehenswert, denn selbst der Fackelwurf wirkte bei beschossenen Einheiten geduckter und defensiver als bei unbehelligten Kämpfern. Zusätzlich rufen die Soldaten ihren Kameraden den aktuellen Aktionen entsprechend passende Befehle zu. Die Angreifer spornen die Kollegen an, die Gegner plattzumachen, die Angegriffenen wiederum fordern zum (Selbst-)Schutz auf. Das schafft eine tolle Kampfatmosphäre.

 

In zahlreichen weiteren Schlachten hat sich die KI leider als permanentes und anscheinend nicht zu vertreibendes Sorgenkind der Total-War-Reihe entpuppt. Winzige Feindarmeen greifen große, befestigte Städte an und werden natürlich vollkommen vernichtet, beschossene Kämpfer bleiben meist immer stehen und versuchen noch nicht mal, aus der Schusslinie zu geraten. Ich habe sogar kein einziges Mal erlebt, dass die KI auch nur eine Runde für eine Belagerung gewartet hätte, um Belagerungsgerät zu bauen (dies ist nämlich immer noch möglich), stattdessen haben sie mich immer sofort angegriffen und sich dann auf die Tore konzentriert, vor denen ich sie jedes einzelne Mal mit meinen Fernkämpfern schon größtenteils niedergemäht habe.

Bis jetzt habe ich leider keine einzige, richtig große Belagerung erlebt. Das liegt ja zum einen natürlich daran, dass knapp 70% der Städte in Rome 2 gar keine Stadtbefestigung mehr haben, zum anderen aber auch daran, dass meine gut gepanzerten Legionäre dermaßen schnell die Tore trotz gegnerischem Beschuss zerstören können, dass ich selber auch keinen Grund mehr gesehen habe, irgendwelche Leitern zu bauen. Den Belagerungszweig in der Forschung habe ich somit bis heute vollständig ignoriert. Ob das der Sinn eines Total War sein soll, kann man sich nun fragen.

 

Ominöse "Todeszonen"

Nach so einem leichten Sieg war die etruskische Stadt für mich natürlich nun leichte Beute und schnell eingenommen. Also machte ich mich auf den Weg zur zweiten etruskischen Stadt auf dem italienischen Festland.

Hier übrigens erwähnenswert: Wenn man auf der Strategiekarte mit seinen Armeen durch die Gegend zieht, dann kann es immer wieder vorkommen, dass man an einer Stelle Halt machen will, wo neben dem Mauszeiger dann ein kleiner Totenkopf erscheint. Setzt man seine Armee dort ab, dann erscheint ein roter Totenkopf über der Armee und ihr wird dann pro Runde eine Masse an Soldaten abgezogen. Das gleiche Prinzip gab es ja schon bei Shogun 2 im Winter in fremden Provinzen, nur gibt es in Rome 2 keine Jahreszeiten mehr und es kann nun auch auf eigenem Terrain passieren. Kurios: Setzt man seine Armee mit dem Mauszeiger stattdessen nur fünf Millimeter neben diese "Totenkopfstelle", ist der Totenkopf weg und man kann die Armee getrost dorthin bewegen. Welche Ursache es für diese "Todespunkte" gibt wird nicht erläutert. Vielleicht Treibsand? Oder ein riesiger Ameisenlöwe? Anscheinend will CA dem Spieler und seiner Fantasie hier freien Lauf lassen.  

 

Individuelle Generäle und Armeen - erschlagen von Zahlen und Fähigkeiten

Nach gewonnenen Schlachten können Armeen und Generäle neue Fähigkeiten bzw. Gefolge erhalten, die Verbesserungen bezogen auf die Kampfkraft oder Moral bieten. Dieses System wurde ebenfalls zum großen Teil aus Shogun 2 übernommen.

Die Generäle können im Gefolge jedoch nur eine aktive Person mitnehmen, alle anderen, die sich anschließen wollen, wandern auf eine Art "Warteliste" und können je nach Belieben ausgetauscht werden. Kurios: Nach nicht allzu langer Zeit besteht diese Warteliste aus nicht weniger als 29 (!) Personen und Gegenständen, von denen zwei bis drei sogar komplett den gleichen Bonus liefern, außerdem führen Generäle an Land Gefolge mit sich, das aber nur Boni für Admiräle (also die Seefahrer) bietet. Hier hatte ich nach kurzer Zeit schon keine Lust mehr, mich durch diesen Wust an Karten zu klicken, und habe einfach irgendeine ausgewählt. Letztendlich war mir der Nutzen dieser kleinen Boni zu gering, um mich damit länger auseinanderzusetzen. Vielleicht bin ich in dieser Hinsicht ja auch einfach nur zu faul, aber das finde ich absolut übertrieben und einfach nur nervig.

 

Generell sind die Generäle vollkommen uninteressant und austauschbar. Man kann jederzeit einen neuen General rekrutieren, egal aus welchem Haus (der Familienstammbaum aus Rome 1 wurde nicht übernommen, wie ich finde höchst bedauerlich und nicht nachvollziehbar), nach ca. 20 Jahren sterben diese schon einen natürlichen Tod und man muss für die Armee einen neuen benennen. Dementsprechend habe ich irgendwann keinen Grund gesehen, mich groß mit ihren neuen Fähigkeiten auseinanderzusetzen, wenn sie in nicht allzu geraumer Zeit ohnehin schon wieder weg sind.

 

Diplomatie, Dreistigkeit in vollen Zügen, aber endlich realistischer

Die Diplomatie war ja schon in allen Total War-Vorgängern verbesserungswürdig, also hatte es mich natürlich besonders interessiert, ob zumindest hier die angekündigte "Total War-Revolution" stattgefunden hat.

Wie schon in Shogun 2 kann man nur Diplomatie mit Nationen betreiben, auf die man während des Spiels schon getroffen ist, was mir gut gefällt. Ein Tausch bzw. Geschenk in Form von Städten oder Provinzen ist nicht mehr möglich. Schade, aber wie ich finde verschmerzbar. Besonders gut hat mir wiederum gefallen, dass es anscheinend endlich keine grundlosen Kriegserklärungen von winzigen Nationen auf mein mächtiges Reich mehr gibt, wie dies ja noch in vielen Vorgängern der Fall war. Stattdessen bitten vermehrt kleine Nationen in meiner Nähe um ein Schutzbündnis bzw. einen Nichtangriffspakt, je größer mein Reich wird. Auch meine Verbündeten bzw. Vasallen wirken sehr viel treuer als noch in den Vorgängern. Bis heute ist mir noch keiner in den Rücken gefallen. Eine riesige Verbesserung zu Rome 1, in dem Bündnisse ja größtenteils nichts wert waren.

Also doch eigentlich eine super Sache. Aber:

 

Fast ausschließlich jedes Angebot bezogen auf Nichtangriffspakt oder Schutzbündnis beinhaltete auch gleichzeitig eine saftige Zahlung, die ich (!) der kleinen Nation entrichten sollte. Klar, es macht natürlich total den Sinn, um Schutz zu suchen bzw. eine mächtige Nation als Freund zu erhalten, indem man diese kräftig zahlen lässt und so gut wie nichts dafür bietet... hier sollte man sich nochmal kurz fragen, wer hier welchen Nutzen aus diesem Vertrag ziehen soll... sogar für die Einrichtung von Handelsabkommen verlangt so manche kleine, abgelegene Nation mal eben 25% meines gesamten Vermögens. Ähm... nein!

 

Letzte Chance - vorbei... oder auch nicht

Letztendlich hatte ich auch die letzte Stadt der Etrusker im heutigen Italien eingenommen, während sich Karthago ihre Siedlung auf Korsika eingeheimst hat. Also müsste die Folge sein: Etrusker besiegt. Denkste: Nationen, die ihre letzte Siedlung verlieren, sind nicht mehr automatisch besiegt, sondern können mit ihren verbleibenden Armeen noch immer Angriffe führen. Und das haben die Etrusker getan und Karthago von Korsika vertrieben und - clever wie sie sind - mir gleichzeitig angeboten, mein Klientelkönigtum (also eine Art Vasall) zu werden. Damit stehen sie unter meinem Schutz und zahlen auch schön dafür.

Diese Neuerung finde ich absolut super, ich fand es in der Total War-Reihe schon immer unlogisch und unpassend, dass drei oder vier mächtige Armeen mal eben völlig verschwinden, nur weil in einer Runde ihre letzte Stadt besiegt wurde. Erst wenn diese letzten Kämpfer der Nation vernichtet sind, kann man auch wirklich von "besiegt" sprechen.

Alles in allem gefällt mir die Diplomatie in Rome 2 besser als in allen Vorgängern. Gewisse Kuriositäten finden sich auch hier, aber ich habe bisher zumindest einige diplomatischen Handlungen sehr gut nachvollziehen können. Eine Tatsache, die ich in den meisten Vorgängern vermisst habe.

 

Der Senat... lieber Urlaub machen statt intrigieren

Zum Senat kann ich ehrlich gesagt nicht viel sagen. Laut Menü ist er vorhanden, macht aber eigentlich gar nichts, außer mal eine Aufgabe zu erteilen, bei der es aber keine Konsequenz gibt, wenn man sie nicht ausführt. Absolutes Highlight sind hier schon kurze aufploppende Fenster, die mir mitteilen, dass ein Familienmitglied erpresst wird. Von wem oder wie genau... scheint wohl unwichtig zu sein, steht da nicht. Dann kann ich entscheiden, ob ich das ignoriere und damit Einfluss verliere, oder aber eine Summe Geld zahle und meinen Einfluss behalte. Was mir jetzt genau dieser Einfluss bringt... keinen Plan.

Manchmal geschehen auch Ereignisse mit Bürgern in Rom: Z.B. eine Vestalin wurde der Unzucht für schuldig befunden und ich darf nun entschieden, was mit ihr geschehen soll. Die Konsequenz meiner Entscheidung wird mir dann in der nächsten Runde angezeigt. All dies geschieht ebenfalls nur in kleinen Fenstern ohne jegliche Animation. Das haben ja schon Wirtschaftsimulationen in den 90ern besser hinbekommen...

 

Also was auch immer CA meinte mit "innenpolitischen Intrigen", gegen die man sich wehren muss: Ich konnte sie nicht finden.

 

Die Masse an Völkern... und ihre Folgen

Im Verlauf des Spiels, als ich nach dem Sieg über die Etrusker weiter in Richtung Norden vorstieß, ist mir eine Besonderheit aufgefallen, die CA historisch gut und richtig darstellt (so wie es mir ja eigentlich gefällt), aber spielerisch schlecht umsetzbar ist. Da die Welt in Rome 2 vollgestopft ist mit kleinen Völkern, die alle meist nichts miteinander zu tun haben, hat man auch eigentlich nie so richtig mit einem starken Reich als Gegner zu tun. Wenn ich also die Helvetier in ihrer einzigen Provinz überrenne, interessiert das ihre Nachbarn überhaupt nicht und sie verhalten sich neutral. Also habe ich eine neue Provinz gewonnen und niemanden verärgert. In der nächsten Runde sind die benachbarten Volcae in ihrer einzigen Provinz dran und wieder interessiert es niemanden. Dieses Spielchen konnte ich bis in den Norden Dänemarks so weitertreiben und nie gab es Probleme. Langfristige Feinde habe ich nie gehabt, bin jetzt Besitzer ganz Italiens plus Inseln, Galliens, Germaniens und halb Britanniens und trotzdem haben mich irgendwie alle lieb.

 

Hier muss ich aber selber zugeben, ich hätte mir von CA mehr verschiedene Völker gewünscht, wenn sie stattdessen wieder nur wie in Rome 1 die Fraktionen "Germanien" oder "Gallien" direkt eingeführt hätten, einfach weil es "historisch realistischer" ist. Dass es spielerisch aber so schlecht umzusetzen ist, hätte ich auch nicht erwartet. Deswegen rechne ich das CA nicht negativ an, denn ich finde der Wille war da, die Absicht gut und die Logik wurde beachtet. Und Caesar hat ja seinen Siegeszug letztendlich genauso bestritten, indem er die Feindschaft bzw. Ignoranz der gallischen Stämme untereinander ausgenutzt hat.

 

Fazit

Rome 2 ist ein gutes Spiel, wird aber leider den Erwartungen (und erst recht den Ankündigungen!) nicht gerecht. In zu vielen Bereichen wird die Logik der Spielmechanik untergeordnet, an allen Ecken und Enden drängt sich mir das Gefühl auf, dass man eine Menge umsetzen oder Neues einbauen wollte und sich dabei völlig übernommen hat oder aber einfach irgendetwas schwerer bzw. anspruchsvoller machen wollte, ohne dafür eine sinnvolle Begründung mitzuliefern. Deutliche Verbesserungen im Vergleich zu den Vorgängern sind Mangelware, nur die wunderschönen Stadtansichten und die individuelleren Soldaten sowie die Diplomatie sind mir wirklich verbessert in Erinnerung geblieben (und dabei ist die Diplomatie noch immer verbesserungswürdig). Den größten Bock schießt CA aber mit den Belagerungen, die keine mehr sind, eigentlich dem Herzstück der Total War-Spiele. Schon die Tatsache, viele potentielle Belagerungen den Spielern vorweg wegzunehmen, indem man bei mehr als 70% der Städte einfach die Mauern entfernt ist schon absurd (nicht nur aus historischer Sicht), aber dann auch noch durch die neue "Tore verbrennen-Fähigkeit aller Fußtruppen" auch noch die Belagerungsgeräte zu entwerten ist der Gipfel der Lächerlichkeit.

 

So schade ich es finde, aber je länger ich Rome 2 gespielt habe, desto weniger Spaß hatte ich dabei. Bei ausnahmslos allen Vorgänger-Titeln war das eigentlich umgekehrt. Ich kann nur hoffen, dass eine solche Entwicklung sich bei den CA-Titeln nicht fortsetzen wird.

Eine "Revolution" ist Rome 2 somit tatsächlich, nur aus meiner Sicht in eine Richtung, die nicht mit CAs Plänen übereinstimmt.


Wertung
Pro und Kontra
  • atemberaubende Stadtansichten
  • detailliertere und individuellere Armeesoldaten mit schöneren Sprüchen und Befehlsausrufen
  • (meist) nachvollziehbare Diplomatie
  • riesige Strategiekarte
  • viele unterschiedliche Völker
  • Schiff- und Landarmeen können nun gemeinsam kämpfen
  • Nationen erst vernichtet, wenn letzte Stadt UND letzte Armee besiegt
  • überall massive Logikfehler
  • Entfernen eines Großteils der Stadtbefestigungen
  • Belagerungen sind nun ohne jegliches Belagerungsgerät (!) erfolgreich
  • uninteressante Generäle mit uninteressanten Fähigkeiten
  • nervige, einfallslose Forschung
  • schwache, regelrecht dumme KI
  • irrelevanter Senat
  • Agenten kaum nützlich

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

zu leicht

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



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