In der aktuellen Ausgabe der Neon (Juni 2016) schreibt der Autor Marco Maurer: "Eine Frau, die Playstation spielt, ist definitiv nicht meine Freundin."
An und für sich ist das nichts Außergewöhnliches oder Verwerfliches, immerhin weiß man selbst, mit welchen Personen und deren Freizeitaktivitäten man auskommt und mit was nicht. Manche haben keine Lust, ihrem Partner beim Versumpfen auf der Couch zuzuschauen, wenn neben der 1. und der 2. Bundesliga auch noch die 3. geschaut wird, andere haben keine Lust, sich jedes Wochenende über Berggipfel zu zwingen oder in Zelten ohne fließend Wasser und Strom zu hausen, wenn man einen Outdoor-Freak zum Freund oder zur Freundin hat, aber Maurers Artikel geht noch weiter.
Zum Verständnis: Im Ressort "Liebe" tauschen sich die beiden Autoren Mareike Nieberding und Marco Maurer darüber aus, "wie es ist, sich neu kennenzulernen". Die beiden kennen sich nicht und sind in ihrem Diskurs auf die oben eingefügte Passage gekommen. Maurers Sätze wurden in kursiv gedruckt.
Maurer vergleicht das Playstationspielen mit dem Gang zur Pediküre. Er impliziert, dass Männer Playstation spielen, weil es männlich ist, und Frauen zur Pediküre gehen, weil es weiblich ist, und es da keine Überschneidungen geben sollte. Ein Vergleich, der mich verwundert. Viele Frauen, die ich kenne, mich eingeschlossen, waren noch nie bei der Pediküre. Nicht, weil wir ungepflegte Nägel mögen, sondern weil wir das einfach nicht brauchen oder wollen, weil wir uns dafür nicht sonderlich interessieren. Sind wir jetzt unweiblich? Hinzu kommt, dass ich gerne Playstation spiele, bin ich jetzt doppelt unweiblich?
Ja, das ist nur ein kleiner Vergleich innerhalb eines Diskurses, in dem es eigentlich um etwas ganz anderes geht, und man sollte ihn vielleicht nicht ganz wörtlich nehmen, aber trotzdem hat mich die Meinung des Autors verwundert. Ich kenne Marco Maurer nicht und weiß natürlich somit auch nicht, in welchen Gamer-Milieus er sich so bewegt, aber ich persönlich habe noch nie einen Videospiel-begeisterten Mann getroffen, der der Meinung wäre, dass Playstationspielen per se männlich sei bzw. Frauen in Mannsbilder transformiert. Natürlich sind viele Angebote und Spiele eher auf den männlichen Markt zugeschnitten (dazu gibt es ja bereits genug Diskussionen), aber dass Frauen, die ein PS4-Gamepad in die Hand nehmen, nach Maurer, sofort ihre weiblichen Reize zu verlieren scheinen, wundert mich doch sehr.
Immerhin gibt es so viele unterschiedliche Genres und wirklich coole Spiele und die alle sollten weiblichen Augen vorenthalten bleiben? Würde man Maurers Argument weiter ausbauen, dürften sich Frauen vermutlich auch keine Actionfilme anschauen und sich nicht für Autos, Technik oder Sport interessieren, da diesen Feldern oft auch eine männliche Dominanz zugesprochen wird. Aber Frauen bleiben ja immerhin noch Mode, Stars und Schönheit. Reicht doch auch, oder?
Das Lustige ist, dass ich bis jetzt eigentlich immer gesehen habe, dass sich Männer freuen, wenn sich Frauen auch für die Themen interessieren, die sie gern verfolgen oder in denen ihre Hobbies Zuhause sind und sie dadurch nicht denken: "Oh Mann, die ist aber ganz schön unweiblich..." Das ist immerhin immer noch eine Sache des Auftretens oder des Benehmens oder oft auch des Aussehens.
Wenn ich mit Gamern, die ich kennenlerne, anfange über Videospiele zureden, fangen sie meistens an, breit zu grinsen und freuen sich. Einen abwertenden Blick oder eine andere negative Reaktion habe ich hingegen noch nie erlebt.
Im Gegenzug ist es natürlich genauso. Frauen freuen sich ebenso, wenn Männer sich mit ihren Interessen beschäftigen (diese können auch über Pediküre hinausgehen :P ).
So, genug davon. Erst einmal ein Danke an alle in dieser Community, die Geschlechter nicht nur in Playstation und Pediküre einteilen, sondern differenzierter sehen
Playstation vs. Pediküre
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