In diesem Wunschzettel an den N(e)rdpol wende ich mich an die Entwickler persönlich - hier Piranha Bytes - um ihnen Dinge zu nennen, die ich mir in Zukunft zur Bescherung, bzw. ihrem neuen Spiel, von ihnen wünsche. Quasi Kritik und Feedback in seiner niedlichsten und kindlichsten Form.
Aber zuerst: Wer oder was ist ein Piranha Bytes? Weder eine Maßeinheit für Fischhappen, noch für Datengeschwindigkeit. Soviel ist klar.
Sagt euch Gothic etwas?
Oder Risen?
Aber spätestens Elex, oder?
Gegründet wurde das deutsche Entwicklerstudio aus dem Ruhrpott, genauer gesagt aus Essen, im Jahr 1997 - damals noch in Bochum - und versorgt uns seitdem mit klassischen RPGs, die grandiose Zitate rund um das "Aufs Maul hauen" für die Nachwelt hinterlassen haben. In einer Zeit, in der Spiele immer zugänglicher werden, bewahrt sich dieser Entwickler seine ganz eigene rustikale Herangehensweise und schafft mittlerweile eine Art Nischen-Produkt im Sumpf der modernen Rollenspiele.
In Deutschland hat man über die Jahre eine riesige Community an Fans aufgebaut und gerade das Erstlingswerk Gothic hat mittlerweile Kult-Status erlangt. Nicht umsonst gibt es Let's Plays von den Micha Bros. (RocketbeansTV) und Liebesbekundungen aus der renomierten Gamestar-Redaktion. Ein bisschen spielt da sicher die geographische Nähe eine Rolle, aber auch der gute Umgang mit der eigenen Community und den eigenen Schwächen. Denn bei Piranha Bytes kommuniziert man offen. Die Firma hat ein Gesicht und ist sich nicht zu schade dieses zu zeigen.
Weil mir die Spiele aus diesem Hause besonders am Herzen liegen, da sie gleichbedeutend mit meinen ersten Schritten - entsprechend schmerzhaft - im Rollenspiel-Genre waren, konnte der erste Eintrag in dieser Rubrik nur an das sympathische Team aus dem Pott gehen.
Der Wunschzettel
Liebes gutes Piranha Bytes,
ich war dieses Jahr einigermaßen brav. Einigermaßen schreibe ich nur, weil Mama sagt: "Du darfst nicht lügen, Lootilein". So habe ich z.B. bei weitem nicht alles gespielt, das ich eigentlich müsste und habe zu lange unser aller Lieblingshobby nur konsumiert, anstatt kritisch zu hinterfragen.
Was ich aber gemacht habe - deswegen kam Knecht Lootrecht wohl auch nicht - ist, dass ich mir die Zeit genommen habe, euer neustes Werk zu spielen: ELEX. Diesen herrlich eigenartigen Mix von Elementen aus dem Science-Fiction Genre, Mad Max, und dem Mittelalter, dem ich zugegebenermaßen erst skeptisch gegenüber stand.
Jetzt denkt ihr euch bestimmt; "Wieso schickst du uns einen Wunschzettel, wenn wir dich dieses Jahr schon beschenkt haben? Ganz schön dreist und undankbar, jetzt noch mit verniedlichter Kritik um die Ecke zu kommen".
Tatsächlich schäme ich mich auch ein bisschen, denn Elex hat mich über einen großen Zeitraum recht gut unterhalten. Also bedanke ich mich vorweg erstmal bei euch für die Erlebnisreise über Magalan.
Ich werde sicher auch Wünsche äußern, die einfach außerhalb des Budgets liegen, oder von technischer Seite extrem schwierig - oder gar nicht - zu realisieren sind. Hier behaltet doch bitte im Hinterkopf, dass mir, einfachem Kind, das sich einfach nur etwas wünscht, da das Know-How fehlt.
Ich wünsche mir: eine kleinere Welt.
Große Welten sind toll, vor allem wenn ihre Areale sich so deutlich, wie auf Magalan, voneinander unterscheiden. Optisch lädt die Karte zum Erkunden ein und sieht auf den ersten Blick durch seinen Mix extrem interessant aus. Auch das Jetpack war eine super Idee, um die Reise flexibel zu gestalten und einige nette Verstecke sind euch auch gelungen, gerade wenn diese nur durch klugen Einsatz der Düsen zu erreichen war. Leider folgen darauf sehr viele karge und leere Flecken, sodass Khorinis, das Minental, und die Inseln von Risen, durch ihre Kompaktheit mich einfach mehr überzeugt haben. Es gab weniger Durststrecken, mehr wirklich hervorstechende Orte, und es ist bestimmt (?) einfacher eine kleine Karte mit lauter interessanten kleinen Geschichten, Charakteren, etc. zu füllen.
Ich wünsche mir: weniger Klone.
Elex hat ein paar richtig tolle Charaktere, wie z.B. Caja und Falk, und, der Größe geschuldet, natürlich noch eine enorme Anzahl an weniger wichtigen Charakteren. Ärgerlich ist es, dass sich sehr viele den gleichen Genpool teilen. Besonders auffällig ist hier die ohnehin geringe Bevölkerung der Frauen Magalans. Zwar denkt man sich ja auch oft im echten Leben: "Das Gesicht kommt mir bekannt vor", aber bei näherer Betrachtung liegt man damit dann eben meist falsch. In Elex ist das leider nicht der Fall. Es handelt sich wahrscheinlich um ein Zeit- und Geldproblem, aber ich sagte ja bereits, dass ich auf hohem Niveau Wünsche stelle. - Mit Socken von Oma wäre ich dieses Jahr nicht zufrieden -.
Ich wünsche mir: faire Unzugänglichkeit.
Schwäche, Versagen, der schleichende Prozess, um zum mächtigen Helden zu wachsen. Looten und leveln eben. Das habt ihr richtig drauf und ich erwische mich oft bei dem Gedanken, dass From Software sich die Unzugänglichkeit und damit verbundene Schwierigkeit eines Demon Souls irgendwie bei euch abgeguckt hat. So beginnt Jax wieder als Huhn mit schmaler Brust und je nach Gegner ist man gezwungen das Weite zu suchen, bevor man seinen Kopf verliert. Ihr schafft eine Welt, die dem entsprechend natürlich gewachsen wirkt und keine nervigen Level-Zonen - oder schlimmer noch mitlevelende Feinde - aufweist. Gut! Auch die Gefahr, stets sterben zu können, sowie eine merkliche Progression, sind Stärken, die Elex auszeichnen. Generell sind Unzugänglichkeit und hohe Schwierigkeit also super, gerade wenn sie - wie hier - auch zu der Narrative passen und sich ein schöner gemeinsamer Bogen ergibt.
Problem ist: Es fühlt sich oft unfair an. - Aber die Welt ist ja auch nicht fair, also passt das?! - Eine legitime Frage, aber leider sind dafür die Tode, die man aufgrund von UnzuLänglichkeiten - nicht UnzuGänglichkeiten - zu zahlreich. Gerade das Kampfsystem hat seine Tücken. Doch gerade damit verbringt man frei dem Motto "Auf's Maul" eben sehr viel Zeit. Also wünsche ich mir im Detail ...
- Weniger ansatzlose Gegneranimationen, sodass ich angemessen auf das reagieren kann, was ich sehe. Nicht nur auf das, was ich mir gemerkt habe, nachdem mir Raptor XY zum wiederholten mal in den Arsch gebissen hat.
- Ein zu Ende gedachtes Kombosystem, bei dem einzelne Animationen abbrechbar sind und nicht gefühlt alles vom letzten Hieb der Abfolge abhängt.
- Ein Stamina-System, das sich gerade bei menschlichen Feinden nicht derart ausnutzen lässt.
- Autofokus und freie Kamera - samt passender Zielerfassung -, die nicht mit mehr als drei Gegnern überfordert sind.
Ich wünsche mir: weniger Fetch-Quests und mehr vom "Guten Scheiß".
Hut ab! Es gibt einige richtig tolle Aufgaben und Storyfäden, die mich mit der Zunge schnalzen lassen haben. Gerade, weil ihr dem Spieler eine recht große Anzahl an Lösungsmöglichkeiten mit an die Hand gebt. Auch die Geschichte kann teilweise überraschen - z.B. Duras Questreihe - und rein von der Präsentation bietet Elex eure - Achtung subjektive Meinung - bis dato beste Hauptgeschichte. Bitte mehr davon, und weniger simple Sammelaufgaben. Zwar passen manche der Aufgaben gut in den Kontext, wie die Arbeit auf dem Berserker-Feld, aber bei Weitem nicht genug davon. Im Endeffekt zielt dieser Wunsch in gewisser Weise auch wieder auf eine kleinere Welt, denn das Monstrum Magalan derart qualitativ zu füllen, wäre eine Mammutaufgabe.
Ich wünsche mir: noch ein Elex!
Wie? Der meckert und relativiert hier gefühlt den ganzen Tag - und will dann mehr?
Scheiße, ja!
Denn so sehr mich manche der Sachen, die ich mir oben besser wünsche, mal genervt haben, so viel Spaß hatte ich dennoch. Elex war nicht überragend, für manche wahrscheinlich nicht mal gut, aber so ist es eben mit den Geschmäckern. Manchen schmeckt z.B. Pils einfach besser als Champagner. Und was ihr bietet, das ist eben ein Pils - Ruhrpott Champagner -, das nicht jedem schmeckt. Mir eben schon.
Mit Elex habt ihr gezeigt, dass ihr immer noch an euch arbeitet, euch an neue Dinge herantraut, und ihr euren ganz eigenen Charme nicht verloren habt. Allein das macht euch gewissermaßen schon zu einem mehr als angenehmen Novum. Entsprechend positiv sehe ich auch eurem nächsten Werk entgegen, eurem nächsten Fortschritt.
Schlussendlich bleibt mir nur zu sagen, dass ich hoffe, dass zumindest mein letzter Wunsch in Erfüllung geht, und verschwinde jetzt lieber, bevor ich "Auf's Maul" bekomme.
Grüße aus dem Pott
Euer LOOTbürger
Wunschzettel an den N(e)rdpol - An Piranha Bytes
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