Die ACW-Mod im Test

Von beagletank · 3. April 2015 · Aktualisiert am 4. April 2015 ·
Kategorien:
  1. Die American Civil War Mod für Empire: Total War entführt uns in das Zeitalter des Amerikanischen Bürgerkrieges. Den Spieler erwarten ein glaubwürdiges und unverbrauchtes Szenario, aber auch einige technische Schwierigkeiten. Warum sich ein Blick auf die Mod trotzdem lohnt, erfahrt Ihr in diesem Blog.

    Es gibt Szenarien, auf die stößt man nur selten in Spielen. Meist, weil sie als nicht massentauglich empfunden werden oder vergleichsweise unbekannt und daher schlecht zu vermarkten sind. So war etwa der Zweite Weltkrieg jahrelang ein beliebtes Thema in Shootern und Strategiespielen, auch wenn seine Hochzeit mittlerweile abgeflaut ist. Der Erste Weltkrieg fristet hingegen bis heute ein Schattendasein und ohne den Relase von Valiant Hearts im letzten Jahr hätte man auch weiterhin nur wenig von dem Thema gehört. So überrascht es nicht, dass gerade unbekannte Szenarien im Modding-Bereich häufiger finden sind. Da diese in der Regel von Fans für Fans erstellt werden, kann man stets auf ein mehr oder minder großes Publikum an Interessierten hoffen. Und anders bei Vollpreistiteln steht auch kein großer Publisher hinter einem, der vor allem auf seine Gewinne bedacht ist.

    Der Amerikanische Bürgerkrieg ist eines dieser Szenarien. Von 1861-65 geführt und mit mehr als 600.000 Toten ist er bis heute der einzige große Krieg, der auf dem Territorium der USA ausgeführt wurde, sofern man den Unabhängigkeitskriege nicht mitzählt. Er veränderte nicht nur das Leben der farbigen Amerikaner, sondern auch die amerikanische Verfassungspolitik nachhaltig. Auch heute noch ist die Erinnerung an diesen Konflikt in der amerikanischen Erinnerungskultur sehr lebendig, besonders in den ehemaligen Südstaaten. Umso überraschender, dass es vergleichsweise wenig Videospiele gibt, die das Thema behandeln. Gerade einmal 27 Titel listet Wikipedia auf, von denen Sid Meier´s Gettysburg! sicher noch zu den bekannteren zählen sollte. Der einzig neuere davon ist Ultimate General: Gettysburg, wobei auch dieser aus den Händen eines ehemaligen Modders stammt. Der Zweite Weltkrieg kommt hingegen auf einige Hundert Spiele. Dass der Sezessionskrieg vergleichsweise nebensächlich behandelt wird, hat seine Gründe. Wir schon gesagt, ist er vor allem Teil der amerikanischen Erinnerungskultur. Obwohl die europäischen Großmächte beide Seiten auf die ein oder andere Weise unterstützt und teilweise auch mit dem Gedanken einer Intervention gespielt haben, bleib der Konflikt doch eine rein amerikanische Angelegenheit und die Auswirkungen auf unseren Kontinent waren eher gering. Während etwa das Mittelalter oder die Antike, nicht zuletzt wegen der vielen Einwanderer (und deren Nachfahren) auch in den Staaten gut zu vermarkten ist, tut sich der Bürgerkrieg umgekehrt eher schwer. Auf die europäische Geschichte hat er einfach viel zu wenig Einfluss gehabt, nicht zuletzt weil in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ganz andere Dinge hierzulande eine Rolle gespielt haben, etwa die deutschen Einigungskriege.

    Trotzdem gibt es einige interessante Mods, die den Bürgerkrieg behandeln und auch für europäische Spieler einen Blick wert sein sollten. Eine davon ist die American Civil War Mod – The Blue and the Grey für Empire: Total War. Und nach diesem doch recht langen Intro möchte nun endlich auf den eigentlichen Sinn dieses Blogs zurückkommen, dem Test der besagten Mod.

    Die Mod und ihre Features

    Die American Civil War Mod ist eine der ältesten und bekanntesten Fanprojekte für das zu Anfang doch recht fehlerbehaftete Empire. Die Entwicklungen begannen nicht lange nach Beginn des Hauptspiels und die unterschiedlichen Versionen haben im Verlauf der Jahre zahlreiche Veränderungen durchgemacht. So waren die Anfangsversionen noch darauf angelegt auch die europäischen Nationen mit einzubeziehen, die Mod wäre also eher ein Projekt im viktorianischen Zeitalter geworden. Dass es anders kam, lag nicht nur am großen Arbeitsaufwand, den dieses Szenario gefordert hätte. Empire ist bis heute vergleichsweise schlecht modbar und auch der Support seitens der Entwickler war schlechter als bei den neueren Titeln der Reihe wie Rome II und Attila. Wesentlichen Einfluss auf die Mod hatte ausgerechnet die Geschäftspolitik von Sega und/oder Creative Assembly. Empire war der erste Titel, der DLC-Feldzüge einführte, darunter auch die Warpath Kampagne, die ursprünglich den Kampf der amerikanischen Ureinwohner gegen die europäischen Kolonialmächte behandelte. Das Szenario kam weder bei den Kritikern, noch bei den Fans wirklich gut an, barg aber einen Vorteil. Die Kampagnenkarte beschränkte sich auf den nord- und mittelamerikanischen Kontinent und war wesentlich detaillierter als im Hauptspiel (besonders hinsichtlich Städten und Regionen) und bot den Moddern somit die Gelegenheit ihr Projekt auf die neue Kampagnenkarte zu portieren. Mittlerweile widmet sich ACW (so die offizielle Abkürzung) wieder ganz dem Bürgerkrieg und ist inzwischen bei Version 3.6 angelangt (Stand Dezember 2014).

    Diese neue Version hat einige weitreichende Veränderungen mit sich gebracht und war auch für mich ein Grund diese Mod erstmals zu testen. Da das aktuelle Update sich noch im Beta-Status befindet, finden sich immer noch einige kleinere Fehler und und die Installation erweist sich als vergleichsweise aufwendig, da die Mod mühsam von Version 3.4 auf 3.6 gepatcht werden muss. Voll spielbar bleibt die Mod aber dennoch. Ein übersichtlicher und mit stimmiger Musik untermalter Launcher lässt uns die Seite der Unionsstaaten bzw. der Konföderierten und nachdem automatisch einige Änderungen in den Installationstateinen vorgenommen wurden, startet das Spiel auch schon. An das Szenario angepasste Menüs und Ladebildschirme, als auch die Hintergrundmusik nehmen und daraufhin in Empfang.

    [​IMG]

    Die überarbeiteten Forts sind eines der Features von Version 3.6.



    Der weitere Verlauf sollte jedem Total War Spieler klar sein. Wir wählen unsere zuvor im Launcher ausgewählte Fraktion und starten die Kampagne. Empfangen tut uns Nordamerika im Jahr 1861. Von den amerikanischen Ureinwohnern ist nicht mehr viel zu sehen, wohl aber von den beiden Konfliktparteinen. Im Süden steuert Mexiko seinem ganz eigenen Bürgerkrieg entgegen und auch wenn die europäischen Kolonialmächte weiterhin präsent sind, so spielt nur noch Großbritannien eine wichtige Rolle, das weite Teile des heutigen Kanadas kontrolliert. Handel und Diplomatie mit den anderen Parteien lohnen sich trotzdem. Bemerkbar machen sich vor allem die vielen liebevollen Details. Städte- und Ortsnamen wurden angepasst und auf unseren Handelsrouten sind Lokomotiven und Dampfschiffe unterwegs. Religion gibt es nicht mehr, stattdessen ist die Bevölkerung einer Provinz entweder den Nord- oder Südstaaten bzw. einer Drittnation treu. Praktisch alle Eventbilder wurden überarbeitet und an das Szenario angepasst und natürlich werden die Kriegsparteien von historischen korrekten Personen wie etwa Abraham Lincoln regiert. Ganz der Realität entsprechend ist der Süden zudem ländlicher geprägt als der Norden, was Unterschiede beim Handel und der Truppenaushebung mit sich bringt. Auch die Zahl der Runden pro Jahr wurden erheblich vergrößert um dem Szenario entsprechend gerecht zu werden. Dennoch fehlen Herbst und Frühling weiterhin als Jahreszeiten. Diese wurden leider erst mit Napoleon: Total War eingeführt und sind folglich nicht für frühere Titel verfügbar. Für den interessierten Hobbyhistoriker gibt es weiterhin regelmäßige Meldungen, die über den Verlauf des realen Bürgerkrieges berichten.

    [​IMG]

    Die Kampagnenkarte wirkt sehr stimmig. Man beachte die Eisenbahn unten rechts.



    Nach den umfangreichen Veränderungen im Vergleich zu früheren Versionen läuft 3.6 nicht immer ganz stabil und neigt dazu öfter abzustützen und schlimmstenfalls Speicherstände gleich mit zu zerstören. Die Modder sind immer noch bemüht eine Lösung zu finden und bieten in den Foren Hilfe an. Aus technischer Sicht fährt man momentan mit Version 3.5 stabiler, verpasst so aber auch viele Neuerungen des Updates. Wie schon gesagt befindet sich die neue Version aber auch noch im Beta-Status, weshalb technische Schwierigkeiten tolerierbar sein sollten. Die überarbeitete Hintergrundmusik ist in der neuen Version momentan nur in Teilen verfügbar, jedoch gibt es für dieses Problem bereits einen downloadbaren Hotfix. Hier und da fehlt auch noch die ein oder andere Einheitenbeschreibung. Die KI schlägt sich soweit wacker. Dank der Hilfe von DARTH VADER, einem der bekanntesten Total War Modder, reagiert der Computer gerade bei den Schlachten glaubwürdig auf unsere Aktionen und unterlässt unsinnige Manöver. Auf der Kampagnenkarte zeigt sich die KI ebenfalls von ihrer guten Seite, nervt einen aber gerne mal mit unsinnigen Handelsangeboten und dem gelegentlichen Spam von Miniarmeen. Die Entwickler empfehlen ohnehin den Nord bzw. Südstaaten gleich in der ersten Runde den Krieg zu erklären um eine einigermaßen authentische Kampagne spielen zu können.

    Womit wir schon beim Thema wären, den Einheiten. Beide Seiten rekrutierten ihre Soldaten aus allen möglichen Bevölkerungsschichten und Volksgruppen. Die Mod verfügt daher über jede Menge unterschiedliche Truppentypen, inklusive historischen Regimentern mit ausführlicher Einseitenbeschreibung für historisch Interessierte. In Einwanderungszentren wie New York und Philadelphia sind Einheiten unterschiedlicher Abstammung verfügbar, etwa irische, polnische, aber auch deutsche Regimenter. Auch die Südstaaten führen ihre ganz eigenen Einheiten ins Feld, wobei man sich auch hier um historische Authentizität bemüht hat. Man sieht den meisten Truppen an, dass sie aus ländlichen Gegenden stammen, der Anteil an ethnischen Regimentern ist geringer als im Norden und schwarze Soldaten sind gar nicht verfügbar. Auf dem Feld sind die einzelnen Regimenter stets gut zu unterscheiden, besonders wenn einzigartige Uniformen tragen. Mitunter starrt einem aber zu oft das gleiche bärtige Soldatengesicht entgegen, was aber nicht auf ACW zurückgeht, sondern bereits ein Problem von Empire: Total War war. Regimentsfahnen wie in den Anfangsversionen gibt es zudem nicht mehr, da diese nicht animiert werden konnten und daher stets etwas deplatziert wirkten. Stattdessen führen alle Einheiten die Fahne ihrer jeweiligen Nation in die Schlacht. Dafür sind alle Einheiten-Icons mit der jeweiligen Regimentsflagge unterlegt.

    [​IMG]

    Viele Soldaten verfügen über einzigartige Uniformen. Woher könnten diese Herren wohl stammen?



    Die Modder haben zudem zahlreiche neue Gewehre ins Spiel eingefügt, was erneut der historischen Authentizität zugutekommt. Die Auswahl an Artillerie ist ebenfalls beeindruckend. Kenner von Shogun 2: Fall of the Samurai werden folglich auf einige alte Bekannte treffen, obwohl wir keine komplette Armee mehr mit ein paar Batterien Gatlings auslöschen können. Auch einige andere Dinge wie etwa Verschanzungen wurden optisch überarbeitet und fügen sich nun besser in das 19. Jahrhundert ein. Version 3.6 ermöglicht zudem erstmals Seeschlachten im großen Stil. Diese waren bisher nur über Submods verfügbar, nicht zuletzt weil die Warscape Engine keine neuen Schiffsmodelle erlaubt. Die Macher haben sich aber bemüht so viele Schiffe wie möglich aus Empire zu übernehmen, sofern sie noch einigermaßen ins Szenario passten. Die Schiffe wurden dafür komplett umgeskinnt und dann mit neuen Kanonenmodellen und Crews versehen, sodass jetzt stimmige Seeschlachten möglich sind.

    [​IMG]

    Fast alle Regimenter verfügen über ausführliche historische Hintergrundinformationen.



    Die Schlachten haben es ohnehin in sich. Besonders die überarbeiteten Sounds klingen klasse, egal ob unsere Truppen ihre Gewehre abfeuern oder die Artillerie zum Einsatz kommt. Die Schlachten verlaufen zudem anders als im Hauptspiel. Es wird schwieriger komplette Regimenter auszulöschen, Moral spielt zudem eine wesentlich größere Rolle. Störangriffe durch Kavallerie sind etwa wichtiger geworden, Frontalangriffe mit berittenen Truppen grenzen hingegen an Selbstmord. Gelände und Wetter beeinflussen unsere Truppen mehr als im Hauptspiel, zudem macht sich die fortgeschrittene Waffentechnik deutlich bemerkbar. Gewehre schießen weiter und präziser und wer das Risiko eingeht seinen General in die Reichweite feindlicher Schafschützen zu bewegen, hat selbst Schuld.

    Version 3.6 bringt zudem erstmals überarbeitete Forts ins Spiel, die nicht nur authentisch aussehen, sondern deutlich schwererer Bewaffnung bestückt sind als noch in Empire. Wer meint feindliche Festungen mal eben mit ein paar Kanonen zu Klump zu schießen, wird sich noch wundern, wenn plötzliche einige Marinebatterien das Feuer erwidern. Strategisch wichtige Punkte lassen sich so folglich deutlich besser verteidigen als in früheren Versionen. Gesamt gesehen sind die Schlachten perfekt gelungen und tragen zur guten Gesamtatmosphäre der Mod bei.

    Der neue Patch bringt ansonsten noch diverse andere Dinge mit sich, etwa einige neue Regimenter, die typischen Balanceverbesserungen und ermöglicht zudem „kleine“ Nationen wie Großbritannien oder Mexiko zumindest in Gefechten selbst zu steuern. Auf der Kampagnenkarte geht dies weiterhin nicht. Aber schlussendlich dreht sich die Modifikation ja auch um den Amerikanischen Bürgerkrieg.

    [​IMG]
    Version 3.6 erlaubt nun Seeschlachten mit überarbeiteten Schiffen.



    Fazit

    Zugegeben, der Sezessionskrieg ist sicher nicht das Szenario, was jeden begeistert. Ich bin auch etwas skeptisch an die Mod herangegangen, aber nach all den positiven Stimmen zu ACW habe ich mich überzeugen lassen. Man sieht an allen Ecken und Enden wie viel Liebe in dieses Projekt gesteckt wurde. Die Spielwelt wirkt authentisch und das Szenario glaubwürdig umgesetzt. Und immer wieder überrascht es, was sich noch aus den limitierten Modding-Möglichkeiten von Empire herausholen lässt. Dem gegenüber steht die technische Instabilität der aktuellen Version. Wer wirklich eine komplette Kampagne durchspielen möchte, sollte lieber bis zum nächsten Update warten oder eine der früheren Versionen spielen. Zudem ist ACW in seiner vollen Form eigentlich nur für Besitzer der Warpath-Kampagne genießbar. Wer nur Empire besitzt muss sich mit den Gefechten begnügen. Trotzdem ist American Civil War, ob Mod oder nicht, sicher das interessanteste Total War in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, sofern man FotS nicht mitzählt. Auch wem das Szenario nicht so zusagt, sollte trotzdem mal einen Blick auf dieses Projekt werfen. Und wie steht Ihr zum Amerikanischen Bürgerkrieg in Spielen? Über Eure Meinung und einen Kommentar zu diesem Blog würde ich mich freuen.

    Über den Autor

    beagletank
    Sehr unregelmäßiger Blog- und Lesertestschreiber. Großer Fan von (historischen) Strategiespielen und diversen RPGs. Seit Herbst 2017 auch Besitzer einer Oculus Rift. Korrigiert seine Texte zwanghaft gerne noch Tage nach der Veröffentlichung.

Kommentare

Um einen Kommentar zu schreiben, melde dich einfach an und werde Mitglied!
  1. beagletank
    Jup, ich musste eine Weile überlegen wie ich den Text hier unterbringe, aber ein Blog erschien mir schlussendlich am passendsten. Ich finde es trotzdem schade, dass es keine Möglichkeit gibt einen reinen Modtest zu erstellen.
  2. Bakefish
    Toller Test? Die Mod gibts wohl nicht als eigenständigen Titel auf GS? ;-)
Top