Ein Kommentar zu Tim Cooks Outing

Von Bakefish · 1. November 2014 · Aktualisiert am 1. November 2014 ·
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  1. Ach, diese ganze Sache ums Schwulsein. Und siehe da, Cook hat sich nun ebenfalls als schwul „geoutet“.

    Schöne Sache. Können wir nun im Leben weitermachen?

    Okay, das klang jetzt etwas derb formuliert. Ich will mal ein Statement zu dem ganzen Kram um Cook, Wowereit, dem Schwulsein und der Toleranz damit von mir geben.

    Gleich im Vornherein- ich will nicht auslassen, dass ich bisexuell bin. Zwar eher auf Frauen fixiert, doch weiß ich, dass ich auch in der Lage wäre, einen Mann zu lieben.



    So, nun mal zu Cook. Was passierte nach Cooks „Coming-Out“?

    Um es mal stark überspitzt auszudrücken- Freudenschreie, man feierte dieses Statement, man verwies auf die sexuelle Freiheit, die Toleranz gegenüber der Homosexualität, der Revolution der letzten Jahrzehnte gegenüber den Konservativismus. Wir seien eine freie, tolerante Gesellschaft, die das Ganze akzeptiere und befürworte.

    Leute, ich sage meine Meinung dazu mal ganz unverblümt: WELCH EIN DÜNNSCHISS!!

    Wir wollen tolerant sein? Okay. Zumindest in Deutschland hat der Anteil der Befürworter für Homo-Ehe sowie die Toleranz gegenüber Homosexualität extrem zugenommen. Schwulsein ist nun größtenteils kein „Problem“, vor dem man sich verstecken muss. Wie oft habe ich nun schon in der Stadt schwule oder lesbische Pärchen gesehen, die Händchen haltend spazierten? Sehr, sehr oft.

    Um mal gleich darauf hinzuweisen- ich habe ganz bewusst den Begriff „größtenteils“ benutzt. Warum?

    Ganz simpel- weil die breite, jubelnde, ihre Begeisterung verkündende Masse, die Schwule und Lesben als ganz normale Mitmenschen bezeichnet, selbst dazu führt, dass Homosexualität eben nicht so normal ist, wie sie sein sollte. Denn genau mit diesem ganzen Aufruhr um den Kram wird Homosexualität auf eine bestimmte Art und Weise als etwas Besonderes, anderes dargestellt- was letztendlich dazu führt, dass wir eben nicht als das Normalste der Welt betrachten.

    Natürlich ist es für den/die Homosexuelle/n wichtig, dass es seine Umwelt erfährt. In einer Welt, die eben zum Großteil aus Heterosexuellen besteht, besteht doch immer die Angst davor, anders als die anderen zu sein. Es ist wichtig, dass zumindest die nähere Umwelt um den Homosexuellen von seiner Ausrichtung weiß. Doch warum dann immer so ein Aufschrei? Warum geht der ganze Mist jedes Mal wieder los, wenn irgendeine größere Persönlichkeit sich „outet“? Das Gay-Pärchen am Bahnhof ist mir mittlerweile schon deutlich lieber als die ganze Lawine, die nach jedem „Coming-Out“ losgetreten wird.



    Was will ich mit diesem Blog sagen? Ganz einfach- wenn Homosexualität so normal wie die Liebe zum anderen Geschlecht sein soll, dann behandelt sie auch so. Da heißt einfach, dass man nicht immer so einen Radau um das Ganze machen soll, sondern einfach schulterzuckend betrachtet, „Na und?“ sagt und weitermacht. Und alle homophoben Menschen, die die gleichgeschlechtliche Liebe als „heilbare Krankheit“ und „unnatürlich“ beschimpfen, einfach ignoriert. In so einer Gesellschaft wäre es wohl noch ein Stück leichter, mit diesem Thema umzugehen.

    Ich will nicht sagen, dass Deutschland ein Land ist, das immer noch nicht tolerant ist. Man ist in diesem Thema wesentlich entspannter geworden, doch noch nicht am Ziel angekommen. Noch lange nicht.



    Ich weiß, dass dieser Blog qualitativ nicht gerade das Gelbe vom Ei bedeutet. Er ist in Rage geschrieben worden. Auch ist da vieles sehr vereinfachend beschrieben. Ich will mir desweiteren nicht anmaßen, stellvertretend für alle Homo- und Bisexuelle zu sprechen. Das habe ich gar nicht vor. Und es gibt auch bestimmt so einige, die in dieser Hinsicht anders als ich denken. Ich wollte einfach nur etwas zum Nachdenken anregen, wie tolerant wir nun wirklich sind. Ihr könnt dazu ja etwas in den Kommentaren schreiben.

    Gruß Bakefish

    Über den Autor

    Bakefish
    Schwimmen, viiiiele Bücher, Zocken, Radfahren, Leichtathletik, die Natur genießen.

Kommentare

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  1. Bethoniel
    Ich habe die Befürchtung, dass das öffentlich machen, und die daraus resultierende Sensation für betroffene die nicht berühmt sind nicht nur Garnichts bringt, sondern diese noch mehr unter druck setzt. Ich habe die Reaktionen auf Cooks Coming out nicht verfolgt, da mir das ganze Thema eigentlich völlig am Arsch vorbei geht, es ist aber garantiert so das es auch wieder genug Homophobe gab, und gibt, die ihm schlimmsten Falls mit dem Tot drohen.

    Das ganze setzt betroffene dann natürlich noch mehr unter druck ihre eigene Homosexualität geheim zu halten. Ich denke diesen Menschen wäre viel mehr damit geholfen wenn man das ganze nicht jedesmal so zur Sensation aufbauschen würde.

    Davon abgesehen kann ich diesen Hype der da jedesmal herrscht auch einfach nicht mehr nachvollziehen. Es gibt genau sowenig einen Grund Homosexualität zu zelebrieren wie es einen Grund gibt Heterosexualität oder vegane Ernährung zu zelebrieren.
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  2. Terranigma
    Wenn Homosexualität normal behandelt wird würde dies in der Konsequenz heißen, dass sie in der Öffentlichkeit nicht explizit thematisiert wird. Viele Menschen reagieren nicht mit einem Schulterzucken wenn es um Homosexualität geht, sie wird de facto nicht als Selbstverständlichkeit behandelt - ansonsten wäre es insbesondere für Jugendliche nicht eine derartige Belastung sich z.B. vor Freunden zu outen. Der Druck in sozialen Kreisen wie z.B. der Schule ist weiterhin immens, und auch die Anzahl an Müttern und Vätern die sagen "Bloß nicht mein Kind!" ist wohl nicht zu gering.

    Diejenigen die schulterzuckend mit der Thematik umgehen sind nicht diejenigen wegen denen man das Thema überhaupt in die Öffentlichkeit trägt. Wer dem Ganzen ohnehin schulterzuckend gegenüber steht muss sich nicht als Adressat verstanden wissen; i.d.R. spielt es auch keine Rolle das die Mehrheit auf der Straße denkt. Es reicht schon wenn z.B. ein Elternteil mit der Sexualität ihres Kindes in keinsterweise zurecht kommt, um diesem Kind das Leben schwer zu machen. Und gerade im familiären oder schulischen Bereich, d.h. den Lebensbereichen welche gerade Jugendliche unmittelbar betreffen, da sehe ich weiterhin massive Probleme.

    Natürlich ändert das Outing einer einzelnen, bekannten Persönlichkeit daran nichts. Aber es hält das Thema im Bewusstsein, denn de facto ist Homosexualität in bestimmten, kritischen Lebensphasen - insbesondere der Jugend! - für die 'Betroffenen' eine herbe Erfahrung. Es wäre schön würden die Menschen mit einem "Na und?" reagieren - das tun sie jedoch nicht. Wenn es heißt, dass die Mehrheit in Deutschland mit Homosexualität kein Problem hat, dann mag das schon stimmen: es ist aber irrelevant. Wichtig ist ob es im sozialen Umfeld des Einzelnen homophobe Haltungen gibt - und gerade in Familien und der Schule, d.h. den beiden wichtigsten Lebensräumen für Heranwachsende, ist Homophobie weiterhin ein arges Problem.
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  3. Richard S.
    Eben weil Homosexualität noch lange nicht so normal behandelt wird, finde ich es gut, wenn sich Promis (oder in Tim Cooks Fall: "etwas öffentlichere Personen") outen. Nicht, damit wieder hunderte Leute schreien können: "Juche, Toleranz und wir sind so toll und heutzutage ist dass ja normal!" Sondern, weil es eben noch so "abnormal" gehandhabt wird, es oft schwer fällt, mit der eigenen Sexualität klar zu kommen. Es kann Menschen, in deren Umfeld nicht besonders gut mit dem Thema umgeht helfen, sich selbst zu akzeptieren.
    Aber: Toller Blog, ThumbsUp!
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  4. Bakefish
    Ein sehr schöner Kommentar! Danke dafür. :-)
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  5. Tsabotavoc
    So. Als allererstes: Warum ist es "wichtig" das die Umwelt über die Vorlieben eines Homosexuellen Bescheid weiß? Das sollte jeder für sich selbst entscheiden. Ich trage meine sexuellen Überzeugungen auch nicht an die Menschheit heran. Mir ist es egal ob jemand schwul oder lesbisch ist. Das Outing von Tim Cook hat mich daher zu einem "Na und? Warum das Aufsehen?" hingerissen. Mehr aber auch nicht.

    Und damit sind wir gleich beim zweiten Thema. Homosexualität wird niemals normal sein. Eben deshalb weil es gewisse Dinge gibt die die Natur den Heterosexuellen vorbehalten hat. Toleranz bedeutet Akzeptanz von Etwas das nicht der gesellschaftlichen Norm entspricht.

    Das hat nichts mit Homophobie zu tun. Homosexualität ist auch nicht unnatürlich. Wenn es das wäre würde es sie bei Menschen und Tieren nicht geben. Damit Homosexualität auf breite Akzeptanz stösst wird es daher immer nötig sein über dieses Thema zu sprechen. Vielleicht nicht unbeding über irgendwelche vertrottelten Outings aber eine stete Bewusstseinsbildung muss gegeben sein.

    Denn: Toleranz ist etwas Vergängliches. Alles was heute in Bezug auf Gleichberichtigung von Minderheiten aller Art erreicht wurde kann bereits in 50 Jahren wieder null und nichtig sein. Unsere Gesellschaft entwickelt sich stetig und nicht immer auf positive Art.
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