In der dritten Episode geht es um ein im Vergleich zu den vorherigen Episoden sehr allgemeines Thema, nämlich die Verspätung- oder eher das allgemeine Problem, das die deutsche Bahn mit der Zeit aufweist. Zu oft erreichen Kunden ihre Anschlüsse nicht, weil der Zug aufgrund hoher oder auch geringer Verspätungen nicht geschafft hat, das Ziel rechtzeitig zu erreichen. Beispiele und Erklärungen lest ihr nun in der dritten Episode.
Nummero 3- Wenn Kronos der schlimmste Feind von allen ist
Kleiner Mann, was nun?
„Heute circa zehn Minuten später- Grund dafür ist eine Verzögerung im Betriebsablauf“, sagt die mechanische Stimme am Bahnsteig. Bei Kunden, welche die DB erst seit kurzer Zeit kennen, sorgt dies für Unwohlsein, Frust, Wut. Ich schaue kurz auf, schüttele den Kopf und lese weiter.
Nein, eine Verspätung ist nicht etwas, das nur einmal pro Zenturie geschieht. Sie sind Gang und Gebe, an jedem größeren Bahnhof liest man auf der Anzeige neben mindestens jedem sechsten Zug ein „xxx Minuten später“. Bei einigen Zügen ist sogar schon fast so etwas wie Tradition, die Endstation zu spät zu erreichen.
Dabei ist dieses Phänomen durch etliche Ursachen begründet- es gibt nicht DEN Grund für eine Verspätung. Ich zähle am besten einige auf.
Fangen wir mal mit solchen Dingen an, welche unvorhersehbar sind und auch nicht direkt mit der DB an sich zusammenhängen. Das sind zum Beispiel Kühe, die unbedingt auf die Gleise laufen müssen, Baumstämme, die durch Stürme entwurzelt werden und auf die Schienen krachen oder Menschen, die sich selbst das Leben nehmen. Oder jemand, dessen Pumpe plötzlich mitten während der Fahrt schlapp macht, sodass der Notarzt gerufen werden muss. Solche Unfälle passieren eigentlich recht selten, doch meistens ohne Vorwarnung und dann muss man auch damit rechnen, dass der Zug nicht 15, sondern 120 Minuten zu spät erscheint. Da kann man niemandem die Schuld geben, schließlich hat der Baum sich ja nicht ausgesucht, einfach mal auf die Schienen zu fallen, der Typ mit schwacher Pumpe hätte sich wohl einen deutlich angenehmeren Ort zum Umfallen ausgesucht als den Zug. Bei solchen Dingen kann man nicht der DB die Schuld geben, da muss man wohl eher den Determinismus, Zufall, das Schicksal oder meinetwegen auch Gott für verantwortlich machen.
Dann gibt es solche Dinge, mit denen man rechnen sollte, gegen die man aber auch nicht direkt etwas tun kann. Es gibt da so ein ganz gutes Sprichwort: „Die Deutsche Bahn kennt nur vier Feinde- Frühling, Sommer, Herbst und Winter.“ Klingt bescheuert, aber an diesem Spruch ist etwas dran. Im Frühling muss man schon damit rechnen, dass Schmelzwasser durchaus gefährlich sein kann. Hätte die DB aber erwarten können, dass Sachsen und Sachsen-Anhalt unter der Elbe und in sie mündenden Flüssen geradezu absoffen? Bestimmt nicht. Im Sommer sind es heftige Gewitter, im Herbst Laub, Schlamm, noch mehr Regen, Nebel und Frost, vom Winter gar nicht erst zu sprechen- vereiste Bremsen und sonstige Zugteile stellen jeden auf die Geduldsprobe. Mit schlechtem Wetter ist zu rechnen, dagegen stellen kann man sich aber nicht. Der Mensch mag schon über vieles Macht haben, doch so weit ist er noch nicht gekommen.
Das sind alles natürliche Faktoren, man kann sie nicht beeinflussen, geschweige denn verhindern. Mit diesen Ereignissen werden wir uns wohl auch noch in 50 Jahren herumschlagen müssen, wenn bis dahin nicht alle Bäume abgeholzt, Kühe geschlachtet und kranke Menschen mit medizinischen Exoskeletten versorgt sein sollten. Und kein Wasser mehr vorhanden sollte, welches Regen bewirkt.
Bevor ich mich zu sehr in der Sache verirre… weiter geht´s im Thema.
Einige Ursachen kann man aber sehr wohl irgendwem in die Schuhe schieben. Das fängt mit den besoffenen Fußballfans an, die es mal wieder für nötig halten, irgendwelche Fahrgäste anzupöbeln, sodass nicht lange danach die Polizei am nächsten Bahnhof steht und man noch einige Minuten warten dar, bis die Störenfriede entfernt sind. Oder es sind solche Leute, die es nicht für nötig halten, einfach mal aus dem verdammten Türenbereich zu treten, obwohl der Zugführer sie schon dreimal darauf hingewiesen hat. An sich liegt die Ursache aber auch hier nicht bei der DB, für seine Fahrgäste kann man schließlich nichts.
Eins, zwei, drei, im Sauseschritt läuft die Zeit, wir hinken hinterher
Damit ist es aber noch lange nicht getan. Sitzt man nun am Bahnsteig oder ist man gerade in den Zug gestiegen, hört man Unmengen von Ausreden für die entstandene Verspätung. Sei es „aufgrund erhöhten Fahrgastaufkommens“, „aufgrund von Warten auf Anschlussreisende“, „aufgrund einer Verzögerung im Betriebsablauf“-
Moment mal. Hat sich schon irgendjemand mal gefragt, was diese ominösen drei letzten Worte des vorherigen Absatzes überhaupt bedeuten? Bestimmt. Hat irgendjemand diese Frage schon mal beantworten können? Hm… eigentlich nur derjenige, welcher die Fahrt von Anfang an erlebt hat. Doch genau diese Worte machen einen wütend, da es einfach nur so klingt, als wollte die Angestellte sich mit irgendwelchen lapidar formulierten Standardausreden aus einer prekären Situation retten.
Genug davon- gehe ich mal auf die anderen Ausreden ein.
Manchmal nutze ich eine Regionalbahn, welche durch Berlin fährt. Vor allem zur Feierabendzeit ist das „Fahrgastaufkommen“, wie man es subtil beschreibt, in einem derart katastrophalen Maße hoch, dass der Zug an einem Bahnhof zwei Minuten dafür benötigt, überhaupt alle Gäste hereinquetschen zu können. Zu Pfingsten waren es einmal so viele Gäste, dass der Zug an einem Bahnhof fast zehn Minuten stand und man nicht lange danach in der Zeitung lesen konnte, dass die DB ihren Gästen Entschädigungen gezahlt habe, damit diese dem Zug fernblieben und den nächsten nahmen- in der Hoffnung, dass dieser leerer sein werde.
Diesen Faktor kann man doch zumindest teilweise in die Kategorie „nicht unbedingt vorhersehbar“ setzen. Wenn man nur von dem Falle des Anfangs der Pfingstferien ausgeht. Doch warum passiert es dann regelmäßig, dass die Züge zu spät abfahren, weil es zu viele Gäste gibt? Nach mehreren Monaten mit „erhöhtem Fahrgastaufkommen“ sollte die DB doch eigentlich bemerkt haben, dass es hier kein erhöhter Verkehr ist, sondern ganz alltäglicher! Daraus resultierend sollte man doch an den Zug nicht mindestens einen Waggon hängen, oder nicht? Warum wird dies nicht getan? Darauf habe ich noch keine Antwort finden können.
Okay, nächster Punkt, die zweite Ausrede. Ja, oft genug kommt es vor, dass ein Zug schon den Startbahnhof mit Verspätung verlässt, weil er noch auf einen anderen Zug warten muss, der zwangsläufig zu spät erschienen ist. Oder es passiert halt irgendwo zwischendurch. Sucht man nach der Ursache, verschiebt sie sich aber lediglich. Es muss ja schließlich einen Grund geben, dass der andere Zug zu spät erschienen ist.
Eine Episode dazu- besonders ärgerlich ist es, wenn man selbst ständig in einem Zug sitzt, der auf Anschlussreisende wartet, aber selbst nie auf einen gewartet wird. Kleiner Tipp für neue Kunden der DB: Regionalzüge warten insgesamt deutlich häufiger als IC- oder ICE-Züge, IC und ICE wiederum eher auf Züge derselben Bauart. Wer also im ICE sitzt, muss nicht damit rechnen, warten zu müssen, wenn eine Regionalbahn zu spät erscheint. Umgekehrt aber sehr wohl
Passend dazu kann ich eine Geschichte erzählen, die diese beiden Episoden verwebt. Ein Bekannter von mir fährt manchmal nach Nordwestmecklenburg, weil er dort Kumpels besuchen will. Kurz vor seinem Ziel durchfährt er ein kleines Nest, unweit des Ortes, wo Till Lindemann (der Rammstein-Sänger) geboren wurde. Dort muss er immer auf einen Zug aus einer anderen Richtung warten. Immer. Da hat es nie eine Ausnahme gegeben. Dann begab es sich mal, dass er in dem Zug saß, auf den der erste Zug immer warten muss. Die Ursache? Zu viele Fahrgäste am Anfang. Und das hat sich anscheinend nie verändert. Und erneut kann man nicht genau beantworten, was genau jetzt die Ursache dafür ist. Oder vielleicht doch…?
Zug mit Wutantrieb
Abgesehen von all den aufgezählten Beispielen gibt es noch etliche andere Ursachen für verspätete Züge. Zum Beispiels, wenn der Schaffner noch ewig mit irgendeinem Fahrgast quatschen muss, bevor er dem Lokführer signalisiert, endlich weiterzufahren. Oder dass der Zug noch einen verspäteten ICE vorbeilassen muss (was erneut den Ort verschiebt, die Frage aber nicht klärt). Oder dass er aus unerklärlichen Gründen noch ewig am Bahnhof stehen bleibt und wieder diese Ausrede „Verzögerung im Betriebsablauf“ kommt.
An sich betrachtet mag die DB für einige Verspätungen selbst die Schuld tragen, doch nicht für alle. Einiges ist vorhersehbar, anderes nicht. Einiges hat fast immer schreckliche Auswirkungen auf die Pünktlichkeit des Zuges, anderes weniger.
Gibt es eine Ursache für die Dinge, die die Bahn zu verantworten hat? Ich denke, es gibt eine- menschliche Psyche. Trotz all den Maschinen, der Elektrik und Elektronik, den Computern, einfach allem, was wir erschaffen haben- letztendlich ist es immer der Mensch, der hinter allem steht. Und auch Menschen machen Fehler. Mit Verspätungen wird man wohl noch eine lange Zeit rechnen müssen.
Was kann man denn als Fahrgast dagegen tun? Meine Empfehlung: Ruhig bleiben, alles gelassen nehmen. Mit solchen Dingen rechnen. Sich aufzuregen… letztendlich bringt es nichts und macht nur krank. Ich weiß das aus eigener Erfahrung ;-)
Natürlich kann man sauer sein, aber was bringt es denn im Endeffekt? Kam schon jemand ernsthaft auf die Idee, die DB zu verklagen, weil sie mal wieder zu spät kam und besagter Fahrgast daher erst zwei Stunden später zu Hause da war? Die DB kann schließlich nichts garantieren, und es ist bestimmt nicht ihr Hauptinteresse, Fahrgäste zu verärgern- auch wenn sie (noch) das Monopol auf den Schienen aufweist.
So, und nun könnt ihr eure Meinungen zu dem Ganzen und dabei auch gleich noch ein Feedback abgeben. Gebt ein hilfreich und sagt was Positives oder zerreißt den Blog in der Luft- mir ist beides recht.
Gruß Bakefish
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