Mikrotransaktionen - Wirklich unser Problem?

Von Zakkuri · 4. September 2017 · Aktualisiert am 11. September 2017 ·
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  1. Mikrotransaktionen - Sind sie wirklich unser Problem? Wie einige findige Leser sicher bemerkt habem, ist diese Überschrift eine Anspielung an Donny Vermillion aus Blizzards Strategie-Spiel Starcraft II. Donny ist ein leicht voreingenommener Nachrichtensprecher und Kommentiert die vor den Zerg fliehenden Kolonisten mit eben diesem Satz: "Sind sie wirklich unser Problem?". Nun, ohne groß in die politischen tiefen abzutauchen und diese Frage der Ethik aufzugreifen, möchte ich eben diese Frage auf das Thema der Mikrotransaktionen lenken. Auch in Starcraft II gibts sie inzwischen, diese Mikrotransaktionen, unter anderem in Form von Skins und Audios. Ebenfalls zu sehen ist eine DLC-Kampagne Namens Novas Geheimmissionen. So gesehen haben wir also aktuell in einem Spiel viele der gängigen Bezahlmodelle vereint: Vollpreisspiel, Add-on, DLC und Mikrotransaktionen.

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    Dabei unterscheide ich persönlich wie folgt:

    • Add-on: Große Inhaltserweiterung welche das Hauptspiel ergänzt und signifikant erweitert, Preisrahmen ca. 30,- €
    • DLC: Kleine Inhaltserweiterungen, welche das Hauptspiel um eine oder zwei Gameplay-Mechaniken ergänzen oder in Form von Map/Mission-Packs auftreten. Preisrahme 5,- € - 20,- €.
    • Mikrotransaktionen: Kleinere vorangefertigte Scripts welche Zusatzboni oder In-Game-Gegenstände freischalten. Preisrahmen li>

    • Ob der Preis für die gegebene Leistung gerechtfertigt ist, muss jeder für sich selbst entscheiden, dennoch sei hier die eingangs erwähnte Fragestellung nochmals gestellt: Sind sie wirklich unser Problem? Da Mikrotrasanktionen immer häufiger Diskussionsthemen sind, haben sich daraus mehr oder weniger zwei Lager gebildet: Die einen verteufeln diese praktik grundlegend, die anderen kommentieren dies des öfteren mit "Wenn es uns nicht interessiert, kaufen wir es nicht und fertig!". Diesen Einstellungen begegne ich in der Kommentarsektion hier immer wieder. Auch von Gamestarredakteuren selbst kommt immer mal wieder ein Statement. Doch ist diese Einstellung auf dauer Gesund? Und damit spreche ich offen beide Lager an.

      Im sich der Fertigstellung näherndem Mordor: Schatten des Krieges sollen nun ebenfalls Mikrotransaktionen beinhaltet sein und sogar ein DLC zu ehren eines verstorbenen Mitarbeiters. Letzteres sei aufgrund der praktik und damit verbundenen ethik einmal dahingestellt, denn ich beziehe mich weiterhin auf Mikrotransaktionen. Das Spiel wird, wie ein Rainbow Six auch, inzwischen als "Game as a Service" angeboten, das Spiel soll also weiterhin die Möglichkeit bieten Geld hineinzupumpen im Austausch für Leistungen und die weitere Betreuung von Spielen in Form von Patches und Inhalten. Doch andere Spiele werden doch dennoch weiter gepflegt, auch ohne Mikrotransaktionen? Gehen wir in diesem Zuge etwas mehr auf die Entwicklung von Spielen ein.

      Entwickler und Spieler - Freund und Feind

      Heute ein Spiel zu programmieren und interessant mit neuen Ideen zu gestalten ist schwieriger denn je, ganz zu schweigen vom finanziellen Aufwand. Während es damals ein paar Pixel, Bits und Bytes waren, sind es heute ganze Grafiklandschaften oder atmosphärische Schwergewichte alá Horizon: Zero Dawn und damals auch schon Crysis mit einer (meist) soliden Engine. Folgt man den Kommentaren, waren viele Spiele damals besser und heute wäre der Großteil einfach nur noch da um abzukassieren und dementsprechend lieblos dahingeklatscht. Mein Mozilla Firefox hat mir mal geraten "Lese niemals die Kommentare, NIE". Oft denke ich mir "Ja mein lieber Browser, wie recht du hast." Aber am Ende sind es Stimmen die gehört werden wollen und deren Beschwerden irgendwo ihren Ursprung haben. Oft Stimmen von der Kernsubstanz eines Spiels: Den Fans. Auch meine gehört mehr selten als oft dazu. Hand aufs Herz: JA, früher hat man oft mehr Liebe gespürt, vor allem da nicht jeder Skin oder sonstige Boni hinter einer Paywall versteckt war, sondern freigeschaltet werden wollte. Zurecht häufen sich daher immer wieder kritische Stimmen die neue Bezahlmoedlle verteufeln. Aber sehen wir das ganze doch auch mal aus Sicht der Entwickler: Ja sie haben eine Vision von einem Spiel, einer Geschichte, einem Gameplay das erzählt/gespielt werden will und das sie mit uns teilen wollen. Aber auch das muss bezahlt werden, auch ein Entwickler muss am Ende des Tages etwas Essen, seine Rechnungen bezahlen, die Kinder Versorgen, den Partner schick zum Essen ausführen und so weiter und so fort. Der Preis eines Vollpreistitels war dabei stets zwischen 30,- € - 60,- €. Aber wie erwähnt sind Spiele heute, egal wie "lieblos" sie scheinen, deutlich komplexer in der Entwicklung als damals und damit auch sehr viel kostenintesiver. Aber was würde passieren, wenn man dann den preis entsprechend anhebt, so dass ein Spiel bald 100,- € oder mehr kostet? Richtig, auf die Barrikaden, das Entwicklerstudio schließen lassen und die Entwickler selbst am besten in einen Spind schließen!

      Eine Alternative?

      Stattdessen entschied man sich für einen anderen Weg: Das Spiel wird einfach mit quasi sinnlosgen In-Game-Accessiores gefüllt und zum weiteren Verkauf angeboten. Das Gameplay, die Geschichte, alles bleibt gleich, keiner wird benachteiligt. So zumindest die Vorstellung. Spiele wie League of Legends, Rainbow Six: Siege und Borderlands machen es richtig, keiner fühlt sich gegängelt, keine Gameplayeinschnitte, nur Personalisierung. Dann gibt es aber auch umstrittene Beispiele wie Dead Space 3, Mass Effect 3/Andromeda und jüngst auch das bereits erwähnte Mordor: Schatten des Krieges. "Was haben Mikrotransaktionen in einem Singeplayer-Titel zu suchen?!" fragen viele wutenbrannte User und drohen mit boykott und sales (Gut, der Fairnesshalber sei gesagt, ich schiele bei Mass Effect auf den Multiplayer mit seinen Lootboxen). Natürlich ist dieser Aufschrei nicht unbegründet und auch ich muss zugeben, ich würde glatt meine Fackel aus dem Schrank holen und meine Heugabel entstauben um mitzuziehen. Leider ist dies nach meiner vorangegangenen Erklärung nicht mehr ganz so einfach. Entwickler brauchen Geld, meist von Publishern, diese wiederum wollen ihr Geld wiedersehen, fordern also mehr Einkommensmöglichkeiten von den finanzierten Produkten. Die Kosten müssen reingeholt werden und dazu im Idealfall noch einen satten Gewinn, dem Hauptgrund warum man überhaupt ein Produkt auf den Markt bringt. Ich packe also meine Fackel zähneknirschend weg und die Heugabel verstaubt weiterhin in meinem Keller.

      Entscheidend ist das "Wie"

      Wir stehen hier also an der Schwelle zwischen Kundenwünschen und Existenzsicherung, Selbstlosigkeit und Gier, Inhalte und "Inhalte". Um es nun beiden Recht zu machen müsste man einen Mittelweg gehen. Das Gameplay darf nicht davon beeinflusst werden, aber die angebotenen Bezahlinhalte müssen dennoch lukrativ genug sein um spürbaren Gewinn zu erwirtschaften. In einem Dead Space 3 behaupte ich einfach mal, dass der Einfluss aufgrund der Ressourcenknappheit schon stark spürbar war, mit Survival-Horror hatte dieses Spiel sowieso nichts mehr am Hut, also zieht die Begründung der Item-Knappheit nicht, da dieses Gefühl sowieso mit den hinzukaufbaren Rohstoffen restlos flöten gegangen ist. In einem League of Legends dagegen kann ich den Shop gedanklich vollends ausblenden, Skins und Booster? Brauche ich nicht. Nun gut, bei dem einen oder anderen Skin bin ich dann doch schwach geworden. Aber wie das bei Mordor: Schatten des Krieges sein wird? Das bleibt bis zum Release abzuwarten, dennoch prophezeie ich schon aufgrund der "Ladder-Festungen" und den schon an Glücksspiel grenzenden Lootboxen an einem minimalen Pay-to-Win, oder eher Pay-to-Climb. Bleibt also abzuwarten ob das fertige Produkt dann ein Grindfest wird, oder ob es tatsächlich optional bleibt. Dennoch hätte man hier sehr viel geschickter agieren können. Warum nicht einfach nur Talion Skins anbieten? Oder Skins für seine Armeen etc. etc. Die Antwort für mich: Ein Script, welches ein zufallsbasiertes Lootboxen-System aktivierte, also keinerlei mehraufwand betreibt und damit keine Kosten auslöst, bringt einfach mehr Gewinn auf Dauer ein. Dies ermöglichen besonders zwei Faktoren:


      • Die damit freigeschalteten Anhänger können bei einem Angriff auf eine gegnerische Festung sterben, also muss Nachschub her.
      • Die Anhänger kommen in unterschiedlichen Qualitäten, man würfelt also solange bis man seine Wunscharmee fertig hat (Geldbeutelvolumen vorausgesetzt).

      Und genau hier liegt der Ork im Pfeffer: Ist Glücksspiel, verwoben in einer Gameplaymechanik, in einem Singleplayer-Titel, mit Multiplayer-Ranking, wirklich förderlich für die Spielerfahrung? Wird wirklich kein anderer Spieler unterliegen gegen einen Spieler mit Dagobert Duck Festung?

      Fazit

      Um nun die Eingangsfrage zu beantworten: JA, das sind sie. Wir stehen in der Verantwortung den Entwicklern und Publishern mit der Macht unseres Geldbeutels Signale zu geben ob wir ein System akzeptieren oder eben nicht. Einfach wegzuschauen und zu sagen "man muss es ja nicht kaufen" mag zwar auf den einzelnen gesehen durchaus richtig sein, aber man sollte dennoch seine eher zu sorglosen Mitspieler darauf hinweisen, das alles was wir mit unserem Geld tun, deutliche Resonanz bei den Entwicklern und vor allem Publishern zeigt. Wir selbst stehen in der Verantwortung wie sich die zukünftige Preisgestaltung und auch Qualität unseres Hobbys entwickelt und nur wir, oder eher auch wir und vor allem wir, können diese in eine Richtung lenken die für alle in zufriedenstellendes Ergebnis erzielt. Es muss kein Entwickler hungern und es muss kein Spieler gemolken werden. Und ja Donny, die Flüchtlinge sind unser Problem! Zumindest schon mal für Herrn Raynor.



      Dabei möchte ich mit einem Satz aus dem Spiel, welches meinen Blog überhaupt erst angeregt hat, abschließen Nothing will be forgotten.

Kommentare

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  1. Takamisakari
    Allein der Preis macht hier keinen Unterschied.

    Durch Mikrotransaktion schaltet man einfach nur InGame-Objekte frei. Dies erfolgt vorwiegend direkt im Spiel.

    Zwischen DLCs und AddOns gibt es keinen Unterschied. Dies sind explizite Zusätze, die in der Regel extern gekauft/aktiviert und ggf. noch heruntergeladen werden müssen.
      1 Person gefällt das.
  2. Miles__Teg
    Zu Beginn muss hier mal mit dem Klischee aufgeräumt werden, Mikrotransaktionen würden arme, hungernde Spieleentwickler am Leben halten - TUN SIE NICHT!

    Ein wichtiger Punkt fehlt ausserdem leider komplett:

    Mikrotransaktionen und Lootboxen verändern den Fokus der Spieleentwicklung.

    Der Entwickler/Publisher wird dafür "belohnt" den Spieler zu verführen (positiv) oder zu quälen (negativ). Also wird in der Entwicklungsphase GENAU darauf Wert gelegt. Ständig Verlockungen (ergo Ablenkungen vom eigentlichen Spiel) oder Grind aus der Hölle sind die Folge und in den meisten Spielen inzwischen sehr schön zu bewundern.

    Und damit werden Mikrotransaktionen zu einem gewaltigen Problem der Spieleentwicklung an sich!

      6 Person(en) gefällt das.
  3. hype2xs
    Lootboxen wie bei Fortnite müßten verboten werden ,man weiss nicht was drin ist ,weiss nicht wie hoch die chance ist ein gewünschtes items zu erlangen und ob es überhaupt in der lootbox vorhanden ist.
    Reine abzocke und epicgames kommt damit auch noch durch weil kein magazin sich dazu kritisch äußert.
  4. Belphegor
    Schöner Blog, ich antworte dazu aber mal im Forum :)
      2 Person(en) gefällt das.
  5. Tumlu
    Sehr schöner Blog. Es freut mich, dass du hier versuchst alle Seiten zu beleuchten.
      3 Person(en) gefällt das.
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