Prey (2006) - Ein kurzes, spirituelles Abenteuer

Von Bakefish · 4. Juli 2022 · ·
Heute wird mal wieder ein echter Klassiker reviewt. Viel Spaß beim Lesen!
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  1. Wenn man heute den Namen „Prey“ hört, denkt man schnell an den von Arkane entwickelten Titel aus dem Jahre 2017. Doch so mancher weiß, dass es ein wesentlich älteres Spiel mit demselben Namen gibt. Jenes Prey von 2006, entwickelt von den mittlerweile aufgelösten Human Head Studios, gilt heutzutage als Klassiker und war für mich als Fan von Shootern der 2010er-Jahre gleich doppelt interessant.
    So habe ich Prey zum ersten Mal bereits vor einigen Jahren gezockt, aber das Schreiben einer Rezension schlicht verpennt. Als ich vor einigen Wochen jedoch ein neues Review zum Titel entdeckte, kramte ich das Spiel nochmal aus und probierte es zum zweiten Mal. Warum Prey in meinen Augen ein gutes Spiel ist, den Begriff „Klassiker“ aber nicht verdient hat, erfahrt ihr nun in der folgenden Rezension.


    Spirit vs Machine


    Tommy (das bin ich), Amerikaner mit Wurzeln der Ureinwohner, ist unzufrieden mit seinem Leben und will seine Freundin Jen dazu bewegen, das Reservat mit ihm zu verlassen. Diese ist jedoch anderer Meinung. Der Streit zwischen beiden wird jedoch von einem außerirdischen Angriff unterbrochen. Die Aliens saugen Jen, meinen Großvater und mich auf ihr gewaltiges Schiff. Recht hilflos muss ich mit ansehen, wie sie zahllose Menschen töten und zu Nahrung verarbeiten. Als diese Extraterristen meinen Großvater ermorden, ist das Maß voll. Ich schnappe mir Waffen und setze mich gegen die Invasoren zur Wehr.
    Das Ganze geht jedoch nicht lange gut und ich hauche schon bald mein Leben aus; nur, um meinen eben verstorbenen Großvater wiederzusehen. Dieser offenbart mir, dass mächtige spirituelle Kräfte in mir stecken, mit welchen ich nicht nur dem Tod entgehen, sondern auch physische Barrieren aller Art überwinden kann. Und so setze ich mich mit meinen neuen Kräften den Aliens entgegen. Stetig auf der Suche nach Jen, bekomme ich es schon bald mit der mächtigen Anführerin der Aliens, dem „Keeper“, zu tun…
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    Die Story wird hauptsächlich über ein paar interaktive Sequenzen wie diese erzählt.


    Viel mehr gibt es zum Plot von Prey eigentlich nicht zu sagen. Abgesehen von einigen Cutscenes wird die Geschichte über eine Reihe von Dialogen fortgetragen. Die Synchronsprecher haben sich dabei einige Mühe gegeben. Das liegt vielleicht auch daran, dass im O-Ton tatsächlich Akteure mit indigenen Wurzeln mitwirkten.
    Davon ab gibt es in der Geschichte, von einigen kleineren Plottwists abgesehen, keine wirklichen Besonderheiten. Der gesamte Plot ist recht vorhersehbar. Etwaige Hintergrundgeschichten wie Audiologs, Tagebücher oder sonstige Dinge sucht man vergebens. Das macht die Geschichte recht „mager“ und häufig auch wenig mitreißend, von einigen wenigen Sequenzen abgesehen. In der Regel renne ich einfach nur von Ort A zu Ort B und gebe ab und zu mal einen Kommentar zu irgendetwas ab. Packendes Storydesign sieht anders aus. Letztendlich bietet Prey ein paar nette Grundideen, aus welchen es aber nicht viel macht.


    Und täglich stirbt das Murmeltier


    Wie schon angedeutet bewege ich mich in Prey durch überwiegend linear gestaltete Level. Dabei lege ich immer wieder einzelne oder Gruppen von Gegnern um.
    Dabei steht mir eine Anzahl verschiedener Waffen zur Verfügung. Angefangen mit der klassischen Nahkampfzange, bekomme ich schon bald weitere Waffen wie ein Sturmgewehr oder ein Plasmagewehr. Die meisten Waffen haben unterschiedliche Feuermodi. So zoome ich mit dem Sturmgewehr an und funktioniere es damit zum Scharfschützengewehr um. Oder ich lade das Plasmagewehr mit verschiedenen Energien auf, womit es Plasma, aber auch Blitze oder Eis verschießen kann. Sehr interessant ist das optische Design der Waffen. Das Sturmgewehr sieht zum Beispiel sehr „lebendig“, fast schon wie ein Lebewesen aus. Wenn ich hiermit anvisiere, zieht sich ein Auge aus dem Gewehr heraus und stülpt sich über mein Auge, sodass ein Zoom entsteht. Viele andere Waffen sind ähnlich organisch designt. Das sieht ekelhaft aus, ist aber fetzig. Insgesamt ist die Waffenauswahl überschaubar, die Knarren bieten jedoch befriedigendes Gunplay und ergänzen sich super.
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    Hin und wieder kämpfe ich auch gegen stärkere Gegner. Mit den richtigen Waffen kriege ich aber auch diese recht schnell erledigt.


    Im Laufe des Spiels kämpfe ich gegen eine Vielzahl von Aliens. Theoretisch ist die Anzahl hier recht groß; es geht mit klassischen Nahkämpfern und einfacher Infanterie los. Später kämpfe ich gegen abartige Fusionen aus Menschen- und Alien-DNA, gegen fliegende Robo-Aliens oder gegen richtig große, mechanisch augmentierte Viecher. Diese haben allesamt ganz unterschiedliche Taktiken und Verhaltensweisen. Theoretisch ist das Gegner-Repertoire groß, die allermeiste Zeit über kämpfe ich jedoch gegen die immer gleiche Infanterie, was recht schnell ermüdend wirkt. Erst gegen Ende schmeißt mir das Spiel mehr stärkere Gegner entgegen.
    Im Laufe der Kämpfe erleide ich natürlich auch mal Schaden. Und irgendwann „sterbe“ ich auch mal. Ich schreibe das in Anführungszeichen, weil es ein solches Sterben in Prey nicht gibt. Wenn es mich erwischt, zieht es mich in eine Art spiritueller Paralleldimension, in welcher ich mit einem Bogen bewaffnet entehrte Geister vernichte. Dies gibt mir Gesundheit und sprituelle Energie (dazu gleich mehr) wieder, bis es mich wieder in die materielle Welt zurückzieht.
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    Dieser Gegner ist dem organischem "Schlitz" in der Wand hinter sich entsprungen und kann sich auch wieder dorthin zurückziehen. Eklig!


    Prinzipiell ist dieses Feature eine simple, aber nette und spaßige Idee. Und storytechnisch ergibt das Konzept auch Sinn. Das Feature hat jedoch eine eklatante Schwäche; es nimmt mir die Angst vorm Sterben. Komplett. Sobald ich sterbe, knalle ich einfach ein paar Geister ab und stehe kurz darauf putzmunter wieder vor den Aliens. Der Tod hat, wenn man von dem Ärgernis des Sterbens selbst absieht, keinerlei Konsequenzen für mich. Damit gibt es für mich keinen Grund, bedacht oder langsam vorzugehen. Ich kann noch so idiotisch spielen; bestraft werde ich nicht.
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    Prinzipiell eine nette Idee, aber zu simpel: Ich zerstöre Geister und werde damit wiederbelebt.


    Von Portal und Moonwalks


    Eine idiotische Vorgehensweise nützt mir beim Rätseln jedoch wenig.
    Mithilfe meiner speziellen spritiuellen Fähigkeiten kann ich meinen sterblichen Körper verlassen. Mit einem Bogen kann ich auf Kosten spiritueller Energie Gegner angreifen, wichtiger ist in diesem Kontext aber, dass ich in diesem „Spiritual Mode“ auch durch einige Barrieren laufen und damit Maschinen und Knöpfe betätigen kann, welche für meinen normalen Körper unzugänglich sind. Hin und wieder muss ich diesen Modus bewusst einsetzen, um im Spiel voranzukommen.
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    Da kann sich der Kopf doch mal schnell verdrehen. Prey kennt kein richtiges "Oben" und "Unten".


    Abgesehen davon gibt es noch weitere Rätsel-Elemente. An bestimmten Gängen bleibe ich „kleben“ und laufe damit buchstäblich Decken und Wände hoch. Spezielle Schalter kippen die Gravitation in bestimmte Richtungen um. Und Portale (deren orangener und blauer Farbton auffällig an das später erschienene „Portal“ erinnern) teleportieren mich direkt zu verschiedenen Orten.
    Rein theoretisch sind mit diesen Elementen verschiedene Knobeleien möglich. Und tatsächlich gibt es im Spiel auch eine Handvoll wirklich cool designter Rätsel, welche eine angenehme Abwechslung zum Kämpfen bieten. So hüpfe ich über eine winzige Mondoberfläche oder befinde mich in einem großen Würfel und muss diesen so manövrieren, dass ich eine Mechanik aktiviere. Diese Momente sind verdammt cool.
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    Gehe in den Spritual Mode, laufe ein Stück, drücke einen Knopf, Ende. Anspruchsvolle Rätsel gehen anders.


    Die allermeisten Rätsel sind jedoch extrem einfach designt. Ich gehe in den Spirtual Mode, laufe ein Stück, drücke dann einen Knopf und verlasse den Modus wieder. Das wars. Die coolen Portale? Meistens sind sie nur dazu da, um einzelne Levelsegmente zu verbinden. Die Gänge? Laufe ich nur kurz ab, springe irgendwohin und habe den Abschnitt absolviert. Damit wirken die Rätsel häufig zu seicht und wie Lückenfüller. An dieser Stelle wäre so viel Potential drin gewesen! Wie cool wäre es gewesen, wenn ich auch mal richtig hätte knobeln müssen, das hätte so viel weitere Abwechslung ins Spiel gebracht! Somit verschenkt das Spiel hier mal wieder eine Menge an Potential.


    Kurze Bekanntschaften


    Damit ist der Großteil des Spiels eigentlich auch schon beschrieben. Hin und wieder gibt es offenere Abschnitte, welche ich mit einer Flugsonde durchquere. Dabei muss ich kleinere Rätsel lösen oder auch mal auf andere Sonden ballern. Diese Sequenzen bieten eine nette und kurzfristige Abwechslung, kranken aber daran, dass sie zu einfach sind. Meine Drohne verkraftet zu viel Schaden, teilt zu viel aus und kann sich an bestimmten Flugplätzen zu schnell selbst heilen. Anspruch sieht anders aus.
    Generell ist der Standardschwierigkeitsgrad sehr einfach. Goodies sind reichlich verteilt, ich verkrafte viel Schaden und allein durch die Sterbemechanik muss ich nichts befürchten. Es gibt davon noch einen weiteren, knackigeren Schwierigkeitsgrad, doch um diesen ausprobieren zu können, muss ich das Spiel einmal durchgespielt haben. Von solchen Mechaniken bin ich gar kein Fan.
    Das dauert jedoch nicht lange. Gerade mal vier bis fünf Stunden Zeit habe ich mit einem Playthrough von Prey verbracht. Und da die Level so linear gestaltet sind und es keinelei Goodies, Geheimnisse oder andere kleine Spielereien zu entdecken gibt, ist der Wiederspielwert ziemlich klein. Es gibt noch einen Mehrspielermodus, diesen habe ich jedoch nicht ausprobiert.


    Die Marsbasis in der Alienbasis


    Prey wurde mithilfe der idTech4-Engine entwickelt, welche besonders durch Doom 3 Bekanntheit erlangt hat. Das merkt man sehr häufig; Level- und Gegnerdesign erinnern an sehr vielen Stellen an den id-Software-Titel. Kein Wunder, spielen beide Spiele auf sehr futuristisch designten Plätzen mit dem einen oder anderen „organischen“ Flair.
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    Anblicke wie dieser sind cool, im Spiel aber leider selten.


    Rein technisch macht das Spiel auch heute noch einen soliden Eindruck. Die Beleuchtung ist solide, die Farbstimmung hat mir gefallen und auch die Animationsqualität ist nicht schlecht! Klar, der Detailgrad von Texturen und Modellen ist mittlerweile recht altbacken, aber das Spiel hat nun auch ganze 16 Jahre auf dem Buckel. Auf der positiven Seite: Selbst mit älterer Hardware sollte man Prey problemlos auf maximalen Einstellungen in FullHD spielen können.
    Ein Problem liegt hingegen in der optischen Eintönigkeit des Spiels. Klar, es gibt immer mal wieder cool designte Abschnitte, beispielsweise ein Flugzeug, welches auf die Raumstation gesogen wurde, organische Höhlen oder hyperfuturistisch andeutende Apparaturen. Hauptsächlich aber bewege ich mich durch immer gleich aussehende und vor allem sehr enge Korridore. Abwechslung geht dann doch anders.


    Fazit


    So habe ich Prey nun zweimal durchgespielt. Warum ist Prey nun ein gutes Spiel? Es bietet gutes Gunplay, cool designte Waffen und Gegner und lockert das Spielgeschehen mit ein paar coolen Ideen und Rätseleinlagen immer wieder auf. Und auch, wenn ich das vorher nicht erwähnt habe – auch der Soundtrack des Spiels macht echt was her! So wurde ich für einige Stunden nett unterhalten.
    Doch in diesen Stunden haben sich einige Mängel aufgetan. Das Spiel bietet kaum Inhalt. Die Rätsel sind vom Prinzip her cool, aber viel zu seicht. Die Sterbemechanik ist anfangs interessant designt, auf Dauer macht sie aber die Balance kaputt. Die Story ist vorhersehbar und zu häufig bekämpfe ich immer nur dieselben Gegner.
    Ich gebe dem Spiel letztendlich 72 Punkte, denn im Kern ist es wie gesagt ein solider Shooter. Für einen Durchlauf benötigt ihr zwei, maximal drei Abende und in diesen Stunden werdet ihr auch gut unterhalten. Doch abseits davon bietet das Spiel dann doch zu wenig und ihr könnt es danach getrost wieder beiseite legen.


    Endwertung: 72/100 Punkten

    Positive Punkte:

    + Gutes Gunplay
    + Einige gute Rätselelemente
    + Schaurig-ekliges, cooles Gegner- und Waffendesign
    + Hochtechnisiertes, mit "organischen" Elementen verknüpftes Leveldesign
    + Interessante Sterbemechanik
    + Theoretisch hohe Gegnervielfalt
    + Geiler Soundtrack

    Negative Punkte:
    - Sehr kurze Spielzeit, generell geringer Umfang
    - Story größtenteils vorhersehbar und seicht
    - Sterbemechanik macht das Spiel viel zu einfach
    - Rätsel fordern kaum, wirken teils wie Spielzeitstreckung
    - Häufig bekämpfe ich die immer gleichen Gegner
    - Nur zwei Schwierigkeitsgrade, härterer Schwierigkeitsgrad erst nach Durchspielen verfügbar

    Weitere Infos:
    Spielzeit insgesamt: 8 - 10 Stunden
    Bugs: Keine bemerkt
    Schwierigkeitsgrad: Zu einfach

    Hinweis zu den Bildern: Sämtliche hier verwendeten Bilder sind von der GS-Seite selbst entnommen und unter folgendem Link zu finden:
    https://www.gamestar.de/galerien/prey,52039.html

    Über den Autor

    Bakefish
    Moinsen, ich bin der Bakefish und Community-Moderator. Abgesehen davon fleißiger Rezensent und Typ mit privatem Leben, über das ich garantiert nix in dieser Angabe schreiben werde.
    Diese Angabe ist sowieso sinnlos und auch optional. Insofern hätte ich den oberen Absatz nicht schreiben müssen. Und das hier auch nicht. Lest ihr das immer noch? Hört auf damit und lest meine Blogbeiträge!11elf!
    ModuGames gefällt das.

Kommentare

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  1. ModuGames
    Schöne Rezension! Prey muss ich irgendwann mal nachholen. Aber ach, die Zeit, die Zeit...
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