Erlöse uns von dem Bösen - Exorzismus aus der Retorte

Trotz finsterer Atmosphäre längst kein Horror-Meisterwerk: Der Kinofilm Erlöse uns von dem Bösen (Deliver Us from Evil) ist Exorzismus-Trara nach Schema F, sieht aber wenigstens gut aus.

Erlöse uns von dem Bösen - Deutscher Trailer zum Exorzisten-Film Video starten 1:06 Erlöse uns von dem Bösen - Deutscher Trailer zum Exorzisten-Film

16 Jahre war Ralph Sarchie als Cop bei der New Yorker Polizei tätig, hat - wie er sagt - irgendwie alles schon mal gesehen. Mord, Korruption, Kindesmissbrauch. Und doch wird er eines Tages mit einem Fall konfrontiert, der sein gesamtes Leben verändern wird. Heute ist Sarchie Dämonologe, praktiziert Exorzismen und kämpft gegen das Ur-Böse, das unsere Welt bedroht. Und das ist sowohl die Geschichte dieses Films als auch der wahre Hintergrund zu »Erlöse uns von dem Bösen«.

Der Dreh mit »der wahren Geschichte« ist mittlerweile ja gefühlt so alt wie das Horrorgenre selbst. Wenn irgendwo mal irgendwann in der Ecke eines verlassenen Hauses die Toilettenspülung falsch gezuckt hat, muss das wohl irgendwas mit dem Teufel zu tun haben. Zumindest lässt sich das ganz prima vermarkten und auf das Filmposter schreiben. Als Genre-Fan kennt man das - und ist wahrscheinlich entsprechend übersättigt.

»Erlöse uns von dem Bösen« versucht seinen Protagonisten deshalb erstmal zu erden. Sarchie (gespielt vom großartigen Eric Bana, der sich mittlerweile leider immer mehr in viel zu kleinen Rollen wiederfindet) ist als gebrochener Cop, der atemlos zwischen Job und Familie pendelt und langsam angesichts der Geschehnisse den Verstand zu verlieren scheint, endlich mal wieder als Charakter greifbar. Etwas was Horrorfilmen leider viel zu häufig fehlt.

Endlich mal wieder richtig schön

Die andere Sache, die diesen Film auszeichnet (der Titel ist es offensichtlich nicht), ist die Stimmung. Deliver Us from Evil ist gemessen an einem Genre, das sich in den letzten Jahren eher durch wirres Kameragewackel, Billigoptik und Grobkornfilter »auszeichnete«, ein echter Augenschmaus. Lichtstimmung, Kameraarbeit und das allgemeine Gefühl für Atmosphäre sind ungewöhnlich gut.Der Found-Footage-Stempel war viel zu oft nicht nur Stilmittel, sondern schlicht fade Ausrede, um die Produktionskosten zu drücken.

Da kann man dann auch schon mal mit Omas Vorkriegskamera in den Keller gehen - hat man ja schließlich auch dort gefunden, das Material. Schön zu sehen, dass es noch Produzenten (Jerry Bruckheimer) und Regisseure (Scott Derrickson) gibt, die den darbenden Fans endlich auch wieder wertige Horrorkost bieten wollen.

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Leider endet hier die Liste der positiven Dinge, die man über »Erlöse uns von dem Bösen« sagen kann. Denn auch wenn das alles ganz toll aussieht, ist die Optik doch nicht viel mehr als schnöde Politur, über einer ausgesprochen brüchigen Oberfläche. Die Geschichte um eine Gruppe Kriegsheimkehrer, die von einem Einsatz im Irak irgendetwas Böses mit nach Hause gebracht haben, ist zwar durchaus frisch, führt dann aber doch an sämtlichen Schemata und Klischees entlang, die das Genre und speziell Horror mit religiöser Thematik zu bieten hat.

Katze aus'm Sack und Buh!

Wer schon mal irgendeinen Exorzismus-Film gesehen hat, weiß bis ins letzte Detail, was ihn hier erwartet. Von den anfänglichen ersten Inkarnationen des Bösen, den dämonischen Stimmen vom Tonband, die - ach huch - irgendwie in Alt-Aramäisch gesprochen wurden bis hin zur finalen Konfrontation mit was immer auch sich der Drehbuchautor ausgedacht haben mag, die dann aber auch wieder alle gängigen Konventionen bedient.

Überraschend kann dieses Genre leider schon lange nur noch ganz selten und »Erlöse uns von dem Bösen« ist ganz offensichtlich nicht gekommen, um diesen Zustand zu ändern. Was darüber hinaus auch für den essenziellen Part eines solchen Filmes gilt: den Horror selbst. Während die finstere Stimmung durchaus den Gruselfaktor begünstigt, sind praktisch sämtliche Schockeffekte von einer derartigen Banalität, dass man als Genrekenner fast ein bisschen beleidigt sein darf.

Auch hier könnte man eine Schablone anlegen und würde keinen einzigen Überraschungsmoment erleben. Katze im Schrank? Check! Gesichter im Spiegel? Klar, muss sein. Erlischende Lichter im Keller gefolgt von einer Dose/Rohrleitung/Wasauchimmer, die mit lautem Getöse die Stille zerreißt? Gehört seit Urzeiten zur Horrorstandardausstattung, darf also nicht fehlen. Das Publikum zuckt kurz, riecht spätestens beim zweiten JumpScare den Braten aber drei Szenen voraus und langweilt sich irgendwann gen Abspann.

Fazit

David Hain: »Erlöse uns von dem Bösen« ist nicht zwingend ein schlechter Film. Die Charakterzeichnung und vor allem der wertige Look, der die Stimmung weit über aktuelle Standards hebt, sind sogar richtig gut. Aber davon abgesehen ist das hier alles so unfassbar abgedroschen und berechenbar, dass es kracht. Wer nur einen einzigen Exorzismus-Film gesehen hat, weiß stets und ständig, was als nächstes passiert. So ist es am Ende nur Schade um den guten Hauptdarsteller und die wertige Kameraarbeit.

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