Apples Face ID - Geheimdienst und Polizei wird’s freuen

Apples iPhone X lässt sich nicht mehr mit einem Fingerabdruck unlocken, sondern durch reines Draufschauen. Das ist gefährlich – findet Sandro Odak.

Das iPhone X soll die Art, wie Kunden ihr Telefon aktivieren, verändern. Sandro Odak findet: Keine gute Idee. Das iPhone X soll die Art, wie Kunden ihr Telefon aktivieren, verändern. Sandro Odak findet: Keine gute Idee.

Jahrelang haben sich Apple und US-Geheimdienste und Polizeien gestritten: Weil die Regierung den Konzern zwingen wollte, den Behörden Zugang zu verdächtigen iPhones zu geben, hat der Konzern immer bessere Verschlüsselung hinzugefügt. Das ging so weit, dass sich der Konzern lieber selbst ausgeschlossen hat, um nicht in die Versuchung zu geraten, die Geräte seiner Kunden hacken zu müssen.

Das neue iPhone X kann man daher ruhig als ein Geschenk, eine Art Friedenspfeife, an Geheimdienste und Polizisten verstehen: Apple hat den Pfad des Datenschützers verlassen und macht es nun so einfach wie möglich, ein fremdes Telefon zu knacken. Alles, was man benötigt, ist Zugang zum Handy und die Person, der es gehört.

Über den Autor
Sandro Odak führt kein geheimes Doppelleben. Auf seinem Handy trägt er keine Staatsgeheimnisse, die es vor der Polizei zu schützen gilt, herum. Aber eben Geschäftsgeheimnisse und viele Dateien aus seiner Privatsphäre. Das sind Lebensbereiche, die im digitalen Zeitalter schützenswert sind - egal ob vor dem Auge des Staates, Dieben oder auch nur neugierigen Freunden und Partnern.

Wie Face ID den Datenschutz aushöhlt

Das neue System heißt Face ID. Es scannt das Gesicht des Handybesitzers mit Kameras, die einen auch im Dunkeln erkennen, und nutzt einen "Blick" des Nutzers, um das Handy zu öffnen. Das mag vielleicht ganz bequem klingen, aber es ist auch gefährlich!

Denn beim Passcode kann man sich einfach weigern, ihn zu nennen. Touch ID ist sicherlich nicht perfekt, aber auch das benötigt eine gewisse physische Gewalt, wenn man den Handybesitzer zum Unlocken zwingen will. Wer nicht will, dass ein Fremder Zugang zu seinem Handy bekommt, kann auch einfach den falschen Finger drauflegen.

Face ID macht es nun so gut wie unmöglich, sich gegen fremden Zugriff zu wehren. Egal, ob es nun bei einer Polizeikontrolle passiert oder in der Kneipe: Wenn eine fremde Person mein iPhone in der Hand hält, kann sie sich Zugang verschaffen, indem sie es mir einfach ins Gesicht hält. Ein Dieb kann einfach so tun, als würde er ein Selfie mit mir machen wollen - zack, mein ganzes digitales Leben steht ihm nun offen.

Immer aktivierte Nachtsichtkameras - eine gute Idee?

Zugegeben: Besonders oft gerate ich nicht mehr in Polizeikontrollen, die wie selbstverständlich und ohne Rücksicht auf höchstrichterliche Entscheidungen den Inhalt meines Handys überprüfen wollen. Aber nicht, weil es diese Handykontrollen nicht mehr gibt. Offenbar bin ich einfach nur aus dem Alter raus, in dem ich wegen meiner Augenringe für Polizisten automatisch wie ein Betäubungsmittelkonsument aussehe.

Wer will nicht gern eine Infrarot-Nachtsichtkamera in seinem Schlafzimmer haben...? Wer will nicht gern eine Infrarot-Nachtsichtkamera in seinem Schlafzimmer haben...?

Deshalb gibt mir etwas Anderes vielleicht sogar noch mehr zu denken: Die Tatsache, dass die durch Infrarot-Technik nachtsichtige Frontkamera offenbar immer aktiviert sein muss. Ich will aber nicht immer beobachtet werden. Und da bin ich glücklicherweise nicht allein!

Deutschland ist das Land der Webcam-Abkleber. Wir haben Microsoft den Blick in unsere Wohnzimmer verwährt. Waren lange skeptisch, Amazon und Google mit ihren immerzu lauschenden Home-Kits nach Hause einzuladen. Wieso sollten wir uns nun ausgerechnet eine Nachtsicht-Kamera neben das Bett stellen?

Vielleicht ist die "German Angst" in diesem Fall etwas positives. Vielleicht sorgt sie dafür, dass ein System, das so unausgegoren klingt wie kaum ein anderes Sicherheitskonzept der letzten Jahre, doch keinen Fuß fassen kann. Ich weiß zumindest, dass ich nicht auf Face ID setzen werde.

Was haltet Ihr von Apples neuem Sicherheitskonzept: Genial oder gefährlich? Sagt uns eure Meinung in den Kommentaren und diskutiert mit anderen Smartphone-Nutzern.

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