Diablo 2 Remake: Was Blizzard aus dem Warcraft-3-Desaster lernen muss

Meinung: Alles spricht für ein Remake von Diablo 2. Damit würde sich Blizzard nach Warcraft 3 an einen weiteren Klassiker wagen und darf sich diesmal keinen Fehler erlauben.

Ich gehe das Risiko ein. Ich begebe mich in den tiefen und unheilvollen Dungeon der erzürnten Fan-Gemüter! Aber manche Dinge müssen einfach gesagt werden. Auch wenn sie drohen, einen uralten Schrecken heraufzubeschwören: Diablo 2 ist kein perfektes Spiel.

Flammen schlagen aus dem Boden.

Ich habe mich in den letzten Tagen viel auf verschiedenen Diablo-Fanseiten rumgetrieben. Dort wird momentan natürlich energisch eine der wichtigsten Meldungen der letzten Tage diskutiert. Es scheint nämlich so, als arbeite Blizzard aktuell wirklich an einem Remake zu Diablo 2. Eine brisante Meldung, gerade wenn wir uns ins Gedächtnis rufen, was letztes Jahr mit Warcraft 3: Reforged passiert ist.

Reforged hat wohl auch einen großen Anteil daran, dass die Vorstellung von einem Diablo 2: Resurrected derzeit bei den wenigsten Fans für Jubelstürme sorgt. Es gibt aber noch eine andere Strömung. Ich sehe immer wieder alteingesessene Fans, die jegliche Änderung an Diablo 2 für überflüssig halten. »Das Spiel ist perfekt, ihr müsst daran nichts ändern!«. Oft sind das Leute, die Diablo 2 bereits zum Release vor 20 Jahren spielten und nie wieder aufgehört haben.

Der Autor

Fabiano würde sich selbst nicht als den größten Blizzard-Fan auf Gottes schöner Erde bezeichnen. Dafür ist er nie tief genug in dieses Universum abgetaucht. Doch gerade Diablo und Warcraft gehören zu den Spielen, mit denen er trotzdem eine Menge Spaß hat. Da er Diablo 2 erst Jahre nach dem eigentlichen Release durchgespielt hat und deshalb keine nostalgischen Gefühle hegt, wär er einem Remaster gegenüber nicht abgeneigt. Gleichzeitig erinnert er sich noch allzu gut an die Katastrophe, die letztes Jahr Warcraft 3 ereilt hat.

Ich betrachte das Spiel aber als jemand, der mit Diablo 3 angefangen hat und die Vorgänger erst danach überhaupt ausprobierte. Und meiner Meinung nach ist Diablo 2 kein perfektes Spiel. Nicht mehr im Jahr 2021. Eine Neuauflage könnte eine große Chance sein. Aber nur, wenn Blizzard aus dem Debakel rund um Warcraft 3: Reforged etwas lernen konnte.

Warcraft 3: Reforged - Was ist da schiefgelaufen? Video starten 14:47 Warcraft 3: Reforged - Was ist da schiefgelaufen?

Keine zweite Remaster-Katastrophe

Nach dem 29. Januar 2020 war die Welt eine andere. Schon davor hatte Blizzard viel von seinem einstigen Glanz verloren. Mit Reforged haftet dem Entwickler jetzt aber auch der Ruf eines Studios an, das seine Versprechen leichtfertig bricht, ein unfertiges Produkt auf den Markt wirft und selbst Monate nach Release noch nicht alle fehlenden Features nachreichen konnte. Also praktisch das Gegenteil von dem, wofür Blizzard einmal stand.

Reforged hat eine unglaublich große Narbe hinterlassen. Für mich persönlich hätte es kaum was Schlimmeres geben können. Klar, die Abreibung nach der Blitzchung-Debatte haben sie sich verdient und bei der Immortal-Ankündigung zeigten sie mangelnde Weitsicht. Doch einen geliebten Klassiker so verhunzt auf den Markt zu werfen war - wie Kollege Peter vor einiger Zeit schon so schön feststellte - eine Bankrotterklärung:

Das darf mit Diablo 2 nicht passieren. Und um das zu verhindern, muss Blizzard die richtigen Schlüsse ziehen. Klar, eigentlich ist das Remake zu Diablo 2 offiziell noch nicht bestätigt, auch wenn viel dafür spricht. Das so kurz vor der Blizzconline jetzt wieder neue Hinweise auftauchen, ist möglicherweise kein Zufall. Und wenn Diablo 2: Resurrected am 19. Februar angekündigt werden sollte, dann entscheidet sich auf diesem Event bereits sein Schicksal.

Fehler, die sich nicht wiederholen dürfen

1. Versprochen ist versprochen:

Kurz vorweg: Ja, Spiele können sich in der Entwicklung noch verändern. Man sollte nie erwarten, dass Entwickler alle Features umsetzen können, die sie sich vielleicht einmal vorgenommen haben. Ich bin auch niemand, der Studios sofort einen Strick daraus dreht, wenn im fertigen Spiel eine Pfütze anders das Licht reflektiert als noch auf der E3.

Bei Reforged war die Enttäuschung aber besonders groß, weil letztlich kaum eines von Blizzards Versprechen eingelöst wurde. Zur Ankündigung gab es auf der Blizzcon noch aufwändige neue Ingame-Sequenzen zu sehen, in denen die neuen Charaktermodelle miteinander interagieren. Im fertigen Spiel gab es selbst die Stratholme-Szene nicht mehr, mit der anfangs noch geworben wurde. Gleiches gilt für die Story-Erweiterungen, von denen man sich nahezu vollständig verabschiedet hat.

Sollte Blizzard ein Remake zu Diablo 2 ankündigen, dann werden die Fans ganz genau darauf schauen, was Blizzard ihnen hier verspricht. Ein Wort zu viel, und das Studio kommt in des Butchers Küche.

So detailliert wie hier waren die Dialoge in Reforged nur bei der Ankündigung. Im fertigen Spiel hat man sich für eine klassischere Inszenierung entschlossen. So detailliert wie hier waren die Dialoge in Reforged nur bei der Ankündigung. Im fertigen Spiel hat man sich für eine klassischere Inszenierung entschlossen.

2. Der Feature-Schwund

Gestrichene Features sind immer ärgerlich. Bei einem Remaster zu einem ohnehin schon populären Spiel kann man darüber aber noch hinwegsehen. Härter trifft es, wenn die neue Version weniger bietet als das Original. Klingt unmöglich, Reforged hat dies aber geschafft. Zum Release am 29. Januar 2020 fehlten einige alte Inhalte schlichtweg.

Dabei handelte es sich hauptsächlich um Features, die sich auf die Multiplayer-Erfahrung von Warcraft 3 ausübten. Bis heute wird das RTS eigentlich kompetitiv gespielt, doch Reforged erschien komplett ohne eine Rangliste. Ohne Profile. Es ist nicht einmal möglich, einem Clan beizutreten. Zusätzlich wurde die Möglichkeit gestrichen, im Editor eigene Kampagnen zu entwerfen.

Tatsächlich mache ich mir, was das angeht, bei Diablo 2 deutlich weniger Sorgen. Das Hack&Slay bietet bereits im Original keine ausgefallenen Multiplayer-Features. Eher zu wenig. Doch wer weiß, am Ende fehlt im Remaster eine ganze Klasse, oder Features aus der Erweiterung Lord of Destruction fallen raus. Das sollte vermieden werden.

Clans gab es in Reforged zum Release nicht, aktuell übrigens immer noch nicht. Clans gab es in Reforged zum Release nicht, aktuell übrigens immer noch nicht.

3. Das Zwangsupgrade

Blizzards dritter großer Fehler bei Reforged war das aufgezwungene Upgrade. Wer die Klassik-Version zu Warcraft 3 besessen hat, musste ein 30 GB großes Update runterladen. Damit bekam man nicht automatisch Zugriff auf das grafisch aufpolierte Remake, allerdings gingen gestrichene Features wie die Custom-Campaigns verloren. Der einzige Weg, heute noch die ursprüngliche Version von Warcraft 3 zu spielen, ist sich eine CD-Version zuzulegen.

Im Fall von Reforged war das zusätzlich ärgerlich, da das Remake aufgrund von Bugs und fehlenden Features für Ärger sorgte. Doch selbst, wenn Diablo 2: Resurrected das alles nicht hat, sollte Blizzard den Klassiker bewahren. Kein Spieler sollte das liebgewonnene Original zwangsweise aufgeben müssen. Das alles miteinander zu verschmelzen, klang ursprünglich nach einer reizvollen Idee. Nach Reforged löst der Gedanke aber nur noch Herzrasen aus.

Wie einst in Warcraft 3 hat auch Diablo 2 eine Rangliste, mit Reforged ist die Leiter bei WC3 aber verschwunden. Wie einst in Warcraft 3 hat auch Diablo 2 eine Rangliste, mit Reforged ist die Leiter bei WC3 aber verschwunden.

Remaster statt Remake

Letztlich hoffe ich, dass sich Blizzard eine Neuauflage von Diablo 2 ganz genau überlegt. Falls die Gerüchte denn stimmen. Ich würde es mir wünschen, denn eventuell kann Blizzard damit einiges wieder gut machen. Sie können sich aber auch noch tiefer reinreiten.

Ich persönlich glaube, dass Diablo 2 ein Remaster sehr gut tun würde. Das sieht man schon allein an den gewaltigen Fan-Modifikationen. Das Spiel ist nämlich in die Jahre gekommen, auch wenn einige Fans das anders sehen. Gleichzeitig halte ich ein vollumfängliches Remake zumindest momentan für nicht sonderlich sinnvoll. Zusammen mit Diablo 4 und Immortal gäbe es dann drei aktuelle Spiele aus einem Franchise gleichzeitig auf dem Markt - es sei denn, Diablo 4 ist noch viel weiter weg, als wir denken.

Darüber hinaus lässt sich Blizzard für Diablo 4 schon sehr von alten Tugenden inspirieren. Optisch und spielerisch versuchen die Entwickler, wieder mehr an die Zeit vor Diablo 3 zu erinnern. Wozu bräuchte ich dann also noch ein Diablo-2-Remake, dass etwas Ähnliches anstrebt?

Diablo 4 erinnert bereits in der Klassenauswahl an Diablo 2. Die Helden sitzen gemeinsam am Lagerfeuer. Diablo 4 erinnert bereits in der Klassenauswahl an Diablo 2. Die Helden sitzen gemeinsam am Lagerfeuer.

Gebt mir lieber ein durchdachtes Remaster. Packt die ganzen unmodernen Designentscheidungen an, die dem Klassiker mehr schaden als helfen. 2021 will ich Goldhaufen nicht mehr einzeln anklicken und mir kann niemand erzählen, dass ihm die Inventarverwaltung mit dutzenden Tränken, Runen und Talismanen wirklich Spaß macht. Wer will denn alle fünf Meter zurück in die Stadt teleportieren, um Kram abzuladen.

Obendrauf wären noch ein paar Balance-Änderung angebracht. Außerdem für Anfänger einen Modus, in dem ihr nicht innerhalb von fünf Sekunden von dem zehnmal verfluchten Duriel platt gewalzt werdet. Einfach eine etwas aufgehübschte und optimierte Version. Keine vollmundigen Versprechen wie bei Reforged, keine enttäuschten Hoffnungen.

Sollte Blizzard das alles beherzigen, sitzen wir in ein paar Monaten da und freuen uns. Wenn nicht, dann sehe ich die »Diablo 2: Refunded«-Memes schon jetzt vor meinem geistigen Auge.

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