Dishonored - So geht eine gute Spiele-Story

Bis zum Release von Dishonored 2 müssen wir uns noch genau einen Monat gedulden. Nicht schlimm, findet Elena, denn so hat jeder jetzt noch genügend Zeit, den großartigen Vorgänger nachzuholen - und der macht vor allem eines richtig.

Dishonored: Die Maske des Zorns gehörte lange zu den Spielen, die mich in meinem berüchtigten »Pile of Shame« besonders ärgerten. Irgendwo zwischen Humble-Bundle-Erträgen, Steam-Sale-Schrankleichen und Spontankäufen schlummerte da in meiner Bibliothek ein Spiel, das wie für mich gemacht schien. Ich liebe spielerische Freiheit mit einer guten Geschichte dahinter - und Dishonored von 2012 scheint vermeintlich genau das zu bieten.

Klar, der Schleichfokus ist deutlich ausgeprägter als bei meinem Liebling Deus Ex, aber als Stealth-Fan kann ich mich auch damit gut anfreunden. Trotzdem plagten mich bei Dishonored immer Zweifel: Zu einfach sollte die Schleichmechanik sein, zu belanglos die angepriesene Entscheidungsfreiheit. Man hat ja so viel mehr von diesem Spiel erwartet. Und genau das hat mich abgeschreckt: Diese vorprogrammierte Enttäuschung wollte ich mir einfach ersparen. Dass ich mich doch noch an Dishonored herangewagt habe, liegt daran, dass Dishonored 2: Das Vermächtnis der Maske vor der Tür steht - und man, sieht das großartig aus!

Wer Dimis Videos verfolgt hat, weiß, wovon ich spreche. Allein das interaktive Design der Clockwork Mansion fasziniert mich ungemein, ebenso wie das ungewöhnliche Steampunk-Setting. Das verzückte mein Spielerherz so, dass ich einfach nicht anders konnte: Ich gab mir einen Ruck, installierte Dishonored noch dieses Wochenende und spielte es glatt durch. Und hatte eine Hammer-Zeit damit.

Deshalb mein Appell an alle, denen es ähnlich geht: Nutzt die verbleibende Zeit und spielt Dishonored - jetzt ist die Gelegenheit besser denn je. Und dieses Spiel hat die Chance einfach verdient.


Elena Schulz
(@Ellie_Libelle)

Schleich-Fan Elena verbringt ihre Freizeit gerade mit Spielen wie Aragami, Hitman oder Sniper Elite - da kam ihr Dishonored gerade recht. Schließlich ist sie nicht nur ein großer Fan düsterer Szenarien und sagt als Cyberpunk-Kenner auch zum Steampunk nicht nein, sondern freut sich auch über jede gute Story in einem Spiel. Die kommen nämlich leider selbst (oder sogar vor allem) in Triple-A-Produktionen immer viel zu kurz!

Ein Spiel, wie dieses Jahr sie vermisst

Natürlich kann man jetzt einfach denken: Okay, schön für sie, aber warum jetzt nicht einfach auf den zweiten Teil warten? Sollte der nicht genau diese Kritikpunkte beheben? Und klar, man kann jetzt auch einfach mit Dishonored 2 einsteigen, aber meiner Meinung nach entgeht einem damit einfach viel zu viel von dem, was Dishonored eigentlich ausmacht: die Story. Dishonored zählt tatsächlich zu den Spielen, die mir wirklich eine Geschichte erzählen wollen. Sie ist hier nicht einfach nur Beiwerk, sondern zieht mich von Anfang an in ihren Bann. Und selten hat sie mich in einem Spiel so neugierig auf die Welt dahinter gemacht.

Das schafft sie vor allem dadurch, dass alles einen eigenen Charakter hat: Figuren wie die Lumpengräfin bleiben im Gedächtnis, weil sie herrlich eigenwillig sind. Genauso wie der merkwürdige Haufen der Kaisertreuen, die mich als ehemaligen Leibwächter der ermordeten Kaiserin für ihre Zwecke einspannen wollen - mir solls recht sein, denn als Assassine Corvo hat für mich die Rettung der jungen Kaiserin Emily ohnehin die oberste Priorität.

Dishonored - Screenshots aus der Definitive Edition ansehen

Doch wer bei Rache und politischen Verflechtungen unwillkürlich zu gähnen beginnt, sei beruhigt: Die düstere Welt macht die Motive nicht nur glaubwürdig, sondern auch spürbar - die gefürchtete Rattenplage im Spiel bringt nicht nur Krankheit mit, sondern eben auch Misstrauen, Korruption und Verfall - der perfekte Nährboden für politische Machtspielchen und kaltblütige Auftragsmörder.

Um im zweiten Teil wirklich in die Fantasy-Welt eintauchen zu können, sollte man also ihre Vorgeschichte kennen. Nur so versteht man wirklich, was Corvo zu dem gebeutelten Veteranen gemacht hat, der er jetzt ist, oder wie Emily selbst als Kaisertochter zur Assassinin werden konnte. Und wie Dimi in seiner Preview schon so schön geschrieben hat: Gute Geschichten sind dieses Jahr vor allem im Triple-A-Bereich rar gesät. Trotzdem kein Grund, auf sie zu verzichten: Man muss eben nur wissen, wo sie zu finden sind.

Entscheidungsfreiheit in Dishonored: Ein Problem, viele Lösungen

Der Geist, den sie riefen

Allein um Story und Atmosphäre voll in sich aufzusaugen, ist es also mehr als ratsam, Dishonored vor dem zweiten Teil nachzuholen. Aber auch sonst spricht nichts dagegen: Durch die Comic-Optik ist das vier Jahre alte Action-Rollenspiel auch heute noch hübsch anzusehen auf dem PC - oder man greift eben gleich zur Remastered-Version auf der PS4. Auch sie fängt außerdem genau das ein, was mir an den Charakteren so gut gefällt: Die verrückten Konstruktionen und Maschinen oder die Figuren mit ihren übergroßen Händen und Ohren wirken auch rein optisch auf ihre ganz eigene Weise ebenso sonderbar wie interessant.

Spielerisch zeigt sich Dishonored hier dafür deutlich einseitiger: Beim Schleichspiel steht natürlich der friedliche Weg hoch im Kurs, wer die brutalen Finisher-Moves sehen und die Bösen ihrer gerechten Strafe zuführen möchte, bekommt schnell Schwierigkeiten. Denn je mehr ich meuchle, desto mehr fiese Rattenschwärme oder infizierte Weiner machen mir das Leben schwer. Schade, dass mir so viele coole Fähigkeiten und Momente im Spiel entgehen! Schließlich habe ich so, trotz angenehm gesteigerter Schwierigkeit, das unangenehme Gefühl »falsch« zu spielen.

Dishonored: Die Maske des Zorns - Test-Video zum Action-Spiel Video starten 9:48 Dishonored: Die Maske des Zorns - Test-Video zum Action-Spiel

Dishonored 2 soll das ändern und mir echte Entscheidungsfreiheit bieten, die meine Geschichte wesentlich subtiler beeinflusst. Und das braucht es auch. Genauso wie einen härteren Schwierigkeitsgrad. Aber was Dishonored trotz spielerischer Mängel für mich wunderbar geschafft hat, war beim Spielen ein Flow-Gefühl herzustellen, das ich sonst oft vermisse. Ich bin einfach ein Wochenende lang durch die verstaubten Straßen geschlichen und habe einen Soldaten nach dem anderen ausgeschaltet, ohne einmal entdeckt zu werden. Mit meinem Teleport springe ich einfach von Ziel zu Ziel, beherrsche Ratten, um in die hintersten Winkel zu gelangen oder spioniere mit meiner Nachtsicht feindliche Gebäude aus.

Ja, das ist stellenweise zu leicht. Und ja, ich bin übermächtig. Aber wo ich in anderen Schleichspielen wie Hitman immer angespannt bin, kann ich mir so in Dishonored Zeit nehmen. Ich muss nicht jede Sekunde aufmerksam sein, nicht die Angst entdeckt zu werden, bestimmt mein Vorgehen, sondern die Lust daran, die Welt zu erkunden. Ich kann in Ruhe nach Briefen und anderen Dokumenten suchen, Gespräche belauschen, die wunderschöne Architektur bewundern und mir nach und nach ein Bild von der fremden Welt machen.Und dafür liebe ich Dishonored. Dafür, dass es mich seine Geschichte in jeder Spielsekunde aufsaugen lässt und ich ein Wochenende lang wirklich ein Teil von ihr sein kann.

Und jetzt wo ich diese Welt kenne und sie verstehe, freue ich mich umso mehr, wieder dahin zurückzukehren - gerne auch mit einer neuen Herausforderung.

Dishonored 2: Das Experiment - Ist es zu leicht? Video starten 4:21 Dishonored 2: Das Experiment - Ist es zu leicht?

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