Große Updates sind das Gebot der Stunde. Egal ob WhatsApp, Windows, iOS oder die Google-Suche: Sie alle haben in den letzten Tagen weitreichende Änderungen ausgerollt. Dabei fällt auf, dass viele der Änderungen nur in Europa erscheinen.
Der Grund dafür ist schnell gefunden und hört auf die drei Buchstaben »DMA«. Dabei handelt es sich um den Digital Markets Act, ein Wettbewerbsgesetz der EU. Das Gesetz wurde bereits Ende 2022 beschlossen, mit dem 07. März sind dessen Regelungen endlich in Kraft getreten.
Bereits nach gerade einmal zwei Wochen ist klar: Das Gesetz zeigt Wirkung. Eigentlich alle Änderungen bei den oben angesprochenen Softwares kommen Nutzern entgegen. Gleichzeitig fällt aber auf, dass manches noch nicht so recht wie geplant funktioniert - auch, weil einige der betroffenen Unternehmen den Vorgaben nur widerwillig nachkommen.
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Der DMA (Digital Markets Act = Gesetz über digitale Märkte) ist eine EU-Verordnung, die Wettbewerbsvorteile auf dem digitalen Markt beseitigen soll. Ziel ist es, vor allem großen Produkten, die ihren Bereich dominieren, strengere Vorgaben zu machen. Diese Produkte werden als Torwächter bezeichnet - zu ihnen gehören etwa Windows, WhatsApp, iOS oder Google Play.
DMA: Regulation zeigt Wirkung und wir profitieren
Mit seiner Einführung konnte der DMA bereits eine Reihe von Erfolgsgeschichten verzeichnen. Für PC-Spieler das vielleicht relevanteste Beispiel: Unter Windows könnt ihr jetzt endlich vorinstallierte Microsoft-Software wie Edge ohne Umwege deinstallieren und wirklich selbst einrichten, welche Apps ihr wo verwenden wollt.
Bisher hat Windows gerne mal Standardbrowser und -suchmaschine umgangen und stattdessen die hauseigenen Lösungen Edge und Bing verwendet. Einen Mehrwert für Endnutzer gab es dabei kaum, weshalb das Vorgehen in der Community häufig als ungewollte Werbung aufgefasst wurde.
Um beim Standardbrowser zu bleiben: Auch auf dem iPhone fällt der Wechsel von selbigem jetzt leichter. Bisher wurde Safari bei der Ersteinrichtung ohne Wenn und Aber als Standardbrowser eingestellt. Seit iOS 17.4 hat man beim Aufsetzen des Handys die Auswahl aus mehreren Browsern.
Die Folge: Kleinere, auf Sicherheit und Privatsphäre bedachte Browser gewinnen an Nutzern, wie die dahinterstehenden Unternehmen in den sozialen Medien teilen.
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DMA: Apple und Google zieren sich
Aber es ist noch nicht alles rosig. WhatsApp etwa kommt der Anforderung zwar nach, künftig auch Nachrichten von anderen Messengerdiensten darzustellen - in der Praxis wird die Funktion von Signal, Telegram und Co. aber aufgrund von Datenschutzbedenken erstmal nicht genutzt. Für Endnutzer könnte es die Funktion also genauso gut nicht geben.
Darüber hinaus zeigt sich: Nicht jedes Unternehmen ist wirklich willig, dem Geist des DMA zu folgen - und legt das Gesetz so eng wie möglich aus, testet sogar Grenzen aus. Android etwa bietet noch immer nicht die geforderte Option, vorinstallierte Anwendungen einfach deinstallieren zu können, wie etwa die Verbraucherzentrale der Bundesbank bemängelt.
Der stärkste Widerstand gegen die Vorgaben des DMA kommt jedoch von Apple. Zwar unternimmt man auch in Cupertino Anstrengungen, um dem Gesetz Folge zu leisten - etwa beim Sideloading von Apps. Einige Möglichkeiten aber fehlen bis heute noch: Die vollständige Deinstallation von Safari etwa oder Alternativen zur Karten-App von Apple.
Spotify bemängelt, dass das eigene DMA-Update von Apple zurückgehalten wird und nachdem Epic-CEO Tim Sweeney Apples Vorgehen rund um den DMA kritisiert, wird der Entwickler-Account des Unternehmens bei iOS erst gesperrt und kurz darauf wieder entsperrt, nachdem die EU sich bei Apple meldet.
Der DMA darf nicht das Ende sein
Was heißt all das jetzt für uns? Zum einen - soweit die gute Nachricht - dass die von der EU angelegten Daumenschrauben wirken. Von der Politik aufgezeigte Grenzen für die dominanten Plattformen sind also kein Papiertiger - auch wenn sich noch zeigen muss, ob es sich beim DMA tatsächlich um den erhofften digitalen Dosenöffner handelt.
Davon profitieren nicht nur kleinere Anbieter, sondern auch wir als Endnutzer. Die Gefahr, in einem »Walled Garden« eingeschlossen zu werden, sinkt durch den DMA merklich.
Mit Walled Garden sind Ökosysteme gemeint, die uns mit besonders hohem Komfort anlocken und dann Maßnahmen unternehmen, um uns den Wechsel zu einem anderen Anbieter zu erschweren - eine Strategie, auf die jedes der vom DMA betroffenen Unternehmen gesetzt hat, wenn auch in abweichender Intensität.
Durch den Abbau dieser Walled Gardens fällt also auch die Hemmschwelle, Anbietern den Rücken zuzukehren, wenn sie nicht im Sinne des Endnutzers handeln.
So weit, so gut. Teil der Wahrheit ist aber auch: Der DMA darf nur ein erster Schritt in die richtige Richtung sein. Einerseits, weil er in vielen Teilen sehr schwammig formuliert ist, weshalb Experten eine Klageflut und langwierige Verfahren befürchten.
Andererseits, weil der DMA ein Kompromiss ist, in vielen Aspekten sehr kurz greift und gleichzeitig von der EU eher vorsichtig ausgelegt wird (Microsofts Edge-Browser oder Apples iMessage bleiben etwa außen vor).
Dazu kommt die Schnelllebigkeit des Netzes - es ist also zu befürchten, dass sich der DMA schnell selbst überlebt hat oder Unternehmen Wege finden, die Vorgaben des Gesetzes mit Schlupflöchern zu umgehen.
Wichtig sind also vor allem zwei Dinge: Anzuerkennen, dass ein Gesetz wie der DMA große Bedeutung hat und keine vergebene Liebesmüh ist - und gleichzeitig am Ball zu bleiben und dort nachzubessern, wo der DMA nicht die erhoffte Wirkung zeigt. Denn dass Endnutzer ein digitales Grundgesetz wie den DMA brauchen, haben schon die ersten zwei Wochen gezeigt.
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