EU-Verordnung zu Netzsperren - Verbraucherschutz sieht »Overblocking«-Gefahr

Verbraucherschützer halten die neue EU-Verordnung, die ihnen das Sperren von Webseiten erlaubt, für übertrieben.

Das Europäische Parlament gibt Verbraucherschützern mit einer neuen Verordnung Möglichkeiten zur Sperrung von Webseiten an die Hand – die vielen zu weit gehen. Das Europäische Parlament gibt Verbraucherschützern mit einer neuen Verordnung Möglichkeiten zur Sperrung von Webseiten an die Hand – die vielen zu weit gehen.

Der deutsche Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) hat sich missbilligend über eine EU-Verordnung geäußert. Diesmal verhält sich die Sache allerdings anders als gewöhnlich.

Der Unmut der Verbraucherschützer richtet sich gegen eine EU-Verordnung, die ihnen erlaubt, ohne gerichtliche Genehmigung ihrem Ermessen nach schädliche Webseiten sperren zu lassen. Den Verbraucherschützern geht die Verordnung aber zu weit – sie schade langfristig außerdem eher, als dass sie nütze.

Sperrung von Webseiten zum Schutz der Verbraucher

Wie Golem unter Bezugnahme auf den Text der Verordnung berichtet, sollen Verbraucherschutzbehörden eine Reihe von Optionen an die Hand bekommen, um Verbraucher vor vermeintlich schädlichen Webseiten zu schützen:

  • Anweisung an Hosting-Dienste, den Zugang zu der betreffenden Webseite zu entfernen, zu sperren oder zu beschränken oder einzelne Inhalte zu löschen
  • Anweisung an Hosting-Dienste, Domain-Namen zu entfernen und der jeweiligen Verbraucherschutzbehörde zu erlauben, die entsprechende Domain selbst zu registrieren
  • Die Erstellung und Implementierung spezifischer Warnhinweise auf einzelnen Webseiten

Die Behörden sollen auf diese Weise »das Risiko einer schwerwiegenden Schädigung der Kollektivinteressen von Verbrauchern [...] verhindern«. Neben Internetseiten kann der Verbraucherschutz auch Software blockieren, die Händler zum Angebot und Verkauf von Waren und Dienstleistungen nutzen (wie zum Beispiel Mobile Apps).

Maßnahmen »weder effektiv noch verhältnismäßig«

Bislang zeigen sich die Verbraucherschutzbehörden sowie die IT-Branche wenig begeistert von der EU-Verordnung. Während VZBV-Referent Roland Stuhr gegenüber Golem auf die Problematik des »Overblocking« verwies, proklamierte der IT-Verband Eco die Netzsperren zum »Türöffner für den Aufbau einer Sperr- bzw. Zensurinfrastruktur für Webseiten« und ergänzt, dass die Maßnahmen der EU »weder effektiv noch verhältnismäßig« seien.

Statt der in der Verordnung vorgesehenen Websperren hätte Stuhr sich eine klare Verankerung der »Entschädigung von Verbrauchern und die Abschöpfung von Unrechtsgewinnen« gewünscht. Eco forderte ergänzend ein konsequentes Vorgehen gegen Anbieter betrügerischer Webseiten und deren strafrechtliche Verfolgung. Die aktuelle Verordnung widerspreche den Grundsätzen des Rechtsstaats und könne sich schwerwiegend »auf die generelle Meinungsfreiheit im Internet« auswirken, so der Verband.

Ob und wenn ja wie schnell und weitreichend eine Blockierung von Webseiten oder ihren Inhalten anhand der neuen Verordnung in der Praxis tatsächlich umsetzbar wäre, ist nach aktuellem Stand indes noch nicht wirklich klar.

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