Seite 4: Gefangen im Netz - Über die Gefahren der Internetsucht

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Bereich Gaming

Als langjähriges Zockerweibchen habe ich keinerlei Motivation, eine mögliche Gefahr in Multiplayer-Spielen zu entdecken und zu überdramatisieren. Es ergibt aber ebenso wenig Sinn, sich mit den negativen Aspekten unseres liebsten Hobbys aus Angst, es könnte tatsächlich etwas Wahres daran sein, nicht auseinanderzusetzen. Wenn wir in der üblichen Debatte der Massenmedien mithalten wollen, müssen wir uns gerade auch mit den Schattenseiten beschäftigen, um argumentieren zu können.

Gabriele Farke hat auf ihrer Website 179 sogenannte Bekenntnisse14 von Betroffenen veröffentlicht, alle folgenden Zitate stammen aus diesen Texten. Die Korrektur von Rechtschreibfehlern habe ich mir vorbehalten. Eine Analyse meinerseits ergab, dass das häufigste Problem in diesen Schreiben die Online-Sexsucht darstellt, auf dem zweiten Platz befindet sich Onlinegaming und auf dem dritten übermäßiges Chatten.

Bekenntnisse von WoW-Spielern

World of Warcraft wird in 39 Bekennerschreiben thematisiert, also in knapp 20 Prozent. Ich möchte das Spiel keinesfalls pauschal negativ darstellen; was ich hier präsentiere, sind die Extremfälle. Ich verwende World of Warcraft mit seinen knapp elf Millionen aktiven Spielern weltweit als Beispiel stellvertretend für die Ultima Onlines, Counter-Strikes und anderen Online-Dauerbrenner. Denn in World of Warcraft findet sich mittlerweile eine komplette Parallelgesellschaft inklusive Online-Flirt und Hochzeit – mit im Vergleich zur echten Welt erheblich geringerem Aufwand und Risiko.

Dennoch stellt ein User fest: „Das Spiel ersetzt keine sozialen Kontakte! So nett das auch manchmal sein mag, mit 40 Leuten im Teamspeak beisammen zu sein – es ersetzt nicht die Realität. Ich persönlich habe zeitweise das Weggehen mit Freunden abends zugunsten von WoW abgesagt. Aber ich habe es immer bereut. Jedes Mal, wenn ich dann doch mal wieder mit Freunden in die Disco gegangen bin, war ich begeistert, wie viel mehr Spaß das eigentlich macht.“

Zu dieser Erkenntnis muss es aber erst einmal kommen, denn wie aus den Bekenntnissen hervorgeht, findet nicht jeder den Weg zurück. „Ich wünschte, ich hätte dieses Spiel nie gespielt, es macht mir fast alles kaputt. Noch stehen meine Eltern hinter mir, aber ich weiß nicht mehr, wie lange die das noch aushalten“, outet sich ein anderer. Auch schulische Probleme lassen nicht auf sich warten: „Irgendwie hab ich das Gefühl, das Lernen verlernt zu haben ... ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll ... meine Gedanken schweifen immer wieder zum PC und zu den Spielen“, und „Ich weiß nicht, was ich machen soll ... ich habe Prüfung und die muss ich bestehen, schließlich will ich endlich ausgelernt sein. Ich will auch, dass sich mein Verhältnis zu meinen Eltern wieder bessert, aber ich kriege dieses verdammte Spiel oder den Computer nicht mehr aus meinem Kopf.“

Wie bereits erwähnt, ist dieses ewige Gedankenkreisen um den Rechner bereits ein Indiz dafür, den Umgang mit dem PC zu überprüfen. Ein weiterer User drückt es sehr direkt aus: „WoW ist einfach eine Scheiß-Droge, da könnt ihr sagen, was ihr wollt ... Blabla, Blizzard hat einfach nur ein gutes Spiel programmiert (...). Und wenn man zu tief in der Droge versunken ist, kommt man nicht mehr raus! Deshalb möchte ich an alle Noch-WoW-Spieler vielleicht noch abschließend sagen: Hört auf!!! Auch wenn ihr denkt, ihr spielt nur wenig.“

Man beachte, dass diesen Usern bereits deutlich geworden ist, dass sie ein Problem haben, aber keine Aussicht auf Besserung zu haben scheinen. „Das Schlimme an einer Onlinesucht ist, dass man es nicht wirklich wahrnimmt. Selbst weiß man, dass irgendetwas schief läuft, aber was und warum, will man nicht wahrhaben, und wenn einer einen darauf anspricht, (...) lacht man nur darüber, (...) naja, die wissen nicht, wie das so ist, wenn man zockt".

Schnelle Belohnungen

Wer anfällig für Internetsucht ist, wurde bereits erwähnt. Aber was macht die Onlinewelten so attraktiv? „Die Arbeitslosigkeit hat mich auch wieder sehr heruntergezogen und WoW bot mir eine attraktive Fluchtmöglichkeit. Ich habe es exzessiv betrieben, soweit es ging“, erklärt einer der Betroffenen sein Problem. Regelmäßige Aufgaben mit Erfolgsbelohnung, einfache Kommunikation, Ansehen und Anerkennung, Herausforderungen und Teamarbeit werden hervorgehoben. Für die Realitätsflucht zwischendurch sind Spiele schon immer geeignet gewesen, und World of Warcraft stillt diverse Sehnsüchte der User.

Die Betroffenen verbringen bis zu 20 (!) Stunden täglich im Spiel, um besonders hochwertige Gegenstände zu entdecken und so dem Alter Ego zu immer mehr Ruhm und Macht zu verhelfen. „In WoW gelten Gegenstände als Statussymbol. Wer gute Items hat, ist ein besserer Mensch, egal was für ein Idiot sich hinter der Figur befindet. WoW zwingt den Spieler, jeden Tag zu spielen, am besten möglichst lange, damit man etwas erreicht“, denn „WoW belohnt nur Zeit, die man aufwendet. Umso mehr Zeit man aufwendet, umso besser wird man.“

Auch User, denen der Ausstieg gelungen ist und die ihren Konsum auf ein gesundes Maß herunterfahren konnten, berichten: „Am Anfang war es für mich beängstigend, quasi wieder in die Realität einzutauchen (...), jedoch wandelte sich die Angst ca. in einer Woche in Wohlgefallen um. Endlich kontrolliert WoW nicht mehr meinen Tagesablauf. Ich bestimme nun, was ich mit dem Tag anstelle.“ Ein anderer, ehemals süchtiger User bittet: „Gebt Euch oder Euch nahestehende Spieler nicht auf. Seid für andere da, wenn sie auf Euch zugehen und um Hilfe bitten.“

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