Seite 2: Hitman 3 im Test: Mordsmäßig gut, aber kompliziert

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Was taugen die neuen Missionen?

Da wird manch langjähriger Fan jetzt einwerfen: »Um Himmels Willen, nein! Hitman ist doch gerade so toll, weil es seit Jahren vorhersehbar und lesbar ist. Das Herumexperimentieren und Fallenstellen macht doch überhaupt nur Spaß, weil ich genau weiß, wie die KI reagiert. Gebt mir einfach nur neue, coole Missionen für die altbewährte Sandbox!« Können wir nachvollziehen - und genau das (und nur das) liefert Hitman 3 auch: neue, wirklich coole Missionen.

Denn die neuen Schauplätze sind der Star von Hitman 3. In Dubais gigantischem Wolkenkratzer das Wachpersonal des Scheichs infiltrieren, in der Berliner Untergrund-Disco die Bühnentechnik manipulieren, in Chinas Straßen als vermeintlicher Obdachloser an illegalen Forschungsexperimenten teilnehmen - das alles spielt sich so klasse und kreativ, wie es klingt. Und bitterböse.

Auf einem argentinischen Weingut nehmen wir inkognito an der Seite unserer Zielperson an einer Weinführung teil und begutachten knirschende Weinpressen, von außen verriegelbare Kühlkammern, bodenlos tiefe Säuresilos, während die Zielperson ganz interessiert nickend daneben steht. Bis wir kurz mit unserem Opfer allein gelassen werden ...

Wie rund läuft Hitman 3?
Hitman 3 basiert auf dem gleichen Technikgerüst wie Hitman 1 und 2. Deshalb läuft das Spiel selbst auf sehr hohen Details schon mit Mittelklasse-Systemen butterweich. Mit einer Geforce 1070 und einem angestaubten i5 6600K meuchelt 47 auf Full HD in Ultra-Details ohne irgendein Problem. Bugs sind uns während des Spielens nicht begegnet. Mit Geforce 2070 und i7 8700K müsst ihr euch dann auch in 4K um Framerate-Einbrüche keine Gedanken machen. Diese geringen Anforderungen haben allerdings ihren Preis: Gerade den Charaktermodelle und Gesichtsanimationen von Hitman 3 sieht man die Jahre mittlerweile deutlich an. Und Raytracing wird erst irgendwann 2021 per Patch nachgereicht.

IO Interactive bemüht sich außerdem, zumindest im Missionsdesign Hitmans kahles Köpfchen mit neuen Herausforderunge zu fordern. So müssen wir am Ende eines Auftrags aus einer brennenden Einrichtung fliehen, während überall Wachleute den Laden stürmen. Da schmunzeln all die Fans, die sich noch an das grandiose Paris-Finale von Hitman: Contracts erinnern.

Eine andere Mission bestreiten wir (nach Wunsch) an der Seite von Hitmans langjähriger Operatorin Diana Burnwood. Und in China patrouillieren Drohnen die Dächer, was uns zumindest kurz zum Umdenken zwingt - zumindest bis wir merken, dass sich die Dinger einfach vom Himmel ballern lassen. Diese Höhepunkte sind zwar eher dramatische Fassade statt echter Gameplay-Erweiterung, aber sie würzen die sonst recht statischen Level mit dem nötigen Nervenkitzel.

Hitman 3 würzt die recht offenen Killer-Sandboxes mit coolen Story-Momenten. Hier an der Seite von Diana. Hitman 3 würzt die recht offenen Killer-Sandboxes mit coolen Story-Momenten. Hier an der Seite von Diana.

Trotzdem können wir all denen Entwarnung geben, die jetzt eine Action-Mainstream-Anbiederung wie bei Hitman: Absolution befürchten: Die Missionen von Hitman 3 spielen ganz und gar nach den Regeln von Hitman (2016). Viele der Kill-Möglichkeiten wie das erwähnte Verkleiden als Detektiv in Dartmoor entspinnen sich zu coolen kleinen Quest-Ketten, doch alternativ braucht man als langjähriger Profi nie mehr als ein paar Münzen, um sich zum Ziel zu schleichen und es zu isolieren.

Gibt es eigentlich eine Story?

Falls ihr zu den zwei, drei Fans da draußen gehört, die wie wir Wert auf Hitmans Story legen, dann gibt's hier als Einordnung noch ein kurzes Schulterzucken: Hitman 3 führt die Trilogie rund um den mysteriösen Shadow Client zu einem »okayen« Ende. Was das heißt? 47 räumt einerseits mit den letzten Providence-Schurken auf, was in einen sehr coolen Showdown gipfelt, auf der anderen Seite wäre hier aber so viel mehr möglich gewesen.

Bitte lächeln. Zum Glück hat niemand im Vorfeld die Kabel manipuliert. Bitte lächeln. Zum Glück hat niemand im Vorfeld die Kabel manipuliert.

Ohne zu spoilern: IO Interactive packt im Finale exakt den gleichen erzählerischen Trick aus wie in Hitman: Blood Money und Hitman: Absolution. Jemand täuscht etwas vor, daraus entsteht viel Hin und Her, doch am Ende ist doch alles wieder so wie am Anfang. Mit Lucas Grey haben die Entwickler in den beiden Vorgängern die spannendste Figur seit dem allerersten Hitman (2000) über fünf Jahre aufgebaut - nur um dessen Potenzial im letzten Teil der Trilogie jetzt völlig durch den Auspuff zu jagen. Wie gesagt: Letztlich ergibt die sogenannte »World of Assassination«-Story schon ein rundes Ganzes. Aber IO Interactive lässt enttäuschend viele Chancen ungenutzt.

Keine deutsche Sprachausgabe?
Wie bei allen Ablegern der World of Assassination fehlt auch in Hitman 3 eine deutsche Sprachausgabe. Das ärgert Fans der alten Vertonungen älterer Serienteile, aber immerhin gibt's deutsche Untertitel und eine sehr gute englische Synchronisation.

Hitman 3 ist ein »Best Of« all der Konzepte, die vor fünf Jahren ihren Anfang nahmen. Wo die beiden Vorgänger noch viele frische Ideen und Ambitionen auf den Tisch brachten, führt das Finale etablierte Stärken zu einem runden, guten Showdown, ohne jetzt noch große Experimente zu wagen. Aber nicht falsch verstehen: Auch mit Hitman 3 könnt ihr als Serienfan viele spaßige Stunden verbringen. Es ist schlicht ein sehr, sehr gutes Stealth-Spiel. Doch allmählich richtet sich der Blick wieder gen Horizont. Zu einer neuen Konsolengeneration. Und einer umfassenderen Hitman-Fortsetzung.

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