Ich habe die Leistung meiner Grafikkarten am eigenen Leib gespürt – Jetzt sehe ich sie mit anderen Augen

Redakteur Alex ist begeisterter Radsportler. Dank moderner Technik hat er immer im Blick, wie viel Leistung er erbringt. Und das stimmt ihn nachdenklich.

Ja, ich weiß, da ist Staub auf der Grafikkarte. Ist mir aber erst beim Bearbeiten des Fotos aufgefallen. Ja, ich weiß, da ist Staub auf der Grafikkarte. Ist mir aber erst beim Bearbeiten des Fotos aufgefallen.

Noch in diesem Jahr erwarten wir zwei völlig neue Grafikkarten-Generationen von Nvidia und AMD. Intel natürlich nicht zu vergessen, also sind es eigentlich drei. Von den ersteren beiden wissen wir jedoch schon, dass es neben der Performance auch in Sachen Leistungsaufnahme in völlig neue Dimensionen gehen soll.

Über 400 Watt könnten im High-End-Bereich also bald Standard sein, in wenigen Jahren vermutlich sogar in der Mittelklasse, denn eine Besserung der Lage ist aufgrund physikalischer Grenzen mit Blick auf die Limitierung der Strukturbreitenverkleinerung vorerst nicht absehbar. Mehr dazu lest ihr im folgenden Artikel:

Und schon jetzt verbrauchen einige Grafikkarten weit mehr als 300 Watt. Bis vor zwei Jahren war das praktisch undenkbar. Da galten 250 Watt wie zum Beispiel für das ehemalige Flaggschiff Nvidia Geforce RTX 2080 Ti als Obergrenze. Aber was sind 250 Watt eigentlich?

Die meisten von uns haben keine wirkliche Vorstellung davon, wie viel Leistung das tatsächlich ist. Viele kennen lediglich die Preise für die Kilowattstunde, was Glühbirnen verbrauchen, und so weiter. Daher können wir die Werte einordnen. Mir geht es da nicht anders, oder vielmehr: Mir ging es da nicht anders. Was der Diebstahl meines Fahrrads mit meinen jüngsten Einsichten zu hat, verrate ich euch in diesem Artikel.

Alexander Köpf
Alexander Köpf

Redakteur Alex ist nicht nur Zahlen- und Technik-Enthusiast, sondern auch begeisterter Radsportler. Sein Interesse für Technik hat ihn vor über drei Jahren zu GameStar geführt. Sein Interesse für den Radsport bringt ihn täglich auf die Straße. Nur gut, dass sich Technik und Radsport vereinen lassen. Ein Konglomerat der Erkenntnis - zumindest was die Leistungsaufnahme von Grafikkarten betrifft.

Mein Fahrrad wurde gestohlen - und das ist ein Segen

Die Geschichte beginnt von rund zwei Monaten. Ich bin leidenschaftlicher Radfahrer oder eigentlich Radsportler. Bis vergangenen Mai besaß ich allerdings nur ein Mountainbike, das mir wiederum im besagten Monat gestohlen wurde. Einfach mir nichts dir nichts an einem vermeintlich videoüberwachten, öffentlichen Fahrradständer geklaut. Selten hatte das Wort vermeintlich eine derart greifbare Bedeutung für mich wie in diesem Fall. Ich war natürlich entsetzt und wütend und traurig und alles, was sonst noch so dazugehört.

Aber den Kopf hängen zu lassen ist nicht meine Art. Und schon einige Monate zuvor hatte ich mit dem Gedanken an ein Rennrad gespielt. Nun war es unfreiwillig soweit, den Plan endlich in die Tat umzusetzen. Weil ich neben dem Radfahren auch noch einem ans Ungesunde grenzenden Hang zu Statistiken und Zahlen fröne, gönnte ich mir zum 2.000 Euro teuren Vollkarbon-Fitnessrad (95 Prozent Rennrad plus Trekking-Lenker) einen Boardcomputer samt Radarrückleuchte, Reifendrucksensoren, Herzfrequenzmesser und Powermeter-Pedalen mit integriertem Trittfrequenzzähler für noch einmal um die 1.500 Euro. Kleidung, Trinkflaschen und Pipapo noch gar nicht mit eingerechnet.

Mein Rad inklusive der meisten Sensoren. Mein Rad inklusive der meisten Sensoren.

Seither kann ich Sport und Zahlen-Spleen miteinander verknüpfen, fast wie einem Spiel meine Leistungsdaten steigern und ganz gezielt verschiedene Trainingsbereiche ansteuern. Doch was um Himmels Willen hat das jetzt mit Grafikkarten zu tun?

250 Watt sind eine schweißtreibende Angelegenheit

Ist ja schon gut, ich komme gleich zum Punkt. Es ist im Prinzip ganz einfach: Im Radsport wird die Performance eigentlich auf einen einzigen Wert heruntergebrochen – die Leistung. Um genau zu sein, auf die physikalische Größe Watt. Wie viel Leistung ist ein Radfahrer in der Lage, über eine Stunde dauerhaft zu erbringen? Der Wert wird FTP genannt. Das steht für Functional Threshold Power (funktionelle Schwellenleistung).

Und jetzt nochmal zurück auf Anfang: 250 Watt war für lange Zeit die Obergrenze bei den Grafikkarten. Was glaubt ihr, wie fit man sein muss, um 250 Watt dauerhaft zu treten - von meiner RTX 3090 mit satten 350 Watt gar nicht erst zu reden? Ich kann es euch verraten: sehr fit. Um das mal an mir festzumachen: Ich bin 42 Jahre alt, 182 Zentimeter groß und wiege gerade 88 Kilo. Mit diesen Voraussetzungen und seit ich mein neues Rad habe, strample ich jede Woche zwischen 300 und 400 Kilometer. Es gibt immer noch viel Luft nach oben, aber im Moment schaffe ich es, 290 Watt eine Stunde lang auf die Straße zu bringen. Das ist enorm schweißtreibend. Mein Puls beträgt dann im Schnitt rund 160 Schläge pro Minute.

Natürlich fahre ich nicht immer über so lange Zeit so schnell, dass mir das Herz fast aus der Brust springt. Das dient nur dazu, um den FTP-Wert neu zu bestimmen – also alle paar Wochen. Aber auch unabhängig davon sehe ich auf dem Boardcomputer immer ganz genau, mit wie viel Watt ich gerade in die Pedale trete. Und immer wieder muss ich dabei an Grafikkarten denken. Es ist fast unvorstellbar, wie viel Leistung man aufbringen müsste, um einen 3D-Beschleuniger permanent aus eigener Muskelkraft zu betreiben.

Wie viel Leistung die kommenden Grafikkarten von Nvidia, AMD und Intel aufnehmen, was sie zu leisten im Stande sind und wann wir sie erwarten, erfahrt im GameStar-Podcast:

Link zum Podcast-Inhalt

Das macht mich demütig

Ich wäre nicht in der Lage, eine Grafikkarte mit 400 Watt mehrere Stunden zu betreiben. Übrigens wäre da auch kein Radprofi der Welt zu imstande. Auf einer Etappe der Tour de France strampeln die Fahrer mit durchschnittlich rund 300 Watt über vier bis fünf Stunden. Das ist enorm, aber selbst die aktuelle Nvidia RTX 3090 Ti mit einer Leistungsaufnahme von 450 Watt kann darüber nur lachen. Und mich macht es einfach nur demütig.

Diese Demut hat auch eine Konsequenz, die ich jetzt schon seit einigen Wochen lebe: Ich versuche, mehr Energie einzusparen. Das ist auch der Grund, warum ich mir erst vor wenigen Tagen ein Strommessgerät gekauft und damit gemessen habe, wie viel ein kompletter Gaming-Rechner im Standby, also heruntergefahren aber weiterhin am Strom angeschlossen, verbraucht. Auf welche überraschenden Ergebnisse ich kam, lest ihr hier:

Aber nicht nur, dass ich den Rechner jetzt bei jeder Gelegenheit vom Stromnetz nehme. Ich plane, mir einen besonders sparsamen PC aufzubauen, vielleicht wird es am Ende sogar ein Mini-PC, wie ihn auch mein Kollege Denis Brown nutzt. Ich halte euch auf dem Laufenden.

Was will ich euch mit all dem sagen?

Eigentlich will ich gar nicht zu oberlehrerhaft wirken. Aber ich denke manchmal so zu mir, dass doch eigentlich jeder mal auf einem Rad oder was auch immer gesessen haben sollte, das aufzeigt, wie viel das eigentlich genau ist, worüber wir reden, wenn es um Grafikkarten und hunderte Watt Leistungsaufnahme geht. Die Kosten sind natürlich ein Hebel, aber selbst bei 40 Cent pro Kilowattstunde denken in Wahrheit doch wohl die Allerwenigsten darüber nach, wie viel Energie sich am Rechner sparen lässt.

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