Ich wollte unbedingt die Mittelalter-Sim Noble's Life spielen und jetzt bereue ich es

In der Steam-Demo zu Noble's Life kann ich als Adeliger eine verwüstete Siedlung wieder aufbauen - ein famoses Konzept hinter einem furchtbaren Spiel.

Ihr wollt euch noch mehr wie ein adeliger Herrscher fühlen als in Crusader Kings 3? Dann würde ich Nobles Life empfehlen, wäre es nicht so doof. Ihr wollt euch noch mehr wie ein adeliger Herrscher fühlen als in Crusader Kings 3? Dann würde ich Noble's Life empfehlen, wäre es nicht so doof.

Unter anderen Umständen hätte ich Noble's Life ignoriert. Immerhin war mir nach dem ersten Blick auf einen Screenshot bereits klar, von wem diese Simulation kommt. Noble's Life ist ein Spiel des polnischen Publishers PlayWay. Ein großes Unternehmen, das hunderte Titel auf den Markt bringt. Aber eben auch eines mit etwas zweifelhaften Herangehensweisen.

PlayWay ist einer von den Publishern, die jedes noch so abwegige Konzept ausprobieren und schauen, was bei den Spielern ankommt. Hundertfach werden Spiele angekündigt, die meist mit formelhaften Unreal-Engine-Assets erstellt werden. Oft haben diese Spiele ein mickriges Budget und sollen hauptsächlich mit schicken Trailern für Aufmerksamkeit sorgen. Ob sie jemals erscheinen, ist eine andere Frage.

Noble's Life ist da exemplarisch - hat aber den großen Vorteil, dass eine Demo dazu während des Steam Next Festes zumindest bereits spielbar ist. Und obwohl mir das alles bewusst war, konnte ich einfach nicht anders. Ich musste diese Demo ausprobieren!

Als Baron entscheide ich über das Schicksal jener, die weniger Glück hatten. Ich bin ein nobler Mensch. Als Baron entscheide ich über das Schicksal jener, die weniger Glück hatten. Ich bin ein nobler Mensch.

Mein Leben als Adeliger

Ich bin ein einfacher Mensch. Ich sehe das Versprechen einer Adels-Simulation und bin fasziniert. So fasziniert, dass ich alle Alarmglocken erst einmal ausschalten wollte, um dem Spiel eine Chance zu geben. Ich liebe es schlicht, mich ins Mittelalter zu träumen. Zumindest in die romantisiert verklärte Version davon.

Und Noble's Life gelingt, worauf der Publisher in der Regel abzielt: Die Screenshots und der Trailer ließen die Vision eines Spiels in meinem Kopf entstehen, auf das ich einfach Lust habe! Ich will eine solche Simulation spielen! Das sieht für mich alles nach dem aus, wie ich mir schon den Royal Court DLC von Crusader Kings 3 ein wenig vorgestellt habe.

Ich werde direkt auf den Thron meines Barons gesetzt und kann von hier meinen Thronsaal betrachten, mit Untergebenen sprechen, mir von einem Berater ins Ohr flüstern lassen und mich auch einfach mal von meinem Samtkissen erheben, um ganz volksnah durch die schlammigen Straßen meiner Baronie zu flanieren.

Als Adeliger darf ich mit meinem Finger auf Karten rumdeuten und mich dabei wichtig fühlen. Als Adeliger darf ich mit meinem Finger auf Karten rumdeuten und mich dabei wichtig fühlen.

Nebenbei muss ich die Last der hohen Stellung tragen und über die Geschicke der Baronie entscheiden. Muss festlegen, wer die knappen Ressourcen bekommt, welches Dorf höhere Abgaben leisten muss und auch, ob ein besonders frecher Antrag einfach mal mit ein paar Tagen Pranger beantwortet wird. Ich muss außerdem meine marodierte Siedlung wieder aufbauen.

Aber eben nicht durch direkte Aktionen wie in einem Aufbauspiel, sondern indem ich meinen Beratern Anweisungen und Ressourcen mitgeben. Erst nach ein paar Tagen wird dann sichtbar, ob sich im Dorf wirklich etwas tut oder alles nur noch schlimmer wird.

So etwas Ähnliches gibt es mit Yes, Your Grace bereits. Doch in diesem 2D-Adventure blicke ich eher von draußen auf die Ereignisse und fühle mich nicht wirklich in die Rolle eines Adeligen versetzt. Noble's Life hingegen verspricht ein komplett immersives Erlebnis.

In Yes, Your Grace lässt mich als König die Geschicke eines Reiches lenken. Das ganze macht unheimlich viel Spaß, ist aber keine immersive Simmulation. In Yes, Your Grace lässt mich als König die Geschicke eines Reiches lenken. Das ganze macht unheimlich viel Spaß, ist aber keine immersive Simmulation.

Sehr schnell ausgeträumt

All das steckt auch tatsächlich in Noble's Life drin, all diese guten Ideen, die ich mir für ein derartiges Spiel eigentlich wünsche. Das Problem ist nur, dass die Entwickler von Noble's Life scheinbar kein Geld haben. Gefühlt keinen einzigen Cent, denn wie die Demo zeigt, ist die Produktionsqualität unterirdisch. Ja, die Demo basiert auf einem unfertigen Spiel und eventuell will PlayWay mal wieder Reaktionen abwarten, bevor da mehr Ressourcen drauf geworfen werden.

Aber eine Demo sollte schon auch eine Version des Spiels zeigen, die der finalen Fassung in eingeschränktem Rahmen recht nahekommt. Immerhin ist das eine Demo, kein Early Access oder gar eine Alpha. In diesem Zustand ist Noble's Life jedoch untragbar.

Es sieht trotz Unreal Engine aus wie ein Spiel, das höchstens Anfang der 2000er noch zeitgemäß war. Die Animationen sind stocksteif. Bugs existieren natürlich ebenfalls haufenweise, manchmal hört das Spiel etwa einfach auf zu funktionieren.

Noble's Life ist sehr weit von der Vision weg, die dahinter eigentlich steckt und noch viel weiter von dem, was im Trailer beworben wird. So sieht Noble's Life wirklich aus:

Nobles Life: Die ersten 10 Minuten als Baron in der kuriosen Mittelalter-Simulation Video starten 14:15 Noble's Life: Die ersten 10 Minuten als Baron in der kuriosen Mittelalter-Simulation

Der Gedanke ist gut

Allerdings ist das nicht ganz das Ende der Geschichte. Ja, Noble's Life wird unter Garantie niemals das Spiel, das es vorgibt zu sein. Oder zumindest das, was die Bilder eigentlich versprechen. Aber irgendwie war ich beim Spielen der Demo doch zum Weiterspielen motiviert.

Einfach weil das Konzept dahinter trotzdem anschlägt und wenn Noble's Life etwas gut macht, dann eine durchaus spannende Prämisse zu schaffen. Ich war interessiert daran, meiner Baronie auf die Beine zu helfen. Ich musste wirklich grübeln, wenn es darum ging, den Bitten während einer Audienz nachzukommen.

Die Unterschrift meines Barons zeugt von einem wachen Geist und Fingerspitzengefühl. Die Unterschrift meines Barons zeugt von einem wachen Geist und Fingerspitzengefühl.

Habe ich genug Geld, um die Taverne wieder aufzubauen? Lasse ich unwillkommenen Dorfbewohner in der Stadt oder schicke sie zurück in ihr zerstörtes Dorf? Mit oder ohne Ressourcen? Werfe ich meinen betrunkenen Bruder aus der Burg oder sperre ich ihn ein?

Die Fragen, die Noble's Life aufwirft, sind fesselnd. Und sie zeigen, dass die ganzen Ideen dahinter und der immersive Ansatz Wirkung zeigen. Genau das Spiel, nur mit etwas besserer Grafik, schickerer Inszenierung, abwechslungsreicherer Musik und einer deutlich fluffigeren Steuerung wäre eine wundervolle Simulation. Vielleicht sogar noch mit einer echten Sprachausgabe, um die Bindung zu meinen Beratern zu stärken! Mir wird ganz kribbelig.

Ich mache mir da nichts vor, so ein Spiel wird Noble's Life vermutlich niemals sein. Aber es zeigt, was eigentlich alles noch an Potenzial in diesen tollen Idee steckt.

Fazit der Redaktion

Fabiano Uslenghi
@StillAdrony

Mein ehemaliger Kollege Jochen hat immer gerne gesagt, ich sähe aus wie die Standardeinstellung eines menschlichen Adeligen in einem Rollenspiel. Was Jochen nicht wusste, war, dass ich mich liebend gerne auch so fühlen würde. Ich würde gerne erleben, wie es war, als Baron über einen Landstrich zu herrschen, zumindest in der verträumten Version des Mittelalters, die wir uns gerne ausmalen.

Kingdom Come hatte schon die Immersion, Yes, Your Grace das Konzept und Crusader Kings 3 die Geschichten - jetzt würde ich das alles gerne zusammenkommen sehen. Ob Noble's Life das noch schafft? Na ja, eher unwahrscheinlich. Aber vielleicht lässt sich ja ein Studio außerhalb von PlayWay und mit mehr finanziellen Mitteln davon inspirieren! Ein Wunsch, den ich im Übrigen für viele Spiele von PlayWay habe, die oft schöne Ideen besitzen, aber diese dann fürchterlich umsetzen.

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