Serienkritik: Andor ist anders als alles, was wir bisher von Star Wars gesehen haben

Die neue Star-Wars-Serie ist auf Disney Plus gestartet und die ersten Episoden haben uns sehr überrascht. Unsere spoilerfreie Kritik zu Folge 1 bis 3.

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Cassian Andor ist kein Held. Er ist ein Dieb, ein Betrüger, ein Lügner, sogar ein Mörder. Aber er wird später gleichzeitig zu einer der wichtigsten Speerspitzen der Rebellion werden und den Fall des Imperiums einleiten. Um diesen komplizierten Charakter dreht sich die neue Serie Star Wars Andor, die exklusiv bei Disney Plus läuft und deren erste drei Folgen auf einen Schlag veröffentlicht wurden.

In unserer Serienkritik zum Start lest ihr, warum Andor ganz anders ist als die Star-Wars-Filme oder Serien wie The Mandalorian, Clone Wars oder Boba Fett. Für viele von euch könnte es genau der Krieg der Sterne sein, den ihr schon immer sehen wolltet - aber nicht allen wird das gemächliche Tempo gefallen.

Keine Angst vor Spoilern: Ihr könnt diese Kritik gefahrlos lesen, bevor ihr die Serie schaut. Falls wir eine konkrete Szene beschreiben, verstecken wir das hinter einer dicken Spoilerwarnung. Wir setzen allerdings voraus, dass ihr die Ereignisse aus der Originaltrilogie und Rogue One bereits kennt.

Wer Rogue One gesehen hat, weiß schon längst, wie Cassians Reise endet. Wer Rogue One gesehen hat, weiß schon längst, wie Cassians Reise endet.

Star Wars trifft dreckigen Dieselpunk

Andor spielt vor den Ereignissen von Rogue One und bevor die Rebellion sich offen gegen das Imperium stellt. Es herrschen also finstere Zeiten, vor allem auf dem Wüstenplaneten Ferrix, auf dem Cassian zu Beginn der Serie lebt und seinem unehrlichen Tagwerk nachgeht. Moment mal, schon wieder Wüstenplanet? Keine Sorge, es sieht hier deutlich anders aus als auf Tatooine. Statt sonnenverbrannten Sanddünen erblicken wir rauchverhangene Industriekomplexe, die uns eher an Blade Runner oder The Expanse erinnern als an klassische Star-Wars-Sets. Dieselpunk-Fans werden garantiert jubeln.

Nicht nur der Look, auch die Stimmung der Serie ist galaxienweit von den bunten Sci-Fi-Opern der Filme entfernt. Am ehesten lässt sich Andor mit Rogue One vergleichen, legt aber nochmal eine ordentliche Schippe Dreck und Gewalt oben drauf. Über weite Teile fühlen sich die ersten drei Folgen gar nicht wie Star Wars an, sondern könnten auch aus einem eigenen Universum stammen. Das muss nicht jedem gefallen, wir empfinden es bis jetzt als willkommene Abwechslung. Und bald werden Imperium und Rebellen stärker ins Zentrum rücken, das verraten ja schon die offiziellen Trailer.

Star Wars: Andor Trailer zeigt die Rebellion, wie ihr sie noch nie gesehen habt Video starten 1:30 Star Wars: Andor Trailer zeigt die Rebellion, wie ihr sie noch nie gesehen habt

Erstmal geht es aber noch gar nicht um deren Konflikt, sondern um Cassian. Er gerät durch eines seiner Verbrechen ins Visier einer großen Corporation, die mit dem Imperium zusammenarbeitet, und versucht in den ersten Episoden eigentlich nur, seine eigene Haut zu retten.

In Rückblicken erhaschen wir kurze Einblicke in seine Kindheit: Er stammt eigentlich aus einer technologisch kaum entwickelten Urwald-Zivilisation, die durch das Imperium großes Leid erfahren hat - die Bilder erinnern garantiert nicht unabsichtlich an den realen Überlebenskampf südamerikanischer Ureinwohner im Amazonas-Regenwald.

Cassian (eigentlich Kassa) ist im Urwald von Kenari aufgewachsen, was er allerdings verheimlicht. Cassian (eigentlich Kassa) ist im Urwald von Kenari aufgewachsen, was er allerdings verheimlicht.

So einen »Helden« hatte Star Wars noch nie auf der Leinwand

Das Folgende passiert schon in den ersten Minuten von Folge 1 und es ist das perfekte Beispiel dafür, warum Cassian ein verflucht schwieriger Hauptcharakter ist. Wir packen die Szene trotzdem vorsichtshalber hinter einen Spoilerkasten.

Warnung: der folgende Absatz enthält Spoiler

Cassian gerät auf der Suche nach seiner Schwester an zwei zwielichtige Männer, die ihn verfolgen und ihm seine Credits abnehmen wollen. Er nutzt einen unaufmerksamen Moment, um sich zur Wehr zu setzen und tötet dabei versehentlich einen der beiden. Der andere kniet weinend und unbewaffnet vor Cassian - der ihm trotzdem aus nächster Nähe eine Kugel in den Kopf jagt. Das wäre selbst den wenig zimperlichen Mando und Boba Fett gegen die Ehre gegangen.

Kann so jemand als »Held« einer Star-Wars-Serie funktionieren? Zumindest bis jetzt schon, vor allem, weil Diego Luna diese Figur absolut großartig verkörpert. Ihr bekommt hier definitiv keine ritterliche Heldensaga, sondern eine Charakterstudie, die sich viel Zeit lässt, bevor die große Handlung in die Gänge kommt.

Besonders spannend: Der Gegenspieler Syril Karn scheint in den ersten drei Folgen weitaus moralischer zu handeln als Cassian. Er folgt seinem Pflichtgefühl, seine Motivation, Cassian zur Strecke zu bringen, ist zu jeder Zeit nachvollziehbar. Mit dem Tod seiner Gefolgsleute konfrontiert, reagiert er wie ein traumatisierter Soldat im Schützengraben - fast unmöglich, nicht mit ihm mitzufühlen. Andor könnte damit eine hochinteressante Frage aufwerfen: Wenn eine skrupellose Person für den guten Zweck kämpft und eine ehrenvolle Person für die bösen Mächte - wer ist der bessere Mensch?

Wer sollte Andor anschauen?

Wenn euch Rogue One mit seinen starken Kriegsfilm-Elementen und der grauen Moral gefallen hat, dann ist Andor auf jeden Fall genau die richtige Vorgeschichte für euch. Seid ihr dagegen auf der Suche nach fluffiger Unterhaltung mit vielen bunten Lichtblitzen, dann seid ihr bei anderen Serien besser aufgehoben.

Auf jeden Fall braucht ihr Sitzfleisch, denn die Serie hat es überhaupt nicht eilig. Die Geschichte ist auf zwei Staffeln zu je zwölf Folgen auslegt und das merkt man ihr auch an, am Anfang passiert ziemlich wenig, abgesehen von World-Building. Wir würden euch daher dringend empfehlen, die ersten drei Folgen am Stück zu schauen, denn gerade Folge 1 endet einfach mittendrin. Nach dem Ende von Folge 3 dagegen fiebern wir schon auf die nächste Episode hin, die ab jetzt immer mittwochs erscheint. Das Season-Finale läuft dann ab 23. November.

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