Atmosphäre-Killer KI
Das alles könnten wir verkraften, wenn die künstliche Intelligenz nicht die übrig gebliebene Atmosphäre im Keim ersticken würde. Die Gegner auf dem Schlachtfeld entführen uns in ein Gruselkabinett der Dummheiten. Das beginnt mit Soldaten, die wie wild ins Leere schießen und närrisch in unsere Schusslinie laufen. Eine besonders beschränkte Feind-Spezies führt sogar Gespräche mit Kameraden, obwohl wir diese längst umgelegt haben.
Noch dazu ist die KI von Sniper Elite V2 sehr vergesslich und blind. Wenn unser Scharfschütze vor den Augen eines gegnerischen Soldaten aus dem ersten Stock eines zerfallenen Hauses springt, fragt sich der gute Mann schon zwei Sekunden später, wohin wir bloß entschwunden sein könnten.
Schlimmer sind nur die Feinde, die als Statisten in sämtliche Levels des Spiels gesetzt wurden und ihre immer gleiche Spruchkassette abspulen. Wenn sie unseren Helden in einem Areal gesehen haben, informieren sie ihre Kameraden im Sekundentakt über diese durchaus wichtige Neuigkeit. Einige der Soldaten-Hülsen sind sogar derart auf den Kopf gefallen, dass sie gerne mal vergessen, wo sie Patrouille laufen: In den Schächten einer Mine belauschen wir aus sicherer Deckung, wie sie ihren Kumpanen raten, die Dächer und Fenster umliegender Häuser nach uns abzusuchen.
Es gibt allerdings auch Lichtblicke: Hin und wieder schafft es die Gegnerschar, uns zu umzingeln und von mehreren Seiten anzugreifen. Das sind die großen Momente von Sniper Elite V2, in denen wir ganz schön ins Schwitzen geraten. Und uns im Falle unseres Ablebens vornehmen, es beim nächsten Versuch (vom letzten der fair verteilten Speicherpunkte) doch mal etwas heimlicher zu probieren.
Große Töne
Wenn wir zudem die Augen schließen, legt die Atmosphäre deutlich zu. Denn Rebellion hat viel Wert auf ordentlichen Sound gelegt. Karl Fairburne etwa spricht mit einer männlichen Stimme, die zu seinem spärlichen Charakterprofil passt. Und auch sonst brilliert die Synchronisation durch sehr gute deutsche Sprecher.
Damit wir uns in Sniper Elite V2 schnell unserem Ziel nähern, müssen wir den Sound immer wieder in unsere Taktik einbeziehen. Ein feindlicher Treffer äußert sich primär durch das Abstumpfen der Umgebungsgeräusche und einen ansteigenden Tinnitus – eine Lebensenergie-Anzeige gibt es nicht. Das laute Gedudel eines Radios hingegen weist uns auf einen guten Zeitpunkt für unseren tödlichen Schuss hin, da dröhnende Geräusche unser Gewehr übertönen und uns so beinahe lautlos agieren lassen.
Allerdings hat Rebellion auch geschlampt: Einige Elemente wurden nur starr in die Spielwelt platziert und hätten mit aufgepepptem Sound zum Spielgeschehen beitragen können. Pfützen, durch die Karl Fairburne läuft, plätschern nicht und machen damit auch keine Feinde auf ihn aufmerksam. Hier verschenkt Sniper Elite V2 Potenzial.
Die beschnittene Kill-Cam
Ebenfalls alles andere als ideal sind die Kürzungen der deutschen Fassung. Der kontroverse Zusatzinhalt, in dem Fairburne Jagd auf Adolf Hitler macht, steht deutschen Spielern nicht zur Verfügung. Die Kürzungen wirken sich aber vor allem bei der Kill-Cam aus. Im Originalspiel verfolgen wir bei sehr präzisen Schüssen nicht nur die Kugel aus unserem Scharfschützengewehr, sondern dürfen auch im Detail sehen, welches Körperteil des Feindes sie durchschlägt. Dieses blutige Schauspiel ist natürlich Geschmacksache, ergibt aber in Verbindung mit dem motivierenden Punktesystem durchaus Sinn.
In der deutschen Fassung gibt’s die Kill-Cam zwar ebenfalls, allerdings nur in stark beschnittener Form. So schneidet sie beim Aufprall der Kugel vom Geschehen direkt zurück auf den Helden, wodurch unschöne Clipping-Fehler entstehen.
Berlin im Doppelpack
Einige Runden lang toben wir uns im PC-exklusiven Team-Deathmatch-Modus aus. Der bietet allerdings nur das altbekannte Gameplay aus der Kampagne. Wir liegen also wieder in den Trümmern, suchen unsere Umgebung nach feindlichen Truppen ab und erledigen sie mit möglichst präzisen Schüssen um die Punktzahl unseres Teams in die Höhe zu treiben.
Das macht eine Weile Spaß, erfindet das Rad aber leider nicht neu. Glücklicherweise hat Sniper Elite V2 auf kooperativer Ebene mehr zu bieten. Standardgemäß dürfen wir das Berlin der Kampagne auch im Doppelpack erkunden. Das ist besonders in schwierigen Levels hilfreich, denn wir können uns gegenseitig wiederbeleben. Ebenfalls enthalten ist ein Horde-ähnlicher Modus, in dem wir mit unserem Kollegen verschiedene Gegnerwellen aus Soldaten und Panzern abwehren.
Doch es gibt zwei klare Koop-Höhepunkte: In »Bombing Run« suchen wir uns schnell Teile für unser Fluchtfahrzeug zusammen, bevor das Areal zerbombt wird. Das stresst zwar, sorgt im Team aber für jede Menge Nervenkitzel. Im Modus »Overwatch« kümmern wir uns dann aus der Ferne mit dem Scharfschützengewehr um unseren Mitspieler, der sich nahe den Bodentruppen von Checkpunkt zu Checkpunkt kämpft. Hier ist besonders viel Zusammenarbeit gefragt, denn unser Kumpan kommt nur weiter, wenn wir die von ihm mit dem Fernglas markierten Feinde leise ausschalten.
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