Biss zur Gebärmutter
Der Hunger des Kindes ist bald so gefährlich, dass es droht, sich von innen durch Bella heraus zu fressen. Gut also, dass Hilfe zur Stelle ist und man ihr den Bauch kurzerhand aufbeißt! In der Tat wird ein Kaiserschnitt mit bloßen Zähnen durchgeführt, bevor das Kind wie ein Alien-Chestburster aus ihrem Oberkörper explodieren kann. Wer nun meint das wäre bereits der schrägste Moment, irrt. Was folgt ist die wohl romantischste Liebesszene der Filmgeschichte: ein 18jähriger verliebt sich unsterblich in das Neugeborene. Dann gibt es eine alberne Diskussion, in der Werwölfe stumpf mehrere Minuten lang knurrend voreinander stehen und sich per Telepathie streiten.
Ein weiteres skurriles Highlight ist die Hochzeitsnacht selbst, in der Edward vor Wollust den Bettkasten kaputt bricht und alle Kissen zerbeißt. Dass Bella dabei blaue Flecken bekommt und sogar bewusstlos wird, stört sie nicht. In ungeheuer fragwürdiger Message macht sie sich stattdessen ergeben Sorgen, ob er denn auch ja auf seine Kosten kommen konnte. Das Bild von Sex als Sünde, Schwangerschaft als Grauen und völliger Ergebenheit dem Ehemann gegenüber darf da gerne befremdlich wirken.
Besser als Potter
Versuchten die ersten drei Teile noch am Rande auf Mystery zu setzen, in dem es Bösewichte und offene Fragen gab, ist Breaking Dawn Teil 1 stark vereinfacht. In der ersten Filmhälfte geht es nur um Hochzeit und Flitterwochen, in der zweiten nur noch um die Geburt des Monsterbabys. Einen echten Bösewicht gibt es dieses Mal nicht, dieser lässt sich erst in der Abspannszene blicken. Stattdessen mucken Jacobs Werwölfe für fünf Minuten kurz auf, bleiben aber unwichtig. Beschämend muss man dennoch sagen, dass der Split des Buches hier besser funktioniert als bei Potters Heiligtümern des Todes. Wirkte dessen erste Hälfte des letzten Teils zu abrupt endend, ist diese erste Filmhälfte als Einzelstück runder. Dennoch ist die Handlung erneut spannungsarm und ohne Höhepunkte.
Die Schwangerschaft will als ergreifende Tragödie verkauft werden, wird aber zu oberflächlich präsentiert. Der wenige Spaß der Vorgänger wird bettlägerig gegen talentfrei gespieltes Drama ersetzt, das nicht bewegt. Dass Twilight 4 doppelt so viel wie Twilight 2 gekostet hat, sieht man wie zu erwarten war, nicht. Es gibt weniger Sets als in den vorherigen Teilen und die Werwölfe sind weiterhin technisch schlecht umgesetzt. Die Regie der Teile 4 und 5 übernahm Musical-Spezialist Bill Condon (Dreamgirls, Chicago), der hier aber nichts Eigenes einbringt. Sklavisch wird sich an den Stil der Vorgänger gehalten, reine Auftragsarbeit also. Schauspielerisch ist derweil alles beim alten geblieben: Lautner verfehlt es noch immer, wirklich grimmig zu wirken, Stewart beißt sich zu oft auf die Lippe und Pattinson erscheint unbeteiligt.
Fazit
Christian Mester: Eigentlich ist Breaking Dawn Teil 1 nur eine bizarre Verhütungs- oder besser noch Enthaltsamkeitswerbung. Story, Figuren und Inszenierung sind gewohnt lahm und Höhepunkte konnte die Serie noch nie gut setzen. Natürlich wird der Film trotzdem ein Riesenerfolg werden. Und wer nicht freiwillig ins Kino geht, sondern mitgeschleift wird, kann sich zumindest auf ein paar kuriose Irrsinnigkeiten freuen.
(Zusammen mit den Kollegen des Filmmagazins bereitsgesehen.de stellt GameStar wöchentlich einen neu im Kino angelaufenen Film vor.)
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