Wer in den letzten Wochen eine Mittelklasse-Grafikkarte von Schlag der Radeon RX 570 oder Radeon RX 580 von AMD kaufen wollte, ist vermutlich über die hohen Preise und die schlechte Verfügbarkeit dieser Modelle gestolpert. Der Grund sind nicht etwa Probleme bei der Herstellung. Die AMD-GPUs eignen sich nämlich besonders gut zum Schürfen von Kryptowährungen wie Ethereum.
Entscheidend sind die erreichten Megahashes pro Sekunde (MH/s), dass heißt wie schnell der Grafikchip Datenpakete für das Mining bearbeitet. In dieser Disziplin glänzen Grafikkarten von AMD, da sie im Vergleich zu in etwa gleich teuren Nvidia-GPUs einen höheren MH/s-Wert aufweisen und daher günstiger für das Krypto-Mining sind.
Beim Schürfen von Ethereum erreicht eine Radeon RX 570 (anfangs für etwa 200 Euro zu haben) über 22 MH/s, eine RX 580 bringt es auf rund 25 MH/s. Eine gegenüber der (praktisch durchweg ausverkauften und daher mittlerweile stark im Preis gestiegenen) RX 570 deutlich teurere Geforce GTX 1060 erreicht nicht einmal 20 MH/s, eine Geforce GTX 1070 für rund 400 Euro erreicht ungefähr den Wert einer RX 580 (vor dem Mining-Boom ab 250 Euro).
Die auch auf der Polaris-Architektur basierenden Grafikkarten Radeon RX 470 und RX 480 sind aufgrund ihrer niedrigeren Taktrate etwas langsamer, aber ebenfalls nicht mehr zu bekommen. Noch ältere Radeon-Generationen mit Hawaii-Grafikchips wie die R9 290 sind übrigens in Sachen Mining-Leistung aufgrund ihrer anderen Architektur auf dem Niveau einer RX 580, die R9 390X ist mit knapp 28 MH/s sogar deutlich flotter – das erklärt auch die auf Ebay nun explodierenden Gebrauchtpreise.
Wir sind der anhaltenden Knappheit der RX-500-Modelle nachgegangen und haben mit Herstellern über Produktionskapazitäten, den Mining-Hype sowie die daraus anscheinend resultierenden Lieferschwierigkeiten von Grafikkarten gesprochen.
Wann sind die Karten wieder verfügbar?
Die grundlegende Frage, wann denn entsprechende Grafikkarten wieder in gewohnter Manier verfügbar sein werden, können auch Dirk Neuneier von MSI und Alexander Schmidt von Sapphire nicht umfassend beantworten.
"Niemand hat den Mining-Hype einkalkulieren können und daher waren Produktionskapazitäten nicht entsprechend reserviert, solche Kapazitäten nachzubuchen ist irgendwo zwischen unmöglich bis extrem schwierig anzusiedeln. (Alexander Schmidt / Sapphire). "
"Das ist nicht zuletzt davon abhängig, wie lange die extrem hohe Nachfrage im Bereich Mining von Krypto-Währung vorhält. Dazu kann aber derzeit niemand eine genau Aussage machen. Wir versuchen der hohen Nachfrage selbstverständlich durch die Anpassungen der Produktionskapazitäten gerecht zu werden, allerdings hängt letztlich die Verfügbarkeit auch von den Kapazitäten der GPU-Hersteller AMD und Nvidia ab. (Dirk Neuneier / MSI)"
Woher kommt der aktuelle Mining-Hype?
Allem Anschein nach mindert die Goldgräberstimmung nach Ethereum die Verfügbarkeit aktueller Radeon-Modelle. Doch wodurch wurde der aktuelle Mining-Hype ausgelöst?
Seitens MSI und Sapphire lasse sich der Hype durch den starken Wertanstieg verschiedener Alternativ-Währungen wie beispielsweise Ethereum erklären, die laut Finanzen.net allein in den letzten drei Monaten um über 600 Prozent zulegen konnte. Das Schürfen werde so selbst in Ländern attraktiv und rentabel, in denen Strom verhältnismäßig teuer ist. Das Mining lastet die Grafikkarte(n) komplett aus und verursacht daher spürbar Energiekosten. In Mining-Setups mit vielen dicht gedrängten Grafikkarten auf engem Raum, muss dazu in der Regel energieaufwändig gekühlt werden.
Vom Hersteller zum Händler
Der Weg einer Grafikkarte von der Herstellung in Fernost bis zur finalen Lieferung beim Endkunden in Deutschland geschieht meist nach dem gleichen Schema: Nachdem die GPUs gefertigt worden sind, werden sie an Großhändler (sogenannte Distributoren) geliefert und anschließend an lokale Händler weiterverkauft.
Die Großhändler sind aber nicht gezwungen, ihre Produkte ausschließlich an Händler für Endkunden zu verkaufen und so können sich beispielsweise auch Einzelpersonen mit Grafikkarten eindecken, sofern sie größere Mengen abnehmen.
Genau hier kommen die Krypto-Miner ins Spiel, die laut Sapphire bei den Distributoren anfragen, teils alle verfügbaren Grafikkarten einer bestimmten Klasse wie der RX 570 und RX 580 kaufen und entsprechend für leere Regale und Lager in Europa sorgen.
Eine um Anonymität bittende weitere Quelle, die ebenfalls bei einem Grafikkartenhersteller arbeitet, teilte uns darüber hinaus mit, dass die Distributoren bei den Minern teils enorme Aufschläge auf ihren eigentlichen Großhandelspreis machen können, die die Händler nicht bereit sind zu zahlen. Dadurch genehmigen sich die Großhändler praktisch die Marge der lokalen Händler – ein starker Anreiz, eher an zahlungswillige Miner denn an Endkundenhändler zu verkaufen.
Sofern die Kryptowährungen weiter an Wert zulegen, wird das Interesse daran ungebrochen hoch bleiben und die aktuelle Liefersituation könnte sich sogar noch weiter verschärfen oder zumindest monatelang hinziehen.
Gerüchten zufolge arbeiten aber AMD wie Nvidia an speziellen Mining-Grafikkarten. Konkret sollen bei AMD Modelle mit Polaris-GPU wie bei der RX 570/580 entstehen, Nvidia plane eine Version auf Basis der GTX 1060. Um die Kosten hierfür gering zu halten, sollen die Karten auf Videoausgänge verzichten und somit einzig der Berechnung von Mining-Datenblöcken dienen – das könnte die Situation auf dem regulären Grafikkartenmarkt entschärfen. Aber nur, wenn weitere Produktionskapazitäten seitens AMD und Nvidia geschaffen werden oder sich der Mining-Boom legt.
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