Die Rückkehr des besten Serienteils?

Vorwort MMH 7 sollte eigentlich „Heroes of Might and Magic 7“ heißen. Warum? So hießen die ersten Serienteile, unter anderem der von...

von Eronaile am: 26.10.2015

Vorwort

MMH 7 sollte eigentlich „Heroes of Might and Magic 7“ heißen. Warum? So hießen die ersten Serienteile, unter anderem der von vielen Spielern als der beste erachtete Teil 3 der Serie.

Denn die alte Namenslogik würde perfekt zu einem Spiel passen, das, wenn alles gesagt wurde, im Grunde die Wiederauferstehung des Genre-Primus HoMM 3 ist.
Dass dies auch das erklärte Ziel der Entwickler war, merkt man an jeder Stelle. Nur ganz sachte wurden Features im Vergleich zu Teil 3 verändert, ergänzt oder entfernt.

Im Großen und Ganzen ist die Teleportation des Klassikers in die Gegenwart gelungen – sowohl im Guten als auch im Schlechten - der Rundenspaß hat konsequent nicht nur die Stärken, sondern auch die Schwächen aus dem Urahn übernommen.

 

Zur Wertung

ACHTUNG! Meine Rezension bezieht sich auf dem Einzelspieler-Modus gegen die künstliche Intelligenz.

Wer hauptsächlich gegen menschliche Spieler antritt, kann auf die Wertung gut und gerne 8-10 Punkte draufschlagen!
Wer mit Freunden spielt, kann die Balance-Schwächen im Spiel per Absprache ("Wenn du Feuerwand benutzt, kriegst du kein Bier") glätten. Und natürlich fallen damit die KI-Mängel weg.

Grafik

Lob an die Designer! Der neueste Teil des HoMM/MMH-Franchise glänzt mit gewohnt knallbunter Grafik und hunderten liebevoll gestalteter Objekte, vom Elementar-Schrein bis zum Kometenkrater (die Quelle von Sternkristall).

Die Stadtbildschirme versprühen endlich wieder den Charme des großen Vorbilds HoMM 3, mit fantastischen Gebäuden, tollem Hintergrund und einheitlichem Flair. Ob die drückende Totenstille in der Nekropolis oder das blühende Leben in der „Sylvan“-Stadt: alles ist sehr hübsch designt und animiert.

Was einen Heroes-Spieler am meisten interessiert sind sicherlich die Kreaturen im Kampf. Hier bietet MMH 7 gelungene, flüssige Animationen und detaillierte Modelle.

 

Fraktionen

Wer HoMM 3 gespielt hat, findet sich augenblicklich zurecht. Schloss, Turm, Dungeon, Bollwerk sind wieder vertreten. Festung und Burg sind eine Ehe eingegangen, der einige Kreaturen zum Opfer gefallen sind, z. B. die sowieso unbeliebten Drachenfliegen und Echsenmenschen. Gnolle (diesmal als Fernkämpfer), Basilisken und Hydras (sind in den Dungeon umgezogen) sind wieder mit dabei, genauso wie einige Burg-Kreaturen.

Echte Neuzugänge sind rar und wurden auch dann von den anderen Vorgängern übernommen statt neu kreiert. Das gilt z. B. für die Assassinen im Dungeon, Plünderer in der Burg oder die arkanen Adler der Akademie (aka Turm).

Neu ist, dass man zwischen zwei Kreaturentypen der höchsten Stufe wählen darf. Jede Stadt kann nur 1 davon ausbilden. So kann man seinen Fokus etwas unterschiedlich ausrichten.

Bedauerlich ist, dass wie schon in der Vorlage die Städte unterschiedlich gut zu gebrauchen sind. Zwar hängt dies auch von der Heldenwahl, den Skills usw. ab, aber ganz grundsätzlich ist die Nekropolis deutlich zu schwach, während Fraktionen wie Haven, Sylvan und Akademie zu stark geraten sind. Unabhängig von der Herangehensweise sind nämlich Schützeneinheiten wie schon in HoMM 3 sehr stark, genauso wie die Magieschule Feuer. Wer also viele Fernkampf-Einheiten hat (Sylvan allein hat 3, Akadmie ebenfalls) und/oder Zugriff auf viel Feuermagie hat (Haven), ist von vornherein im Vorteil.

 

Fähigkeiten

Beim Skill-System hat sich im Vergleich zu Teil 3 am meisten geändert.

Statt der Zufalls-Auswahl von Skills in HoMM 3 gibt es ein festes Fähigkeiten-Rad, das aber für jeden Helden anders aussieht. So kann man mit unterschiedlichen Helden ganz unterschiedliche Akzente setzen.

Es gibt außerdem neben den 3 bekannten Stufen Einsteiger, Könner, Meister noch einen zusätzlichen Großmeister-Bonus, der für bestimmte Fähigkeiten verfügbar ist.

Außerdem hat jede Fraktion eine bei allen ihren Helden verfügbare, eigene Fähigkeit. Akademiker erhalten mehr Zaubermacht, Burg-Truppen starten im Kampfrausch und die Nekropolis… genau ;)

Leider zeigt sich auch bei den Skills, dass nicht genug getestet und balanciert wurde. Wenn man einige Fähigkeiten vergleicht, ist allzu schnell klar, welche in jedem Fall besser ist. So ist Feuermagie extrem „OP“, schon alleine durch den völlig überdrehten Feuerwand-Zauber, der auch noch sehr früh verfügbar ist. Speziell gegen neutrale Stacks ist dieser Zauber vollkommen tödlich, weil er bis zu 5 (!!!) Stacks gleichzeitig und jeden davon garantiert (!) zweimal trifft.
Die Meisterung von Kriegsgerät ist dagegen hoffnungslos anderen Fähigkeiten unterlegen. Auf dem Papier hört sich eine hochstufe, 3x feuernde Ballista toll an… auf dem Schlachtfeld wäre eine gemeisterte Magieschule 10x mehr wert.
Abgesehen davon gilt (auch das nicht erst seit neuestem in der Reihe), dass Offensive jederzeit Defensive trumpft. Ein Beispiel für einen schlecht balancierten Bonus ist z. B., dass man sehr früh alle Fernkampftruppen zu vollem Schaden über jede Distanz verhelfen kann – imba und nicht ansatzweise mit irgendeiner ähnlich früh verfügbaren defensiven Fähigkeit vergleichbar.

Ganz allgemein sind außerdem Magie-Helden zu stark geraten. Die „Kampfschreie“ von Macht-Helden sind im Vergleich einfach lächerlich. Wer einmal gesehen hat, was ein Enrage, eine Feuerwand oder ein Kettenblitz mit hohem Magie-Wert an den feindlichen Kreaturen anrichtet, der will nie wieder zurück zu seinem keuleschwingenden Machthelden.

 

KD: Künstliche Dummheit

Wenn man irgendeinen Spieler fragt, was die größte Schwachstelle in Teil 3 war, dann wird die Antwort zu 99% sein: die KI. Im Gegensatz zu Grafik hat sich in Sachen KI seit vielen vielen Jahren nicht allzu viel getan. Das Argument „Teil 3 ist alt“ zieht also nicht.

Schon damals hat die KI mit großer Begeisterung völlig hirnrissige Entscheidungen getroffen, ist stumpf immer wieder in die gleichen Fehler gelaufen.

Für Might & Magic Heroes VII haben die Entwickler wohlweislich zumindest die größten „KI-Killer“ Stadtportal und Luftportal entfernt oder abgeschwächt.

Trotzdem ist das Kunststück gelungen, eine noch miesere „KI“ zu entwickeln als bei Teil 3! Mit Inbrunst werden da gleich zu Anfang 4-5 Helden (sündhaft teuer) rekrutiert, es fehlt dann natürlich an Gold für Kreaturen, selbst mit genug Kreaturen werden neutrale Camps viel zu spät (oder gar nicht) angegriffen. Die Helden rennen auch ständig vor und zurück, um sich gegenseitig zu küssen (das da Transfer von Kreaturen stattfindet habe ich nicht beobachtet).

Der Schwierigkeitsgrad hat übrigens gefühlt 0 Einfluss auf das Gegnerverhalten. Lediglich die Startressourcen werden hochgesetzt. Selbst der „schwerste“ heroische KI-Held konnte mir nicht 10% meiner Armee abnehmen, während ich seine nach Belieben zerlegt habe.

Der Grund ist nicht nur das willkürliche und strunzdumme Ausgeben von Geld und Ressourcen, sondern auch die extrem dämlichen Skillungen. Ich glaube, von etwa 60 oder 70 Kämpfen gegen KI-Helden habe ich nicht einen erlebt, in dem der Gegner einen Einzelziel-Zauber per Fähigkeit auf Fläche geboostet hat. Dabei sind gerade Urmagie- und Feuerzauber dann extrem stark.
Man kann das zwar nicht direkt nachverfolgen, aber es sieht stark danach aus, dass bei Level-Ups völlig zufällig aus dem Skillrad irgendein Schrott gewählt wird.

Durch die absolut unterirdische KI wird jeder Einzelspieler-Spaß im Keim erstickt. Wer also nicht regelmäßig LAN-Parties plant (Internet-MP wird praktisch nicht benutzt), darf sich nicht auf Langzeitmotivation einstellen.

 

Fazit

Es ist sehr bedauerlich, dass die Entwickler HoMM 3 auch bei den Schwächen so überaus konsequent kopiert haben. Sofort fallen jedem Spieler 100 einfache Regeln ein, durch die die extrem schlechte KI zu einem einigermaßen herausfordernden Gegner würde.

Dass die Veröffentlichung unter Zeitdruck stattgefunden haben muss, wird nicht nur an den fehlenden Lippenbewegungen der Charaktere klar. Offensichtlich wurde genau an der falschen Stelle zu wenig Zeit eingesetzt, nämlich beim Balancing. Fraktionen und Fähigkeiten sind teilweise haarsträubend stark oder schwach geraten.

Für die schöne, passende, Nostalgie weckende Grafik und den erfolgreichen, spaßigen Trubel aus Sammeln, Erkunden und Kämpfen kann der neueste Serienteil zumindest noch Sympathie-Punkte einsammeln. Wichtiger an einem Strategiespiel ist aber, dass man herausgefordert wird und Köpfchen benutzen muss – nichts davon ist in MMH7 der Fall.

 

Keine Empfehlung von mir, außer für Serienveteranen, die einfach nur das Spielgefühl aus Teil 3 nochmal erleben wollen und häufig mit ihren Kumpels zocken werden.

 

Eronaile


Wertung
Pro und Kontra
  • Wunderschöne Grafik
  • Tolle Kreaturen-Modelle und -Animationen
  • Stadtbildschirme!!
  • Es gibt immer was zu tun: Sammeln, Erkunden, Kämpfen
  • Viele interessante Fähigkeiten
  • KI im Wachkoma, extrem schlecht
  • Balance-Mängel von moderat bis extrem bei Skills und Fraktionen
  • Mäßige Kartenauswahl vom Entwickler
  • Zu schnelle Veröffentlichung

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

zu leicht

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 40, weniger als 100 Stunden



Kommentare(1)
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