Ein Höllenepos

Jeder Zocker hat irgendwann in seinem Leben schon einmal von „Doom“ gehört. Doch was steckt hinter diesem Klassiker, welcher nun ganze 25 Jahre alt ist? In der...

von Bakefish am: 26.11.2018

Tatsächlich war das erste Doom, welches ich je kennenlernte, Doom 64, ein Ableger des ersten und zweiten Teils für den Nintendo 64. Später lernte ich Doom 3 kennen. Doch niemals hatte ich daran gedacht, es doch mal mit dem ersten Teil zu versuchen: Ein Klassiker aus dem Jahre 1993, ein Meilenstein, welcher viele Prinzipien definierte, die wir heute als essentielle Bestandteile eines jeden Ego-Shooters verstehen. Doch als vor etwa drei Jahren Teil 1 und 2 auf GOG erschienen, schlug ich zu. Mehrere Male habe ich nun die Originalversion von Doom als auch die darauf basierende Mod „Brutal Doom“ gespielt. Und weshalb es sich so gelohnt hat, lest ihr im folgenden Test.

 

Ein Plot, epischer als alles je Dagewesene…

 

RenneüberdieMarsmondeundschießeallestot. Ende.

 

…oder auch nicht.

 

Okay, ganz so simpel ist es dann doch nicht.

Ein Konzern namens UAC hat auf den Marsmonden Phobos und Deimos mächtigen Unsinn mit Teleportern gebaut, denn sie haben damit ein Tor zu nichts anderem als der Hölle aufgerissen. Horden an Dämonen brachen aus und zerstörten beide Basen. Selbst eine herbeigerufene Division von Marines kann nichts mehr bewirken, alle Menschen starben.

1 Episch! Fesselnd! Bioware kann einpacken!

 

Alle Menschen? Nein! Ein unbeugsamer und ziemlich angepisster Marine hat überlebt und kennt jetzt nur einen Ausweg: Durch die Horden metzeln und die Höllenviecher zurück zur Hölle fahren zu lassen. Und so geht es über beide Basen bis in die tiefsten Feuergruben der Unterwelt.

Klingt gut? Zu doof, mehr Plot gibt es an dieser Stelle nicht. Und das meine ich so wortwörtlich: Abgesehen von drei Texten im Laufe des Spiels wird keinerlei weitere Story serviert. Und die drei Texte geben nichts Weiteres als einen groben Kontext über die Ereignisse im Spiel. An dieser Stelle stellt sich die Frage: Ist das nicht etwas zu wenig? Nein, tatsächlich nicht. „Doom“ ist ein Spiel, welches ausschließlich von seinem Gameplay lebt. Ein Plot hätte das Spiel an dieser Stelle vielleicht sogar ausgebremst. Letztendlich ist das Spiel für Fans einer guten Handlung gänzlich uninteressant, doch Doom braucht tatsächlich keinen Plot, um zu funktionieren.

 

Der Architekt gehört verprügelt

 

Genug von so etwas Unwichtigem wie einer Handlung! Nun zum Gameplay.

In „Doom“ begebe ich mich durch die Augen des Doom-Marines quer über Pseudo-3D-Basen (zur Technik später mehr). Die Level sind dabei linear gehalten, doch sehr komplex und verwinkelt. Häufig begebe ich mich von einem größeren Levelkomplex zum Nächsten, dafür brauche ich manchmal auch sogenannte Schlüsselkarten, um bestimmte Türen öffnen zu können.

Das heißt: Durch das Level irren, Schlüsselkarten suchen, die nächste Tür öffnen, weiter zum Ausgang hin, bei alldem tonnenweise Gegner umnieten. Hin und wieder stoße ich auf geheime Areale. Diese sind zuhauf in jedem der insgesamt 24 Level versteckt und teilweise verdammt schwer zu finden.

2 Das Budget ging für dicke Waffen drauf. Für die Innenaustattung hatte die UAC leider nix mehr übrig.

 

Das Prinzip des Vorankommens ist also im Grunde sehr simpel. Der Levelaufbau kann allerdings sehr schnell verwirren, da die Abschnitte an manchen Stellen optisch sehr gleich aussehen. Die Karte, die ich aufrufen kann, hilft mir an der Stelle mangels Verständlichkeit auch nur selten weiter.

 

Die größte Blutspende aller Zeiten

 

Natürlich darf in „Doom“ vor allem eins nicht fehlen: Ballern.

Mir stehen einige Waffen zur Auswahl, das fängt mit der popeligen Pistole an, geht über eine Schrotflinte und ein Maschinengewehr weiter und am Ende kriege ich noch dickere Wummen wie einen Raketenwerfer. Jede Waffe bietet klare Vor- und Nachteile und sollte für die entsprechende Situation priorisiert werden. Natürlich brauche ich den Raketenwerfer gegen dicke Gegner, aber was ist mit ganzen Gruppen aus Kanonenfutter…?

Apropos Gegner: Im Laufe des Spiels darf ich mich mit immer fieseren Kreaturen aus der Finsternis rumschlagen. Anfangs treffe ich nur auf einfache Zombies mit Schusswaffen, später kommen stärkere und fies beißende Monster dazu, fliegende Totenköpfe oder einäugige Ungeheuer. Und natürlich gibt es auch den einen oder anderen Bossgegner. Jeder Gegner wurde sinnvoll designt, hat seine Schwächen, aber auch seine Stärken. Selbst die vergleichsweise schwachen Zombies sind nicht zu unterschätzen. Einziges Manko: In meinen Augen hätte es eine noch höhere Auswahl an Gegnern geben können. Ab der letzten der drei spielbaren Episoden wirft mir das Spiel nur noch mehr statt neue Gegnertypen entgegen.

3 "Starke Gegner? Das ist doch ganz normale organische Masse... müssten Kugeln da denn nicht so durchschlagen wie auch bei-" "ICH HÖR DICH NICHT, MEINE MINIGUN IST SO LAUT!"

 

Dann der eigentliche Kampf. Und jetzt geht es ans Eingemachte. „Doom“ spielt sich im Vergleich zu heutigen Shootern sehr rasant. Mit der Waffe im Anschlag hechte ich mit hoher Geschwindigkeit vor und zurück, weiche Feuerbällen und Kugeln aus und erwidere den Angriff mit umso größerer Wucht. Ständig wechsele ich zwischen den Waffen hin und her, stürme vor, niete weitere Gegner um und ziehe mich kurz zurück. Ich muss die Kontrolle behalten können. Bin ich in die Ecke gedrängt, habe ich einen Fehler gemacht. Ich muss die Gegend, aber auch meinen Zustand im Auge behalten.

In jedem Level gibts überall Munition, Panzerung und Gesundheitspacks zu finden (meine Gesundheit regeneriere ich nicht), besonders in geheimen Arealen finde ich viel davon, teilweise komme ich so auch deutlich früher an starke Waffen. Manchmal finde ich dabei auch Sphären, die mir mächtige Boni wie doppelte Gesundheit oder kurzzeitige Unverwundbarkeit geben.

4 Ist es makaber, wenn ich nun dämonisch lache?

 

Dennoch: Gerade auf den höheren Schwierigkeitsgraden ist „Doom“ kein Zuckerschlecken. Das hohe Tempo, die vielen Gegner und das ständig nötige Ressourcenmanagement fordern mir beim Zocken viel ab. Doch das macht einen riesengroßen Spaß, wenn man sich darin eingefuchst hat.

 

Die Legende der Verdammnis

 

Wenn man sich das durchliest, was ich gerade beschrieben habe, mag man sich fragen: Wo ist da jetzt genau das Besondere? Was macht Doom denn nun so legendär? Nun, tatsächlich mag aus heutiger Sicht Vieles an diesem Spiel zumindest bekannt wirken. Doch wir dürfen nicht vergessen: Doom hat ganze 25 Jahre auf dem Buckel und viele Dinge, die wir heute als so selbstverständlich erachten, überhaupt erst erfunden.

Und gerade deshalb ist es faszinierend, wie reibungslos und fließend das Spiel heute noch funktioniert. Das Suchen nach Schlüsselkarten, das blitzschnelle Strafen durch Level, das Abholzen zahlloser Gegner, das Suchen jedes noch so gut versteckten Geheimnisses, das Fluchen beim Anblick der niedrigen Gesundheit und Munition, das Grinsen beim Finden einer verdammt großen Waffe, der Midi-Metal-Soundtrack im Hintergrund, all das macht Doom zu einer einzigartigen Mischung.

5 Der häufigste Satz in Doom: "Oah nee ey."

 

Es ist schnell und kompromisslos, schmeißt mich sofort in die Action und zeigt keine Gnade. Und meine Fresse, macht das Spaß! Das arenaartige Shooterfeeling, gepaart mit einer Prise an Heldentum und Schlachthaus sucht bis heute seinesgleichen. Allein durch diese einzigartige Mischung ist Doom unbedingt einen Blick wert.

 

Hübscher! Brutaler! Flüssiger!

 

Getestet wurde das Spiel auf zwei Systemen:

Kartoffel (i5-2410M, 6 GB DDR3-RAM, GT 540 M mit 2 GB DDR3-VRAM)

sowie

Teilchenbeschleuniger (i7-6700k ohne Übertaktung, 16 GB DDR4-2133-RAM, KFA2 GTX 1070)

 

Doom wurde zu einer Zeit entwickelt, als das 3D-Gaming, wie es heute die meisten kennen, noch nicht existierte. Dementsprechend darf man kein grafisches Highlight erwarten (auch, wenn es das damals war). Das Spiel wird von einer ersten Variante der id-Tech-Engine befeuert und nutzt kein echtes, richtiges 3D, sondern Raycasting, welches 3D nur simuliert. Das Ergebnis ist… Geschmackssache. Sämtliche Texturen und „Partikeleffekte“ (z. B. Feuerbälle) sehen aus wie ein Pixelbrei. Ein weiteres Markenzeichen stellen die Gegner dar, welche ebenfalls keine 3D-Modelle darstellen, sondern als 2D-Sprites bestehen, die man stets aus einem bestimmten Winkel sieht.

An sich hatte ich mit der Grafik keine Probleme, zumal man über die Performance bei heutiger Grafik nicht zu reden braucht. Ein größeres Problem war hier eher die Steuerung. Ich habe die DOS-emulierte Version gespielt und die Steuerung mit Maus und Tastatur ist an dieser Stelle recht fummelig. Bugs traten bei mir nur an einer Stelle im Menü auf, das war aber zu verschmerzen.

6 Mehr Gore geht einfach immer. Wie hier in Brutal Doom, einer der bekanntesten Doom-Mods überhaupt.

 

Dennoch mag einem die Technik heutzutage etwas sauer aufstoßen. Hier greift allerdings die größte technische Stärke des Spiels: Sein grandioser Modsupport und seine Source Ports. Gerade mit letzteren ist es heute nicht nur möglich, Doom mit besserer Grafik zu spielen. Auch wurden einige Bugs aus dem Spiel entfernt, die Steuerung funktioniert besser und es wurden diverse Modifikationen für diese Source Ports bereitgestellt. Ganz besonders möchte ich hier „Brutal Doom“ hervorheben, da diese Mod nicht nur mehr Brutalität ins Spiel bringt, sondern es nebenbei komplett neu ausbalanciert und viele neue Waffen, Gegnerattacken und weitere Funktionen einfügt.

Alles in allem kann man Doom entweder per DOS-Emulator in alter Grafik zocken oder man nutzt die deutlich moderneren Source Ports. Was genau man davon nimmt, bleibt einem selbst überlassen. Doch einige Mods sollte man unbedingt einmal ausprobiert haben!

 

Fazit

 

Am Ende ist Doom nicht mehr und nicht weniger als ein unglaublich fetziges Spiel. Einen Plot? Braucht man nicht, einfach Knarre im Anschlag halten und los geht es. Schnell und schmerzhaft geht es voran, Level für Level metzele ich mich durch eine Dämonenhorde nach der anderen, jeder Kampf geht tierisch ab. Man hat schon bald schnell vergessen, dass man es hier mit einem uralten Spiel zu tun hat. Weil es einfach immer noch so gut funktioniert und vor allem, weil es einfach so durchdacht ist. Die Gegner, die Waffen, die Items, die Balance stimmt einfach.

Der Umfang von bis zu einigen Stunden pro Episode (je nachdem, ob man sich die Mühe macht, alle Geheimnisse zu finden) ist super und mit diversen Mods bietet das Spiel etliche Gelegenheiten, es noch einmal auf eine ganz andere Art und Weise zu probieren. Sieht man von kleineren Mängeln wie der fummeligen Steuerung ab, ist Doom am Ende ein Shooter, der vielleicht technisch gealtert ist, sich ansonsten aber immer noch mit zahllosen heutigen Shootern problemlos messen kann. In dem Sinne: Eine klare Kaufempfehlung für jeden Shooterfan! Bei GOG gibt es das Spiel als Ultimate-Variante, welche noch eine vierte und ziemlich harte Episode bietet.

 

Screenshots:

1 https://thespinoff.co.nz/wp-content/uploads/2016/05/Doom-ep-1-epilogue.jpg

2 https://orig00.deviantart.net/1c36/f/2011/074/a/8/nitro__s_doom_screenshot_1_by_nitroactivestudios-d3bpppr.png

3 https://cdn.hobbyconsolas.com/sites/navi.axelspringer.es/public/media/image/2016/01/559356-doom-analisis-retro.jpg

4 https://www.oldpcgaming.net/wp-content/gallery/doom-1/Snap64_1.jpg

5 https://i.pinimg.com/originals/3f/1d/72/3f1d72d8a8f6578478389166b46176fe.png

6 https://www.dosgamers.com/uploads/images/original/brutal-doom-fatality-pinky.jpg


Wertung
Pro und Kontra
  • Fetziges Run-and-Gun-Gameplay
  • Sehr gut ausbalancierte Waffen und Gegner...
  • Level stecken voller Überraschungen...
  • Satte Action ohne Kompromisse
  • Cooler Soundtrack
  • Hervorragender Modsupport
  • Schwammige Steuerung
  • ...allerdings ist die Gegnerauswahl stark eingeschränkt
  • ... sind aber häufiger sehr unübersichtlich
  • Vereinzelte Bugs in Menüs

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



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