Großes Action-Kino ohne Sinn und Verstand!

Call of Duty 4, das den Untertitel „Modern Warfare“ trug, verlegte das renomierte Weltkriegsszenario in die nahe Zukunft. Heraus kam einer der besten Shooter...

von Stexx am: 28.02.2010

Call of Duty 4, das den Untertitel „Modern Warfare“ trug, verlegte das renomierte Weltkriegsszenario in die nahe Zukunft. Heraus kam einer der besten Shooter der letzen Jahre! Nicht mehr und nicht weniger. Packende Missionen, drastische Inszenierung, knallharte Action, verpackt in eine gute Handlung und als Sahnehäubchen ein ausgezeichneter Mehrspielerpart, der einen einfach zu fesseln wusste.
Nun steht der Nachfolger in den Regalen, heiß erwartet, bis aufs äußerste gepusht und mit einem schweren Erbe. Hat „Modern Warfare 2“ das Zeug, den herausragenden Vorgänger noch zu übertrumpfen. Kommt darauf an, von welchem Standpunkt man das ganze betrachtet: das mittlerweile sechste Call of Duty übernimmt die Stärken, die Seinesgleichen suchenden Missionen und Gefechte und legt an mancher Stelle sogar noch eine Schippe drauf. Allerdings geht in dem ganzen „Kabumm“ und „Rattattattam“ auch ein wichtiges Element verloren: die Logik!

Neue Perspektive

Und wo wir gerade bei Sichtweisen waren: so toll geht es der Welt gerade nicht. Zumindest wenn es nach den Amerikanern geht. Modern Warfare 2 beginnt fünf Jahre nach den Ereignissen des Vorgängers. In dieser Zeit ist eine Menge passiert. Die Russen haben sich, nach dem Sieg über den Terroristen Imram Zakhaev von den Amerikanern abgewandt. Warum genau, bleibt Ihnen das Spiel schuldig. Kommentarlos müssen wir hinnehmen, dass das neue Russland die Ereignisse scheinbar anders interpretiert hat, als die Amis und den gefallenen Zakhaev als Volkshelden bejubeln. Warum auch immer....!
Zudem bahnt sich eine neue Bedrohung an, der Nachfolger Zakhaevs, Vladimir Makarov schmiedet einen Plan, das zu erreichen, was sein Vorgänger nicht leisten konnte. Nämlich gehöriges Chaos zu stiften und das gleich in die Vereinigten Staaten. Wie es dazu kommt erfahren sie am eigenen Leib. Doch bevor die „Geschichte“ (die Anführungszeichen sind nicht zufällig gesetzt) in Fahrt kommen kann beginnt das Spiel, wie sein Vorgänger mit dem obligatorischen Hindernissparcour, dem Training an der Waffe und der anschließenden Einstufung Ihres Könnens. So schlägt ihnen das Spiel, wie schon in Modern Warfare 1 einen von vier Schwierigkeitsgraden vor. Fair und Sinnig. Das erste und letzte Mal, dass ich den Eindruck von Letzterem hatte.
Auch diesmal schlüpfen Sie in die Rolle mehrerer Protagonisten, in Afghanistan etwa in den US.Marine Joseph Allen. Ihr alter Ego wird vom General angeheuert, einer Spezialeinheit beizutreten, der Task Force 141 nämlich, einer Liga von „außergewöhnlichen Gentlemen“. Ok, wohl eher nicht. Zudem kein besonders angenehmer Job, denn nachdem Allen in Afghanistan aufgeräumt hat, schickt ihn der General auf einen Undercoverauftrag.

Kreuz und Quer

Allen tritt Makarov bei und soll aufdecken, was der Bösewicht vorhat. Ein interessanter Gedanke, wird man sich vielleicht denken. Doch dass Sie die Terroristengruppe dabei begleiten und ihnen zuschauen dürfen, wie sie wehrlose Zivilsten am Airport Moskau abschlachten, wirkt weder nachvollziehbar, noch beeindruckend. Was auch immer diese Szene bewirken wollte (moralisch), sie ist mehr als plump und dämlich. Spielerisch ist das ganze jedoch klar. Makarov und Co geben sich als Amerikaner aus und hetzen so die Russen auf die USA, können die doch jetzt einfach anstellen, was sie wollen und sich für die Leichen auf russischem Boden revangieren. Denkt sich Modern Warfare 2. Die Folgen: ein Krieg auf amerikanischem Boden, der Besuch eines Waffenhändlers in Brasilien und noch sonne Angelegenheit mit einem Verräter. Aber eins nach dem anderen....

Wir zeigens allen!

Gegen wen Sie im folgenden kämpfen ist eigentlich egal. Um den Krieg zu gewinnen und Makarov zu stoppen reisen Sie quer über den ganzen Globus. Warum es zu den teils sehr stimmungsvollen Schauplätzen geht? Wen juckts, Hauptsache es gibt ordentlich was zu erschießen. Zwar sind die Gegnerwellen, anders als im Vorgänger, nicht mehr in unendlichen Scharen vorhanden, trotzdem rücken Ihnen oftmals mehrere Dutzend Feinde auf den virtuellen Pelz, denen Sie mit ,teilweisen neuen, Bleispritzen entgegenkommen. Die Gefechte sind gewohnt knallig und drastisch inszeniert, dank neuer Animationen allerdings noch ein wenig imposanter. Nicht so beeindruckend verhält sich die KI der Widersacher, sowie der „sterblichen“ Begleiter, denn wieder sind Sie teilweise mit storyrelevanten Persönlichkeiten unterwegs (unter anderem mit ihrem alten Ego aus dem ersten Teil, MacTavish, alias Soap, der zum Captain befördert wurde). Die geben sich oftmals die Blöße, stürmen hirnlos auf sie zu. Clevere Deckungssuche kennen die Burschen nicht, ofmals verharren Sie an Ort und Stelle wo sie sich in Sicherheit wiegen um sich dann abschießen zu lassen. Immerhin werfen die Feinde nicht mehr übermäßig viele Granaten.

Schneestürme und Logik

Neben den nervenaufreibenden Schießereien schickt Sie das Spiel oftmals ,wie im Vorgänger auch schon, auf Schleichkurs. Die spannende Jagd auf Terroristen steht den Ballerpassagen in nichts nach. Packende Wendungen und gut getimte Skripts bringen gehörig Action. Wenn Sie etwa eine Bohrinsel von den unteren Ebenen aus infiltrieren, oder sich bei einem Schneesturm auf die suche nach einer abgeschossenen Satelliteneinheit in einem feindlichen Stützpunkt herumtreiben, und mit einem Herzschlagsensor nach Gegnern spähen, fesselt Sie das Spiel hundertprozentig an den Bildschirm. Allerdings können die beeindruckenden Schauplätze nicht über die lose Story hinwegtäuschen. Auf einmal sollen wir einen Gefangenen, der für Makarov (also auch für uns) großen Wert hat, aus einem Gulag befreien, während die Amerikaner das Weiße Haus zurückerobern. Warum der Mann so wichtig ist, darüber können wir nur spekulieren, schließlich nimmt die Geschichte eine Wendung ad absurbum und wir stehen gegen die ganze Welt und noch mehr. Mittel für ein tolles Spieldesign, eine nachvollziehbare Erklärung konnte ich mir allerdings beim besten Willen nicht herholen.

Neues Spielzeug!

Neben neuen Waffen und dem oben genannten Herzschlagsensor sind Sie nur auch mal in Gefährten (einem Boot und auf einem Schneemobil) unterwegs, bedienen das MG eines Humvees während Sie sich gegen mit Raketenwerfern bewaffnete Angreifer zur Wehr setzen und tragen Mobile Geschütze an Ort und Stelle, damit diese die anrückenden Gegnerwellen umpusten. Zwar dürfen Sie nicht wie im Vorgänger mit den Geschützen eines AC-130 herumspielen, allerdings drückt Ihnen das Spiel gleich zweimal eine Predator-Drohne mit lenkbaren Raketen in die Hand, die nicht viel weniger Schaden anrichtet. Außerdem dürfen Sie (Maschinen-) Pistolen jetzt auch paarweise vorzeigen. Neue Visiere (Darunter Thermal-Optik) runden das Paket ab.

Blender?!

Aber die Amis nehmen ja eh alles locker. Mit „Hurra“ und „Jo-He“ blasen sie gegen den Feind, filmen wie Hochhäuser unter schweren Bombardement zusammenkrachen und jauchzen als „Retter der Welt“ dem Sieg entgegen. Floskeln und Anekdoten dürfen vor allem in den Ladezeiten, zwischen den Missionen nicht fehlen. Die sind meistens nicht nur unglaublich gelangweilt (oder übercool...?) gesprochen sondern strotzen vor Patriotismus, dass es einem schlecht werden könnte. Zu trocken und harmlos wird die Situation hingenommen. Passt schon.... Was für eine Ironie, dass es in einem Zitat heißt „Der Patriotismus verdirbt die Geschichte....“. Aber wo keine Geschichte ist....
Technisch hat sich zum Vorgänger nicht viel getan, aber genug um zu sagen, dass das Spiel immer noch recht hübsch rüberkommt. Besonders die Animationen sind hervorragend, die meisten Effekte ebenso und wie Call of Duty 4 (man denke an die Mission „Besatzung entbehrlich“) besticht Modern Warfare 2 mit grandiosen Lichteffekten. Durch die Flut von grafischen Highlights fallen die kleinen Schwächen der Engine, etwa recht platte und detailarme Texturen kaum auf. Auch die Gegnermodelle wiederholen sich häufig. Stichwort: Angriff der Klonkrieger.
Soundmäßig sei der hervorragende Klang der Waffen hervorzuheben, der den tollen Gefechten noch die Krone aufsetzt. Einer unglaublich intensiver Klang, auch dank der unglaublichen Musikuntermalung von Hans Zimmer. Absolutes Gänsehautkriegen, die Musik ist stets passend und ist ein echtes Erlebnis. Alledings leistet sich Modern Warfare 2 auch einige Makel beim Sound, darunter die teilweise miserable Sprachausgabe. Sowohl während der Missionen, vor allem aber in den Ladesequenzen prasselt ebenso sinnloses, wie unmotiviertes „Wir sind Helden und haben Waffen!“-Geblödel auf Sie ein.

Was kann man abschließend sagen: Würde sich Modern Warfare 2 nicht so ernst nehmen, wäres es wahrscheinlich besser. Auf die Ballereien, das Missionsdesign und die Intensität beschränkt ist der sechste Call of Duty-Teil ein herausragender Vetreter seiner Zunft, sogar noch einen Ticken besser als sein Vorgänger, schon weil er das gelungene Konzept fortführt (nicht kopiert! Vielleicht lediglich zitiert) und konsequent ausbaut. Allerdings nimmt sich das Spiel zwar einen virtuellen aber ernsthaften Konflikt zur Brust und hat die Pflicht eine nachvollziehbare, logische Geschichte zu erfinden, kein „Wir machen alles platt!“-Getöse auf Hollywood-Neveau. Hier versagt das Spiel leider und raubt dem Spiel einer wichtigen Grundlage. Zurück bleiben ein paar gute Spielstunden, die zu schnell vorbei sind, mit vielen coolen, aber auch krassen Szenen, adrenalinfördernden Einsätzen und der allgegenwärtigen Frage, was man da eigentlich grade macht.

Nicht allein!

Während also der Singleplayer-Part von Modern Warfare 2 innerhalb von vier bis fünf Spielstunden geschafft ist kann man sich an den Multyplayer- und den neuen Specops-Modus
wagen. Leider hat der Mehrspieler-Part einiges an Attraktivität einbüßen müssen. Keine Dedicated Server mehr, weniger Spieler pro Karte.... Das kann einem ganz schön auf die Nerven gehen. Die netten Neuerungen, etwa neue Killstreaks (Belohnungen nach Abschussserien), Perks und allerlei freischaltbares Zeug verteilt auf 70 Ränge motivieren, die Mängel des Multyplayer-Spiels bremsten mich allerdings immer wieder aus.
Andersherum hatte ich eine Menge Spaß mit dem neuen Specops-Modus. In vielen kleinen Missionen (teilweise Abschnitte aus dem Vorgänger, bzw aus Modern Warfare 2 selbst) verfolgen Sie alleine oder (viel cooler) mit einem Mitspieler verschiedene Ziele, etwa Datentransport von A nach B, die Infiltration eines Gebäudes, die Verteidigung eines Abschnitts oder die berühmt, berüchtigte Mission „Tod von Oben“ aus dem ersten Teil und ergattern bis zu drei Sterne, mit denen Sie weitere Einsätze freischalten. Ein großer Spaß und unglaublich spannend und spaßig.

Zur Wertung: Die moralische Ansicht der Szenen in „Kein Russisch“ möchte ich trotz meiner negativen Einstellung zu dieser „Mission“ nicht einfließen lassen!


Wertung
Pro und Kontra
  • Grafik: fantastische Animationen, Lichteffekte
  • Sound: sehr gute Waffensounds, hervorragender Soundtrack
  • Balance: Einschätzung des Schwierigkeitsgrades, immer fair
  • Atmosphäre: tolles Schlachtengefühl, sehr gute Skripts
  • Bedienung: präzise und einfache Steuerung, gute Kontrolle
  • Umfang: Multyplayer und SpecOPs-Modus inklusive
  • Leveldesign: abwechslungsreiche Missionen, tolle Skripts
  • KI: geht häufig in Deckung, schießt/trifft gut
  • Waffen & Extras: neue Schießprügel, Spezialgerät, Fahrzeugsequenzen
  • Handlung: coole Inszenierung und spannendes Szenario
  • Grafik: Klongegner, matschige und platte Texturen
  • Sound: überwiegend miserable Sprachausgabe
  • Balance: kein
  • Atmosphäre: kein
  • Bedienung: kein
  • Umfang: Singleplayer arg kurz
  • Leveldesign: im Grunde Schlauchlevels
  • KI: stürmt hirnlos nach vorne, kein Teamwork
  • Waffen & Extras: kein
  • Handlung: komplett wirr, unlogisch, viele Storylücken

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nur sehr wenige

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



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