Hat die 2 im Namen nicht wirklich verdient

Anno 2014 erschien Bungies neue  Mark Destiny exklusiv für die Konsolen... und polarisierte wie kein anderes Spiel in dem Jahr. Immerhin wusste man,...

von Jcfr am: 16.11.2017

Anno 2014 erschien Bungies neue  Mark "Destiny" exklusiv für die Konsolen... und polarisierte wie kein anderes Spiel in dem Jahr. Immerhin wusste man, dass die Halo-Macher sich auf Shooter mit Story verstehen und der Hype um ihr neues Projekt mit gigantischem Budget und einem 10-Jahres-Plan wuchs beständig. Und so solide die Gameplay-Mechaniken des Endproduktes auch waren, so enttäuschte es doch viele, viele Spieler mit einer schwachen, verwirrenden Story und endlosem Grind.

3 Jahre nach dem Konsolen-Vorgänger erscheint die Fortsetzung nun auch auf dem PC und will die Wogen von einst glätten. Mit Erfolg?

Alles auf Null, die nächste Fahrt geht rückwärts:

Die Story von Destiny 2 setzt einen unbestimmten Zeitintervall nach dem Vorgänger an. Für all jene, die sich mit dem Hintergrund (Lore)nicht auseinandergesetzt haben, hier eine spoilerfreie Zusammenfassung: Vor langer Zeit taucht der "Reisende" (ein mechanische Kugel in der Größe des Todessterns) im Sonnensystem der Erde auf. Die technologische Entwicklung macht Riesensprünge, Mars, Venus, Titan und co werden terraformiert und besiedelt. Doch ein undefiniertes Böses (alias die "Dunkelheit") folgt dem Reisenden und  sendet die Menschheit an den Rand der Auslöschung. Lediglich eine einzige Stadt auf der Erde bleibt als Zufluchtsort. Im letzten Bemühen um den Schutz der Menschheit erschafft der Reisende die Ghosts (schwebende Roboter mit KI), welche sogenannte Hüter auswählen und ihnen das "Licht des Reisenden" verleihen, wodurch sie aussergewöhnliche Kräfte erhalten und nach dem Tod wiederauferstehen. 

Die Story von Destiny 2 beginnt mit dem Fall der letzten Stadt durch einen Überraschungsangriff der Rotlegion der Kabal unter dem Bösewicht Ghaul. Der legt den Reisenden in Ketten und nimmt den Hütern dadurch ihr "Licht" (nette Begründung für den Umstand, dass auch Spieler von Destiny 1 wieder bei Null anfangen müssen). Von hier an beginnt nun der widerstand gegen Ghaul.

Insgesamt betrachtet sind die Story-Missionen durchaus gut inszeniert... es gibt nur leider viel zu wenige davon. Den Großteil des single-player-inhalts machen Filler-Missionen (sogenannte "Abenteuer" aus), die nix mit der eigentlichen Geschichte zu tun haben und auch nur wenig dazu beitragen. Sie geben sich zwar Mühe um Abwechslung, aber im Grunde sind sie nur dazu da, das Power-Level des Spielers zu erhöhen, um die Story-Missionen zu bestreiten.

Mein größtes Problem mit der Story ist aber, dass sie zu gehetzt wirkt. Keine großen Wendungen, wenig Build-up und generell wenig Aufwand um den Spieler mit der Welt oder dem Lore vertraut zu machen. Fast so, als wollte Bungie das den Spieler so wenig wie möglich vom Endgame trennt.

Come on, Baby, light my Guardian:

Drei Hüter-Klassen stehen dem Spieler zur Wahl (Warlock, Titan, Hunter), die jeweils über drei verschiedene Modi verfügen (Leere, Arkus, Solar). Im Grunde verfügt jede Klasse über einen Granaten-Skill, einen Support-Skill und einen Nahkampf-Skill, sowie einen super-skill.  Jeder Skill lässt sich ein wenig anpassen, einzigartige Builds sind aber nicht möglich.

Im Arsenal ist man mit vier Rüstungsslots und drei Waffenslots ausgestattet. Die Waffengattungen sind allerdings sehr übersichtlich. Es gibt Scoutgewehre,  Revolver, Pistolen, Maschinenpistolen, Impulsgewehre und Automatikgewehre für Kinetik- und Energiewaffenslots (wobei ich den Eindruck habe, dass Energiewaffens ich nur dadurch von  Kinetikwaffen unterscheiden, dass sie mehr Schaden bei Schilden verursachen), sowie Schrotflinte, Scharfschützengewehr, Fusionsgewehr, Raketenwerfer, Granatwerfer und Klinge für Powerwaffen (hoher Schaden, wenig Munition). 

Im Großen und Ganzen hat sich nicht allzu viel getan zwischen Destiny 1 und 2. Insgesamt wirkt die Vielfalt ein wenig eingeschränkt und 0815, wenn man von den exotics mal absieht (aber dazu später mehr). Allein das Gameplay hebt Destiny 2 vom Mittelmaß ab.  Die Steuerung fühlt sich griffig und präzise an, das Spiel schnell und dynamisch. Die Gegnervielfalt der 4 Alien-Völker, die man bekämpft, ist zwar nicht allzu groß, geht in der Abmischung aber in Ordnung. Man merkt, das Bungie sich auf leichtzugängliche Shooter-Action versteht.

Loot - Dropchance / Zeitaufwand x Engramme = Grindfest:

Ok, die Story-Kampagne liegt hinter einem, das Maximallevel ist erreicht, was bleibt also im Endgame?  Itemgrind. 

Jeder Gegenstand der eigenen Ausrüstung hat ein Licht/Power-Level, welches zum Gesamtlevel des angelegeten Gearsets beiträgt. Ist jedes Item 263, dann ist das Gesamtlevel logischerweise 263. Wie erhöht man dieses Level aber? Nun, mit besserer Ausrüstung. Wie bekommt man die?  Hauptsächlich durch das Abschließen von Daily-Missions, den Spielermatches im Schmelztigel, Teilnahme an Strikes und Raids, sowie dem Farmen öffentlicher Events auf den Gamemaps.

Diesen Vorgang als "zäh" zu bezeichnen ist dabei eine Untertreibung. Es hat, in meinem Fall, einer Woche intensiven zockens bedurft, um von 273 auf die Gesamtstufe von 280 zu kommen - ganz einfach weil kein Engramm über der Stufe von 273 droppen wollte. Momentan befinde ich mich auf 291 und fühle deutlich den Burnout.  Es macht einfach dauerhaft keinen Spaß, Stunde um Stunde dasselbe zu machen, nur um das sechste Engramm der Stufe 284 droppen zu sehen.

Dabei könnte ich längst auf 300 sein, wäre es mir erlaubt, sämtliche exotics in meinem Besitz anzulegen. Leider darf man lediglich eine exotische Waffe und ein exotisches Rüstungsteil anlegen. Warum? War Bungie es nicht möglich, das Spiel anders zu balancen? Wie wäre Diablo, wenn man nur EIN EINZIGES legendäres Item oder ein  Item eines Sets anlegen dürfte? Insgesamt  betrachtet läuft das Endgame von Destiny 2 für mich weniger auf "Unterhaltung"  denn "Arbeit" hinaus.

Dabei hat Bungie sogar aus dem Vorgänger gelernt und die Dropchancen für Exotics deutlich erhöht. Zudem erhält man nicht länger Items für Titan oder Hunter, wenn man Warlock spielt (und umgekehrt). Auch die Exotic-Waffen, die man für das Abschließen von Questreihen bekommt sind PRINZIPIELL eine gute Idee (wenn auch Ratking unnötig kryptisch ist).

Unterm Strich fühlt sich das Item-Leveln eher srpunghaft und frustig an, als konstant. So, als würde das Spiel einen an einer Leine zurückhalten und nur gelegentlich ein Stück vorankommen lassen.

Sozial? Gern, aber wie?

Das zweite, große  Manko des Nachfolgers ist, in meinen Augen, der soziale Aspekt. Destiny 2 will, dass Spieler sich zusammentun und in "Feuertrupps" Strikes und Raids in Angriff nehmen... die Frage ist nur, wie sollen diese Gruppen zusammenfinden? Für den Schmelztigel und gewöhnliche Strikes greift das Spiel einem unter die Arme. Einfach  für die Aktivität anmelden und warten, während man zusammengewürfelt wird.

Problematischer ist es da bei Dämmer(Nightfall)Strikes und Raids. Was macht man also? Lfg in den Chat tippen (als wäre es ein schlechtes F2P-MMO)? Nein, Bungie bietet ein Hilfewerkzeug... außerhalb des Spiels. Jep, auf Bungies Website, sowie einer Smartphone App sollen die Spieler, die nach Einsatztrupps suchen, zusammenfinden. Den Platz in einem offenen Trupp anzunehmen genügt aber nicht, nein man muss auch noch seine battlenet-Id angeben, damit man überhaupt eingeladen werden kann... und selbst dass kann noch an einem falschen Server oder den Standardeinstellungen für öffentliche Gruppensuche im Spiel scheitern. Gefühlt läuft es im Grunde  darauf hinaus, die halbe Welt mit Freundschaftsanfragen zuzuspammen.

WTF, Bungie! Warum kein Ingame-Browser oder Chatroom? Warum muss sich die Gruppensuche anfühlen, als würde ich heimlich Kontakt mit einem ausländischen Spion aufnehmen? Was glaubt ihr, wie es WoW ergangen wärde, wenn Blizzard beim Release ein derart wirres System eingebaut hätte (zumal dieses System NIRGENDWO im Spiel erklärt wird)? Ich habe drei Anläufe gebraucht, nur um dann festzustellen, das Nightfall-Strikes fast identisch sind mit den herkömmlichen Strikes - nur mit einem Zeitlimit. 

Und für diejenigen, die jetzt anmerken wollen, dass es ein Guided-Beta-Tool im Game gibt: Großartig, nicht wahr? Nur zu, probiert es aus - die beste Art eine Dreiviertelstunde zu verschenden, nur um am Ende aus der Warteschleife geworfen zu werden, weil sich niemand sonst findet.

Technik:

Um es kurz zu machen: Das Spiel sieht klasse aus, läuft flüssig auf 60fps und mir sind weder Bugs aufgefallen, noch kam es zu Abstürzen.
Den einzigen Kritikpunkt den ich anmerken würde: Nur vier Karten (ETZ, Titan, Nessus, IO). Ehrlich Bungie, etwas mehr Abwechslung, bitte! Wo ist Venus oder der Mond aus dem Vorgänger? Und warum sind die Spielerschiffe noch immer lediglich eye-candy? Wann erhalten sie endlich einen sinnvollen Zweck? Ist es so schwer, Wingcommander zu clonen?

Hinzu kommt die musikalische Untermalung. Während diese im Vogänger hochgelobt wurde, vermisse ich in Destiny 2 einen wuchtigen Soundtrack. Nichts geht wirklich ins Ohr oder bleibt im Gedächtnis hängen, abseits vom Main-Theme.

Fazit:

Unterm Strich muss ich feststellen, dass Destiny 2 Spaß macht. Das Gameplay und die Shooter-Mechaniken erhalten es geradeso aufrecht... aber wie eine wirkliche Fortsetzung fühlt sich Destiny 2 einfach nicht an. Zu wenig hat sich seit dem Vorgänger getan um die "2" im Namen wirklich zu rechtfertigen. Mir scheint eher so, als hätte man beim Vorgänger an den Ecken und Kanten gefeilt, ohne auf  die substanziellen Mängel eingegangen zu sein. Neue Ideen oder Features? Pustekuchen.

Die Kampagne pusht einen ins Endgame und das Endgame ist Grind pur. Die Mechaniken, mit denen sich Feuertrupps zusammenfinden sind unnötig wirr und komplex. Und dennoch... wenn ein Spiel mich dazu bringt, freiwillig an Playermatches im Schmelztigel teilzunehmen und ich sogar Spaß daran finde, dann kann es nicht alles verkehrt machen.


Wertung
Pro und Kontra
  • ausgeszeichnetes Gameplay
  • gute Grafik
  • Shooter mit Rpg-Anleihen
  • Gibt sich Mühe, Spieler bei der Stange zu halten
  • Kampagne zu kurz
  • Wenige Maps mit den stets gleichen Events
  • Endgame besteht aus Grind
  • Gruppensuche via Website

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

eher leicht

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 100 Stunden



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