Mit dem Wang auf den Schnetzeltrip

In der folgenden Rezension geht es um einen Reboot eines Spiels aus dem Jahr 1997. Lohnt sich fünf Jahre nach Erscheinen noch ein Blick darauf? Hier lest ihr...

von Bakefish am: 14.10.2018

Über eine Rezension eines YouTubers wurde ich auf das Spiel „Shadow Warrior“ aufmerksam. Ein arcadiger Shooter, aus dem Hause Flying Wild Hog, der aus jeder Menge Ballern und Schwertschnetzelei besteht? Eine abgefahrene Handlung im B-Movie-Stil? Dazu konnte ich nicht nein sagen. Diverse Stunden jagte ich durch den virtuellen fernen Osten und Dämonenwelten und schnetzelte dabei hunderte Gegner. Und sagen wirs gleich, das hat sich wirklich gelohnt. Weshalb das Spiel mich dennoch gerne mal frustrieren konnte, lest ihr im folgenden Test.

Disclaimer: Ich habe den Originaltitel aus dem Jahr 1997 nicht gespielt und kann hier also keine Vergleiche ziehen.

 

Ein Dämonenreich für ein Schwert

 

Eigentlich ist der Auftrag für Protagonist Lo Wang recht simpel: Sein Boss Orochi Zilla möchte einem Herrn Mizayaki ein wertvolles Schwert, genannt Nobitsura Kage, abkaufen. Als der ausschlägt, kommt es zum Handgemenge, denn Lo Wang soll das Schwert um jeden Preis erhalten. Als Mizayaki Wang mithilfe eines Dämons namens Hoji überwältigt, versteht Wang die Welt nicht mehr. Als plötzlich ein Haufen an Dämonen aufkreuzt und alles Menschliche abmurkst, erst recht nicht mehr. Hoji bietet seine Hilfe an, sodass Wang doch noch an das Nobitsura Kage geraten kann. Doch sowohl hinter dem Schwert als auch Hoji steckt mehr als gedacht. Und schon bald entwickelt sich hieraus eine epische Geschichte, die Lo Wang selbst in die Tiefen des Dämonenreichs führt…

Diese Wesen sind im Spiel von hoher Bedeutung. Welche genau das ist, erfahren wir jedoch erst mit der Zeit.

 

Ein sehr großer Teil der Handlung wird über Dialoge zwischen Wang und Hoji erzählt. Und diese haben es in sich: Infantiler Humor, komische Anekdoten, Planlosigkeit, die Chemie zwischen den beiden stimmt einfach. In jeder Situation hauen die beiden sich gegenseitig One-Liner um die Ohren. Und auch die Szenen, in welchen Wang mit einigen anderen Charakteren wie Zilla aneinandergerät, bestehen oft aus solchen Schlagabtauschen. Das gibt der Handlung einen sehr B-Movie-haften Touch.

Umso überraschender ist es, dass „Shadow Warrior“ auf einer tiefgehenden Hintergrundgeschichte fußt, die einige Charaktere und Schauplätze mit sich führt und auch in stilvollen Zeichentricksequenzen erzählt wird. Es gibt einige interessante und unerwartete Wendepunkte. Trotz allem sinnbefreiten Humor kann das Spiel somit einige Emotionen zeigen und baut bis zum Ende hin viel Spannung auf, bis alles in einem packenden Finale mündet.

Letztendlich sollte man von dem Shooter keine Handlung wie bei einem Dragon Age erwarten, dafür sind die Dialoge am Ende doch zu flach und manche Charaktere bleiben blass. Dennoch kann der Plot gut erzählen und wartet mit coolen Szenen und Schauplätzen auf. Den Humor nicht zu vergessen!

 

Live by the gun, die by the sword

 

Das Gameplay lässt sich einfach beschreiben: Als Lo Wang begebe ich mich in der Egoperspektive durch linear gestaltete Level und muss dabei dutzende Feinde auf einmal umnieten. Die oft korridorhaft aufgebaute Umgebung weitet sich dann zu größeren, arenahaften Bereichen, in welchen mich Feinde von allen Seiten aus anfallen. Gelegentlich gibts hinter der einen oder anderen Ecke noch Geheimnisse zu entdecken.

Zuerst zu den Waffen: Beim Kämpfen kann ich sowohl auf mein Schwert als auch auf einige Schusswaffen zurückgreifen. Hier wird schnell deutlich, dass Flying Wild Hog die Schwertmechanik sehr wichtig war. Mithilfe der Maus und den Bewegungstasten kann ich diverse Angriffe mit dem Schwert durchführen, das mögen slasherhafte und schnelle Schläge sein oder langsame Ausholattacken, die aber höheren Schaden durchsetzen. Im Laufe des Spiels erlerne ich noch weitere, mächtige „Ki-Attacken“ wie Rundumschläge oder einen tödlichen Stoß nach vorn (zu Upgrades gleich mehr). Das Prinzip, mit diversen Attacken zahllose Gegner zu filetieren, birgt sehr viel Dynamik und Abwechslung. Das Schwert ist somit nicht einfach irgendeine Nahkampfwaffe; bis zum Ende des Spiels bietet es eine sinnvolle Alternative zu den Bleipumpen.

Mit einem Rundumschlag wie diesem kann man diverse Gegner auf einmal beharken.

 

Apropos, natürlich kann ich auch auf die guten alten Schießprügel zurückgreifen. Im Laufe des Spiels erhalte ich Knarren wie einen Revolver, einer Schrotflinte oder später auch einen Flammenwerfer. Insgesamt bleibt das Spiel hier also bei recht gewöhnlichen Waffen. Und als wäre die konventionelle und sehr kleine Waffenauswahl nicht schade genug, wirken diese Meinungsverstärker durchgängig schwachbrüstig. Egal, ob ich mit der Schrotflinte oder dem Flammenwerfer draufhalte, sowohl Handling als auch Waffenschaden lassen die Schießprügel mickrig wirken. Klar, es muss einen Anreiz für mich geben, dass ich das Schwert nutze, doch wenn ich einem einfachen Menschen mit dem Revolver einen Kopfschuss verpasse und der immer noch steht, sind hier die Balanceschrauben falsch gedreht worden. Da bleibe ich dann doch lieber beim Schwert.

 

Das große Fressen

 

„Shadow Warrior“ spielt sich arcadig, also sehr flink und nach dem Prinzip „Masse statt Klasse“. Lo Wang bewegt sich nicht nur sehr schnell voran, er beherrscht auch Dashes. Mit diesen und dem Tempo in Kombination hüpfe und hechte ich durch Gegnermassen. Ich muss hierbei jedoch auf meine Ausdauer achten, denn mit jedem Sprint und Dash sinkt diese. Zwar lädt sie sich recht schnell wieder auf, doch im Kampf bleibt sie eine kostbare Ressource.

Schnelles Vorgehen ist gefragt. Mit einer vierläufigen Schrotflinte geht das einfacher.

 

Zahllose Gegner bitten mich, sie zu Chop Suey zu verarbeiten. Ich muss mich gegen Dämonen und gelegentlich auch gegen Menschen behaupten. Während die Menschen ziemlich einfaches (und auch strohdoofes) Kanonenfutter darstellen, sind die Dämonen vielfältiger. Anfangs gibt es einfache, „niedere“ Dämonen, die mich einfach im Nahkampf angreifen, später kommen fliegende Ungeheuer oder Assassinen dazu. Im Laufe des Spiels muss ich mich auch gegen „höhere“ Dämonen zur Wehr setzen. Das sind in der Regel ziemlich zähe und große Brocken, die fiese Spezialfähigkeiten besitzen, beispielsweise lassen sie getötete niedere Dämonen wiederauferstehen. Ab und zu gibt es im Spiel auch Bosskämpfe, in welchen ich mich gegen teils haushohe Wesen zur Wehr setzen muss.

Theoretisch funktioniert das Spiel an dieser Stelle sehr gut. Durch die verschiedenen Angriffsmuster der Gegner muss ich meine Umgebung ununterbrochen im Auge behalten. Ich muss improvisieren können. Und wenn ich eine riesige Dämonenhorde (auf solche treffe ich häufig) Viech für Viech zerkleinere, ist das mehr als befriedigend. Allerdings gibt es hier Schwächen. Einerseits ist die Gegnerauswahl recht klein, das ist leider auch bei höheren Dämonen so. Wenn das Spiel mir also zum gefühlt drölfzigsten Mal dieselben höheren Dämonen entgegenschmeißt, rolle ich irgendwann nur noch mit den Augen, zumal diese einfach kaum etwas anderes als fette Batzen Gesundheit darstellen.

Solch ein Viech sieht gut aus, doch nach dem zwanzigsten Klon recht es dann auch langsam.

 

Mit den Bossgegnern ist das noch schlimmer; da diese monströsen Dinger extrem viel Schaden einstecken, verbringe ich Ewigkeiten einfach damit, auf irgendwelche Schwachstellen zu ballern. Innovation? Fehlanzeige, stattdessen werden diese Kämpfe sehr repetitiv.

Nicht falsch verstehen: Jede einzelne Gegnerart ist cool designt worden, die verschiedenen Angriffsmuster bringen einiges an Intensität in das Spiel. Ich hätte mir hier nur eine etwas größere Auswahl und weniger minutenlanges Draufhalten bei Bosskämpfen gewünscht.

 

Heisenberg wäre neidisch

 

In „Shadow Warrior“ erwarten mich mehrere Upgradesysteme. Drei Begriffe sind hierbei wichtig: Karma, Geld und Ki-Kristalle.

Töte ich Gegner, erhalte ich Karma. Töte ich sie kreativ, erhalte ich noch einen Karmabonus. In den Leveln verteilt finde ich auch häufiger Karmabrunnen, welche mir ebenfalls einen Bonus geben. Habe ich genug Karma gesammelt, erhalte ich Skillpunkte, mit denen ich diverse Eigenschaften meinerseits verbessern kann. Mehr Ausdauer? Mehr Schaden gegen niedere Dämonen oder mit Ki-Attacken? Mehr Gesundheit? Alles ist drin. Das Skillsystem ist nicht nur sinnvoll, sondern motiviert mich auch sehr, da es mich spürbar verbessert.

Für kreatives Töten gibts deutlich mehr Karma. Fühlt sich noch jemand an "Bulletstorm" erinnert?

 

Immer dieses Ki. Was ist das nun überhaupt? Im Spiel kann ich diverse Ki-Fähigkeiten einsetzen. Das sind einmal die bereits erwähnten Attacken oder passive Fähigkeiten wie Heilung oder eine Schockwelle, die Gegner umwirft. Während ich die Attacken mit Skillpunkten freischalte, nutze ich leuchtende und reinweiße Ki-Kristalle, um mit diesen passive Fähigkeiten freizuschalten oder zu verbessern. Eine größere Reichweite für die Schockwelle? Schnellere Heilung? Das ist alles möglich, Hauptsache, ich finde die Kristalle dafür.

Diverse Skills warten darauf, dass ich sie freischalte. Ihre Wichtigkeit ist nicht zu unterschätzen.

 

Zuletzt finde ich in Levels noch Geld, mit welchem ich Upgrades für Waffen freischalte. Für jede Knarre gibt es drei Upgrades, beispielsweise in Form von Schadensverbesserungen oder höherer Genauigkeit, ein Upgrade ist immer ein alternativer Feuermodus, der ganz klassisch über die rechte Maustaste benutzt wird. Warum es immer nur drei Updates sind, erschließt sich mir nicht, warum ich den alternativen Feuermodus erst kaufen muss, schon gar nicht. So sehr die anderen Upgrades mich motivierten, so sinnlos erschien mir das Waffenupgradesystem. Denn es wirkt, als hätte man hier die Schießeisen bewusst geschwächt, um sie mit einer Handvoll Upgrades irgendwie wieder sinnvoll werden zu lassen. In meinen Augen hätten nicht nur alle Schießprügel von Anfang an verstärkt, sondern auch das Waffenupgradesystem noch etwas umfangreicher gestaltet werden sollen.

 

Einmal Dämonenfilet in Kokossauce, bitte

 

Vielleicht wirke ich bei diesem Spiel etwas schwarzmalerisch, das will ich aber gar nicht. Denn vom Spielgefühl her macht „Shadow Warrior“ extrem viel Spaß.

Das Hechten und pausenlose Schnetzeln fetzt richtig. Das Aufschlitzen und Zerteilen fühlt sich unfassbar befriedigend an und das Einsetzen diverser Ki-Fähigkeiten gibt dem Spiel eine hohe Dynamik. Gleichzeitig motiviert das stetige Suchen nach Ki-Kristallen, Geld und Geheimnissen, dadurch entsteht schon fast eine Suchtspirale. Das fernöstliche Setting wartet an dieser Stelle mit einem Soundtrack auf, der ruhige, entspannende Musik liefert, aber in Kämpfen auch hammerharte Metalmucke rauszimmert.

Zig Gegner, rasante Action, keine Fragen.

 

„Shadow Warrior“ präsentiert einen wilden Mix aus Arcade, Ninjafeeling und schrägem Humor. Gleichzeitig fühlt sich das Spiel plottechnisch wie eine Kombination aus Odyssee und einem Buddymovie an, die man vielleicht ein bisschen mit dem Spiel „Bulletstorm“ vergleichen könnte. Auch, wenn gelegentlich zähe Kämpfe „dazwischengrätschen“, spielt sich „Shadow Warrior“ intensiv und sorgt für viel Lachen und Spaß. An dieser Stelle ein Lob an den Entwickler!

 

Probiert doch mal den Ikeakatalog

 

Getestet wurde mit folgender Hardware:

i7-6700k ohne Übertaktung, 16 GB RAM DDR-4 sowie KFA2 GTX 1070, Installation auf einer HDD

Das Spiel wird von der entwicklereigenen Road Hog Engine befeuert. Da das Spiel mit Version 1.5.0 getestet wurde, wurde die DirectX-11-Variante genutzt.

Insgesamt ist die Optik in Ordnung. Die Gegner- und Waffenmodelle wurden cool designt, Gegner weisen ein detailliertes Schadensmodell auf. Die Animationen sind flüssig und dynamisch.

Vielleicht keine Augenweide, aber an manchen Stellen doch schön.

 

Das Spiel präsentiert zahlreiche Schauplätze, von schicken Bambuswäldern über Industriekomplexe bis zu verschneiten Bergen. Generell ist die Optik recht abwechslungsreich, manche Level wirken jedoch, als hätte man einfach dieselben Abschnitte zigmal aneinandergeklebt. Das führte an diesen Stellen regelmäßig zu Orientierungsverlust bei mir. Auch wirken die Level innerhalb von Gebäuden recht detailarm, teilweise fühlen sie sich schon etwas „leer“ an. Abgesehen davon kann das Spiel aber einige schöne Sequenzen zeigen, nicht auch zuletzt wegen seiner schicken Beleuchtung.

Weiterhin ist das Spiel technisch gut geraten. Beim Zocken in maximalen Einstellungen und in Full HD wurde mein PC nur mittelmäßig ausgelastet, die Bildrate blieb konstant bei butterweichen 60 fps. Manchmal traten kleine Soundfehler auf und die Hitboxen von Feinden wirkten etwas unsauber. Das konnte gerade in Kämpfen häufiger frustrieren und daher werde ich das auch entsprechend in der Bewertung berücksichtigen.

 

Fazit

 

Letztendlich ist „Shadow Warrior“ ein fetziger Egoshooter, der keine großartig neuen Ideen liefert, aber in seinem Kern Vieles gut umsetzt. Das Spiel präsentiert mir eine witzige, aber durchdachte und emotionale Handlung, das Kämpfen mit dem Schwert ist einfach geil. Die Spielzeit ist lang, es gibt in den eigentlich linearen Levels viel zu entdecken, die Upgrades motivieren.

Das größte Problem des Spiels ist, dass sein Gameplay manchmal zu zäh wird. Die geringe Waffen- und Gegnerauswahl fällt schon bald auf und die Bosskämpfe dauern viel zu lang, weil stärkere Gegner einfach zu viel aushalten. Davon kann auch die durchdachte Schwertmechanik nicht ablenken, zumal alle anderen Waffen künstlich beschnitten wirken. In Kombination mit einer Handvoll kleinerer Probleme drückt es das Spiel am Ende auf 81 Punkte herunter. Somit weißt „Shadow Warrior“ am Ende einige Defizite auf, die man nicht leugnen kann. Dennoch bereitet es viel Spaß und weiß für einige Stunden super zu unterhalten, sodass ich es jedem Shooterfan empfehlen kann.


Wertung
Pro und Kontra
  • Witzig erzählte und durchdachte Handlung mit coolen Charakteren
  • Schwertkampf ist durchdacht und macht sehr viel Spaß
  • Rasante Action und schnelles Gameplay
  • Motivierende Upgradesysteme, die viele neue Mechaniken freischalten
  • Größtenteils cool designte Level mit vielen Geheimnissen
  • Schick designte Gegner und Waffen
  • Schöner Soundtrack
  • Cooler Humor
  • Lange Spielzeit
  • Gegner- und Waffenauswahl recht gering
  • Schusswaffen fühlen sich durchgängig zu schwach an, ihr Upgradesystem wirkt obendrein stark beschnitten
  • Level sind recht detailarm und wirken sehr repetitiv
  • Bossgegner und höhere Dämonen haben viel zu hohe Gesundheit, was die Kämpfe zäh werden lässt
  • Einzelne Bugs

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Häufiger, unregelmäßig

Spielzeit:

Mehr als 20, weniger als 40 Stunden



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