Serienneustart - Das AAA Puzzle-Spiel

Kaum ein Spiel hat die Community so sehr gespalten wie Anno 2205. Blue Byte wagt einen riskanten Schritt mit einer Neuausrichtung, die es in sich hat, doch ist...

von Kebablord am: 01.05.2017

Kaum ein Spiel hat die Community so sehr gespalten wie Anno 2205. Blue Byte wagt einen riskanten Schritt mit einer Neuausrichtung, die es in sich hat, doch ist dieser Schritt auch der richtige?

Gleich vorneweg: In Anno 2205 ist vieles anders: Von der Engine bis zu den grundlegenden Spielregeln wurde fast alles verändert. Erwarten Sie also kein klassisches Anno, verabschieden Sie sich von einem Anno 2070 v2.0 und werfen Sie alle Erwartungen die Sie haben über Bord. 2205 ist neu. Es will kein Nachfolger sein, sondern die Reihe neu erfinden. Alle Erwartungen aus dem Kopf verbannt? Sehr schön, dann kann es los gehen.

Gameplay | Die ersten 30 Minuten - Das Puzzle Spiel

Natürlich bleibt das Spiel dennoch der Grundprämisse der Serie treu: Wie besiedeln eine Inselwelt, bauen Wohnhäuser für unsere Einwohner und versorgen diese mit Waren. Sind alle Bedürfnisse erfüllt, steigen die Einwohner auf, neue Bedürfnisse werden freigeschaltet, die wieder erfüllt werden wollen, um weitere Aufstiege zu ermöglichen. Dabei gestaltet sich die Erfüllung der neuen Bedürfnisse immer komplexer, wodurch sich eine Freischalt-Spirale ergibt, die immer anspruchsvoller wird. Doch hier hören die Gemeinsamkeiten an sich schon auf. Zu Beginn wählen wie eine Inselwelt, die wir besiedeln möchten. Hierbei fällt gleich ins Auge, dass sie nicht zufallsgeneriert sind: Die Baufläche, selbst Küsten- und Bergbauplätze sind fest definiert. Nur Bonuseigenschaften wie erhöhte Fruchtbarkeit oder stärkere Strömung sind dem Zufall überlassen. Hat der Spieler einen dieser "Sektoren" ausgewählt, geht es auch schon los: Eine Kamerafahrt zeigt den Sektor und erklärt ein wenig zum geschichtlichen Hintergrund, dann dürfen wir selber Hand anlegen.

Die bescheidenen Anfänge: Wir bauen erste Wohnhäuser und Betriebe und stellen so eine grundlegende Versorgung her.

Gleich mehrere Änderungen fallen hier ins Auge: Bauradien existieren nicht mehr, stattdessen können wir nun überall bauen, solange wir eine Straßenverbindung haben. Dabei sind jedoch in manchen Sektoren weitere Baubereiche durch größere Projekte blockiert. So müssen wir entweder neue Warenhäuser bauen, die immer teurer werden, oder gewaltige Brücken, die Landmassen miteinander verbinden. Hinzu kommt noch dass wir neben Energie auch Arbeitskraft benötigen, im Betriebe am Laufen zu halten. Arbeitskraft wird durch Einwohner generiert. Je mehr wir haben und desto glücklicher sie sind, desto mehr Betriebe können wir im Sektor versorgen. Dazu kommt noch Logistik, eine abstrakte Ressource, die davon abhängig ist, wie weit ein Betrieb vom nächsten Logistikzentrum entfernt ist.

Unser Expansionsdrang wird also sanft eingeschränkt und wir sind gezwungen, uns um unsere Einwohner zu kümmern. Rasch beginnen wir mit dem Anbau von Reis und dem Entsalzen von Wasser. Auch hier zeigt sich: Küstenbauplätze sind begrenzt, weswegen wir nicht gleich zu Beginn unverhältnismäßig expandieren. Dafür lässt sich Expansion aber sehr gut planen: Wir sehen genau, wie viele Waren wir pro Minute produzieren und verbrauchen. Anstatt Produktion und Abholung zu simulieren, werden Waren jetzt in festen Intervallen direkt in das Lager gebracht. Dabei ist die Menge von den Faktoren Arbeitskraft, Energieversorgung und Logistik abhängig.

Mehr noch als Anno 1404 oder 2070 ist 2205 ein Puzzle-Spiel: Wir müssen optimieren und austarieren. Wir sind nicht mehr in der Lage, dieses Puzzle durch schiere Finanzkraft auszuhebeln. 

Inzwischen haben wir die zweite Bevölkerungsstufe erreicht und festgestellt, dass auch öffentliche Gebäude jetzt anders funktionieren: Anstatt eines fixen Radius, produzieren öffentliche Gebäude eine Ressource. Je mehr individuelle Gebäude sie erreichen, desto höher die Produktion, wobei sie zunehmend abnimmt. Diese kleine Änderung erlaubt uns viel Freiheit beim Platzieren, auch wenn die Größe mal wieder unfair gewählt ist und ein Umdenken erfordert.

Das neue System für die Platzierung öffentlicher Gebäude gibt viel Freiheit. Wie immer laden die Gebäudegrößen und - Formate zu Umstrukturierungsmaßnahmen ein.

Die Produktionsketten werden jetzt auch etwas komplexer: So benötigen wir zum Beispiel für die Produktion von Baurobotern gleich drei Gebäude, wovon zwei jeweils einen eigenen Minenbauplatz verbrauchen. Der Energiebedarf der neuen Gebäude ist auch ungleich höher. Doch wir haben kaum noch Platz für weitere Windkrafträder und die neuen Wasserkraftwerke brauchen Küstenbauplätze, die wir natürlich mit Entsalzungsanlagen vollgestopft haben. Schnell müssen wir umdenken und unsere Stadt, sowie Wirtschaft umstrukturieren.

Gameplay | Fortgeschritten - Logistikmanagement für Profis

Der Eindruck des Puzzlespiels erhärtet sich auch später: Mit höheren Bevölkerungsstufen kommen auch neue Klimazonen hinzu. Anno 2205 gestattet uns das Siedeln in mehreren Sektoren, was auch zwingen erforderlich ist. So können wir bestimmte Waren nur in der Arktis produzieren und müssen sie per Handelsroute umherschiffen. Dabei stellen gerade die Sektoren interessante neue Herausforderungen: So ist in der Arktis die Kälte eine konstante Gefahr und wir sind gezwungen, Betriebe und Wohnhäuser nahe beieinander zu bauen, damit unsere Leute nicht erfrieren. Eine klassische Trennung nach Produktions- und Wohnvierteln ist somit nicht mehr möglich, eine geniale und auch fordernde Mechanik.

In der Arktis können wir alles bisher Gelernte vergessen: Die Kältemechanik erfordert Umdenken.

Zuletzt geht es auf den Mond, der wohl teuersten Region im Spiel. Allerdings erfordert sie abseits von ein paar Schildgeneratoren und einem großen Finanzpolster nichts neues. Schade drum. Atmosphärisch umgesetzt sind die Mondsektoren aber allemal und sie fügen sich hervorragend in das Spielsystem ein.

Der Mond ist atmosphärisch umgesetzt, erfordert aber keine wirklich neuen Spieltaktiken.

Im Lategame kontrollieren wir bis zu 15 Sektoren, welche mit dutzenden Handelsrouten miteinander verbunden sind. Durch das Arbeitskraftsystem sind wir aber auch gezwungen, in jedem Sektor eine Stadt zu bauen und diese will auch versorgt werden. Das macht Spezialisierung sehr schwer und wir sind konstant am weiter optimieren und austarieren. Wir fühlen uns wie ein Logistikmanager für ein weltweit operierendes Unternehmen, ein Gefühl, das Anno bisher nur selten zu vermitteln vermochte. Gleichzeitig bauen wir aber auch die größten Städte in der Anno-Geschichte. Selbst der Bauherr in uns kann glücklich werden, wenn wir eine Multimillionenmetropole nach zig Stunden aufgezogen haben.

 Die Städte in Anno 2205 können gewaltige Ausmaße erreichen.

Doch Städtebau und Produktionsverwaltung waren seit jeher nur Teilbereiche von Anno. Wie steht es um Diplomatie, Kampf, Sabotage? Nun, wie eingangs beschrieben: Werfen Sie ihre Erwartungen über Bord. Sonst wird dieser Abschnitt Ihnen als Anno-Fan weh tun.

Tatsächlich siedeln wir in unseren Sektoren alleine: Es gibt keine Konkurrenten die uns gefährlich werden könnten. Dadurch entfällt vor allem eine kompetitive Komponente, die Anno bisher immer auszeichnete und die schon in Anno 2070 abgebaut wurde: Das Wettbauen mit der KI. Stattdessen begegnen uns die KI Mitstreiter nur als Questgeber und in einem abstrakten Ranking, das war es dann aber auch. Immerhin sind die Questreihen komplex, denn in jedem Sektor gibt es ein Großprojekt, welches wir zusammen mit einem KI Charakter angehen. bedauerlicherweise reicht das nicht aus, weswegen es zumindest mir nach über 100 Spielstunden immer noch schwer fällt, mir auch nur einen Namen zu merken. Es fehlen prägnante Charaktere wie der Ölmagnat Vadim Sokow oder der Öko-Terrorist Leon Morreau, oder gar der Emporkömmling Guy Forcas aus Anno 1404. Es fehlt ein Gesicht mit dem konkurrieren und welches man bekämpfen möchte.

Gekämpft wird ohnehin nur gegen einen unbedeutenden Weltraumterroristen auf ausgelagerten Regionen. Unsere Städte sind niemals wirklich in Gefahr, stattdessen lösen wir Missionen mit einer vorgefertigten Flotte. Wie zerstören feindliche Schiffe, sammeln Pick-Ups ein, mit denen wir Fähigkeiten wie Orbitalschläge nutzen könne und das war es dann auch. Die Flotte lässt sich nicht individualisieren, es gibt nur vier Missionen in jeweils drei Variationen je nach Schwierigkeitsgrad. Hier stellt sich schnell Ernüchterung ein.

 

Somit bietet Anno 2205 sehr gute Aufbau- und Verwaltungskost, aber nur wenig daneben. 

Interface

Für ein Spieler dieser Komplexität geht die Bedienung sehr gut von der Hand. Das Baumenü bricht mit der Struktur von Anno 2070, was Eingewöhnung erfordert, aber ansonsten gibt es kaum etwas zu beanstanden. Der Wechsel zwischen den Regionen geht flott, Handelsrouten sind schnell und übersichtlich erstellt. Ein paar Wermutstropfen bleiben aber: So ist die Wegfindung der Schiffe bestenfalls zweckmäßig. Gerne fahren vor allem die am dicksten gepanzerten Schiffe in Minen direkt hinein, anstatt sie wie befohlen aus der Distanz zu beschießen, oder usner dickster Pott beschließt spontan die Meerenge zu klein, obwohl er locker durch passt und er nimmt einen langen Umweg, allein durch Feindesland.

Ein wirklicher Aufreger ist aber der KI-Berater A.D.A.M.: Dieser reagiert überempfindlich auf jede Kleinigkeit und wurde offenbar falsch justiert. So wird er schnell zu einem Ärgernis und Nervfaktor, doch dazu später mehr.

Technik

Um es kurz zu machen: Visuell und akustisch ist Anno 2205 eine Wucht! Die Sektoren sind groß und liebevoll gestaltet, jedes Gebäude ist detailverliebt animiert, die Texturen sind scharf, die Beleuchtung klasse, es fällt wirklich schwer etwas negatives an Anno 2205 zu finden, wenn es um die visuelle Gestaltung geht. Höchstens das Wasser wirkt ein bisschen flach und die Spielfiguren könnten ein paar mehr Polygone vertragen. Aber das ist schnell vergessen wenn man die imposanten Skylines und Naturpanoramen sieht.

Visuell ist Anno 2205 einfach eine Wucht! Hier eine Stadt inmitten der Smog-Katastrophe.

Auch akustisch spielt das Spiel in der ersten Liga. Der Sountrack wurde mal wieder von Dynamedion produziert und das hört man. Chöre, elektronische Sounds und das auch noch für jede Klimazone eineln komponiert, zusammen ergibt das eine sehr dicht musikalische Atmosphäre. Dazu gesellen sich individuelle Arbeitsgeräusche für jedes Gebäude und auch die Einwohner sprechen untereinander. Jeder NPC hat seine eigene Stimme und die Voice-Actors sind auf sehr hohem Niveau. 

Story und Setting

Eden Initiative und Global Trust existieren nicht mehr. Stattdessen herrscht die Global Union über die Erde, unterstützt durch die Big Five: Megacorportations die sich auch politisch engagieren. Zusammen ist es gelungen, die Erde vor der Klimakatastrophe zu retten, doch es bahnt sich eine Energiekrise an. Geplante Lösung: Fusionsgeneratoren mit Helium-3 vom Mond anzufeuern und damit die Erde zu versorgen. Wir gesellen uns zu den Big Five und arbeiten auf diesen Plan zu, in der Hoffnung eines Tages Teil der zukünftigen Big Six zu sein.

Eine spannende Grundprämisse, auch noch dadurch gewürzt, dass der Mond kurzerhand seine Unabhängigkeit erklärt. Doch ohne zu viel von der Story zu verraten: Eine lose Questkette dient als Rahmen und alle anderen Quests hängen ebenfalls lose mit ihr zusammen. Es gibt kaum Wendungen, die Präsentation ist spröde und die Charakter austauschbar. Stellenweise blitzt zwar das Potenzial durch, gerade beim Antagonisten, dem Weltraumterroristen Virgil Drake, der im Grunde genommen gute Motive hat, aber mangels Entscheidungsfreiheit ist auch das belanglos. Teilweise agieren die Charaktere auch unlogisch und ihre Motivationen sind auch selten klar. Immerhin gibt es viele Anspielungen auf die Vorgänger, was einmal mehr zeigt, dass die Welt von Anno immer konsequent weiter entwickelt wird.

Story-Liebhaber sollten somit einen großen Bogen um Anno 2205 machen.

Umfang

Anno 2205 bietet insgesamt acht Bevölkerungsstufen: vier in der Hauptregion, sowie jeweils zwei in der Arktis und auf dem Mond. Diese siedeln wir in bis zu 15 Sektoren an, je nachdem wie viele Erweiterungen wir besitzen (Die Königsedition umfasst alle). Die Menge an Betrieben ist überschaubar, aber dennoch mehr als ausreichend. Ein einzelner Spieldurchlauf unterhält für mindestens 25 Stunden, auch wenn vor allem die Kampfmissionen in dieser Zeit sich häufig wiederholen. Da die Sektoren aber nicht zufallsgeneriert sind, stellt sich auch sonst Ermüdung ein und der Wiederspielwert leidet extrem. Nur die wenigsten Spieler dürften über die 50-Stunden-Marke kommen. Auch die DLCs werden daran nicht viel ändern.

Ein kleiner Ausschnitt der verfügbaren Betriebe und Waren. Der Umfang ging im Vergleich zu Anno 2070 deutlich zurück, liegt aber immer noch weit vor der Konkurrenz.

DLC Inhalte

Anno 2205 wurde mit mehreren DLCs erweitert, von denen einige auch kostenlos waren. Einige merzten Schwachpunkte des Hauptspiels aus, andere hingegen erweiterten das Spiel eher in der Breite.

Wildwater Bay | Kostenlos

Wildwater Bay fügte die namensgebende Region hinzu, welche die größte Landmasse im Spiel darstellt. gerade für Vielbauer ist dieser DLC interessant, zumal er nichts kostet.

Tundra | Kostenpflichtig

Tundra fügt eine neue Klimazone hinzu, zusammen mit einer neuen Questreihe. Während das Gebiet aufwändig gestaltet wurde, wurden jedoch ein Großteil der Gebäude aus der Arktis wiederverwertet. Die Questreihe selber ist auch nur bedingt spannend. Im Gegnzug erlaubt der DLC die Produktion von Katalysatoren. Diese erhöhen die Produktion von Betrieben drastisch und erlauben so neue Strategien um effektiver zu bauen, wodurch das Lategame etwas abwechslungsreicher gestaltet wird. Ansonsten ist Tundra nur unteres Mittelmaß.

Während der DLC an sich viel Potenzial verschenkt, so ist die Tundra selbst wunderschön gestaltet.

Veteran's Pack | Kostenlos

Das Veteran's Pack ist ein zweischneidiges Schwert. Es erhöht den Schwierigkeitsgrad von Anno (optional) drastisch und erfordert damit heftiges Umdenken. So werden auch Anno Profis gefordert. Allerdings gibt es auch eine Kehrseite: Die neuen Einstellungen beißen sich mit späteren DLCs (dazu später mehr), was es sehr schwer macht, diese Erweiterung zu bewerten. Sie ist gerade in der Königsedition mit Vorsicht zu genießen!

Big Five Pack | Kostenlos

Der wohl beste DLC ist tatsächlich kostenlose und behebt stellenweise eines der Hauptprobleme von Anno 2205: Die Interaktion mit NPCs. Das BFP führt den Börsenmarkt ein und die neue Ressource "Einfluss". Mit Einfluss können wir NPCs sabotieren und ausspionieren und so den Börsenwert beeinflussen ,bevor wir für viel Geld Anteile kaufen, was uns an den Einnahmen beteiligt. Aber Vorsicht: Bei Verlust büßen wir auch mit unserem Einkommen ein und NPCs können auch Anteile von uns kaufen. Zusätzlich erhalten wir aber auch Produktionsboni von den NPCs. Cassian Industries zum Beispiel erhöht unsere Bergbau Produktionsquote, je mehr Anteile wir haben. Insgesamt wirft das viele Produktionsverhältnisse später durcheinander und lädt zum erneuten Optimieren ein. Zusammen mit der Börse als neue Spielebene ist dieser DLC absolute Pflicht!

Orbit Expansion | Kostenpflichtig

Diese Erweiterung fügt einen neuen Sektor hinzu: Die Orbitalstation. Hier können wir Technologien freischalten, doch dazu müssen wir erst Forscher aus unseren Städten rekrutieren, diese im Orbit unterbringen und dann noch versorgen. Die Raumstation erweitern wir dabei mit Modulen. Die begrenzte Reichweite erfordert jedoch dass wir uns ein gutes Layout überlegen müssen. Wir können aber die Anzahl der Module und die Baureichweite mittels Technologien erweitern. Auf einem Technologienetz können wir je Forschungsmodul einen Punkt in einer Kategorie investieren. Dieser Punkt muss aber auch mit der nötigen Menge "Expertise", einer Ressource, die unsere Forscher generieren, untermauert werden. Wir können bis zu 15 von insgesamt 25 Modulen platzieren und dementsprechend Punkte verteilen. Dies zwingt uns dazu, strikt zu spezialisieren, anstatt am Ende alles erforscht zu haben. Dabei sind die Effekte teils sehr stark: So können wir zum Beispiel einfach Androiden in einem Sektor lagern und diese generieren Arbeitskraft. Somit ist es nicht mehr erforderlich, eine Stadt in diesem Sektor zu bauen. Die Orbit Erweiterung erlaubt viele neue Strategien und erhöht tatsächlich auch den Wiederspielwert etwas. Definitiv lohnenswert!

Die Raumstation zu bauen ist kniffliger als es aussieht. Ihre Technologien beeinflussen jedoch alle Spielsysteme, was sie zum absoluten Gamechanger macht.

Frontiers | Kostenpflichtig

Auf dem Papier liest sich Frontiers spannend: zwei neue Sektoren, eine neue Bevölkerungsstufe und Invasionen. Am Ende ist der DLC aber schwach: Die neuen Regionen erlauben zwar viel Anno-Nostalgie, da der Spieler auf vielen kleinen Inseln siedelt, dafür aber steigen die Kosten pro Konto non-linear an, so dass es später Stunden dauern kann, bis man sich auf die nächste Insel setzt. Die neue Bevölkerungsstufe generiert besonders viel Workforce, zahlt aber keine Steuern und hat keine neuen Bedürfnisse. Dafür vielen alte Bedürfnisse weg, weswegen sie sich ideal als Arbeitskraft eignet, aber mehr auch nicht. Invasionen gestalten das Spiel herausfordernder, weil tatsächlich die eigenen Städte angegriffen werden können, dabei gibt es unterschiedliche Invasionstypen mit unterschiedlichen Effekten: Mal werden Handelsrouten blockiert, bestimmte Waren gestohlen oder eine Panik verbreitet, welche die Zufriedenheit und damit Steuereinnahmen senkt. Der Stadt selbst kann dabei nichts passieren, die Effekte bringen aber Abwechslung und es ist atmosphärisch, vor einer selbst gebauten Skyline krieg zu führen. Für Kampfliebhaber ist der DLC gut geeignet, andere brauchen ihn aber nicht.

Die besten Neuerungen

Ressourcensystem

Das neue System für Ressourcenproduktion ist transparenter und eingängiger als das alte. Das gesamte Spiel bleibt dadurch besser planbar und Erweiterungen können minutiöse geplant werden. Jede Änderung in ist klar begründet und nachvollziehbar.

Neue Engine

Schon Anno 1404 und 2070 waren technisch sehr sauber umgesetzt und sehen auch heute noch gut aus. Aber Anno 2205 legt noch einmal eine Schippe drauf. Zwar bringt das Spiel auch starke Rechner in die Knie, aber selbst auf mittleren Details sieht es immer noch sehr gut aus und läuft auf älterer Hardware flüssig. Hier gibt sich Blue Byte keine Blöße.

Tetris-Element

Anno als Puzzle-Spiel. Klingt komisch, funktioniert aber erstaunlich gut, denn es erweitert das Spiel ideal. Einsteiger bauen drauf los, doch wer wirklich effektiv sein möchte, der plant sorgfältig, überlegt sich effiziente Layouts, Modulkonstellationen... Anno 2205 ist ein Fest für Optimierer.

Sektorensystem

Das Bebauen und verwalten unetrschiedlicher Sektoren geht sehr gut von der Hand und motiviert ungemein. Es verleiht dem Spiel sehr viel zusätzliche Tiefe und zeigt einem Sim City, wie Sektorenverzahnung aussehen muss!

Die größten Probleme

A.D.A.M.

Wie schon vorhin angesprochen, ist der KI-Berater überempfindlich eingestellt. In vorherigen Annos wurde immer eine gewisse Toleranzzone vor Fehlermeldungen gelassen. Als Beispiel: Schaltet der Spieler eine neue Ware frei, kann er natürlich seine Bevölkerung nicht direkt mit ihr versorgen. Der Trigger in alten Annos war so gesetzt, dass der KI-Berater erst dann meckert, wenn die Waren schon einmal zur Verfügung gestellt wurde. A.D.A.M. hingegen plärrt direkt los, noch bevor der Spieler überhaupt die Chance hatte die Produktionskette hochzuziehen. Auch bei Umstrukturierungen kann es mal vorkommen, dass Handelsrouten für ein paar Sekunden unterversorgt sind oder mal kurz Strom fehlt. A.D.A.M meckert sofort, eine Frist von sagen wir mal 20 Sekunden um ein Problem zu lösen, bevor der Berater anspringt, hätten hier Wunder gewirkt.
Zu allem Überfluss kann man A.D.A.M. nicht justieren oder gar abschalten. Einziger Weg: Alle NPCs per Lautstärkeoption zum Schweigen zu bringen. Generell ist das empfehlenswert, weil die NPCs durchgängig viel zu gesprächig sind. Wir haben zu lange keine Kampfmission mehr gemacht (weil wir sie langweilig finden?) John wird uns ermahnen. Wir haben nicht im Weltrat gewählt? Alle 30 Minuten werden wir erinnert. Anno 2205 kann so sehr schnell nerven, weil die Trigger nicht sauber designed wurden. Wenn ich seit zwei Stunden nicht mehr gekämpft habe, könnte es daran liegen, dass mir das Kämpfen keinen Spaß macht. Spätestens dann sollte auch der militärische Berater kapieren, dass ich nicht will und er nicht gebraucht wird.

Ich werte hierfür um 2 Punkte ab.

Veteranenmodus

Der neue Schwierigkeitsgrad, der per DLC eingeführt wurde macht leider auch Probleme. Wie bereits sicher deutlich wurde, ist in Anno 2205 alles miteinander verbunden. Vor allem Einwohnerzufriedenheit und Warenproduktion hängen nun durch das Arbeitskraftsystem miteinander zusammen. Der Veteranenmodus fügt aber ein paar Sonderregeln hinzu:

  • Administrationsgebühren: Je mehr Einwohner wir haben, desto mehr Geld müssen wir in einer Sondergebühr abführen. Je mehr Einwohner wir pro Bevölkerungslevel haben, desto krasser der Effekt. Das zwingt uns zu raschen Aufstiegen anstatt Expansion in die Breite.
  • Abrisse kosten nun Geld.
  • Abgeschaltete Gebäude kosten weiter.
  • Questbelohnungen sind massiv reduziert.
  • Unerfüllte Bedürfnisse wirken sich exponentiell auf die Zufriedenheit und damit der erhaltenen Arbeitskraft und den Steuereinnahmen aus.

An und für sich genommen lesen sich diese Regeln spannend und fordernd. Doch in Kombination mit dem Frontiers DLC erlauben sie eine Abwärtsspirale aus der der Spieler nicht mehr heraus kann.

Ein Beispiel:

  • Drake greift unseren Arktis Sektor an. Durch die Panik reduziert sich die Zufriedenheit.
  • Dadurch erhalten wir weniger Arbeitskraft.
  • Das resultiert in einer niedrigeren Warenproduktion, da wir nicht genug Arbeitskraft haben um alle Betriebe zu versorgen.
  • Die Produktion an Fisch, Neuroimplantaten und QuantumComputern nimmt ab.
  • Unsere Einwohner werden unterversorgt, Zufriedenheit sinkt exponentiell.
  • Dadurch produzieren wir noch weniger. Jetzt können wir nicht einmal mehr genug Strom produzieren.
  • Die Produktivität sinkt dadurch noch weiter.
  • und und und.
  • Wir schlagen die Invasion zurück. Der zufriedenheitsgewinn verpufft, wir haben nicht genug Arbeitskraft um den Sektor aufzupeppeln.
  • Da der Sektor auch die Hauptstadt versorgte, ist diese jetzt auch unterversorgt, unsere Einnahmen sind geschwunden, wir machen kräftig Verlust.
  • Der Effekt weitet sich auf alle Sektoren aus, die durch Handelsrouten verbunden sind. Binnen Minuten gehen wir pleite.
  • Wir können keine Gebäude mehr abreißen, da das Geld kostet. Gebäude stilllegen reduziert nur die Zufriedenheit weiter und spart nur 50%. In der Situation richtet es mehr Schaden an als dass es nutzt.
  • Weil wir pleite sind, verweigern NPCs den Handel mit uns. Wir können keine Restbestände verkaufen.
  • Der Weltmarkt ist nicht profitabel genug.

In diesem Beispiel sind wir gezwungen 30 Minuten zuzuschauen, wie wir nichts tun können um uns zu retten. Das Spiel ist unfair geworden. Geholfen hätte nur, den Sektor fast komplett abzureißen und neu aufzubauen, oder genug Waren zu kaufen um den Mangel kurzfristig zu kompensieren. Da aber die Routen vom Weltmarkt limitiert sind (wenn er denn mal online ist) und die NPC Waren zufällig berechnet und alle 15 Minuten ausgewechselt werden, haben wir keine verlässliche Bezugsquelle.

Eine solche Abwärtsspirale ist ein typischer Game Design Anfänger-Fehler und darf in einem Spiel dieser Größenordnung nicht auftauchen. Da auch kein freies Speichern möglich ist und der Veteranenmodus das automatische Savegame löscht wenn man verliert, sind schnell mal eben 20 Stunden Arbeit für immer weg. Diese Situation ist gar nicht mal so schwer hervorzurufen, kann aber nur auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad auftreten. Somit ist es kein Grad-A Designfehler der das Spiel komplett zerstört, da ich aber Anno 2205 als Gesamtprodukt bewerte, muss ich das in der Bewertung berücksichtigen. Ich werte hierfür um 5 Punkte ab.

Companion-App

Einige Uplay Achievements sind an die begleit-App gebunden. Wer ein Windows Phone hat, oder diese App verweigert, der hat nicht die Möglichkeit jemals alle Uplay Punkte zu verdienen. Ärgerlich, da es hier auch um echtes Geld geht: 200 Uplay Punkte bedeuten 20% Preisnachlass im Uplay Shop. Bei einer Collector's Edition können das schon mal 30€ sein. Damit werden sowohl Achievement-Hunter als auch Sparfüchse verprellt. War das nötig? Da man somit das Spiel nicht unbedingt zu 100% durchspielen kann, werte ich hier um weitere 2 Punkte ab.

Fazit

Anno 2205 ist ein komplexes Aufbau- und Verwaltungsspiel und sieht hervorragend aus. Ob man damit Spaß hat hängt stark davon ab, was für ein Spielertyp man ist und auf welchem Schwierigkeitsgrad man spielt. Bedauerlicherweise leistet es sich mehrere herbe Design-Schnitzer, weswegen massiv abgewertet werden musste. Wer sich nicht um Multiplayer, Diplomatie und kompetitives Bauen schert und gerne gemütlich vor sich hin siedelt, der wird mit 2205 sehr glücklich werden.

Generell bietet das neue Anno eine neue Spielerfahrung und ist eine gute Basis für entsprechende Nachfolger, die dann hoffentlich ausgereifter sind und an das Serienhighlight Anno 1404 anschließen. 

Warum ausgerechnet dieses für mich das beste Anno ist kann hier nachgesehen werden:

https://www.youtube.com/watch?v=ULCZCK7i-p4

Handwerkliche Umsetzung

 
Visuelle Präsentation 18.28/20.00

Modelle

Animationen

Texturen

Beleuchtung

GUI

Komposition

Product Identity

2.80/3.00

3.30/4.00

2.83/3.00

3.00/3.00

1.85/2.00

2.25/2.50

2.25/2.50

Sound 14.30/15.00

Musik

SFX

Voice-Over

Komposition

3.35/3.50

2.95/3.50

3.50/3.50

4.50/4.50

Sonstige 1.30/5.00

DRM

Modding

1.30/2.00

0.00/3.00

Content 10.60/15.00

Spielmodi

Umfang

Wiederspielwert

4.80/6.00

2.80/4.00

3.00/5.00

Gameplay 21.00/30.00

Spielfluss

Atmosphäre

Story/Setting

Quests/Spielmechaniken

12.20/15.00

3.90/4.00

1.70/3.00

3.20/8.00

Interface 13.30/15.00

Bedienung

Feedback

Spielerführung

4.00/5.00

5.00/5.00

4.30/5.00

Handwerkliche Qualität: 79/100

Abwertung A.D.A.M.

Abwertung Veteran's Pack

Abwertung Companion App

- 2.00

- 5.00

- 2.00

Produktbewertung: 70/100

Wünsche an den Nachfolger

Verzahnung von Kampf und Städtebau

Die Kämpfe in 2205 sind ein Fremdkörper und auch unlogisch gestaltet. Pick-Ups erwartet man nicht in einer großen Aufbausimulation, sondern einem Arcade-Spiel. Ein Nachfolger darf gerne erlauben, dass ich Sondermunition in der Stadt produzieren und diese dann im Kampf einsetzen kann. Je mehr ich produziere desto leichter kann ich mir den Kampf machen. So werden diese Elemente logisch verknüpft.

Individualisierbare Armee

Ich möchte meine Truppe an meinen Spielstil anpassen und nicht mich an sie anpassen müssen. Ein richtiges Upgrade- und Ausrüstunsgsystem, gerne auch mit sockelbaren Items wie im Vorgänger, gibt mir genug Freiraum zum experimentieren, was auch den Wiederspielwert der Kampfmissionen deutlich steigern dürfte.

Entscheidungsfreiheit

Dass 2205 nur noch eine spielbare Fraktion bietet ist ein klarer Rückschritt. Es gibt zwar die unterschiedlichen Klimazonen, aber schlussendlich ist es nur ein zusammen hängendes Grafikset. Ich wünsche mir zum Beispiel die Möglichkeit, mich auch mit Virgil Drake zu verbünden, was mir andere Lategame Produktionsketten beschert und einen größeren Fokus auf dem Mond, der in meinen Augen im Spiel viel zu kurz kam. Außerdem wird so der Wiederspielwert auch erhöht.

Gleichwertige Fraktionen

Dass es in der Arktis und auf dem Mond nur zwei Bevölkerungsstufen gibt ist schwach, zumal ihre Bedürfnisse schnell erfüllt sind. Ich wünsche mir, dass sie genauso komplex sind, wie meine Erdlinge in der temperierten Zone.

Besuchbare NPCs

Echte Spielgegner sind besonders teuer in der Produktion und schwer zu designen .Seit Anno 1701 wurden sie immer weiter zurück gefahren. Doch sie so sehr verschwinden zu lassen, halte ich für einen Fehler. Wieso kann ich sie nicht in ihren Sektoren besuchen und dort Quests für sie machen? Ein Fortschritt wird für sie bereits simuliert, wie man im Ranking sehen kann. Wieso knüpft man damit nicht statische Stadtfortschritte? Das schafft eine engere Bindung zwischen Spieler und NPCs und lässt mich nicht so alleine in der weiten Welt von Anno.

Konkurrenzkampf

In Anno 2205 gibt es keinen richtigen Konkurrenzkampf abseits der Börse. Stattdessen gratulieren mir meine Gegner wenn ich sie besiege und freuen sich. Ich möchte klare Feindbilder und Konkurrenten, die es sich zu bekämpfen lohnt und deshalb auch Quests haben, in denen ich direkt gegen sie antrete. Hier hatten auch die Vorgänger schon zu kämpfen.

Multiplayer

Ich möchte meine Freunde in eine Region einladen können. Sim City hat es demonstriert: Ich kann eine Spielwelt mit anderen Spielern teilen. Wieso kann nicht der Freund einen Sektor besiedeln und ich einen anderen und wir besuchen uns untereinander und handeln miteinander? Technisch ist das definitiv machbar. Dann noch ein paar Sabotage Aktionen, Quests die uns gegeneinander aufhetzen und sogar ein militärischer Konflikt wären möglich.


Wertung
Pro und Kontra
  • Hervorragende visuelle und akustische Präsentation
  • Clever verzahnte Spielmechaniken
  • Ein Traum für Optimierer
  • Viele Anspielungen auf Anno 2070
  • Kein freies Speichern
  • Nerviger KI-Berater
  • Keine richtigen KI Gegner mehr, dadurch Wegfall von Diplomatie
  • Unausgereifter Militärpart
  • Spielsystem KANN auf hohen Schwierigkeitsgraden zusammen brechen
  • Alle Achievements nur mit Companion App möglich

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 100 Stunden



Kommentare(1)
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