Seite 2: Gute Helden, schlechte Helden - Wie erschafft man den perfekten Spielehelden?

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Einfach nicht ihr Typ

Ein überzeugender Charakter muss nicht zwangsläufig ein facettenreicher sein. Vielleicht stecken Sie noch so viele Charakterzüge, Wesensmerkmale und Eigenheiten in eine Figur rein und schaffen es zudem, all das in der Handlung zu transportieren.

Kein schnöder Indiana-Jones-Klon. Vielleicht weil Lara Croft weiblich ist? Kein schnöder Indiana-Jones-Klon. Vielleicht weil Lara Croft weiblich ist?

Trotzdem ist das keine Garantie, dass die Figur dem Spieler im Gedächtnis haften bleibt. Passiert das, waren die Charakterzüge möglicherweise nur summierte Klischees. Als Klischee werden die Charaktere wahrgenommen, die eine banale Verallgemeinerung einer bestimmten Personengruppe sind. Das muss man als Chance begreifen, mit den bekannten Klischees zu spielen. So können Figuren, die anfangs klischeehaft erscheinen, sich als völlig anders entpuppen. Dabei läuft man allerdings Gefahr, in die Parodie abzudriften. Klischees haben einen schlechten Ruf, sind aber unvermeidlich. Für Figuren, die nur am Rande in Erscheinung treten, ist es zum Beispiel völlig legitim, auf bewährte Muster zurückzugreifen, zumindest in geringem Umfang. Natürlich sollte nicht das ganze Ensemble aus Klischees bestehen. Stattdessen sorgt die richtige Mischung für Spannung. Zwei widersprüchliche Charakterzüge etwa machen eine Figur interessanter und komplexer … aber hoffentlich nicht schizophren.

Wähle einen Namen

Viele Spiele bieten zwar exotische Welten und interessante NPCs, verzichten aber bewusst auf eine ausgefeilte Hauptfigur. Stattdessen lassen die Entwickler diese als Leerstelle stehen, die der Spieler ausfüllt. Entweder tritt die Hauptfigur überhaupt nicht in Erscheinung oder sie wird aus einem kleidungstechnischen und charakterlichen Baukastenset vom Spieler erschaffen.

GTA 4 setzt bewusst (und erfolgreich) auf klischeehafte Nebenfiguren. GTA 4 setzt bewusst (und erfolgreich) auf klischeehafte Nebenfiguren.

Oder es gibt Titel wie GTA 3, die zwar explizit eine agierende Hauptfigur haben, die aber kein einziges Wort spricht, damit sie vom Spieler ausgefüllt werden kann. So realistisch die Welt in GTA 3 auch ist, so albern wirkt diese Vorgehensweise. Völlig zu Recht hat Rockstar schon im darauf folgenden GTA: Vice City eine andere Richtung eingeschlagen und der Hauptfigur eine Stimme spendiert (und diese sogar prominent besetzt).

Allerdings: Man muss nicht gleich auf die Sprache verzichten, sondern kann eine Hauptfigur bewusst oberflächlich gestalten. Kein Muskelprotz, keine Intelligenzbestie, sondern ein Durchschnittstyp, der keine herausragenden (oder zwiespältigen) Eigenschaften besitzt. Für eine Nebenfigur oder einen NPC kann das zu wenig sein, aber der Vorteil einer solchen Hauptfigur liegt auf der Hand: Es gibt keine Identifikationsbarriere zwischen Spielfigur und Spieler. Eine stark ausdefinierte Hauptfigur kann eine ganz andere Wellenlänge als der Spieler haben und so den Zugang zum Spiel erschweren. Ist die Hauptfigur besonders zynisch, kann das einige Spieler abstoßen. Aber ein Witzbold, der alles lustig kommentiert, kann den gleichen Effekt haben. Hat man jedoch eine Hauptfigur, die eher ein Durchschnittstyp ist, kann das in manchen Spielen von Vorteil sein.

Drammatische Nussknacker

Angenommen, Sie haben alles unter einen Hut bekommen: Die Figuren sind überzeugend, die Dialoge exzellent, das Beziehungsgeflecht packend. Es kann immer noch etwas schiefgehen, das die Charaktere kaputt macht und sie wie chargierende Nussknacker wirken lässt: die Sprachaufnahmen und Animationen. Letztere sind oft das Hauptproblem.

Markige Einzeiler statt komplexen Charaktereigenschaften: der Duke. Markige Einzeiler statt komplexen Charaktereigenschaften: der Duke.

Jede spezielle Animation kostet Zeit und Geld; von beidem hat man nie genug. Das Skript sieht vor, dass unser Held weinend zusammenbricht, weil er erfährt, dass seine Familie getötet wurde. Leider hat man nicht die Ressourcen, das umzusetzen. »Hey, wir haben doch die Hinsetzen- und die Kopfschüttel-Animation, das reicht doch!« Ähnliches gilt für die Sprachaufnahmen. Besonders die teils schiere Masse an Text, die aufgenommen wird, lässt oftmals kaum zu, auf jede Nuance zu achten. Sicher werden Grafik und Animationen immer realistischer, aber das hat seinen Preis und wird auch mittelfristig nicht das subtile Schauspiel eines echten Menschen ersetzen können.

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