Das Goldgeschäft - Ist Goldfarming legal?

Über drei Milliarden Dollar soll der Handel mit virtuellen Goldmünzen und Gegenständen weltweit umsetzen. Geht das mit rechten Dingen zu?

GameStar Plus Logo
Weiter mit GameStar Plus

Wenn dir gute Spiele wichtig sind.

Besondere Reportagen, Analysen und Hintergründe für Rollenspiel-Helden, Hobbygeneräle und Singleplayer-Fans – von Experten, die wissen, was gespielt wird. Deine Vorteile:

Alle Artikel, Videos & Podcasts von GameStar
Frei von Banner- und Video-Werbung
Einfach online kündbar

Über 10.000 Dollar in etwa drei Monaten hat der Reddit-User WishboneTheDog damit verdient, dass er im Echtgeld-Auktionshaus von Diablo 3mit Ausrüstung für Dämonenjäger gehandelt hat. Zwischen acht und zwölf Stunden hat der Wirtschaftsstudent täglich im Auktionshaus verbracht, um die besten Äxte, Amulette und Armbrüste für teilweise über 200 Dollar an Spieler zu verkaufen, die am unfairen »Inferno«-Schwierigkeitsgrad verzweifeln.

Seine Einnahmen will er ganz regulär der US-Steuerbehörde melden, um dann seine Studiengebühren zu bezahlen. WishboneTheDog ist die erste Erfolgsgeschichte von Blizzards Echtgeld-Auktionshaus. Er ist eine Ausnahme. Nicht wegen seines Geschäftssinns, sondern weil er in Blizzards Auktionshaus handelt.

Das echte Geschäft mit virtuellen Äxten und Spielgold floriert abseits der offiziellen Kanäle – und zwar mehr denn je. Wir wagen einen Blick hinter die Kulissen der Goldfarming-Branche, die von der Gier der Spieler lebt und sich allzu oft in rechtlichen Grauzonen bewegt.

Das Auktionshaus spielt keine Rolle

»Mir als Händler ist das Auktionshaus egal. Wir merken gar nicht, dass es existiert«, erklärt Michael Singer. Der deutsche Staatsbürger operiert aus der Schweiz das Unternehmen Swisshold GmbH und hat bis vor kurzem als Geschäftsführer die Seite RandyRun geleitet, einen der größten europäischen Händler für Items, Gold und Spielezubehör.

Auch fürs neue World-of-Warcraft-Addon Mists of Pandaria gibt’s schon reichlich Gold-Angebote. Auch fürs neue World-of-Warcraft-Addon Mists of Pandaria gibt’s schon reichlich Gold-Angebote.

Für ein paar Euro kommt man über RandyRun an Gold in Millionenhöhe für Diablo 3. Seltene Gegenstände werden teilweise für über 100 Euro gehandelt. Wer von RandyRun kauft, bekommt Besuch von einem Lieferanten, der den Gegenstand persönlich an den Käufer übergibt. Würde RandyRun das Auktionshaus benutzen, so müsste es einen Euro Transaktions- sowie 15 Prozent Transfergebühr an Blizzard zahlen, zusätzlich zu den anfallenden Paypal-Gebühren. Für professionelle Itemhändler ist Blizzards Auktionshaus ein Witz. Schon längst bestehen eigene Strukturen.

Bevor Plattformen wie RandyRun groß wurden, haben private Händler auf eBay mit Gold und Gegenständen gehandelt, die sie selbst mühsam erspielt haben. Der Markt wurde schnell lukrativer. Bereits 2007 schätzt die Universität Manchester den weltweiten Wert des Handels mit Gegenständen in Spielen wie World of Warcraft auf 500 Millionen Dollar.

Zwei Jahre später korrigiert die Weltbank den Wert auf über drei Milliarden Dollar, Tendenz steigend. Der Grund für den rasanten Anstieg war ein fundamentaler Wechsel des Geschäftsmodels. Statt selbst Gold zu erspielen, lassen Seiten wie MMOGA, IGE, Ingameparadise oder RandyRun andere für sich schuften.

»RandyRun ist ein Vermittler«, erklärt Michael Singer das Prinzip. »Wir haben weltweit Lieferanten, die erspielen die Items. Und wir stellen den Kontakt her zwischen Lieferant und Kunde.« Experten vermuten, dass zwischen 100.000 und 400.000 junge Menschen weltweit ihr Geld damit verdienen, Online-Spiele nach wertvollen Gegenständen abzugrasen. Sie sind so genannte Item- und Goldfarmer. Ihr Geschäft ist der »Real-Money-Trade« (RMT), der Echtgeldhandel mit virtuellen Gütern. Für RandyRun und für andere Portale sammeln sie Spielewährung für Diablo 3, World of Warcraft, für jedes erdenkliche Online-Rollenspiel.

For the Win

Goldfarmer haben die Fantasie des Science-Fiction-Autors Cory Doctorow so sehr beflügelt, dass er dem Thema einen ganzen Roman gewidmet hat. In For the Win erzählt Doctorow von einer Gruppe internationaler Goldfarmer, die sich über das Internet zusammenrotten, um gegen ihre raffgierigen Bosse zu rebellieren und eine Goldfarmer-Gewerkschaft zu gründen.

For the Win ist dabei weniger Science-Fiction, sondern mehr eine moderne Allegorie über den Wert von Arbeit und die Bedeutung von Gewerkschaften. Unter diesem Link gibt es For the Win kostenlos als E-Book oder PDF. Doctorow ist nämlich nicht nur Fan von Gewerkschaften, sondern auch von Creative Commons.

Gold-Farmer operieren weltweit

Von normalen Spielern werden die Jäger und Sammler oft abschätzig »China-Farmer« genannt und als ungewaschene, ungebildete Niedriglohnsklaven aus Asien angesehen. Laut Singer ist das ein gefährliches Klischee, vielmehr arbeite die Farming-Industrie mittlerweile sehr organisiert – und weltweit: »Ich glaube, das Bild ist falsch. Man kann es nicht an Fernost festmachen. Natürlich gibt es Leute, die in Russland, Südamerika und ganz klassisch in China und Vietnam sitzen. Grundsätzlich sind die Arbeitsbedingungen in China aber sehr gut. Dort gibt es Großraumbüros und der normale Mitarbeiter einer Goldfarming-Firma verdient weit mehr als der chinesische Durchschnitt.« Nachzuprüfen ist das allerdings schwer, denn es existieren nur wenige Insider-Berichte über chinesische Goldfarmer.

Die Website RandyRun ist einer von vielen Goldhändlern. Die Website RandyRun ist einer von vielen Goldhändlern.

Und auch in der Branche selbst gibt es Handelsportale mit unterschiedlichem Lohnniveau. Laut einer Studie der Weltbank verdienen Goldfarmer in China aber zumindest den Mindestlohn von umgerechnet 1,70 Dollar die Stunde – das ist nicht selbstverständlich. Mehr noch, die Weltbank lobt sogar, dass die Itemfarmer dazu beitragen, dass sich die Internet-Infrastuktur in Entwicklungsländern verbessert.
Westliche Händer müssen sich hingegen nicht mit einem Mindestlohn zufrieden geben, das Geschäft mit dem Gold läuft gut.

So auch für Christoph Eichmann, den Geschäftsführer von Ingameparadise. »Nach schwerer Startphase bin ich stolz, sagen zu können, dass ich von Ingameparadise leben kann«, berichtet Eichmann. »Wir sind ein deutsches Unternehmen, das sich aufgrund hoher Qualitätsstandards gegen die asiatische Konkurrenz etabliert hat.« Eichmann beschäftigt größtenteils deutsche Studenten, die für ihn Gold und Gegenstände erspielen.

Obwohl Eichmann selbst nicht spielt, hat er keinen ruhigen Job. »Das läuft sicher anders, als sich viele vorstellen können. Man arbeitet meist 14 bis 16 Stunden am Tag. Das eigentliche Verkaufen kostet noch am wenigsten Zeit.«

Preisverhandlungen, Kundenbetreuung, das Erstellen von Angeboten – das alles ist eine Menge Arbeit, auch wenn es eigentlich nur um Obsidianspalter und Fleischfetzer geht. Eichmann muss den Großteil davon alleine stemmen, RandyRun hingegen beschäftigt ein ganzes Büro voller Mitarbeiter, die sich um den laufenden Betrieb kümmern. Christoph Eichmann beschwert sich dennoch nicht, schließlich lebt er seinen Traum: »Alles hat mit dem Kindheitswunsch angefangen, etwas in der Videospielbranche zu machen.«

1 von 3

nächste Seite


zu den Kommentaren (78)

Kommentare(78)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.