Hall of Fame: Baldur's Gate Saga - Der König der Rollenspiele

Viele Spieler verehren Baldur's Gate bis heute als beste Rollenspielserie aller Zeiten. Unser Autor Benjamin Danneberg gehört dazu – und verrät, warum er Baldur's Gate 1 und 2 so liebt.

Hall of Fame: Baldurs Gate Saga - Warum Baldurs Gate 1 + 2 so genial waren Video starten 8:17 Hall of Fame: Baldur's Gate Saga - Warum Baldur's Gate 1 & 2 so genial waren

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Wenn es darum geht, möglichst viel Zeit zu verbrennen und dabei möglichst viel Spaß zu haben, dann finde ich in meiner Spielesammlung genügend Anschauungsmaterial. So einige Titel haben mich über 200 Stunden Lebenszeit gekostet: Diablo 2, GTA 5, Civilization 5, Neverwinter Nights (inklusive aller Addons), diverse Anno-Teile sowie die Mass Effect-Reihe (minus die letzten dreißig Minuten).

Doch es gibt eine Spielereihe, die das bei Weitem toppt, die ohne jede Konkurrenz auf dem Gipfel meines Spielzeitberges thront und locker 1.500 Stunden meines Lebens auf dem Gewissen hat. Denn ich habe sie nicht einmal, nicht zweimal durchgespielt - sondern neunmal! Und jeder einzelne Durchlauf dauerte eben 120 bis 200 Stunden. Nicht nur deswegen hat sich diese Serie in meine Seele eingebrannt wie keine zweite bisher.

Ich rede von der Baldur's Gate Saga. Ende 1998 hob Bioware das erste Baldur's Gate aus der Taufe und legte so den Grundstein für meinen ganz persönlichen Rollenspieltempel. Als dessen Heiligtum folgte anno 2000 das zeitlos großartige Baldur''s Gate 2, dem die Erweiterung Thron das Bhaal 2001 den letzten Schliff verlieh.

In den Jahren danach gab es immer mal wieder Versuche, diesen Tempel anzugreifen und neuen Gottheiten zu weihen. Bioware selbst versuchte es mit Dragon Age: Origins, das ein guter Nachfolger im Geiste war und es auf mein Favoritentreppchen schaffte, aber nicht an die Spitze. Divinity: Original Sin spielte sich großartig, hatte eine fantastische Spielmechanik - Story und Dialoge konnten mich aber nicht überzeugen.

Nun klopft Obsidians Pillars of Eternity an die Tür, und der Wasteland 2-Macher Inxile werkelt mit Torment: Tides of Numenera am Nachfolger des tollen Planescape Torment. Doch auch diese beiden Titel haben es schwer gegen das, was Bioware damals den Nimbus des besten Rollenspiel-Entwicklers eingebracht hat. Ich möchte erklären, warum das so ist, warum das erste Baldur's Gate unbedingt zur virtuellen Heldenkarriere dazugehört - und weshalb das nicht bloß ein verklärter Blick durch die dicken Gläser der Nostalgiebrille ist.

Baldur's Gate Saga - Screenshots der Rollenspiel-Klassiker ansehen

Der Autor
»Ich würde auch Hasen rauchen, wenn sie anblieben!« Was für Charlie Harper in »Two and a half Men« die kubanische Zigarre ist, ist für Benjamin Danneberg ein gutes Spiel - da spielt das Genre eine untergeordnete Rolle.

Aus Alt mach Neu

Statt der Saga könnte ich auch von der Baldurs-Gate-Trilogie sprechen. Wenn man nach abschließbaren Story-Verläufen unterscheidet, ist Thron des Bhaal nämlich quasi das inoffizielle dritte Baldur's Gate. Legenden der Schwertküste, das Addon zum ersten Serienteil, brachte keine eigenständige Story, deshalb zähle ich es mit dem Grundspiel zusammen.

Vor allem aber verbirgt sich hinter dem Trilogiebegriff eine Mod, die es schon sehr lange gibt und die das Spielerlebnis nochmal ganz neu definiert: Die Baldur's Gate Trilogy (Eine Installationsanleitung findet sich beispielsweise im GoG-Forum.) verpflanzt die gesamte Saga in die Engine von Baldur's Gate 2 und lässt mich vom Beginn meiner Reise in der beschaulichen Kerzenburg bis hin zum Showdown in Thron des Bhaal ohne Unterbrechung spielen.

120 bis 200 Stunden, vollgepackt mit unvergesslichen Charakteren, hervorragenden Quests, spannenden Geschichten und überraschenden Wendungen. 120 bis 200 Stunden allerfeinste Rollenspiel-Unterhaltung. Das ist ungefähr so, wie die Langfassung aller »Der Herr der Ringe«-Filme am Stück zu schauen - nur besser, länger, größer und mit mir selbst als Hauptcharakter.

Unsere eigene Burg ... Kerzenburg ist doch Firlefanz! In Baldur's Gate 2 bekommt jede Hauptklasse sogar ihre eigene Festung. Kämpfer etwa nisten sich in der Festung der Familie de’Arnise ein ...

... und ihre Vormieter ... die aber erstmal von diversen Monstern befreit werden möchte.

Die Trilogy sorgt aber nicht für das phänomenale Erlebnis, ein Epos am Stück zu erleben, es hievt auch den ersten Teil und sein Addon, die technisch nicht so ausgereift waren, auf das Niveau des Nachfolgers: Höhere Auflösung (die sich heute dank einer zusätzlichen Widescreen-Mod sogar manuell auf die gewünschte Größe einstellen lässt), bessere Grafik und sämtliche spielmechanischen Verbesserungen des zweiten Teils (beispielsweise größere Munitionsstapel) verbessern das Erlebnis schon für den ersten Teil erheblich.

Und darum kann auch über das erste Baldur's Gate mit Fug und Recht gesagt werden: Dieses Spiel ist ein zeitloser Klassiker geworden. Wobei zeitlos nicht so ganz stimmt, denn als ich für diese Hall of Fame erneut an die Schwertküste reiste, tickten die Stunden wieder dutzendweise herunter.

Rückkehr nach Kerzenburg

So heißt einer der Tagebucheinträge meines Helden - seines Zeichens Magier. Dieser Eintrag steht auch symbolisch für jeden meiner bisherigen Besuche in der Kerzenburg, jeden Neustart. »Rückkehr nach Kerzenburg« bedeutet für mich noch heute das Gefühl, nach Hause zu kommen.

In Kerzenburg nimmt eine gewaltige, packende Reise ihren Anfang. In Kerzenburg nimmt eine gewaltige, packende Reise ihren Anfang.

Nicht direkt wegen der Festung, in der mein Held aufgewachsen ist, denn dort verbringe ich nicht allzu viel Zeit. Vielmehr ist es ein Heimkommen in die Welt von Baldur''s Gate. In der Kerzenburg treffe ich meinen Mentor Gorion wieder, der mir schon kurz darauf gewaltsam genommen wird. Ich lerne Khalid und Jaheira erneut kennen, den Kämpfer und die Druidin, die mich in jedem meiner neun Durchläufe begleitet haben.

Xzar und Montaron gehen mir schon auf der ersten, ansprechend und atmosphärisch gestalteten Karte auf die Nüsse - und ich finde immer neue Wege, um sie los zu werden. Ich stoße die beiden direkt im ersten Gespräch vor den Kopf, sodass sie auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Oder ich benutze sie bei mannigfaltigen Gelegenheiten als Kanonenfutter - ob sie dabei unwiederbringlich draufgehen, ist mir bei den beiden Kotzbrocken ziemlich egal.

Meine fünf Lieblingscharaktere
(von links nach rechts)
Jaheira: Mrs. Zuverlässig. Neunmal heilte und segnete mich die Druidin durch die gesamte Saga. Und trotz ihrer Nörgelei ist sie ein unglaublich liebenswerter Charakter. Du hast immer einen Platz in meinem Herzen, Jaheira!
Imoen: Ohne Imoen würde ich niemals einen Spieldurchlauf beenden. Anfangs etwas nervig, wird sie für mich zu einer unverzichtbaren Begleiterin. Danke für deine treue Freundschaft, Imoen.
Viconia: Die tiefsinnigste Beziehung in der Saga ist die zu Viconia. Wie erwecke ich Mitgefühl in einem eigentlich kalten Herzen? Oder ist dieses Herz gar nicht so kalt, wie sie vorgibt? Es war grandios mit dir, Viconia!
Jan Jansen: Ich hasse Steckrüben. Ich würde nie Steckrübeneintopf essen. Obwohl: Mit dir und für dich mein kauziger, witziger, herzlicher Freund, würde ich einen Teller mitessen. Aber wirklich nur einen!
Anomen: Eigentlich ein ziemlich arroganter Kerl. Aber trotz der Arroganz lernfähig und bereit, seine Fehler einzugestehen. Nicht selten warst du das Rückgrat meines Teams - dafür danke ich dir!

Konsequent konsequent

Diese Handlungsfreiheit und die damit einhergehenden Konsequenzen deuten schon in der ersten Stunde an, wozu sich das Epos im weiteren Verlauf entwickeln wird. Überall höre ich von der Eisenkrise (Das Erz wird knapp!) und ständig nerven mich meine Begleiter, ich solle doch endlich den Ereignissen in der Mine von Nashkell auf den Grund gehen.

Schwere Entscheidung: Nehme ich Dynaheir nicht mit, geht Minsc auch. Um beide zu halten, müsste ich mich von einem anderen Begleiter trennen. Schwere Entscheidung: Nehme ich Dynaheir nicht mit, geht Minsc auch. Um beide zu halten, müsste ich mich von einem anderen Begleiter trennen.

Auch für andere Aufgaben, die Begleitern wichtig sind, - beispielsweise die Rache des Waldläufers Kivan an den Mördern seiner Geliebten - gilt: Lasse ich mir zu viel Zeit für andere Dinge, verlassen mich die Kameraden. Helfe ich ihnen, bekomme ich dagegen absolut treu ergebene Gefährten. Es sei denn, ich handle ihrer Gesinnung zuwider.

Das Dungeons&Dragons-Regelwerk, das Baldur's Gate zugrunde liegt, gibt Charakteren einen Wertekodex mit, der ihr eigenes Handeln und ihre Bewertung meines Handelns bestimmt. Kein Wunder also, dass meine kreuzbraven Gefährten das Weite suchen, sobald ich anfange, Unschuldige abzumurksen.

Diese Konsequenzen aus meinem Handeln sind es, die mich eine emotionale Verbindung zu meiner Gruppe aufbauen lassen, die mich jeden einzelnen Mitstreiter als »echte« Person begreifen lassen. Es dauert nicht lange, und ich fühle mich als Beschützer der Gruppe - nicht bloß aus erfolgsorientierten Gründen, sondern vor allem auch rollenspielerisch. Und emotional.

Meine fünf Hass-Charaktere
(von links nach rechts)
Korgan: Der hässliche Zwerg ist so ziemlich der fieseste Wicht, den man sich vorstellen kann. Selbst das kurze Abenteuer mit ihm rund um das Buch von Kaza war eine Qual!
Yoshimo: Auch wenn er seine Gründe hatte, auch wenn er gezwungen wurde: Yoshimo ist und bleibt verachtenswert. Warum, kann ich aus Spoilergründen für neue Spieler nicht verraten.
Xzar und Montaron: Diese beiden gibt's nur im Doppelpack. Sie nerven, sind bösartig, irre und noch dazu unfähig. Ich lasse sie am liebsten von Basilisken versteinern.
Xan: Junge, wie übel kann man drauf sein? Pessimismus ist sein Nachname, und Depression wird er gerufen. Für schlechte Laune ist Xan die beste Adresse.
Sarevok: Echt jetzt? Ich bringe ihn zweimal um - und dann will der Schwächling sich bei mir anbiedern? Nichts da: Raus hier, und zwar sofort!

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