Call of Duty vs Battlefield

'Half Life 2 - Episode 2'. Was war ich damals beeindruckt. Im großen Schlussfight muss Mr. Freeman mit einem Gefährt die anströmenden riesigen dreibeinigen...

von GROBI75 am: 10.03.2010

'Half Life 2 - Episode 2'. Was war ich damals beeindruckt. Im großen Schlussfight muss Mr. Freeman mit einem Gefährt die anströmenden riesigen dreibeinigen Strider von einer Raketenabschussbasis abwehren. In dem Terrain stand eine Holzfabrik, die bei Beschuss der Strider spektakulär wie Balsaholz in unzählige Splitter zerfetzte. Eine aufwendig vorgerechnete Script-Szene, generiert von einem SFX-Spezialisten mit einer Technik, die auch für die 'Der Herr der Ringe'-Filme eingesetzt wurde, wie der Audiokommentar stolz erklärte.
'Sissies.', würde Hags diese Errungeschaft wohl quittieren, während er den Staub aus seiner Uniform klopft. Im gleichen Stil hat seine 'Bad Company' grade ca. sieben Stunden lang Hüttendörfer, Wälder, Siedlungen etc. und Grund und Boden gebombt.

Nicht grundlos natürlich. Seine Kompanie-Kollegen 'Sweets', 'Sarge' und Marlow - der Spieler - agieren im Grunde in einer Parallel-Dimension des 'Modern Warfare 2'- Universums. Tatsächlich orientiert sich der Singleplayer erstaunlich dicht an der 'Call of Duty'-Konkurrenz. Der Grundplot, die Invasion der USA durch Russland, ist in großen Teilen identisch. Auch hier hat eine 'EMP'-Attacke weitreichende Konsequenzen, Settings wie Eis-, oder Wüstenmaps finden ebenfalls Verwendung. Ein Favela ähnlicher Level ist genauso vorhanden wie eine 'Tod von oben'-Mission oder die brennende Wolkenkratzer-Kulisse zum Finale. Einzig Herzschlag-Sensoren und Schneemobile bleiben aussen vor. Werkzeug für 'Sissies', wie Hags zwischen den Gefechten zum Besten gibt.
DICE stellt sich geschickt der Übermacht von Infinity Ward und bereichert das Szenario mit den bösen Russen auf seine Weise. BC ist die Buddie-Movie-Version von MW2. Alles dreht sich um die vier Söldner, die mit lockeren Sprüchen und noch mehr Sprengkörpern eine Schneise der Verwüstung durch ihre Einsatzgebiete ziehen. Das steht der Geschichte ungemein, verleiht es dem Shooter einen entwaffnenden B-Movie-Charme und entzieht sich damit dem Dunst der grimmigen Hochglanz-Action seines Kollegen.
Dafür verweilt BC nicht unentwegt in der Ego-Perspektive, in den Zwischensequenzen bekommt der Spieler seinen Charakter immer wieder zu Gesicht. Diese Szenen bedienen sich wie 'Resident Evil 5' an der Handkamera-Ästhetik und wirken in ihrer Inzenierung daher ausgesprochen filmisch. Schnitt und Kameraführung sitzen, die Figuren werden ordentlich skizziert.
Allerdings hat MW2 im Leveldesign und Gestaltung die Nase vorn. Es kommt in seiner visuellen Dichte ausgeklügelter daher, arbeitet einfallsreicher mit Licht und die Schauplätze sind abwechslungsreicher. Eine ähnlich bombastische Inszenierung versucht BC2 mit seinem Zerstörungssystem auszubügeln, was bedingt gelingt. Die Kriegsschauplätze haben halt nicht den Schauwert eines untergehenden Washington.
Allerdings gibt es auch keinen Durchhänger! Sämtliche Etappen sind kurzweilig angelegt und mit netten Elementen aufgelockert. Neben den obligatorischen Rail-Shooter-Einlagen darf man an diversen Vehiklen auch selbst ans Steuer und davon hätte es für meinen Geschmack ruhig etwas mehr sein können. Jeder Shooterboy zerlegt halt gerne Autos. Weitere optische Highlights gibt es zum Beispiel während der Bombardierung eines Strassenzugs. Das war sehr schön gemacht und erzeugt zumindest etwas apokalyptischen Flair.
Ferner vermittelt der Umstand, dass die gesamte Umgebung in die Feuergefechte eingebunden ist, eine nicht zu unterschätzende Authentizität. BC2 spekuliert auf die Zerstörungswut des Spielers und es wird wirklich nicht langweilig sich durch das Spiel zu sprengen. Auch wenn man sich bei den Inneneinrichtungen etwas lumpen liess. Da war 'Crysis' spendabler...
Zur Intensität der Action trägt zum gleichen Teil die Soundkulisse bei. Das erste Durchspielen bestritt ich leider auf Deutsch mit 'Kopfhörer' in der Sound-Einstellung - macht nicht den gleichen Fehler! Installiert den O-Ton als 'War Tape' und der bereits beim ersten Zocken druckvolle Sound mutiert zu einem dermaßen brachialen, durchdringend Klanggewitter, der die Membrane in Box und Ohr zerbröseln lässt, wenn man nicht aufpasst. Laufgeräusche wie ein Stier-Stampede, wuchtiger und übersteuerter Explosionslärm, intelligente Hall-Effekte - wer unter diesen Vorraussetzungen in eine Mörserattacke gerät, wird sich mit Gänsehaut wie eine Sissie in die kleinste Ecke verkriechen. Noch nie hat sich ein Schlachtfeld realistischer angehört.
Die sporadische Musik erinnert an Kompositionen für Abenteuer-Filme. So wirkt auch das gesamte Spiel - es ist ein großes, spassiges Abenteuer, kein minutiös in Szene gesetzter Untergang der westlichen Welt. Beim ersten Durchspielen auf 'schwer' in launiger Übersetzung und Ton-Qualität war ich mir unsicher, ob BC2 MW2 Paroli bieten kann. Beim zweiten Durchlauf gewinnt das Game deutlich! Aber auch wenn man sich den deutlichen Überschneidungen bewusst ist und damit kokettiert, ist die gegensätzliche Intention unübersehbar: Call of Duty ist Drama - Battlefield ist Unterhaltung. Wem also die provokanten Momente die Moderne Kriegsführung verhagelt haben, der kann sich in der schlechten Gesellschaft ohne Umwege einreihen.

Auf dem Multiplayer-Sektor sieht es hingegen genau umgekehrt aus. Da trumpft BC2 ganz groß auf und nimmt seine Sache ernst! Verwöhnt den Spieler in den umfangreichen Maps mit der zerstörbarer Umgebung, der Benutzung diverser Fahr- und Flugzeuge, Ranking-System, Dedicated Server etc.
Ich bin eigentlich kein großer MP-Fan. Das Spielen im Internet interessiert mich nur, wenn Atmosphäre transportiert wird, der Wettkampf ist zweitrangig. Deshalb halte ich 'Counter Strike' auch für das langweiligste Spiel unter der Sonne. BC2 gibt sich da aber keine Blösse und erzeugt eine Stimmung auf dem Schlachtfeld, die seinesgleichen sucht. Wer einmal mit seinem Squad in einem Gebäude verschanzt und unter steter Bombardierung einen strategischen Punkt verteidigt - Adrenalin pur. Leider ist der Start ziemlich zäh ausbalanciert. Veteranen haben dank freizuspielender Waffen merkliche Vorteile gegenüber den Rookies und es ist schon Arbeit, sich in vernünftige Klassen vorzuspielen.
Was mich allerdings tierisch nervt ist das feige Sniper-Pack! MW2 hat das mit verwinkelten Maps und schwächeren Gewehren besser ausbalanciert, hier aber treten sich die Drückeberger auf den Anhöhen sprichwörtlich auf die Füsse. Dabei gibt es noch drei andere Klassen. Der Sturm-Soldat versorgt seine Leute an der Front im Kampfgetümmel mit Munition, der Pionier repariert die Panzer, der Medic hilft Verletzten und erweckt Tote zu neuem Leben. Und dann gibt's eben noch den Sniper. Die im Gebüsch verkrochene Sissie...


Wertung
Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Mehr als 10, weniger als 20 Stunden



Kommentare(3)
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