Dishonored - Entwickler: »Angst vor Gewalt-Zensur macht Spieler blind«

In der Debatte um die schädliche Wirkung gewaltverherrlichender Spiele blocken viele Spieler und Spieleentwickler jegliche Diskussionen einfach ab – aus Angst vor Zensur, meint der ehemalige Arkane-Studios-Entwickler Joe Houston.

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Laut Joe Houston, Ex-Entwickler bei Arkane Studios (Dishonored), machen es sich viele Spieler und Spieleentwickler bei der Gewalt-in-Spielen-Diskussion zu einfach. Gegenüber der Website Rockpapershotgun.com erklärt Houston:

»Nach der jüngsten Waffengewalt-Tragödie in den USA und der daraus resultierenden Anti-Spiele-Debatte ist es wichtig für uns Spieler, sich nicht einfach darauf herauszureden, dass Spiele nicht auch Teil des Problems sind. Obwohl ich (nach eigener Untersuchung) denke, dass das stimmen könnte, wäre es schade an dieser Stelle aufzuhören. Zu oft fürchten wir als Spieler und Entwickler - geblendet von der Angst vor Zensur - was wir in dieser Debatte verlieren könnten. Dadurch verpassen wir aber kreative und effektive Maßnahmen ein Teil der Lösung zu werden. Als Spieler können wir dafür einstehen, unsere emotionale Palette mit Spielen, die uns dahingehend herausfordern zu erweitern. Und die Entwickler haben die Verantwortung, dieser Forderung mit Spielen, die dem Spieler bedeutende Entscheidungen, größere Freiheit und damit auch größere Verantwortung bieten, gerecht zu werden.«

Houston weiß wovon er spricht, wenn er zur schädlichen Wirkung von Gewalt in Spielen Stellung bezieht. So ist er für das Kampfsystem (und damit auch die Exekutionen) im Action-Spiel Dishonored verantwortlich. Obwohl Houston während der Entwicklung des Spiels knapp drei Jahre lang täglich hunderte brutale Dishonored-Hinrichtungen gesehen hat, erinnert sich der Macher mit Schaudern an das Vorgehen eines Spielers:

»Nach dem Release des Spiels war mir sehr mulmig, als ich das erste Mal einem Spieler auf der Party im Boyle-Anwesen zugeschaut habe. Wer es noch nicht gespielt hat: Das ist ein Level, in dem der Hauptcharakter Corvo einen Maskenball infiltriert um dort die Identität seines Mordopfers herauszufinden. Dazu spricht man mit den Gästen, schleicht in abgesperrte Teile des Hauses, liest Tagebucheinträge oder geht anderweitig heimlich vor. Oder aber man marschiert zur Vordertür herein und schießt der ersten Wache ins Gesicht. Das war das Vorgehen, das der Spieler ohne weitere Hinweise zuerst probiert hat.(…) Nach dem Angriff kauerten in jedem Raum wimmernde Zivilisten (…).Und jetzt fing der Spieler an, methodisch einen nach dem anderen zu massakrieren. (…) Irgendwann tauchte der Hinweis »Auftrag erfüllt« auf dem Bildschirm auf, aber der Spieler hörte nicht mit dem Gemetzel auf. Der Spieler hatte jetzt seine eigenen Ziele von einer wahnsinnigen Stimme in seinem Kopf bekommen: »Bring sie alle um, lass niemanden überleben und dann geh nach oben und klau die Fabergé Eier«.

Das »beunruhigende« für Houston daran: Obwohl Dishonored Alternativen zum Gemetzel geboten hat, die das Spielerlebnis sogar bereichert hätten, hat sich der Spieler aktiv für das Blutbad entschieden. Trotzdem hält Houston Spiele, die den Spieler vor eine solche Entscheidung stellen wertvoller, als lineare Shooter, die Gewalt als einzigen Ausweg vorsehen.

Zwar glaubt Houston nicht, dass Spiel-Gewalt auch Gewalt in der Realität verursacht, gleichzeitig Spiele aber auch nichts tun, um echte Gewalt zu verhindern. Spiele mit moralischen Entscheidungen würden den Spieler aber zumindest zum Nachdenken über sein Handeln bringen.

Joe Houston arbeitet inzwischen mit seinem neu gegründeten eigenen Studio Roxlou Games am Strategiespiel Unwritten. Darin geht es - natürlich - um folgenschwere Entscheidungen.

Dishonored: Die Maske des Zorns - Screenshots ansehen

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