Seite 2: Divinity: Original Sin - Vier Heldenfäuste für Kickstarter

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Vom Streit zum Selbstgespräch

Konflikte tragen wir nicht nur mit bewaffneten Gegnern aus, auch unsere beiden Hauptfiguren sind sich nicht immer grün. So werden wir einmal von einer Truppe weinseliger Wachen angehalten. Jetzt könnte ein Spieler dafür plädieren, die Kerle einfach niederzumetzeln. Damit muss der andere aber nicht einverstanden sein, gesetzestreue Bürger fügen sich schließlich der Stadtwache.

Solche Meinungsverschiedenheiten lassen sich mit Charme, Überzeugung oder Einschüchterung angehen; wer sich durchsetzt, hängt von der Situation und unseren Charakterwerten ab. Wir finden: eine schöne Idee, den Koop-Modus mit Dialogen und Konfliktpotenzial anzureichern. Zwischen den Protagonisten kann sich sogar eine Liebesbeziehung entwickeln.

Krieg... Gemeinsam zerlegen unsere Helden ein paar betrunkene Wachen...

...und Zankerei ...danach kriegen sie sich darüber in die Haare, ob das verwerflich war oder nicht.

Im Solo-Spiel zündet das aber längst nicht mehr so gut. Hier finden zwar genau die gleichen Gespräche statt, bloß steuern wir beide Streithähne ­- und zoffen uns quasi mit uns selbst. Gut, »echte« Rollenspieler könnten auch ihre Freude daran haben, beide Figuren entsprechend ihrer fiktiven Persönlichkeit antworten zu lassen. Alternativ können wir die auch einem der beiden eine computergesteuerte Gesprächs-Persönlichkeit zuweisen - ein »treuer Freund« etwa stimmt uns immer zu, ein »irrer Hund« ist komplett unberechenbar. Aber das ändert nichts daran, dass kein Streit wirklich »echt« ist, er findet nur statt, weil wir ihn zulassen. Und an die bunten Begleiter etwa eines Mass Effect kommt diese Dialog-KI sowieso nicht heran.

Im Editor zimmern wir eigene Abenteuer. Im Editor zimmern wir eigene Abenteuer.

Wer lieber seine eigenen Gespräche schreibt, darf sich am mitgelieferten Editor versuchen. Mit dem lassen sich komplett eigene Abenteuer erstellen. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt, handelt es sich doch um dasselbe Werkzeug, das die Entwickler selbst verwenden. So entwerfen wir Gebiete, füllen sie mit Monstern und Städten und bauen eigene Quests ein.

Sogar ganze Kampagnen mit übergreifender Handlung lassen sich mit genügend Geduld zusammenstellen. Die selbstgemachten Abenteuer können anders als das Hauptspiel auch ganz auf Einzelspieler oder gar auf Koop mit mehr als zwei Spielern ausgelegt sein. Da wir unsere Werke auch mit anderen Spielern teilen können, gehen uns die Abenteuer theoretisch nie aus - eine angemessen aktive Community vorausgesetzt.

Eine Frage des Geldes

Obwohl Original Sin in vielen Bereichen schon weit fortgeschritten ist, hängt vieles noch vom Erfolg der Kickstarter-Kampagne ab. Zum Beispiel, wie sich unsere Antworten in den Koop-Gesprächen auswirken. Geht es nach den Plänen der Entwickler, werden beide Figuren sowohl alleine als auch im Koop für ihre Antworten soziale Werte wie »Rücksichtslosigkeit« oder »Skeptizismus« sammeln. Sind die hoch genug, kassiert der Held ein entsprechendes Bonustalent. Wer etwa immer den Prinzipien der Rechtschaffenheit treu bleibt, hat bessere Karten gegen dämonische Gedankenkontrolle.

Wer mit seinem Kameraden einer Meinung ist, kämpft besser im Team. Klingt gut, aber ob daraus etwas wird, steht noch in den Sternen. Die Persönlichkeitseigenschaften gehören nämlich zu den »Stretch Goals«, sie werden erst ab mindestens 650.000 Dollar Spendenkapital eingebaut.

Divinity: Original Sin - Artworks und Konzeptzeichnungen ansehen

Bislang wurde von diesen Bonuszielen nur die persönliche Zufluchtsdimension für 500.000 Dollar erreicht. In die können wir uns jederzeit zurückziehen, es warten unter anderem eine Truhe für all unsere Beute und eine Chronik unser Taten und ihrer Auswirkungen auf uns. Obendrein verändert unser Heim sein Aussehen, je nachdem welche Entscheidungen wir im Laufe bestimmter Quests treffen.

Viele andere Ziele sind aber noch unerreicht: So kann zwar jeder Protagonist einen Söldner zur Unterstützung anheuern und wir dürfen diese Vasallen auch selbst ausrüsten und weiterentwickeln. Nur haben sie (noch) kein Wort zu sagen, eine Persönlichkeit und Hintergrundgeschichte erhalten sie erst ab 800.000 Dollar. Dadurch lässt sich schwer einschätzen, wie viel Tiefgang bei den für ein Rollenspiel so wichtigen Charakter-Interaktionen Original Sin tatsächlich bieten wird - selbst bezahlte Kickstarter-Versprechen wollen ja auch erst einmal umgesetzt werden. Das Potenzial für ein faszinierendes Rollenspiel wäre dank interessanter Ideen und dem vielschichtigen Kampfsystem jedenfalls vorhanden.

Die Vorgänger

Von 2D-Metzeleien zu Höhenflügen als gestaltwandelnder Drache zur Rundentaktik: Die belgische Divinity-Rollenspielserie hat sich im Lauf ihrer Geschichte immer wieder neu erfunden. Bindeglied ist die stets weitläufig erkundbare Fantasywelt Rivellon, außerdem ziehen sich durch alle Teile ein schräger Humor, kreative Quests mit oft mehreren Lösungswegen und vielschichtige Charakterentwicklung. Aber auch technische Unzulänglichkeiten wie Fehler, Abstürze und eine durchwachsene Grafik. Der Erfolg eines Diablo oder Skyrim blieb der Serie bislang verwehrt, unter vielen Rollenspiel-Fans gilt sie aber als Geheimtipp.

Los geht's im Jahr 2002 mit Divine Divinity. Das erinnert mit seinen isometrischen Hack'n'Slay-Prügeleien zunächst stark an Diablo 2. Abseits der Kämpfe führen wir aber auch Gespräche mit verschiedenen Antwortmöglichkeiten und trainieren unseren Helden neben der Kriegskunst in Disziplinen wie Diebstahl. Beyond Divinity führt die Serie anno 2004 weiter. Ein großer Schritt vorwärts ist es nicht, die Spielmechanik bleibt größtenteils beim Alten. Und zwar gegen den Willen der Entwickler, die wollten schon damals den Schritt zu rundenbasierten Kämpfen wagen. Das war den Geldgebern aber zu riskant und so blieb es bei anspruchsloser Totklickerei. Heute gilt das Spiel als schwarzes Schaf der Serie.

Umso mehr Neuerungen packen die Entwickler 2009 in Divinity 2: Ego Draconis. Hier steuern wir unseren Helden erstmals aus der Schulterperspektive durch Rivellon und können uns obendrein in einen fliegenden Drachen verwandeln. Das Ende lässt Spieler allerdings enorm frustriert zurück, bis die Erweiterung Flames of Vengeance die Handlung 2010 fortführt. Weder Original Sin noch der kommende Action-Strategie-Mix Dragon Commander knüpfen an den zweiten Teil an, beide spielen lange vor dem ersten.

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