Fifa 15 im Test - Endlich Ignite

Der Engine-Joker sticht, dank der Ignite-Einwechslung machen Spielfluss und -gefühl von Fifa 15 einen spürbaren Sprung nach vorne. KI-Macken und Modus-Stagnation verhindern im Test jedoch den 90er-Wertungsjubel.

FIFA 15 - Multiplayer-Duell: Michael Graf gegen Heiko Klinge Video starten 19:15 FIFA 15 - Multiplayer-Duell: Michael Graf gegen Heiko Klinge

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Manche Dinge haben im modernen Fußball einfach Seltenheitswert. Zum Beispiel ein HSV-Trainer mit einer längeren Halbwertszeit als eine Hafenrundfahrt, eine Sportschau-Werbepause ohne Jürgen Klopp oder ein Strafraum, in dem sich Arjen Robben noch nicht hingelegt hat. Oder eben ein Fifa, das auf dem PC besser aussieht als auf den Konsolen - ein Sonderfall, der mit Fifa 15 erstmals seit gefühlten Jahrzehnten wieder eintritt.

Mit einem Jahr Verspätung übernimmt nun nämlich auch das Windows-Rasenschach die Ignite-Grafikengine, die auf Xbox One und PS4 bereits in Fifa 14 zum Einsatz kam, und deren schönere 3D-Zuschauer sowie -Grashalme auf dem PC dank Kantenglättung und höherer Auflösung noch besser zur Geltung kommen. Und wo wir gerade bei optischen Gimmicks sind, davon gibt's noch mehr: Auf regennassem Rasen spritzen Wassertropfen, Gewaltschüsse lassen schon mal Halme durch die Luft wirbeln, Grätschen reißen Furchen in den Rasen. Letztere lenken keine Bälle ab, verwandeln im Verlauf hitziger Partien aber selbst das gepflegteste Grün in ein vernarbtes Schlachtfeld.

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Passend zum stimmungsvolleren Rasengeschehen wirken auch die Kicker selbst nicht mehr wie Pinocchios unter Vollnarkose, dank der verfeinerten Gesichts- und sonstigen Animationen ziehen sie auch mal die Mundwinkel hoch, plaudern mit den Kameraden, zappeln mit den Fingern. Gut, puppenhaft sehen die Fifa-»Wachsfiguren« trotzdem aus, aber eben weniger puppenhaft als im Vorgänger.

Und der Clou: Für die neue Erstliga-Optik muss man keinen Kernreaktor an den Rechenknecht schrauben, schon auf einem Einsteigersystem mit Phenom II X4 965, 4,0 GByte RAM und Radeon HD 5850 läuft Fifa 15 im Test so rund wie ein eingeölter Mario Götze.

Womit auch die EA-Ausrede widerlegt wäre, man verzichte beim PC-Fifa auf die schöneren Konsolen-Engines, weil die Computer der Spieler nicht schnell genug seien - schon klar. Klar ist aber auch, dass sich der Ignite-Zuckerguss vor allem beim Stadioneinlauf bemerkbar macht, oder beim Zeitlupengucken nach schönen Toren. Fragt sich also, was sich in Fifa 15 sonst getan hat. Denn entscheidend ist ja bekanntlich - auf'm Platz.

Origin-Zwang
Wer Fifa 15 auf dem PC spielen möchte, muss zwingend ein Konto bei Electronic Arts' Online-Dienst Origin anlegen und das Spiel damit verknüpfen, ein Weiterverkauf fällt damit flach. Nach der Aktivierung läuft das Rasenschach auch im Offline-Modus - außer im »Ultimate Team«-Kartenspielmodus, der zwingend eine Internet-Verbindung benötigt.

Physikalischer Fortschritt

Schließlich ruft Electronic Arts für Fifa 15 satte 60 Euro auf, da darf man mehr erwarten als optische Gimmicks und aktualisierte Kader. Und das bekommt man auch, vor allem die Ball- und Körperphysik hat sich spürbar gebessert. Zweikämpfe und Kollisionen simuliert Fifa 15 genauer als sein Vorgänger, jede Berührung, jede Rangelei wirkt sich glaubwürdig aus. So ist es beispielsweise noch wichtiger, zum Ball hetzende Gegner abzudrängen oder das Leder mit dem Körper abzuschirmen.

Mit einer Glanzparade lenkt Wolfsburgs Benaglio einen Schuss über die Latte. Mit einer Glanzparade lenkt Wolfsburgs Benaglio einen Schuss über die Latte.

Die Kugel selbst bewegt sich ein wenig »freier«, springt bei der Annahme und beim Sprint weiter vom Schuh. Das macht sich vor allem bemerkbar, wenn wir den Ball mit der Pieke gerade noch ins Aus spitzeln. Zugleich lassen sich die Kicker deutlich genauer kontrollieren, so lange sie nicht sprinten. Zum Beispiel stoppen wir den Ball nur wenige Zentimeter vor der Seitenlinie und wursteln uns dann an ihr entlang, um Tacklings zu entgehen. Sprints hingegen wirken auf uns ein wenig unrealistisch, weil Spieler wie Thomas Müller oder Marco Reus geradezu absurd schnell rennen und schwächeren Rivalen selbst mit Ball locker davonziehen. Wobei computergesteuerte Verteidiger teils auch unrealistisch schnell sprinten.

Flanken und Schüsse wiederum sind kniffliger zu dosieren und verziehen leichter, entwickeln bei gutem Timing und der richtigen Stellung zum Ball aber auch mehr Druck. Die tendenziell zu starken Heber und Kopfbälle hat EA entschärft, sie landen nun häufiger neben dem Tor oder in den Armen des Keepers. Das hat aber auch einen Nachteil: Flanken erscheinen uns nun zu schwach; Angriffe durch die Mitte, Schüsse aus spitzem Winkel und vor allem Finesse- oder Flair-Fernschüsse deutlich zu effektiv.

Grätsche Grätschen reißen Furchen in den Rasen und Grimassen in die Gesichter.

Gewaltschuss Gewaltschüsse lassen schon mal die Grashalme wirbeln.

Regen Bei Regenspielen spritzen die Wassertropfen.

Einwurf Wenn der Ball in der Nähe liegt, hebt ihn der Spieler beim Einwurf einfach auf. Das erhält den Spielfluss.

Bei Ecken, Freistößen sowie Einwürfen wiederum dürfen wir nun auch den Ballempfänger lenken, uns freilaufen und Räume aufreißen. Das ermöglicht neue Spielzüge - die gute, alte »Off the Ball«-Steuerung lässt grüßen. Die Wartepausen vor Einwürfen entfallen zudem oft: Wenn das Leder gerade in der Nähe liegt, hebt es der Sportler einfach auf oder lässt es sich vom Balljungen zuwerfen, das Spiel fließt weiter, auch das ist eine Stärke der neuen Engine.

Übrigens: Das im Internet kursierende Gerücht, dass Direktabnahme-Fernschüsse nach Eckbällen immer zu Treffern führen, konnten wir trotz etlicher Versuche nicht belegen. im Test schossen wir Tore aus allen Lagen, mal mit einem strammen Pfund, mal mit dem Kopf, mal nach kuriosem Strafraum-Pingpong - all das gehört nun mal zum Fußball.

PES bleibt realistischer

Generell spielt sich Fifa 15 also abermals varianten- und abwechslungsreicher sowie ein Quäntchen flüssiger als der Vorgänger, die Reihe macht spürbare Fortschritte. Zugleich aber liegt Pro Evolution Soccer in Sachen Realismus weiterhin eine Stollenlänge vorn. Denn obwohl die Fifa-Kicker sich erneut geschmeidiger bewegen, sieht die EA-Serie vor allem für neutrale Beobachter immer noch nicht ganz nach »echtem« Fußball aus.

Denn dafür ist das (wieder leicht gestiegene) Spieltempo zu hoch, außerdem »gleiten« die Sportler trotz der verfeinerten Animationen immer noch etwas über den Rasen; in PES wirken die Bewegungen ein Quäntchen natürlicher. All das ist aber nicht schlimm, Fifa bleibt eine hervorragende Fußballserie, die sich in den letzten Jahren mehr und mehr von ihren Arcade-Wurzeln und ihrem stets gleichförmigen Spielablauf verabschiedet und zur Simulation entwickelt hat. Letztere beherrscht PES aber eben noch ein bisschen besser.

Rasen (Fifa 14) Rasen (Fifa 14)
Rasen (Fifa 15) Rasen (Fifa 15)

Das 3D-Gras von Fifa 15.

Bugs und Katastrophen
Manche Spieler von Fifa 15 sind von einem grotesken KI-Bug betroffen, der dazu führt, dass alle Kicker inklusive Torwart beim Anpfiff sofort in den Mittelkreis stürmen - die Fußballsimulation wird unspielbar. In unserem Test ist das bislang nicht vorgekommen, laut EA tritt der Fehler lediglich auf Windows-PCs mit sehr kurzen Rechnernamen auf. Seltsam. Nach eigener Aussage arbeitet der Publisher bereits an einem Patch und empfiehlt betroffenen Spielern, ihren Rechnernamen zu verlängern. Da wir das Problem im Test nicht reproduzieren konnten, werten wir nicht ab, warnen aber ausdrücklich davor.

In unserem Test lief Fifa weitgehend flüssig und problemlos, auch in Online-Partien. Auf einem Rechner haben wir allerdings seltsame Nachladeruckler erlebt, die sowohl online als auch offline, aber nicht in jedem Match auftraten. Mal kam besagter Rechner ins Stottern, mal nicht. Weil wir der Fehler nur sporadisch und nur auf diesem einen System auftrat, werten wir nicht ab.

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