Trip in die eigene Seele

Manchmal dauert es etwas länger. Schon eine ganze Weile schlummert Gone Home in meinem persönlichen Pile of Shame. Ein gänzlich freies Wochende,...

von Faerris am: 17.04.2016

Manchmal dauert es etwas länger. Schon eine ganze Weile schlummert "Gone Home" in meinem persönlichen Pile of Shame. Ein gänzlich freies Wochende, schlechtes Wetter und fehlende Alternativen haben dazu geführt, dass ich es gestern gestartet habe - eine der besten Entscheidungen meiner schon recht langen Spielerkarriere.

 

Dieser Test ist persönlich. Natürlich, jeder Test ist persönlich und ein Stück weit auch subjektiv. Dieser Test hingegen ist fast gänzlich subjektiv, einfach weil Gone Home mich tief berührt hat. Und überrascht - weniger mit einer wendungsreichen Auflösung, erst recht nicht technischem Brimborium oder spielerischen Herausforderungen. Nein, Gone Home erzählt eine Geschichte, die meine sein könnte.

 

Zur Story - hier halte ich mich bewusst extrem kurz, da jeder weitere Satz ein unverzeihlicher Spoiler wäre. Katie, 20 Jahre alt, kommt von einer Europareise zurück nach Hause. Das Haus, das ihre Eltern und ihre 17-jährige Schwester Sam erst kürzlich bezogen haben, ist verlassen. Überall stehen Kisten, es liegen Zettel verstreut und niemand ist zur Begrüßung da. Und dann gibt es da noch den scheinbar verrückten Onkel, der vorher in dem Haus gewohnt hat.
Es ist nun an uns in der Rolle von Katie zu enträtseln, was passiert ist. Die eigentliche Hauptfigur jedoch ist ihre Schwester Sam, deren Tagebucheinträge nachzeichnen, was seit dem Einzug in ihrem Leben geschehen ist.

 

Gone Home von der Fullbright Company beginnt wie ein klassisches Mystery-Adventure. Ein Haus, verwinkelte Flure und ein Gewitter lassen erahnen, dass es unterwegs gruselig werden könnte. Wird es auch, doch Gone Home ist viel mehr eine Coming-of-Age-Story, die wirklich berührt. Wohl jeder Leser wird in den Erinnerungen, den scheinbar achtlos liegen gelasenen Briefen und Zetteln, den Kalendereinträgen und den Zeitungsausschnitten Momenten finden, die an das eigene Leben erinnern. Mich hat es beim Durchspielen bis ins Mark getroffen, da ich mit einem solchen Kern der Geschichte nicht gerechnet hätte. Mit mittlerweile mehreren Jahrzehnten Spielerfahrung auf dem Buckel schafft es mit Gone Home das erste mal ein Spiel, dass ich wirklich mit der Hauptfigur mitfühlen kann, dass Sam - obwohl im Spiel ausschließlich ihre Stimme auftaucht - mir näher ist als jeder andere Charakter zuvor.

 

Natürlich, technisch ist Gone Home - sagen wir mal - äußerst konservativ. Das Haus ist hübsch in Szene gesetzt, das ist es aber auch schon. Man läuft durch die Gänge, nimmt seine Umwelt in Ego-Perspektive wahr und die spielerische Herausforderung erschöpft sich gänzlich darin, Notizen zu finden, zu lesen und gelegentlich einen Geheimgang zu öffnen oder sich zu ducken. Mehr ist nicht zu tun. Mehr muss aber auch nicht zu tun sein. Die fantastische Sprecherin von Sam, die Musikkassetten, die im Haus verstreut die Musik der 90-er lebendig werden lassen, überhaupt die absolut passende Soundkulisse, all das trägt zu einer Atmosphäre bei, die einen gefangen nimmt. Zumal auch ich im Jahr 1995 20 Jahre alt war - genau wie Katie und mit eben jener Musik diesem Zeitgeist, aufgewachsen bin.

 

Aber: das Spiel gibt es ausschließlich in englischer Sprache und ein wenig fit sollte man hier schon sein. Zwar sind die Texte übersetzt, aber die Tagebucheinträge von Sam eben nicht.

 

Das Spiel ist kurz, nichtmal drei Stunden dann ist die Geschichte aufgelöst. Hoch emotional und absolut schlüssig findet Gone Home sein Ende, das mich noch viele Minuten vor dem Abstand hat verharren lassen.

 

Wer ein klassisches Adventure erwartet, wird bitter enttäuscht. Wer sich einfach in eine Geschichte fallen lassen möchte, der sollte sich die Zeit nehmen und Gone Home am besten am Stück durchspielen. Es lohnt sich!

 

 


Wertung
Pro und Kontra
  • Dichte Atmosphäre
  • Sehr gute Sprecherin
  • Berührende Geschichte
  • Guter Score
  • Technisch auf keinem neuen Stand

Zusätzliche Angaben

Schwierigkeitsgrad:

genau richtig

Bugs:

Nein

Spielzeit:

Weniger als 5 Stunden



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